Diagnose « Krebs

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Diagnose « Krebs »
Wem soll ich glauben?
Edgar Jost
September 2005
Patient
Therapieentscheidung
Arzt
Umfeld
Übersicht
„
Was ist Krebs, wie entsteht Krebs?
„
Wie erarbeitet der Arzt die Diagnose und seinen
Behandlungsvorschlag?
„
Wie wird die Qualität der Behandlung gewährleistet?
„
Alternative Therapien: Methoden, Qualitätssicherung
„
Vergleich Vorgehensweise SchulmedizinAlternativmedizin
„
Vereinigung von Schulmedizin und Parallelmedizin?
Was ist Krebs: unser Erbgut
„
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„
„
3 Milliarden Bausteinen A, C, T und G
Die Reihenfolge = menschliche Erbgut
ca. 30 000 Gene
ca. 500.000 Proteine .
Diese Information ist
komplett in jeder unserer
vielen 1000 Milliarden
Körperzellen enthalten
Die Struktur des Erbgutes
Quelle: Was ist Was: Die Gene
Was ist Krebs: Die Zellteilung
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„
Die komplette Information des Erbgutes wird
bei jeder Teilung von einer Zelle in zwei Zellen
mitgegeben in Form einer vollständigen Kopie
Zellteilungen finden in unserem Körper in sehr
großer Anzahl in jeder Sekunde statt
Bei den Zellteilungen kommt es zu Fehlern in
der Übertragung der Information. Somit wird
auch ein in einer Zelle neu entstandener Fehler
im Erbgut dann mit Übertragen
Quelle: Greenwald. Spektrum der Wissenschaft,
Spezial5:Krebsmedin, 1996.
Beispiel: Dickdarmkrebs
Zeitraum: 5-15 Jahre
Quelle: W Hiddeman, Die Onkologie 2004
Was ist Krebs: Die Fehlinformation
„
Eine Krebszelle ist eine Zelle, in der ein mehrere Gene falsch
reguliert sind aufgrund von Fehlinformationen in unseren Genen.
„
Die Zellen nehmen Eigenschaften an, die eine normale Zelle nicht
ausübt.
- Die Zell teilt sich zu häufig
- Die Zelle kann nicht mehr absterben
- Die Zelle generiert neue Blutgefässe
- Die Zelle kann sich in « fremden » Organen ansiedeln
- Die Zelle lässt sich nicht mehr von außen beeinflussen
Æ Unkontrolliertes Wachstum
Beeinflussende Faktoren
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Lebenswandel: Tabak, Alkohol, Sonne, Ernährung
Umwelt: Lösungsmittel, Radioaktivität, Radon
Virusinfektionen: Hepatitis B und C, HIV
Stress und psychische Belastung?
- chronischer Stress: senkt das Risiko für Brustkrebs
- akuter Stress: Steigerung des Brustkrebsrisikos?
Stress und Krebsrisiko
Stressintensität
keiner
leicht
mittel
hoch
Stresshäufigkeit
nie
monatlich
wöchentlich
täglich
Relativrisiko
1
0,89
0,74
0,65
1
0,9
0,83
0,70
Beobachtung von
6689 Frauen
während 18 Jahren
(Dänemark)
„Alltagsstress“
wie er von der
Person empfunden
wird
Quelle:BMJ 2005
Krebs: Diagnosestellung
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Der einzige anerkannte Weg zur Diagnosestellung
Krebs ist eine Biopsie oder auch Probeentnahme.
Diese Biopsie kann über vielerlei Techniken erfolgen
- Durch Operation
- Durch Spiegelung: Atemwege, Magen-, Darmtrakt
- direkte Punktion eines Organs: unter Ultraschall,
unter Computertomographie, blind oder mit tasten
In seltenen Ausnahmen kann auf eine Biopsie zur
Diagnosestellung „Krebs“ verzichtet werden
(Prostatakarzinom mit Absiedlungen und
entsprechendem PSA-Anstieg).
Krebs: Der Therapievorschlag
„
Der Therapievorschlag beruht auf
1.
2.
3.
4.
