Pathologe 2001 · 22:82–88 © Springer-Verlag 2001 Übersicht A. von Herbay Pathologisches Institut der Universität Heidelberg Morbus Whipple Histologische Diagnostik nach der Entdeckung von Tropheryma whippelii Zusammenfassung Seit der mikrobiologischen Entdeckung von Tropheryma whippelii erfährt der Morbus Whipple eine vermehrte Berücksichtigung in der klinischen Medizin.Die Diagnostik erfolgt mittels Dünndarmbiopsie.Daher hat das Wissen um die histopathologischen Kriterien bei dieser Erkrankung und deren Differenzialdiagnosen an Bedeutung zugenommen.PAS-positive Makrophagen im Dünndarm sind zwar der diagnostische Leitbefund, aber heute ist eine weiter differenzierende Betrachtung von Bedeutung.Beim Morbus Whipple zu unterscheiden sind Makrophagen mit intensiv PAS-positiven, grobgranulären Partikeln im Zytoplasma (Typ 1) von Zellen mit blass PAS-positivem, nicht granuliertem Zytoplasma (Typ 3).Letztere bleiben auch bei erfolgreicher Behandlung noch für lange Zeit zurück, ohne die Diagnose einer intestinalen Remission zu beeinträchtigen.Weil jenseits des Dünndarms meist auch eine systemische Infektion mit Tropheryma whippelii vorliegt, die durch Dünndarmbiopsien aber nicht repräsentativ erfasst wird, erfolgen heute auch bei neurologisch asymptomatischen Patienten zusätzliche Untersuchungen des Liquors mittels Zytologie und Polymerasekettenreaktion (PCR).Speziell im Liquor ist zum Nachweis der Eradikation von T.whippelii eine PCRAnalyse sicherer als eine zytologische Untersuchung. Schlüsselwörter Morbus Whipple · Tropheryma whippelii Entzündliche Darmerkrankung · Pathologie · Polymerasekettenreaktion 82 | Der Pathologe 1•2001 I m Jahre 1907, vor bald 100 Jahren berichtete der amerikanische Pathologe George Whipple1 kasuistisch die autoptischen Befunde eines 36-jährigen Mannes mit einer komplexen Symptomatik. Dessen pathoanatomische Veränderungen waren geprägt durch Ablagerungen von Fett und Fettsäuren in der Mukosa des Dünndarms und den mesenterialen Lymphknoten, sowie eine dichte Infiltration der Dünndarmmukosa mit schaumigen Makrophagen. Whipple deutete seine Beobachtungen als eine Intestinal Lipodystrophy [34]. Eine PAS-Färbung stand ihm seinerzeit noch nicht zur Verfügung. Diese wurde erst Ende der 1940er-Jahre eingeführt und zeigte dann auf, dass die intramukosalen Schaumzellen keine Lipide, sondern glykoproteinhaltige Partikel enthalten [34]. Anfang der 1960er-Jahre wurde mit der Einführung der Elektronenmikroskopie offenbar, dass die PAS-positiven Partikel in den Makrophagen Lysosomen mit zahlreichen stäbchenförmigen Bakterien entsprechen [34]. Seither gilt der Morbus Whipple als eine bakterielle Infektionskrankheit [3]. Das WhippleBakterium konnte allerdings bis heute nicht reproduzierbar kultiviert werden [24, 27, 34]. So konnte bisher auch keine konventionelle, d. h. phänotypische mikrobiologische Charakterisierung des Bakteriums in vitro erfolgen. Ende der 1980er-Jahre eröffnete das neu entwickelte Prinzip, Bakterien genetisch zu analysieren und phylogenetisch zu klassifizieren, eine Alternative zur Kultivierung [33]. Mithilfe der seinerzeit neuen Methodik der Polymeraseketten- reaktion (PCR) gelang es ab 1991, durch Kenntnis der DNA-Sequenz vom bakteriellen Gen für die 16S ribosomale RNA, und einen Vergleich mit den