FAEL- CO RNER 22 www.polyscope.ch Permanentmagnete aus Metallen der Seltenen Erden Elektronikindustrie verzeichnet steigenden Bedarf Um sehr starke Permanentmagnete herzustellen, die sich auch nur durch hohe magnetische Feldstärken entmagnetisieren lassen, kommen heute häufig die Metalle der Seltenen Erden zum Einsatz. Man verbaut solche Magnete bei Elektromotoren, beispielsweise bei den Synchronmotoren. Doch weshalb eignen sich diese Metalle eigentlich zur Herstellung von Permanentmagneten? » Roland Büchi In modernen Elektromotoren – man nennt sie auch «EC-Motoren» oder «Brushless-Motoren» – kommen verstärkt Metalle der Seltenen Erden zum Einsatz. Da unter anderem auch deshalb die Nachfrage für diese Metalle auf dem internationalen Rohstoffmarkt wächst, hat sich in den letzten Jahren auch deren Preis vervielfacht. Doch weshalb eignen sich diese Metalle eigentlich zur Herstellung von Permanentmagneten? Autor Prof. Dr. Roland Büchi ist Dozent an der School of Engineering, ZHAW, [email protected] fotolia Ferromagnetismus kurz erklärt Wie aus der Elektrotechnik bekannt, bewirkt ein elektrischer Strom ein Magnetfeld. Bei dem für das atomare Grundverständnis herangezogenen Bohr‘schen Atommodell bewegen sich die Elektronen in Schalen um den Kern. Zugleichg rotieren sie auch um ihre eigene Achse. Die sich bewegenden Elektronen bewirken so ein Magnetfeld. Bei speziellen Materialien, den «ferromagnetischen Materialien», prägen sich jetzt Bereiche aus, in welchen diese Magnetfelder in dieselbe Richtung zeigen. Diese Bereiche nennt man auch «Weiss‘sche Bezirke» oder «Elementarmagnete». Legt man nun von aussen ein magnetisches Feld an, so richten sich diese Elementarmagnete in der Richtung dieses Magnetfeldes aus und verharren danach darin, auch wenn man das Magnetfeld wieder abschaltet. Auf Der Abbau und der Trennungsprozess der verschiedenen Seltene-Erden-Metalle sind sehr aufwendig und mit strengen Umweltauflagen verbunden diese Weise lässt sich ein Permanentmagnet herstellen. Das Mass hierfür ist die Remanenzpolarisation JR. Magnetische Anisotropie Permanentmagnete sollte man aber nicht nur polarisieren können, Ferromagnetismus allein genügt also noch nicht. Ein Mass für deren Qualität ist auch, dass sie eine hohe magnetische Anisotropie besitzen. Dies heisst, dass sie sich nach der Polarisierung nur durch ein grosses Magnetfeld in die andere Richtung wieder entmagnetisieren lassen. Das Mass hierfür ist die Koerzitivfeldstärke HC. Da also sowohl die Eigenschaften des Ferromagnetismus als auch diejenigen der magnetischen Anisotro- pie wichtig sind, braucht es immer Legierungen zur Herstellung von Permanentmagneten. Aluminium-Nickel-Cobalt und Ferrite Aluminium-Nickel-Cobalt (AlNiCo) war in den 1930er-Jahren das erste Material zur Herstellung von Permanentmagneten. Die magnetische Remanenzpolarisation J R liegt etwa bei 1,0 T (Tesla). Allerdings lässt sich AlNiCo schon durch ein relativ schwaches magnetisches Feld (Koerzitivfeldstärke) mit HC = ca. 100 kA/m entmagnetisieren. Deshalb wird dessen Einsatz heute immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Da die Magnetisierungskennlinie auch von der Temperatur abhängt, kommt das Metall oftmals in Polyscope 16/12 FA E L-C ORNER Präzisionsmessgeräten zum Einsatz. Es weist nämlich eine sehr gute Temperaturstabilität auf. Für die Massenproduktion von Permanentmagneten setzt die Industrie seit den 1950erJahren Ferrit, ein gesintertes und danach magnetisiertes Gemisch aus Eisenoxid, Bariumoxid und Strontiumoxid, ein. Die Remanenzpolarisation liegt zwar mit JR = 0,4 T nur knapp bei der Hälfte von AlNiCo, jedoch ist die Koerzitivfeldstärke wesentlich grösser – HC beträgt bis zu 300 kA/m. Die Metalle der Seltenen Erden Um sowohl den Wirkungsgrad als auch die Leistungsdichte von Elektromotoren zu erhöhen, benötigt man Permanentmagnete mit hoher Remanenzpolarisation und hoher Koerzitivfeldstärke. Zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren stiess man in diesem Zusammenhang auf die Metalle der Seltenen Erden. Um die für die Herstellung von Magneten wichtigen Eigenschaften dieser Metalle zu beschreiben, soll wieder das Bohr’sche Atommodell dienen. Ein Teil der Gruppe der Seltenen Erden sind die sogenannten Lanthanoide. Diese Metalle besitzen die Ordnungszahlen von 58 (Cer) bis 71 (Lutetium). Zur Erinnerung – die Ordnungszahlen beschreiben die Anzahl Elektronen, welche sich um den Atomkern bewegen. Grundsätzlich werden die inneren Schalen dabei immer komplett aufgefüllt, bevor eine nächste, weiter aussen liegende, besetzt wird. Diejenigen Elemente, welche im Periodensystem vor den Lanthanoiden liegen, also eine kleinere Ordnungszahl als diese aufweisen, lassen jedoch eine Schale, die 4f-Schale, zuerst unbesetzt. Sie füllen zuerst weiter aussen liegende Schalen auf. Erst beginnend mit Cer beginnt die Besetzung dieser 4f-Schale. Bei Lutetium ist diese Schale schliesslich mit 14 Elektronen voll besetzt. Dies hat einen Einfluss auf die magnetische Anisotropie. Da die Elektronen der äusseren Schalen die Elektronen der 4f-Schale abschirmen, behalten sie ihre Richtung und den Spin FAEL kompakt FAEL: Swiss Engineering Fachgruppe für Elektronik & Informatik Mitglieder: 758 Gründung: 1978 Präsident: Thomas Hauser, Dipl.