Der Art des Tumors
Dem Stadium des Tumors
Dem Alter des Patienten und seinen
weiteren medizinischen Problemen
Der psychischen Belastbarkeit des Patienten und
seinem sozialen Umfeld
Studienergebnisse
200 Patienten mit gleichem Tumor
100 Therapie A
80
90
100 Therapie B
Ansprechen
auf Therapie
Überleben
Vergleich
60
70
Überlebenskurve
Vergleich
Therapie oder
keine Therapie
Vergleich zweier Therapien
Quelle: de Gramont et al, NEJM 2004
Therapievorschlag = Teamarbeit
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Onkologe/Hämatologe oder Internist (Quelle: KA Skinner, Ann Surg Oncol 2003)
Pathologe
Strahlentherapeut
Radiologe/Nuklearmediziner
Chirurg/Urologe/HNO/Gynäkologe
Hausarzt
ÆPluridisziplinäre onkologische Konferenz
ÆVorschlag einer Therapie nach den festgelegten Standards
Zusätzlich mit eingebunden
„ Pflege, Psychologe, Sozialassistent(in)
Hilfsmittel und Qualitätssicherung
„
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„
Æ
Æ
Æ
Fachliteratur
regelmäßig erscheinende Zeitschriften
Datenbanken
Medline, UptoDate
Fachgesellschaften
Verband der Hämatogen, Gynäkologen
Evidence based medicine
Festlegung der Standardtherapien (onkologisches Manual)
Meldung des Falls an die Krankenkasse und an die
Gesundheitsbehörden
Abweichung vom Standard muss begründet werden
Die Therapie
„
Die Durchführung der Therapie erfolgt nach
ausführlicher Aufklärung des Patienten über
seine Erkrankung, die unterschiedlichen
Therapiemodalitäten und ihren Erfolgschancen,
sowie einer Erklärung der möglichen
Nebenwirkungen. Es werden auch
Therapiealternativen erörtert. Der Patient muß
der Therapie zustimmen
Kontrolle des Ansprechens
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Klinischer Verlauf des Patienten: Allgemeinzustand, tastbarer
Tumor
Laborwerte mit Tumormarkern
Röntgenuntersuchungen konventionell
Scanner
Ultraschall
Magnetresonanz
Nuklearmedizin: PET
Festgelegte Kriterien des Ansprechens (RECIST)
Komplette oder partielle Remission, stabile Erkrankung oder
Fortschreiten
Vergleich vor und nach Therapie
Beispiele für Entwicklung 1965 → 2005
5-Jahres Überlebensrate
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„
Akute Leukämie beim Kind
5 % → 80 %
Hodentumor
15 % → 90 %
Darmkrebs
15 % → 60 %
Brustkrebs
25 % → 60 %
Kritikpunkte der Vorgehensweise
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„
Statistik zählt nicht für die einzelne Person?
Therapien sind nur eingeschränkt individualisiert?
Einflussnahme der Pharmakonzerne auf die Studien
und somit auf die Standardtherapien?
Wenige Vorschläge für seltene Tumore, da keine
Studien vorliegen, die die Definition einer
Standardtherapie ermöglicht
Therapien sind häufig sehr belastend für den
Patienten
Risiken der Diagnostik und der Therapien
Kosten (bei der Versicherung, wenig beim Patienten)
Alternativmedizin: Methoden
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Traditionelle chinesische Medizin
Ayurveda
Homöopathie
Anthroposophische Medizin
Phytotherapie
Akupunktur
Diät und Nahrungsergänzungsmittel
Germanische Neue Medizin
Gründe für Alternativmedizin laut
Patienten
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51 % eigener Beitrag
36 % Einbezug der Psyche
28 % „Wundererzählung
23 % Ganzheitliche Medizin
19 % sanftere Medizin
15 % letzte Hoffnung
10 % Abneigung gegen Medikamente
9 % frühere gute Erfahrung
7 % enttäuscht von Schulmedizin
5 % andere
Quelle: R Morant. Aktuelle Onkologie 1991
Anwendung der Alternativmedizin
„
„
Als Ergänzung zur Schulmedizin
Zur Linderung der Nebenwirkungen
Zur Verbesserung des Therapieansprechens
Als Ergänzung in palliativer Situation
Als alleinige Therapie
Bei Verneinung einer schulmedizinischen Therapie
Bei fehlenden Möglichkeiten der Schulmedizin
Phytotherapie (1)
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„
Vorsicht: Johanniskraut
Interaktion mit zahlreichen Medikamenten,
insbesondere zur Blutverdünnung,
Chemotherapie (Irinotecan), Mdk. gegen
Abstoßungsreaktion nach Organtransplantation
Ginkgo, Knoblauch: geringe Gefahr der
Blutverdünnung, jedoch keine bekannte
Interaktion mit Chemotherapie
Quelle: K Mörike: Pflanzliche Arzneimittel. Der Internist 2003
Phytotherapie (2)
Mistel:
„ Wirkstoffe: Lektine, Flavonoide, Viscotoxine,
Triterpene, Phenylcarbonsäure
„ Wirkungsweise: Reparatur der DNS, Stimulierung
des Immunsystems, Regeneration der geschädigten
Zellen
„ Durchführung vieler wissenschaftlicher Studien
Bessere Verträglichkeit der Therapie
Schnellere Erholung
Besseres Ansprechen der Therapie?