Gensequenzen von anderen Bakterien, die Eigenständigkeit des Whipple-Bakteriums innerhalb der Familie der Aktinomyzeten zu etablieren [16, 25, 32]. Für diese neue Spezies wurde der Name "Tropheryma whippelii" vorgeschlagen [25]. Der molekulare Weg zur Identifikation des Whipple-Bakteriums bildete auch den Ausgangspunkt für die Entwicklung von diagnostischen PCR-Assays (s. unten). Die genetische Identifikation von T. whippelii, und die Verfügbarkeit einer molekularen Nachweistechnik, haben seit 1992 zu einer verbreiterten Aufmerksamkeit für den Morbus Whipple geführt und seiner Erforschung neuen Anschub gegeben. In diesem Beitrag sollen der aktuelle Wissensstand, und seine praktische Anwendung dargestellt werden. Epidemiologie Der Morbus Whipple (MW) ist eine seltene Infektionskrankheit [3]. In der Bundesrepublik Deutschland werden pro Jahr etwa 30 neue Erkrankungsfälle diagnostiziert (Inzidenz: ca. 0,4/1.000.000 Einwohner). Gemäß einer Studie von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft ga- Priv.-Doz. Dr. A. von Herbay Pathologisches Institut, Universitätsklinikum, Im Neuenheimer Feld 220, 69120 Heidelberg, E-Mail: [email protected] Pathologe 2001 · 22:82–88 © Springer-Verlag 2001 A. von Herbay Abstract Since the microbiological discovery of Tropheryma whippelii,Whipple's disease has attracted to new attention in clinical medicine. As small intestinal biopsy is the diagnostic procedure, the impact of knowledge about the histopathological features of Whipple's disease and its differential diagnosis has increased.PAS-positive macrophages in the intestinal mucosa are the diagnostic hallmark, but further subtyping of cells is important.In Whipple's disease macrophages with intensely PAS-positive granular particles in the cytoplasm (type 1) should be distinguished from cells with faintly PAS-positive cytoplasm without granular particles (type 3). The latter type of macrophages may persist even for many years but does not affect a diagnosis of intestinal remission.However, as systemic infection with T.whippelii is common, but intestinal biopsy specimens are not representative for other organs, additional investigations are performed.These include analysis of the cerebrospinal fluid by means of cytology and polymerase chain reaction, even in patients without neurological symptoms.For ascertaining eradication of T. whippelii in the cerebrospinal fluid, polymerase chain reaction is more reliable than cytology. Keywords Whipple's disease · Tropheryma whippelii · Small intestine · Inflammatory bowel disease · Pathology · Polymerase chain reaction Number of Patients Females Whipple's disease: histopathological diagnosis after the discovery of Tropheryma whippelii 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0-0 9 10-1 Males 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 Age in Years Abb.1 Aktuelles demographisches Spektrum des Morbus Whipple (104 Patienten; Arbeitsgemeinschaft Tropheryma whippelii, Universität Heidelberg; 10/1992–02/2000) stroenterologische Pathologie innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Pathologie, die Basisdaten von insgesamt 110 Patienten aus dem Zeitraum 1965–1995 zusammengeführt hat,war die Anzahl von Neuerkrankungen in Deutschland über die letzten 3 Jahrzehnte ziemlich