Diabetisches Fußsyndrom - Tipps für die Praxis Bertil Oser Schwerpunktpraxis für Diabetologie und Nephrologie Bernkastel-Kues Fortbildungsveranstaltung der Kreisärzteschaft Cochem-Zell In Beilstein am 22. 06. 2005 (Wiedergabe des Textes, teilweise auch der Bilder ausgewählter Präsentations-Folien) (Zuhörer des Vortrags) Folie 1 Definition „Diabetisches Fußsyndrom“ Chronische Erkrankung desn Fußes bei Diabetes mellitus durch Neuropathie (A + M + S) +/- Angiopathie (A + V) +/- Osteoarthropathie Die durch Schäden von außen oder innen zu Läsionen führen kann Folie 2 1 Sensorische Neuropathie (A) 2 Motorische Neuropathie (C) 3 Autonome Neuropathie (8) 2 4 Limited joint mobility (8) 5 Kallusbildung (A) 6 pAVK (A) 7 Fußdeformitäten (A) 8 Ungeeignetes Schuhwerk (A) 9 thermische Schäden, Nagelerkrankungen (A) 10 Vernachlässigung, Unwissenheit, Fehleinschätzung (A) Folie 3 diabetische Neuropathie (autonom) sudomotorische Insuffizienz: trockene Haut Autosympathektomie AV Shunt, Erwärmung vermehrte Schuppung → Hyperkeratose Gewebsautolyse, subkeratotische Hämatome, mal perforans Folie 4 Diabetische Neuropathie (motorisch) Krallenzeh + Muskelatrophie Ballenhohlfußbildung Änderung der Statik 3 Folie 5 Limited Joint Mobility AGE Produkte verändern Haut und kleine Gelenke sklerodermiform „Cheiroanrthropathie” → Veränderter Abrollvorgang mit fokalen Druckspitzen Folie 6 sensibel gestörtes Temperaturempfinden verändertes Gangbild und räumliches Empfinden fehlender Warnschmerz Folie 7 Diabetische Neuropathie sensibel gestörtes Temperaturempfinden verändertes Gangbild und räumliches Empfinden fehlender Warnschmerz 4 Folie 8 Call-us • Mechanisch, thermisch oder chemischer Reiz • Reiz → verstärkte Durchblutung → • Keimschicht verstärkte Zellteilung • Schwiele potenziert den Druck auf C Weichteilgewebe • Durch Scheerkräfte kommt es zu subkeratotischen Hämatomen • Invasion von Bakterien Folie 9 Kausal und die Heilung beeinflussend Manifestation Unterschenkeln unter Aussparung der Füße Keine okklusive Mikroangiopathie Mediasklerose verursacht keine Ischämie, führt aber zu Druckfehlmessung und Fehlinterpretation von Rö Neuropathie kann die Klinik der pAVK maskieren Folie 10 ABI (Ankle Brachial Index - Knöchel-Arm Index) Folie 11 Neuro - Osteoarthropathie - Charcot Akute inflammatorische Phase mit Erhöhung der Hauttemperatur (A), gelegentlich Schmerzen trotz Neuropathie Nativ Röntgen als Diagnostikum (B) 5 Folie 12 Klinische Zeichen der (diabetischen) Neuroosteoarthropathie Akutstadium • +/- Schmerzen • Rötung • Schwellung# • Überwärmung (meist um 3-70 C) Chronisches Stadium • Knochen-Abbau /-Umbau /-Anbau • Fußverformung, z. B. „Tintenlöscher“-Fuß Modifizierte Sanders-Klassifikation der Neuroosteoarthropathie Typ Betroffene Areale I Metatarsophalangealgelenke („Zuckerstengel“) II Tarsometatarsalgelenke („Knickplattfuß“) III Intertarsale Gelenke („Klassischer Schaukelfuß“) IV Oberes Sprunggelenk (Bajonettstellung) V Hinteres unteres Sprunggelenk („Plumpfuß“) Folie 13 ungeeeignetes Schuhwerk - thermische Schäden - Nagelerkrankungen 6 Folie 14 Psychologische Faktoren • Neuropathie • Verlust der sozialen Identität • Verlust des sozialen Bezugs • konkurrierende Anforderungen • Eigenverantwortung der Therapieergebnisse • Abhängigkeit Folie 15 Falsche Annahmen in der Arzt-Patient-Beziehung Wenn Menschen wissen, was für sie gut ist, tun sie es auch gleich Patienten