-Ing. HTL/STV Kontakt: Thomas Hauser, Langackerweg 10, 5003 Würenlingen, Tel. 079 573 20 27, [email protected], www.fael.ch Polyscope 16/12 Die JH-Kurve einiger Seltene-Erden-Metalle im Vergleich zu Ferrit bei. Sie lassen sich nur durch das Anlegen eines sehr grossen magnetischen Feldes ablenken. Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) Die am häufigsten eingesetzte Legierung auf der Basis der Seltenen Erden ist NeodymEisen-Bor. Im Vergleich zu Ferrit und AlNiCo sind dessen Eigenschaften geradezu phänomenal: Die Remanenzpolarisation JR liegt bei bis zu 1,4 T und die Elektronen der 4f-Schale leisten bei der magnetischen Anisotropie ganze Arbeit: die Koerzitivfeldstärke HC liegt bei etwa 1000 kA/m und ist damit drei- bis viermal grösser als diejenige von Ferrit. Reine Neodym-Eisen-Bor-Magnete weisen jedoch zwei Nachteile auf. Einerseits sind sie nicht korrosionsbeständig – deshalb benötigen sie eine äussere Schutzschicht –, andererseits weisen sie nur eine relativ geringe Temperaturstabilität auf. Durch Zusätze von anderen Seltenen Erden verträgt Neodym-Eisen-Bor jedoch immerhin etwa 150 °C. Da die Werte 1,4 T und 150 °C häufig auch in etwa den Spezifikationen der anderen in Elektromotoren verwendeten Materialien entspricht, beispielsweise bei der Sättigungsinduktion im Eisen bzw. den zugelassenen Temperaturen in der Isolation, ist NeodymEisen-Bor heute eines der wichtigsten Materialien für Permanentmagnete, welche in der Technik zum Einsatz kommen. Samarium-Cobalt (SmCo) und Samarium-Eisen-Stickstoff (SmFeN) Mit den Seltenen-Erden-Metallen wurden viele Versuche im Hinblick auf die Herstellung starker Permanentmagnete gemacht. Da sie alle ähnliche Eigenschaften aufweisen, hat sich auch noch ein anderes Element, nämlich Samarium, durchgesetzt. Auch dieses wird als Legierung mit einem ferromagnetischen Material hergestellt, nämlich mit Cobalt. Sowohl die Remanenzpolarisation JR (ca. 1,2 T) als auch die Koerzitivfeldstärke (ca. 800 kA/m) liegen bei Samarium-Cobalt (SmCo) zwar leicht tiefer als diejenige von NdFeB, jedoch ist das Metall wesentlich temperaturstabiler und weist auch eine höhere Korrosionsbeständigkeit auf. Eine weitere Legierung ist SamariumEisen-Stickstoff (SmFeN). Dieses liegt mit der Remanenzpolarisation JR und der Koerzitivfeldstärke etwa zwischen SmCo und NdFeB. Die Permanentmagnete auf Basis von Samarium setzt man in der Praxis (noch) weniger häufig ein, da sie teurer sind als die Magnete auf der Basis von Neodym. Gefahrenhinweise darf man nicht ausser Acht lassen Bei der Hantierung mit solch starken Permanentmagneten sei an dieser Stelle noch auf eine Gefahr hingewiesen. Da man oftmals mehrere Magnete in der gleichen Maschine verbaut, und sich Nord- und Südpole bekanntlich anziehen, sollte man unbedingt darauf achten, diese getrennt voneinander zu montieren. Schmerzhafte Quetschungen von Händen und Fingern sind sehr schnell passiert. Auch bei der Montage eines Magneten allein kann es zu solchen Unfällen kommen, da diese ja meistens mit Eisen verbaut sind, das ebenfalls angezogen wird. Vorkommen und Gewinnung der Seltenen Erden Der Name «Seltene Erden» ist nicht sehr treffend, er ist sogar irreführend gewählt, denn diese Metalle sind keinesfalls selten in ihrem Vorkommen, wie man das zur Zeit ihrer Entdeckung annahm. Das häufigste Material der Lanthanoiden, Cer, kommt in der Erdkruste sogar häufiger vor als beispielsweise Arsen und Blei. Auch das seltenste Material der Seltenen Erden, Thulium, kommt immer noch häufiger vor als Gold oder Platin. Es gibt ein grosses Vorkommnis in der inneren Mongolei. China beherrscht deshalb derzeit den Weltmarkt. Die Seltenen-ErdenMetalle kommen fast immer zusammen mit anderen Seltenen Erden vor. Der Trennungsprozess der einzelnen Metalle ist deshalb sehr aufwendig und mit strengen Umweltauflagen verbunden. « Infoservice FAEL, Thomas Hauser Langackerweg 10, 5003 Würenlingen Tel. 079 573 20 27 [email protected], www.fael.ch 23