konstant [13]. Die MW-Patienten wohnen in allen Gegenden Deutschlands, eine regionale Häufung von Erkrankungsfällen ist nicht evident.Der überwiegende Anteil der Patienten sind Männer (etwa 80%), während nur rund 20% Frauen sind. Das Durchschnittsalter aller Patienten beträgt heute bei Erstdiagnose 56 Jahre (Abb. 1). Gegenüber früheren Jahrzehnten hat sich das Patientenalter um fast eine Dekade verschoben [3,13].Dies begründet für die klinische Praxis Probleme der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von konkurrierenden anderen Erkrankungen im höheren Lebensalter. Ätiologie und Pathogenese Die Infektion mit Tropheryma whippelii erfolgt wahrscheinlich auf oralem Weg. Hierfür sprechen der konstante Nachweis einer bakteriellen Invasion im oberen Dünndarm und die anatomisch begründbare, optionale Ausdehnung der Infektion: vom Dünndarm in die drainierenden mesenterialen Lymphknoten, dann weiter lymphogen in mediastinale Lymphknoten, über den Ductus thoracicus ins Blut und hämatogen in innere Organe. Die meist systemische Infektion mit T. whippelii führt aber nur manchmal zu klinisch fassbaren organbezogenen Symptomen oder Fieber [3]. Die natürlichen Habitate des Whipple-Bakteriums sind bislang noch nicht genau bekannt. Die weite Verbreitung der Erkrankung in Deutschland spricht epidemiologisch dafür, dass T. whippelii relativ ubiquitär vorkommt [13]. Im Einklang damit wurde Tropheryma whippelii im Klärschlamm von Kläranlagen nachgewiesen [17]. Diese Aspekte, wie auch die aktualisierte phylogenetische Klassifikation des Bakteriums lassen annehmen,dass Tropheryma whippelii ein Umweltbakterium ist [13, 17]. Alternativ dazu wird auch die Hypothese vertreten, T. whippelii sei ein kommensales Bakterium der menschlichen Flora. Die Befunde hierzu sind aber kontrovers [6, 19, 30]. Seit kurzer Zeit können einige genetische Varianten des Whipple-Bakteriums unterschieden werden [14, 18]. Die invasive Infektion mit T. whippelii erfolgt vermutlich vor dem Hintergrund einer individuellen Disposition. Schon seit den 1960er-Jahren ist bekannt, dass MW-Patienten verschiedene immunologische Defizite aufweisen. Manche normalisieren sich nach erfolgreicher antibiotischer Therapie, während andere auch danach fortbestehen [3]. Verschiedene Untersuchungen bei einer Serie von 27 MW-Patienten haben eine persistierende Reduktion von mononukleären Zellen im peripheren Blut aufgezeigt, die auf der Zelloberfläche die α-Kette des Complement-Rezeptors-3 (CR3; CD11b) exprimieren [20]. Dieser Immundefekt könnte über verschiedene Mechanismen die Opsonierung, Phagozytose und Bakterizidie von Leukozyten vermindern [20]. Die ImDer Pathologe 1•2001 | 83 Übersicht Abb.2a–f Differenzialdiagnostik in Duodenalbiopsien: Morbus Whipple (MW) oder Pseudo-Whipple. a MW-typische Makrophagen vom Typ I, b Plasmazellen mit Russell-Körperchen, c glykogenreiche glatte Muskelzellen in der Lamina propria, d MW-typische Makrophagen vom Typ III, e atypische Mykobakteriose (MAI-Infektion) bei HIV+-Patienten, f vakuoläre Ablagerungen in der Mukosa (Fett?; Diagnose ungeklärt) munpathogenese des Morbus Whipple bedarf jedoch noch weiterer Aufklärung [21]. Erstdiagnostik Histologie Das klinische Erscheinungsbild eines Morbus Whipple ist recht vielgestaltig [3], aber der Weg zur