VISION Im Bann der Farben Viel mehr als nur ein paar Knoten. Von der Pracht und der Kunst des Teppichknüpfens inspiriert, lassen Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari alias Nov24 ihre persönlichen Erlebnisse in ihr Design einfließen und berühren damit jeden, der mit einem Teppich auch dessen ganze Geschichte will. Fasern, die einfach berühren. Reinste Naturwolle geht mit Farben aus natürlichsten Rohstoffen eine geheimnisvoll leuchtende Verbindung ein. © NOV 24 30 wohndesigners Wenn man den Ursprung nicht kennt, kann man den wahren Wert niemals schätzen. Das dachten sich auch Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari, die mit ihren Teppichkreationen immer öfter auf sich aufmerksam machen. Gerade, wenn es darum geht, ein Produkt für einen Kunden maßzuschneidern, ist es gleichzeitig die Aufgabe des Designers gewissenhaft zu sein und das, was man tut, auch inhaltlich zu transportieren, so das Credo der zwei engagierten Gestalter. Hier befindet sich auch die Produktion jener Teppiche, die Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari nach eigenen Designs anfertigen lassen. Die helle Begeisterung schwingt in ihren beiden Stimmen, wenn sie von der natürlichen Reinheit und Qualität der Wolle und von den leuchtenden Farben in der Färberei berichten. Der Besuch bei den Wurzeln ihrer Kreationen war intensiv und emotional - eine Stimmung, die sich auch in den zukünftigen Teppichen widerspiegeln wird. Über den Tellerrand hinaus. Die beiden Kreativen lassen deshalb ihre Arbeit nicht bei der Tür ihres Ateliers enden. Ganz im Gegenteil. Es treibt sie hinaus zur Quelle, an der alles beginnt, um jene Orte persönlich kennenzulernen, wo ihr außergewöhnliches Produkt, das sie stets in enger Zusammenarbeit mit Architekten, Interiordesignern und privaten Kunden kreieren, seinen Anfang nimmt und hergestellt wird. So machten sie sich auf in die südiranische Stadt Shiraz, die auf eine jahrhundertelange Tradition und Kultur des Teppichknüpfens zurückblickt. Knüpfen ist Frauensache. Besonders viel Wert legen Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari darauf, dass die Teppiche zu 100 Prozent auf umweltfreundlicher Basis produziert werden. Die Wolle, von Hand versponnen, wird traditionell in riesigen Bottichen unter Zugabe natürlicher Zutaten und Wasser gefärbt, insgesamt ein sehr aufwändiges Procedere, das viel Knowhow und Fingerspitzengefühl verlangt. Kamille, die Schalen von Walnüssen und Granatäpfeln, geschnittenes Berggras, Eukalyptusblätter, Kurkuma, Sumach oder Roots, eine begehrte, essbare Pflan- VISION Vom Papier zum Faden. Die Designer lassen sich von traditionellen Ornamenten inspirieren und übersetzen diesen Esprit in modernes Design. © NOV 24 Höchst engagiert. Für Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari zählt nicht nur das fertige Produkt, sondern der gesamte Weg dorthin. © NOV 24 Tradition ist etwas Altes und etwas Wertvolles. Als junger Designer hat man aber immer den Drang, etwas Neues machen zu müssen und sich von der Tradition zu lösen. Bei uns ist das anders. Die traditionellen persischen und orientalisch-arabischen Muster sind eine eigene, faszinierende Wissenschaft. Es gibt viele Bücher über die alte Kunst des Ornaments, die unter anderem die floralen Elemente auf deren Geometrie hin untersuchen. So stösst man auf ganz neue Hintergründe. Und genau das ist der Punkt, der uns spannend erscheint, mit dem wir experimentieren und uns auseinandersetzen wollen. Es ist wie ein Spiel, ein Hin und Her, wenngleich die Tradition wie ein Fundament ist, auf dem sich die Fantasie schließlich voll entfalten kann. Wir glauben fest daran, dass man sich mit der Tradition stark auseinandersetzen muss, auch um zu erkennen, dass man nicht alles neu erfinden muss. Koordinaten NOV 24 Servitengasse 16/1-2 | A-1090 Wien Telefon +43/1/968 21 75 Email [email protected] Web www.nov24.at zenwurzel, die im Gebirge zu finden ist, und vieles mehr - sie alle verwandeln die wollenen Fäden in ein leuchtendes Meer von herrlichen intensiven Farben. Hinzukommt, dass man die Herkunft der Wolle bis zum Schaf, von dem sie stammt, rückverfolgen kann. Es sind jene Schafe, die von Nomaden im Zagros-Gebirge gehalten werden. Das Wasser der Färbung wird nach dem Gebrauch in einer eigenen Kläranlage aufbereitet und für die Bewässerung der Felder weiterverwendet. Ein reines Naturprodukt also - eine Zertifizierung würden sich die beiden deshalb sehr wünschen, was auch konsequent angestrebt wird. Geknüpft werden die Teppiche von den Frauen der Nomaden, die nach Mustern, die bereits in Wien auf Millimeterpapier aufgetragen werden, hergestellt werden. Das ist hier ganz klar die „Chefsache“: Die Frauen verhandeln selbst und suchen sich aus, was sie knüpfen wollen - und das in mehr als beeindruckender Weise. Genau das ist es, worauf Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari besonders stolz sind: Die Handarbeit, die in ihren Teppichen steckt, verbunden mit der kompromisslosen Natürlichkeit ihrer Herstellung. Und dass sie damit auch helfen können, Existenzen zu sichern - ein großes soziales Bedürfnis der beiden Designer, das sie einmal mehr auszeichnet. Eine Landebasis geben. Wieder zurück in Wien bedienen sich Amir Kolahdouzian und Hamideh Jafari ihrer neu zusammengestellten Farbschablonen und den zehn mal zehn Zentimeter großen Mustern, auf Basis derer sie gemeinsam mit ihren Kunden ihre Designs erarbeiten. Von einem Teppichlager halten sie nichts. Viel mehr soll die Fantasie des Auftraggebers einfließen können. Wiederholungen gibt es bei ihnen grundsätzlich nicht, außer ein Kunde kommt mit einem eigenen Muster, zu dem er sich eine Kollektion wünscht. Mit dieser Philosophie gelingt es den ambitionierten Jungunternehmern, dem Teppich per se jenen Charakter wieder zurück zu geben, den er mit seiner gesamten Produktionsgeschichte, die alle Wertschätzung verdient, schon immer gehabt hat - ein Stück „Wohnraum“, auf dem man landen kann und mit dem man sich ein richtiges Stück Zuhause schafft. wohndesigners 31