Cichliden im Gesellschaftsbecken Rudolf Suttner Die meisten Aquarianer assoziieren mit der überschrift ,,cichliden im Gesellschaftsbecken" die vergesellschaftung bestimmter Buntbarsche mit Fischen aus anderen Fischfamilien. Ein solches Aquarium wäre zum Beispiel besetzt mit skalaren, welsen, salmlern und Lebendgebärenden Zahnkarpfen. Man kann aber auch verschiedene Cichlidenarten miteinander vergesellschaften. Darum geht es hier. Die Yergesellschaftung yon verschiedenen Buntbarschen Aquarianer, denen der Begriff ,,ökologische Nische" kein Fremdwort ist, können mit Buntbarschen einen Ausschnitt der Natur imitieren. Die ökologen bezeichnen mit diesem Terminus technicus sozusagen den ,.Beruf' einer Art. Die wechselbeziehungen eines Buntbarsches und seiner Umwelt werden bedingt durch: a) ökische Faktoren (biotische und abiotische Faktoren, also Feinde, wasserzusammensetzung); b) Organisation (Körperbau) ; c) verhalten der Art gegenüber diesen Faktoren, also dadurch. welche Faktoren ein Buntbarsch nutzt und wie er sie nutzt. Ein Aquarium kann bei entsprechender Einrichtung drei deutlich trennbare ,,Nischen" anbieten, die gewissermaßen Rücksicht auf das vorkommen eines Buntbarsches in seinem Heimatgewässer nehmen: 1. das Freiwasser, 2. den Boden und 3. die uferwand (Steinaufbauten). Die Skizze erleichtert die Zuordnung. Natürlich wäre es falsch, die Nischen mit Fischen aus verschiedenen vorkommensgebieten zu besetzen: skalare (Pterophyllum scalare) aus südamerika im Freiwasser, Königscichliden(.Pelvicachromis pulcher) aus westafrika in den ufer- und Sandcichriden(XenotilapiaJlavipinnis) in den sandbereichen. Die Fische würden sich nicht alle wohl fühlen. Der Vorzugsbereich der einen Art (zum Beispiel weiches wasser) würde nicht zu dem der anderen Art passen und umgekehrt. Aufmerksame Aquarianer finden die richtige Zusammensetzung. indem sie die Literatur lesen und die Fundortangaben der Fische vergleichen, um eine passende Gesellschaft zusammenzustellen. Eine andere Möglichkeit bietet der Besuch einer. Aquarienausstellung, die sich zumzie\ gesetzt hat, die Fische in der richtigen vergesellschaftung unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse zu zeigen. Die DCG-Region Mainfranken hat versucht, gemeinsam mit dem Aquarienverein ,,skalare Schweinfurt" dieses Ziel in einer Aquarienausstellung zu verwirklichen. DCG-Mitglied Hubert Burger richtete im Rahmen der Ausstellung ein TanganjikaseeAquarium ein, das verschiedene Lebensräume berücksichtigte. DCG-Info 26 (3) 1995:61-71 67 &, 68 DCG-lnlo 26 131 la95: 67-7 I Der Tanganjikasee weist in seiner Weite alle angebotenen Nischen auf: viel freies Wasser, viel GeröI1, viel Sand und viele Felsen. Biotopfotografien zeigen anschaulich, wie diese Bereiche von wunderschönen Cichliden, die sehr gut für die Aquarienhaltung geeignet sind. genutzt werden. Im freien Wasser, nahe der Felsenufer, leben karpfen- fischähnliche Buntbarsche. Wegen ihres Aussehens bekamen sie den deutschen Namen Kürpflingscichliden (Cyprichromini). Burger pflegte in seinem Becken Cypr ichromis leptosoma. Cyprichromis leptosoma Wie die meisten ihrer ,,Namensvettern", die Karpf'enfische, lieben sie das Leben im Schwarm. Mindestens acht Tiere sollten miteinander vergesellschaftet werden. Die Männchen unterscheiden sich deutlich von den schlichter gefärbten weibchen. Gelbe oder blaue schwanzflossen lassen sie auf Anhieb erkennen. Besonders ihl