Diagnose verläuft 84 | Der Pathologe 1•2001 praktisch immer über die Dünndarmbiopsie. Insofern hat der Histopathologe eine zentrale Rolle. Histologisch einschlägig ist der Nachweis von Makrophagen im Schleimhautstroma, die im Zytoplasma intensiv PAS-positive grobgranuläre Partikel enthalten (Abb. 2a). Für diesen charakteristischen Aspekt wird oft der historische, aus der Zytologie entlehnte Begriff „sickleform particle-containing“- (SPC-)Zellen verwen- det [34], obgleich die Partikel in histologischen Schnittpräparaten gar nicht sichelförmig erscheinen. Die einzelnen PAS-positiven Partikel entsprechen dabei Lysosomen, die prall mit den Whipple-Bakterien oder deren Abbauprodukten angefüllt sind (Differenzialdiagnosen: s. unten). Die Infiltration der PAS-positiven Makrophagen ist meistens diffus und kontinuierlich in der Mukosa ausge- nt. 28 rRNA intergenic spacer 16S rRNA-GEN (T. whippelii) nt. 28-1495 nt. 200 23s rRNAGen whip1 whip3 267 bp whip2 Abb.3 Prinzip des Heidelberger PCR-Assays zum diagnostischen DNA-Nachweis von Tropheryma whippelii. Die Primer whip1 und whip2 amplifizieren ein für T. whippelii spezifisches DNA-Fragment von 267 Basenpaaren (bp) aus dem bakteriellen Gen für die 16S ribosomale DNA (rRNA). Zur Bestätigung wird das PCR-Produkt anschließend hybridisiert mit dem Oligonukleotid whip3, das ein whipplespezifisches Fragment von 20 bp innerhalb des 267-bp PCR-Produkts erkennt [10, 16]. Alternativ kann die Bestätigung auch durch eine direkte Sequenzierung des PCR-Amplifikates erfolgen terielle Spezifität der histopathologischen Diagnose. Bislang sind erst wenige Einzelfälle bekannt, bei denen auf alleiniger Grundlage von PCR-Befunden in extraintestinalen Untersuchungsproben eine Infektion mit Tropheryma whippelii diagnostiziert wurde, während die Dünndarmbiopsie histologisch und (soweit getestet) im PCR-Assay whipple-negativ war. Die meisten jener Fälle berichteten über einen DNA-Nachweis von T. whippelii in Herzklappengewebe [9]. Die geringe Anzahl solcher Fallberichte lässt derzeit annehmen, dass diese eher die „Ausnahme von der Regel“ darstellen und dass die histologische Untersuchung von Dünndarmbiopsien einen hohen Aufschlusswert hat. Initiales Staging dehnt. Bei manchen Patienten ist das Infiltrat allerdings diskontinuierlich verteilt („patchy“), oder seine zelluläre Dichte ist geringer [11]. Um einen möglichen „sampling error“ zu vermeiden, sollten zur Abklärung von klinischen Verdachtsfällen möglichst 5 Biopsien aus dem tiefen Duodenum untersucht werden. Diese Anzahl wird erfahrungsgemäß aber nicht entnommen, wenn der makroskopische Befund unauffällig erscheint, wie es bei etwa 1/3 der MW-Patienten berichtet wird. Bei rund 2/3 der MW-Patienten ist der endoskopische Befund im oberen Dünndarm jedoch auffällig, die Mukosa erscheint infolge von Lipidablagerungen als weiß-gelblich gefeldert. Seltener als tröpfchenförmige Lipidablagerungen (s.Abb. 2a) kommen Lymphangiektasien vor, die dann immer axial in den Zotten ausgebildet sind [11]. Die entzündliche Reaktion auf die whipple-bakterielle Invasion bleibt weitgehend auf die Makrophagen beschränkt, während andere mononukleäre Leukozyten, einschließlich Plasmazellen sowie eosinophile und neutrophile Granulozyten kaum oder gar nicht präsent sind [5, 11]. Diese zelluläre