Abstract Titel: Motivieren ohne zu manipulieren Kurzzusammenfassung: Die Arbeit beschreibt das Spannungsverhältnis zwischen dem Motivieren und dem Manipulieren in der Sozialen Arbeit und leitet daraus bestimmte Anforderungen an die Professionellen ab. Autor(en): Publikationsformat: Sophia Wüst BATH MATH Semesterarbeit Forschungsbericht Anderes Veröffentlichung (Jahr): 2014 Sprache: Deutsch Zitation: Wüst, Sophia. (2014). Motivieren ohne zu manipulieren. Unveröffentlichte Bachelorarbeit, FHS St. Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit Schlagwörter (Tags): Intrinsische Motivation, Manipulation, Selbstbestimmungstheorie, Integrität, Autonomie, Arbeitsbündnis, Druck und Zwang, Soziale Arbeit Ausgangslage: Die Motivation eines Menschen hilft diesem, Neues entstehen zu lassen und gilt als Antriebsfaktor des menschlichen Handelns. In der Sozialen Arbeit wird mit diesem Wissen gearbeitet, denn die Motivation der Klienten ist oft massgeblich an der Lösung des aktuellen Problems beteiligt. Die Motivierung der Klienten in eine gewünschte Richtung läuft dabei jedoch stets Gefahr, manipulativ zu wirken. Durch die Ausübung von Druck und Zwang, zur Vermittlung eines bestimmten Verhaltens, kann die Autonomie der Klienten beschnitten und eine selbstbestimmte Lebensführung erschwert werden. Eine solche Motivierung mit 1 manipulativem Charakter ist aus ethischer Sicht problematisch, weil die individuelle Freiheit des Klienten tangiert wird. Ziel: Allgemein wächst in der modernen Gesellschaft die Forderung nach Leistung und Erfolg. Damit steigt auch der Druck auf die Professionellen der Sozialen Arbeit, den Klienten diese Werte zu vermitteln. Wie können Klienten in diese Richtung aktiviert werden, ohne ihre individuelle Freiheit zu tangieren? Die Lösung wäre, die Klienten zu motivieren ohne sie zu manipulieren. Motivation und Manipulation liegen jedoch nahe beieinander, weil bereits die Absicht der Professionellen, ein gewünschtes Verhalten zu fördern, als Druck auf die Klienten interpretiert werden kann. Dieses Dilemma ist Gegenstand dieser Arbeit. Es geht um eine Sensibilisierung der Leser für die wichtigen Faktoren, die dazu beitragen können, dass Klienten möglichst nicht manipuliert werden. Dies führt zu folgender Fragestellung: Welche Anforderungen ergeben sich für die professionelle Soziale Arbeit aus dem Spannungsfeld von Motivation und Manipulation der Klienten? Vorgehen: Das methodische Vorgehen bei der Beantwortung der Fragestellung basiert ausschliesslich auf Literaturrecherchen. Im ersten Teil wird auf den Begriff der Motivation eingegangen, und mit der intrinsischen und der extrinsischen Motivation werden zwei spezifische Motivationsformen unterschieden, welche unterschiedliche Auswirkungen auf die Selbstbestimmung und Autonomie der Adressaten haben. Es wird erläutert, warum diese beiden Motivationsformen nur schwer zu trennen sind und dass die intrinsische Motivation durch extrinsische Motivationsversuche auch abgeschwächt werden kann. Der zweite Teil setzt sich mit den Themen Freiheit und Autonomie des Individuums auseinander und vertieft diese Thematik, in Verbindung mit der Motivation, mit dem Konzept der Integrität sowie der Selbstbestimmungstheorie. Dieser Teil dient der Sensibilisierung für zentrale Aspekte der intrinsischen Motivation in Bezug auf die individuelle Entwicklung. Im dritten Teil wird untersucht, welche Faktoren in der Aktivierung der Klienten die individuelle Freiheit des Individuums beschränken und welche Anforderungen sich daraus für die Professionellen ergeben. Zudem wird das Konzept des Arbeitsbündnisses näher betrachtet und zum Schluss auf das mit der Doppelrolle der Professionellen einhergehende Dilemma zwischen Hilfe und Kontrolle in der Sozialen Arbeit eingegangen. 2 Erkenntnisse: Intrinsische Motivation stellt eine Form der Motivation dar, welche im Innern eines Menschen entsteht, sich selbst verstärken kann und damit nachhaltig ist. Demgegenüber entsteht extrinsische Motivation durch äussere Einflüsse wie Druck, Kontrolle oder Belohnung und kann manipulativ wirken, da die individuelle Autonomie beschnitten wird. Versuchen die Professionellen der Sozialen Arbeit die Rahmenbedingungen für intrinsische Motivation zu schaffen, vermindert dies die Gefahr des Manipulierens. Für die Förderung der intrinsischen Motivation der Klienten sind Handlungs- und Entscheidungsfreiheit, Meta-Autonomie, die Selbstbestimmung sowie Interesse an der Umwelt zentral. Erleben die Klienten Selbstbestimmung und Integrität, vermindert dies