kleines Maul, mit dem sie kleinste Futtertiere, wie Wasserflöhe oder C,t'clops, aufsaugen, ist interessant. Ahnlich wie sie das Futter im freien Wasser aufnehmen. nehmen die Weibchen die Eier auf. Kärpflingscichliden sind Maulbrüter. Paracyprichromis sp, ,,Blue Neon" Fast dasselbe Aussehen hat Paracyprichromis sp.,.Blue Neon". Heinz Büscher.teilte in seinern Aufsarz ..Beobachtungen zur Ökologie von Cyprichromis leptosoma im Tanganijkasee: Habitate und Nahrungsspektrum" mit, daß diese Fische sympatrisch ntrtC.leptosomaleben. Ihnen fehltjedochdie auffallendeFlossenfärbung. Auchbei dieser Art sind die weibchen unauffälliger. sie wurden in der Nähe von Felswänden beobachtet und bilden den ubergang vom Leben im freien wasser zum Leben in der Nähe eines festen Substrates. Zum Ablaichen benötigen diese Kärpflingsbuntbarsche Felswände. Neolamprologus longior An die Felsen ist der Schlankcichlide Neolamprologus longior gebunden. Zwischen den Steinen tühlt er sich woh1. Hier zeigt er sein räuberisches Wesen. Im Gegensatz zu den vorher genannten Arten ist dieser Cichlide kein Maulbrüter. sondern ein Substrat- laicher. Linke Seite, von oben nach unten: AIs ,,Blue Neon" kam dieser Kärpflingscichlide, vermutlich Paracyprichromis nigripinnis, in den Handel Wurde ursprünglich als Unterart von Neolamprologus leleupi beschrieben: Neolamprologus longior; das Bild zeigt ein Männchen Gehörten langeZeit zu den beliebtesten Buntbarschen aus dem Tanganjikasee: die Schlankcichliden der Gattung Julidochromis, hier J. transcriptus Einer der farbigeren,,Sandcichliden(.: Xenotilapia ochrogenys,,Ndole,,, hier ein Männchen @ ,.o-r ro 26 (3) tee5: 6j-j1 69 Oben: Cyprichromis leptosoma, Männchen mit blauem Schryanz Unten: Männchen von Neolamprologus multifasciatus 70 DCG-Info 26 ß) 1995: 61-7 1 1. Freies Wasser Schema des im Text beschriebenen Aquariums - Abbildungen: R, Suttner Julidochromis transcriptus Julidochromis transcriptus zahlt zl den kleinsten Vertreteln der Schlankcichliden. Es gibt zwei bekannte Farbformen: eine dunklere und eine hellere. Der abgebildete Fisch zählt zu derhelleren Farbform, die 20 Kilometer vom Typusfundort entfernt lebt. Auch diese cichliden brauchen Steine zum wohlfühlen, zum Ablegen der Eier und zum Schutz ihrer Brut. Xenotilapia ochrogenys (,,Ndole") Auf der freien Sandfläche füh1en sich die sandcichliden Xenotilapia ochrogenys (,,Ndole") wohl. sie sind bei der richtigen wahl des Bodengrundes fast nicht auszumachen, ausgenommen balzende Männchen, die durch glänzende Farben aufsich aufmerksam machen. um weibchen anzulocken, bauen sie Laichgruben und Sandhügel. Ihr unterständiges Maul verrät die Art der Nahrungsaufnahme - die Fische holen sich Freßbares aus dem Sand. Eigentlich würden die bisher vorgestellten Fische für ein 120 Zentimeter ianges Aqua- rium bereits reichen. Das ,.Soltiment" kann jedoch um eine interessante variante erweitert werden: Schneckenbuntbarsche. Neolamprologus multifasciatus schneckenbuntbarsche leben in Kolonien. Neolamprologu s multifasciatas benötigt zu seinem wohlbefinden unbedingt leere schneckenschalen als Ablaich- und Bruthöhle. Eine Ansammlung dieser Gehäuse, die bald im sand verschwinrjen, wenn die schnekkenbuntbarsche sie in Beschlag nehmen, sollte so plaziert sein, das man das abwechslungsreiche Leben der Tiere genau beobachten kann. Aufregend wird es, wem die ersten Jungen auftauchen. @ DCG-Info 26 (3) 1995: 67-'71 7t