Zusammensetzung des entzündlichen Infiltrates ist sicher ungewöhnlich für eine invasive bakterielle Infektion. Dies legt die Annahme einer defekten Mobilisation und Chemotaxis von anderen Leukozyten nahe [11]. Varianten dieser üblichen histologischen Befunde kommen bei bis zu 10% der MW-Patienten vor. Hierzu gehören das seltene ausschließlich submuköse Vorliegen der MW-typischen Makrophagen sowie das seltene Vorkommen von epitheloidzelligen Granulomen [11]. Molekulare Diagnostik Ausgehend vom ersten beschriebenen PCR-Assay [25], der noch nicht für diagnostische Untersuchungen konzipiert war, sind mehrere verschiedene Modifikationen für PCR-Assays vorgenommen worden [1, 2, 8, 10, 14, 22, 23]. Mittels geeigneter Oligonukleotide als Primer und der Polymerasekettenreaktion ist es möglich, in Untersuchungsproben spezifische DNA von T. whippelii nachzuweisen. Nur manche der PCR-Assays haben die diagnostische Spezifität und Sensitivität kritisch geprüft und publiziert (Abb. 3). Diagnostische Untersuchungen von Duodenalbiopsien mittels PCR sind in der Praxis nur dann sinnvoll, wenn zuvor histologisch PAS-positive Makrophagen nachgewiesen wurden.Von einer PCR-Analyse histologisch PAS-negativer Biopsien ist abzuraten, um unnötige Kosten und falsch-positive PCR-Befunde zu vermeiden [6]. Insofern ist es zweckmäßig, zunächst immer alle endoskopisch entnommenen Biopsien histopathologisch zu untersuchen. Der spezifische Nachweis der DNA von T. whippelii kann danach ohne weiteres in den formalinfixierten Gewebsproben durchgeführt werden. Er gelingt mit sensitiven PCR-Assays praktisch immer [10, 23]. Diese ergänzende molekulare Diagnostik bekräftigt dann gleichsam die bak- Nach etablierter Erstdiagnose wird klinisch zunächst durch weitere Untersuchungen abgeklärt, inwieweit bereits eine systemische Infektion mit T. whippelii vorliegt, bevor mit der Therapie begonnen wird. Diese Staging-Diagnostik umfasst v. a. die Beurteilung der retroperitonealen Lymphknoten (Sonographie des Abdomens), der mediastinalen und peripherer Lymphknoten (RöntgenThorax, körperliche Untersuchung), des Herzens (Röntgen-Thorax, Auskultation), den neurologischen Status einschließlich Liquoruntersuchung (mittels Zytologie, s. unten, und spezifischem PCR-Assay) sowie Laboruntersuchungen (u. a. Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit,C-Reaktives Protein,Hämatokrit; evtl. CD4/CD8-Quotient; [7]). Zytologie Die zytologische Untersuchung des Liquors von MW-Patienten ist erfahrungsgemäß nur dann ergiebig, wenn ein größeres Probenvolumen (ca. 8–10 ml) innerhalb von 30–60 min nach der Lumbalpunktion zellschonend zentrifugiert wird. Das angefertigte Zellkonzentrat wird gezielt PAS-gefärbt und sehr sorgfältig nach den meist nur spärlich vorhandenen SPC-Zellen abgesucht. Wenn diese anspruchsvolle Logistik gewährleistet ist, dann wird bei rund 2/3 der Patienten mit intestinalem MW eine begleitende zerebrale Infektion nachgewiesen, obwohl keine neurologische oder psychiatrische Symptomatik vorliegt [12]. Ein Der Pathologe 1•2001 | 85 Übersicht Tabelle 1 Morphologische Charakteristika der verschiedenen Typen von PAS-positiven Makrophagen beim Morbus Whipple im Dünndarm. (Nach [11]) Typ Lichtmikroskopie Elektronenmikroskopie 1 Ausschließlich oder überwiegend grobgranuläres