Quelle: T Efferth, Aachen1995
Probleme bei Phytotherapie
Akupunktur / Homöopathie
Akupunktur
„ Führt immer mehr anerkannte Studien durch
„ Insbesondere Schmerzprobleme
„ Anerkannt bei Arthrose und rheumatischen Beschwerden
Quelle: NP Assefi, Ann Inter Med 2005
Homöopathie
„ einige Ansätze mit Erfolg in der Linderung von Beschwerden
„ z.B. Mundspülung bei Chemotherapie (Kräutermischung)
„ Keine Wirksamkeit gegenüber dem Tumor
Germanische Neue Medizin
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„
„
Lehre verbreitet von G. Hamer
„Eiserne Regel des Krebses“
Krebserkrankung geht auf ein persönliches
Konflikterlebnis zurück
Die dokumentierten Fälle ergeben keinen Anhalt
für die Richtigkeit der Theorie oder eine
Wirksamkeit der Methode beim Krebspatienten
Quelle:Beyersdorff D. Biologische Wege zur Krebsabwehr 1984
Quelle: T Risberg, JCO 1998
Probleme in Alternativmedizin
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Ein Arzt legt die Therapie fest, ohne sich an die
Empfehlungen die durch Studien belegt sind, halten zu
müssen
Wer kontrolliert die Richtigkeit der Therapie
Bei wem kann sich der Patient eine zweite Meinung
einholen
Wer kontrolliert die verabreichten Medikamente (Qualität,
Inhaltsstoffe, Verunreinigungen)
Probleme der Interaktionen ist oft unbekannt
Objektive Aufklärung des Patienten (Ansprechraten,…)
Verknüpfung Verschreiber und Lieferant der Medikamente
Unkenntnis der Nebeneffekte
Kosten
Spontanheilungen
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„
Viele Spontanheilungen sind in Wirklichkeit Fehldiagnosen
Eine Heilung bedeutet einen sehr langen Abstand im Bezug
auf den Beginn des Tumors.
Tatsächliche Spontanheilungen oder langes Überleben ohne
wirksame Therapie sind beschrieben, insbesondere bei
Nierenkrebs und Melanom, jedoch auch bei vielen anderen
Tumoren.
Die Untersuchung dieser Fälle ergibt, das sich das
Körpereigene Abwehrsystem gegen den Tumor aktiviert hat.
„Wunderheilungen“
Plazeboeffekt
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„
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„
Placebo entspricht der Anwendung von Tabletten, Tropfen,…
ohne Wirkstoff um eine Besserung der Beschwerden zu
erreichen.
5 % der Personen beschreiben Nebenwirkungen, die sie dem
Medikament zuschreiben.
Die Wirksamkeit des Placebo ist um so höher, umso mehr der
Effekt dem Patienten als positiv beschrieben wird
(„Mystifizierung“)
Wirksamkeit bei 5-50 %, insbesondere bei subjektiven
Beschwerden (Schwindel, Brechreiz, Schmerz,
Schlaflosigkeit)
Einfluss der Medien
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Möglichkeiten für den Patienten sich zu informieren
sind vielfältig (Fernsehen, Internet, geschriebene
Presse, Kongresse)
Prinzipiell sehr begrüßenswert
Nachteile
- Menge an Information ist kaum zu verarbeiten
- Medien geben oft zu optimistische Einschätzung der
- Entwicklung an
- Verbreitung von unseriösen Informationen ist stark
vereinfacht
Der mündige Patient
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„
„
Es erfolgt eine ausführliche Aufklärung des Patienten über
seine Erkrankung, die Ausbreitung, die Prognose (mit und
ohne Therapie), die verschiedenen Therapiemöglichkeiten mit
den damit verbundenen Nebenwirkungen und Erfolgschancen.