stellen ihre Gesundheit immer und überall adie 1. Stelle Folie 16 Fragen vom Arzt an den Patient - Was wissen Sie von Ihrer Erkrankung? - Haben Sie Beschwerden? - Waben Sie eine Chance, Ihren Fuß komplett zu entlasten? - Wie ist es Ihnen mit X ergangen? Was ist gut gelaufen? - Was ist nicht so gut gelaufen? Können Sie sich vorstellen ... - Haben Sie eine Idee, wie es besser gehen kann? Folie 17 5 Eckpfeiler zur Reduktion der Prävalenz von Fußläsionen 1. Regelmäßige Inspektion und Untersuchung der Füße sowie des Schuhwerks (A) 2. Identifikation von Hochrisikopatienten (B) 3. Schulung von Patienten, Familie und der im Gesundheitssystem Arbeitenden (A) 4. Geeignetes Schuhwerk 5. Behandlung sonstiger krankhafter Veränderungen des Fußes (A-C Folie 18 Anzeichen einer Nervenerkrankung • Trockene, rissige Haut • Kribbeln 7 • • • • Ruheschmerz Taubheitsgefühl Verlust des Schwitzens eingeschränktes Schmerzempfinden Folie 19 Anzeichen einer Durchblutungsstörung „Schaufensterkrankheit” blasse, dünne Haut schwere, kraftlose Beine Wadenkrämpfe und Schmerzen nach kurzen Gehstrecken mit Linderung durch Stehenbleiben Folie 20 Training der Fussmuskulatur Folie 20 Grundvoraussetzung für die Heilung ist die vollständige und anhaltende Entlastung von Druckkräften (A): • Druckumverteilung bei Callus • Ausschaltung der Fußgelenkbewegung bei M. Charcot 8 Folie 21 Behandlungsprinzipien Wunde • Druckentlastung • Nekrosektomie • Debridement avitaler Gewebeanteile • Infektionsbehandlung • Studiengerechte lokale Wundbehandlung • Revaskularisation falls erforderlich Folie 22 Lokale Wundbehandlung, Wundauflagen • Feuchte Wundbehandlung bei nicht-ischämischen Wunden • Keine Evidenz zur Bevorzugung irgend einer speziellen Auflage • Die Auswahl erfolgt nach Wundheilungsstadium, Exsudatmenge, Infektion sowie Kosten-Effektivitätskriterien • Wundreinigung bei jedem Verbandswechsel ohne antiseptische Substanzen Folie 23 Wundauflagen Hydrogele (IntraSite, u.a.) Kolloide (Cutinova, Hydrocoll, Comfeel, Thielle u.a.) Fettgaze (Oleotüll, Adaptic, Urgotüll) enzymatisches Debridement (Nugel, Varidase, Iruxol) Calciumalginate (AlgiSite, Sorbalgon, Algosteri u.a.) Hydropolymerer Schaumstoff PU (Allevyn, Biatin, u.a.) Silberimprägnierte Aktivkohle Interaktive Wundauflagen (Promogran,...) Folie 24 Debridement Mechanisches Debridement Autolytisches Debridement mit Hydrogelen – (bei unzureichendem mechanischen Debridement) Biomechanisches Debridement mit Fliegenlarven Enzymatisches Debridement 9 Folie 25 Diabetische Fußinfektionen • Systemische Zeichen sind wenig aussagekräftig • Tiefe Gewebeproben sind aussagekräftiger • Infektionsbehandlung umfasst auch Revaskularisation, Stoffwechseltherapie und Wundbehandlung Folie 26 Vakuumtherapie • Verbandwechsel alle 48 Std., bei Infektion ggf öfter • Die Therapie muß klinisch überwacht sein: Verschlimmerung, • Bakteriämie, toxischer Schock, Blutung • Voraussetzung: Durchblutung, Debridement, Infektionskontrolle insb. bei Osteomyelitis Folie 27 Amputationen bei Menschen mit Diabetes • Durch Revoskuiarisation sinkt die Rate der Majoramputationen, wodurch die Zahl der Minoramputationen steigt • Amputationsgrenzen folgen der Angiographie und dem Lokalbefund, nicht anatomischen Linien. Amputationsausmaß hat das Ziel gewichttragende Areale zu erhalten Folie 28 Erst Angio, dann frühestens Amputation Und zumindest Zweitmeinung Laßt die Füße tanzen !