Zytoplasma, intensiv PAS-positiv (SPC-Zellen) Lysosomen, angefüllt mit zahlreichen stäbchenförmigen Bakterien mit nur geringer Degradation von Bakterien. Ultrastrukturelle Details von Tropheryma whippelii können erkannt werden 2 Einige grobgranuläre Partikel, intensiv PAS-positiv. Im Hintergrund diffus oder feingranuläres, blasses PAS-positives Zytoplasma Lysosomen, angefüllt mit Bakterien, die unterschiedlich weit degradiert sind: Form und Länge der Bakterien oft noch erkennbar, Details der Zellwand nicht mehr beurteilbar 3 Diffus oder fein granuliertes, blass PASpositives Zytoplasma Lysosomen, angefüllt mit Abbruchmaterial der bakteriellen Zellwand. Mangels Nachweis von intakten Bakterien keine Identifikation möglich 4 Schaumiges Zytoplasma, minimale oder fehlende PAS-Anfärbbarkeit Nicht bekannt whipple-positiver zytologischer Befund im Liquor (oder PCR-Befund) gibt dann Anlass zu einer intensivierten antibiotischen Therapie (s. unten). Erfolgt die zytologische Diagnostik unter suboptimalen Rahmenbedingungen, hat dies öfter falsch-negative Befunde zur Folge. tierten Bakterien im Zytoplasma wider, wie ultrastrukturelle Untersuchungen aufgezeigt haben [4, 11]. Die Bezeichnung PAS-positive Makrophagen ist insofern beim Morbus Whipple ein deskriptiver Sammelbegriff, der ein Spektrum umfasst. Hieraus sind 4 Phänotypen hervorzuheben (Tabelle 1; [11]). Monitoring Während der laufenden antibiotischen Therapie werden, Bezug nehmend auf die Befunde der initialen Staging-Diagnostik, v. a. jene Untersuchungen gezielt wiederholt, die zuvor einen abnormalen Befund ergeben haben. Der endoskopische Aspekt im tiefen Duodenum ist im Allgemeinen bereits nach einigen Monaten, spätestens aber nach 1 Jahr normalisiert. Die Remission mesenterialer Lymphome erfordert dagegen oft noch mehr als 1 Jahr. Histologie Die Rückbildung der histopathologischen Befunde im Dünndarm erstreckt sich über mehrere Monate. Sie ist nicht allein durch eine langsame numerische Reduktion des Zellinfiltrates, sondern v. a. durch qualitative Veränderungen der PAS-positiven Makrophagen charakterisiert. Diese zytologisch gut sichtbaren Veränderungen spiegeln die fortschreitende Degradation der phagozy- 86 | Der Pathologe 1•2001 ◗ Die MW-typischen Makrophagen vom Typ 1 enthalten intensiv PASgefärbte, grob granuläre Partikel im Zytoplasma. Die Intensität deren PAS-Färbung ist deutlich kräftiger als der Schleim in den Becherzellen. Nur dieser Typ 1 entspricht dem historischen Begriff von SPC-Zellen. ◗ Die MW-typischen Makrophagen vom Typ 3 haben ein nur blass PASgefärbtes, vermeintlich diffus im Zytoplasma verteiltes scholliges Material, während granuläre Partikel fehlen. Die Intensität der PAS-Färbung ist deutlich schwächer als der Schleim in den Becherzellen. ◗ Als Typ 2 der MW-typischen Makrophagen sind jene Zwischenformen zusammenzufassen, die nebeneinander intensiv und blass PAS-gefärbtes und sowohl granuläres als auch scholliges Material im Zytoplasma enthalten. Mithin ist der Typ 2 phänotypisch zwischen den Typen 1 und 3 einzuordnen. ◗ Abzugrenzen ist ferner ein Typ 4, bei dem die schaumzelligen Makrophagen kein PAS-positives Material mehr enthalten. Anhand einer größeren Patientenserie konnte aufgezeigt werden,dass vor Therapie überwiegend oder exklusiv Typ-1-Makrophagen