Dann kann der Patient entscheiden, ob er die Therapie in
Anspruch nehmen möchte.
Bedingung ist, das der Arzt die entsprechenden Informationen
geben kann.
Aber
- Bei seltenen Erkrankungen oder Situationen kann auch der
Arzt Prognose, Erfolgschancen… nicht geben
- Der Patient zieht es manchmal vor, dem Arzt die
Entscheidungen zu überlassen
Entwicklung der Krebstherapie
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„
Verringerung der Nebenwirkungen der Therapie
Individualisierung der Therapie
Durch besseres Verständnis der Biochemie der Erkrankung
kann man die Therapien an den Tumor anpassen.
Anpassung der Chemotherapie, neue Substanzen
Einbindung von so genannten „targeted therapies“ (gezielte
Therapien) bei bestimmten Tumoren
Besseres Verständnis des Tumors und der mit ihm
verbundenen Abwehrreaktion des Körpers. Einwirkung von
außen auf das Immunsystem (Impfung, Antikörper,…)
Molekular gezielte Therapien
Abwendung von der Schulmedizin?
Hinwendung zur Alternativmedizin?
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„
„
Faktor Zeit: Schulmediziner hat deutlich mehr Patienten im
gleichen Zeitraum zu versorgen. Die Zuwendung ist oft stärker
in der Alternativmedizin.
Faktor Ehrlichkeit: Komplette Aufklärung des Patienten über
die Therapie, die Nebenwirkungen und die Erfolgschancen ist
in der Schulmedizin Pflicht, in der Parallelmedizin meist
unmöglich. Der Patient kann nicht unbedingt mit den Fakten
umgehen.
Der Patient wird auch darüber informiert, wenn die
Schulmedizin keine aktiven Therapien mehr für ihn zur
Verfügung hat.
Faktor Geld: Der Onkologe hat nur geringes finanzielles
Interesse, da er keine Einkünfte aus den verabreichten
Medikamenten bezieht. Die Alternativmedizin ist oft
Verschreiber und Lieferant der Medikamente.
Abwendung von der Schulmedizin?
Hinwendung zur Alternativmedizin?
„
„
„
„
Der Patient wünscht oft eine individualisierte Therapie und
keine Standardtherapie. Jedoch ist die Vorhersagbarkeit des
Ansprechens dann meist nicht möglich
In der Schulmedizin bedarf es für jedes Medikament, jede
Operationstechnik, jede andere angewandte Therapie einer
Zulassung mit den entsprechenden Studien, die eine
Vorhersage der Wirksamkeit, der Nebeneffekte und der
Risiken erlaubt. Dies ist in der Parallelmedizin nicht der Fall.
Die Verfahren sind nicht auf diese Faktoren hin getestet
Informationsmöglichkeiten: Internet und Medien bieten eine
nicht mehr durchschaubare Vielfalt an
Informationsmöglichkeiten. Diese werden von Schulmedizin
und Parallelmedizin gleichermaßen genutzt
Die Alternativmedizin setzt Erfahrung auf gleiche Höhe wie
Statistik
Schlußfolgerung
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Die Schulmedizin hat für viele Erkrankungen Therapien, die je
nach Erkrankung auf Heilung, Lebensverlängerung oder
Verbesserung der Lebensqualität abzielt
Die Schulmedizin führt eine Reihe von Qualitätskontrollen
durch
In der Alternativmedizin gibt es zur Zeit keine gesicherte
Therapie gegen Krebserkrankungen
Die Alternativmedizin parallel in Absprache mit dem
betreuenden Arzt durchzuführen ist vertretbar, insbesondere
wenn das Ziel der Maßnahmen eine Verbesserung der
Lebensqualität ist
Die Alternativmedizin als alleinige Therapie einer
Krebserkrankung ist zur Zeit nicht vertretbar
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