ihre Manipulierbarkeit, da sie sich ihrer persönlichen Wertvorstellungen bewusst sind und ihr Leben möglichst selbstbestimmt gestalten. Die geringere Manipulierbarkeit der Klienten wiederum ermöglicht, selbstbestimmt entscheiden zu können, was die individuelle Autonomie und damit erneut intrinsische Motivation fördert. Da der Übergang zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation fliessend ist und sich gewisse extrinsisch wirkende Zwänge nicht aufheben lassen, lässt es sich nur schwer feststellen, ob motiviert oder manipuliert wird. Dieses Dilemma birgt für die Professionellen der Sozialen Arbeit ein Spannungsfeld zwischen den beiden Polen der Motivation und der Manipulation. Die per se vorhandene asymmetrische Beziehung zwischen Professionellen und Klienten generiert ein ungleiches Machtverhältnis, was ein die Autonomie wahrender Umgang mit dem Klienten ohne Druck und Zwang erschwert. Es ist demnach für die Professionellen schwierig, Hilfe zu gewähren, ohne die Klienten aufgrund dieser Asymmetrie immer auch ein Stück weit zu kontrollieren. Auch im doppelten Mandat der Professionellen lässt sich dieses Spannungsfeld identifizieren. Der Auftrag der Gesellschaft oder der staatlichen Institutionen ist meist ein anderer als die Förderung von Autonomie und Integrität der Klienten. Da die Klienten niemals gänzlich freiwillig ein Arbeitsbündnis eingehen, ist auch hier ein gewisser Druck auf die Klienten per se vorhanden. Wenn nicht durch eine einweisende Instanz, dann haben sie doch zumindest die gesellschaftlichen Normen zu diesem Schritt bewogen. Die in diesem Spannungsfeld zwischen Manipulation und Motivation enthaltenen Widersprüche lassen sich niemals ganz aufheben. Ausgehend vom Konzept der Integrität und der Selbstbestimmungstheorie besteht die zentrale Anforderung für Professionelle der Sozialen Arbeit darin, durch intrinsische Motivation die Autonomie der Klienten zu fördern, damit diese ein selbstbestimmtes und integres Leben 3 führen können. Wollen Professionelle der Sozialen Arbeit diesem Ideal unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Spannungsfeldes möglichst nahe kommen, gilt es folgende Anforderungen zu beachten: Ungleiche Machtverhältnisse sollen identifiziert und reflektiert und anhand einer kooperativen Zusammenarbeit vermindert werden. Dazu soll die Beziehung zu den Klienten gefördert werden, was die intrinsische Motivation aufgrund ihrer sozialen Komponente stärkt. Um einerseits Autonomie zu gewährleisten und Freiräume für die Klienten zu schaffen und andererseits die Manipulation auch im Spannungsfeld des Doppelten Mandats zu verhindern, müssen sich die Professionellen als Verbindungsglied zwischen diesen beiden Positionen verstehen und sich der Grenzen der eigenen Kompetenzen bewusst sein. Bei der Entlastung der Gesellschaft von gewissen sozialen Problemen soll die Integrität und Selbstbestimmung der Klienten bestmöglich gewahrt und gefördert werden. Das Arbeitsbündnis, welches aufgrund kooperativer Problembearbeitung wertschätzend auf die Klienten wirkt und auf die Basis der freiwilligen Zusammenarbeit setzt, stellt einen möglichen Rahmen dar, innerhalb dessen die intrinsische Motivation gefördert werden kann, auch wenn ein gewisser struktureller Druck vorhanden ist. Grundsätzlich sollen in der Sozialen Arbeit und in der Sozialpädagogik fördernde Rahmenbedingungen für die Selbstbestimmung und Integrität der Klienten geschaffen werden, welche die intrinsische Motivation ermöglichen. Die in dieser Arbeit herausgearbeiteten Kriterien und die daraus abgeleiteten Anforderungen stellen eine Möglichkeit dar, wie Professionelle der Sozialen Arbeit ihr Handeln in Bezug auf die Autonomie des Klienten stets überprüfen und reflektieren können. Literaturquellen (Auswahl): Deci, Edward, L., Ryan, Richard, M.. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik 93 (2), 223-236. Rheinberg, Falko, Vollmeyer, Regina. (2012). Motivation (8.Aufl.) . Stuttgart: Kohlhammer. Pollmann, Arnd. (2005). Integrität. Bielefeld: Transcript. List, Elisabeth, Stelzer, Harald. (2010). Grenzen der Autonomie. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Oevermann, Ulrich. (2009). Die Problematik der Strukturlogik des Arbeitsbündnisses und der Dynamik von Übertragung und Gegenübertragung in einer professionalisierten Praxis von Sozialarbeit. In Roland Becker-Lenz, Stefan Buss, Gudrun Ehlert & Silke Müller (Hrsg.). Professionalität in der Sozialen Arbeit (2. Aufl.) (S. 113-143). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft. 4