vorhanden sind (s.Abb.2a).Im Verlauf der antibiotischen Therapie nimmt vorübergehend der Anteil von Typ-2-Makrophagen zu [11]. Wenn mittels PCR keine spezifische DNA von T. whippelii mehr nachzuweisen ist – meist nach 6–12 Monaten Therapiedauer [10] – dann sind parallel histologisch keine Typ-1-Makrophagen mehr vorhanden [10, 11]. Nach 1 Jahr Therapiedauer sind fast nur noch Typ-3-Makrophagen nachzuweisen, vornehmlich in der basalen Mukosa oder Submukosa (s. Abb. 2c). Dieses residuelle Infiltrat persisiert oft noch über noch viele Jahre, ohne dass dies die Diagnose einer intestinalen Remission beeinträchtigt. Die PAS-Reaktivität der Bakterien begründet sich auf dem Glykoproteingehalt ihrer Zellwand. Sie bleibt auch dann erhalten, wenn nach dem Zelltod noch Bruchstücke von bakteriellen Zellwänden zurückbleiben. Die langfristige Persistenz einer PAS-Positivität im Zytoplasma ist Ausdruck eines extrem langsamen Abräumvorgangs des bakteriellen Zellabbruchmaterials, für den eine immunologische Ursache anzunehmen ist. Demgegenüber wird mittels eines PCR-Assays DNA von vitalen T. whippelii nachgewiesen. Nach dem Zelltod wird die bakterielle DNA degradiert, das PCR-Ergebnis wird negativ („Konversion“). Eine intestinale Remission der Infektion ist nicht sicher repräsentativ für den Therapieerfolg in anderen Organen [10, 23]. Insofern ist der prognostische Wert von Verlaufskontrollen im Dünndarm – auch mittels PCR – begrenzt. Speziell um den Status im ZNS zu erfassen, sollte spätestens vor der Beendigung einer Therapie der Liquorbefund kontrolliert werden. PCR-Untersuchungen des Liquors sind bevorzugt zu empfehlen, weil die zytologischen Befunde während und nach Therapie oft schwer interpretierbar („indeterminate“) sind [12]. Ein whipple-positiver Liquorbefund hat auch beim Fehlen einer neurologischen Symptomatik eine reintensivierte Therapie zur Konsequenz. Tabelle 2 Histologische Leitbefunde des Morbus Whipple in Duodenalbiopsien und ihre Differenzialdiagnosen Morbus Whipple Differenzialdiagnosen Histochemie/Immunhistochemie PAS+-Makrophagen Typ 1 PAS–-Zellen Typ-1-ähnlich D-PAS+, Grocott+ Bakterielle Antiseren+a Plasmazellen mit Russell-Körperchen Glatte Muskelzellen Atypische Mykobakteriose D-PAS+, Immunglobulin+ HE eosinophile Schollen D-PAS+; Fontana+ HE braunes Pigment D-PAS+/–, SM-Aktin+ D-PAS+, Z-N+ Submuköse Schaumzellen (normal?) Fettstoffwechselstörungen Paraproteinämie ? Sudanrot+ ? Fettstoffwechselstörungen Andere? Sudanrot+ ? Lymphabflussbehinderung z. B. bei Metastasen Lymphabflussbehinderung z. B. bei Lymphomen – Pseudomelanosis duodeni Typ-2-ähnlich Typ-3-ähnlich PAS-Schaumzellen Typ-4-ähnlich Lipidablagerungen Tröpfchenförmig in Lamina propria Lymphangiektasien In der Mukosa Evtl. Immunglobulin+ D-PAS Diastase-PAS-Färbung, Z-N Ziehl-Neelsen-Färbung, Fontana Versilberung nach Fontana. a Kreuzreaktion, u. a. mit polyklonalen Antiseren gegen Streptokokken Gruppe B u. G. Differenzialdiagnostik Duodenalbiopsien Der histologische Befund eines Morbus Whipple im Duodenum ist sicher sehr charakteristisch. Gleichwohl kommen in der Praxis gelegentlich Fehldiagnosen vor (Anteil: etwa 10%; eigene Serie).Ursächlich dafür ist die Fehlbewertung eines der 4 histologischen Leitbefunde (Tabelle 2).Am häufigsten werden PAS-positive glatte Muskelzellen, seltener PAS-positive Plasmazellen mit scholligem Immunglobulin („Mott cells“) mit den MW-typischen Makrophagen verwechselt (s. Abb. 2b,c). Praktisch kaum Bedeutung hat die mögliche Verwechslung mit einer Infektion durch Mycobacterium avium-intracellulare (s.Abb.2e) oder Rhodococcus equi, die in der Literatur aber oft angeführt wird [31]. Kolonbiopsien Für die Erstdiagnostik eines MW ist die Rektum- und Kolonschleimhaut grundsätzlich weniger geeignet. Zwar ist bei manchen Patienten auch in Kolonbiopsien ein einschlägiges Infiltrat von Makrophagen mit granulären, intensiv PASanfärbbaren Partikeln vorhanden und wird dort mitunter zuerst gefunden.Anlass zur Verwechslung können jedoch andere PAS-positive Zellen geben, v. a. mukoproteinhaltige Makrophagen (Muziphagen; [26, 29]). Weitere diagnostische Befunde sind beim MW in der Kolonmukosa nicht bekannt, insbesondere fehlen dort stets Lipidablagerungen und Lymphangiektasien. Makrophagen noch breiter, als im Dünn- und Dickdarm. Dies gilt selbst dann, wenn morphologische Äquivalente der MW-typischen Makrophagen vom Typ 1 vorliegen. Entsprechend zurückhaltend sind whipple-ähnliche Befunde in diesen Biopsien zu bewerten, und eine weitere Abklärung durch ergänzende Untersuchungen ist anzustreben (PCR, Elektronenmikroskopie), v. a. durch parallele Dünndarmbiopsien. Therapie Bis zur Verfügbarkeit von Antibiotika war der Morbus Whipple eine letal verlaufende Erkrankung [34]. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde weithin eine orale Therapie mit einem Tetrazyklin praktiziert, deren Langzeitergebnisse aber unbefriedigend waren [15].Ab Mitte der 1980er-Jahre wurde daher eine orale Therapie mit dem gut liquorgängigen, bakteriostatisch wirksamen Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) empfohlen, das aber auch nicht zuverlässig eine zentralnervöse Infektion mit Tropheryma whippelii eradiziert [12]. Heute wird daher eine intensivere Initialtherapie mit einem bakteriziden und gut liquorgängigen Antibiotikum empfohlen (z. B. Ceftriaxon), an die sich eine längerfristige Erhaltungstherapie (mit Cotrimoxazol) anschließt. Diese aktuelle Konzeption wird gegenwärtig in einer prospektiven Studie zur Initialterapie des Morbus Whipple (SIMW) geprüft [7]. In den seltenen Fällen einer antibiotikarefraktären Infektion mit Tropheryma whippelii kann eine additive Immuntherapie, z. B. mit Interferon-γ, zur erfolgreichen Eradikation beitragen [28]. Danksagung. Die eigenen Untersuchungen erfolgten in langjähriger Zusammenarbeit mit Priv.-Doz. Dr. Matthias Maiwald und Dr. Hans-Jürgen Ditton als Arbeitsgruppe Tropheryma whippelii. Ermöglicht wurden sie durch die Unterstützung von mehr als 200 Kollegen aus Pathologie, Innerer Medizin und anderen Fachgebieten. Eine namentliche Danksagung ist kaum mehr möglich. Allen sei herzlich gedankt. Andere Biopsien In anderen Geweben, wie z. B. Lymphknoten-, Leber-, Gehirnbiopsien oder Herzklappen, ist das differenzialdiagnostische Spektrum von PAS-positiven Der Pathologe 1•2001 | 87 Übersicht Literatur 1. Altwegg M, Fleisch-Marx A, Goldenberger D, Hailemariam S, Schaffner A, Kissling R (1996) Spondylodiscitis caused by Tropheryma whippelii.Schweiz Med Wochenschr 126:1495–1499 2. 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