Social Media genauer betrachtet

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Social Media genauer betrachtet
Der Begriff Social Media umfasst alle Möglichkeiten des Austausches im Netz: Soziale
Netzwerke, Blogs, Foto- und Videoportale oder auch Webseiten mit Kommentarfunktion. Mit
dem Social Media-Hype rückte auch das Hashtag in den Fokus des Marketings. Inzwischen
stellt sich die Frage: Muss man wirklich jede Kampagne verhashtaggen?
Glaubt man den Medienberichten, so sind die Deutschen überaus aktiv auf Facebook und Twitter, sie
treten Shit Storms los, empören sich in den sozialen Medien über die hygienischen Zustände in Fast FoodRestaurants, tun ihren persönlichen Aufschrei kund, und sorgen dafür, dass Fernsehserien nicht
abgesetzt, sondern als wöchentliche Soap weitergeführt werden.
Doch der erste Eindruck täuscht: Ein genauerer Blick auf die Nutzung von Social Media zeigt, dass 59%
der Deutschen nie bei Facebook anzutreffen sind, 85% noch nie Twitter genutzt haben, 98% noch nie bei
Instagram waren. Zusammengefasst: Die Hälfte der Deutschen benutzt überhaupt kein soziales Netzwerk.
Nutzung überhaupt
49
41
60%
mind. einmal pro Woche
38
37
40%
24
15
Soziale Netzwerke/ Facebook
Communities/
Blogs
8
Twitter
5
18
2
2
Instagram
Youtube
11
20%
1
Pinterest
Google+
0%
Quelle: B4P 2014; Gesamtbevölkerung
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit eher abgeschlagen auf den hinteren Plätzen, denn
bei den europäischen Nachbarn ist die Begeisterung für Social Media viel größer.
Niederlande
Norwegen
Schweden
UK
Spanien
Dänemark
Italien
Frankreich
Russland
19
0%
Seite 1
67
65
61
61
58
58
51
45
9
20%
20
19
18
27
Facebook
20
Twitter
12
12
6
40%
60%
80%
100%
Quelle: eMarketer; Penetration 2014 auf Basis Internetnutzer
Social Media genauer betrachtet
Das Hashtag als Symbol für Themen, die die Massen bewegen:
Ein #Aufschrei ging durchs Land. Oder etwa doch nicht?
Zum ersten Mal in der Geschichte des Grimme Online Awards wurde mit #aufschrei im Jahr 2013 ein
Hashtag prämiert. Aus dem Netz wanderte das Thema zurück in die etablierten Medien und in die Politik –
und zeigte damit eine Wirkung, die zuvor noch kein Hashtag in Deutschland hatte. In einem Rückblick vom
Januar 2014 berichtet Anne Wizorek, dass es allein in den ersten beiden Wochen über 60 000
Erwähnungen mit dem von ihr initiierten Hashtag (#aufschrei) gab. Ob diese allerdings auch alle inhaltlich
der ursprünglichen Absicht – dem Protest gegen Sexismus – dienten, ist fraglich.
Ein Blick auf die Einträge bei #aufschrei im November 2014 zeigt, dass das Hashtag weiterhin genutzt
wird, der Kontext der Verwendung aber breit gefächert ist. Die Bundeszentrale für politische Bildung zitiert
in diesem Zusammenhang eine Auswertung vom 17. Februar 2013: Der Strategieberater Marko Willnecker
stellte demnach fest, dass lediglich 1,5 Prozent davon der Intention von Anne Wizorek entsprachen
(nämlich Erfahrungen mit Alltags-Sexismus kund zu tun), 32,5 Prozent waren zwar antisexistisch, bezogen
sich aber zum Großteil auf aktuelle Zeitungsartikel, 27 Prozent waren dagegen sogar antifeministisch. Der
Rest bestand aus Spam, Werbung, Wiederholungen. Auch wenn diese Stichprobe keine repräsentative
Statistik darstellt, so zeigt sie doch mehr als deutlich, dass die 60.000 Tweets keineswegs dem originären
Zweck entsprachen. Vielmehr bleibt zu konstatieren, dass die vielzitierten Shit Storms in den Sozialen
Medien oftmals kleiner ausfallen, als es uns die Diskussion in den Medien glauben lässt.
Buzz ist nicht gleich Buzz
Wenn für eine Marke viele Erwähnungen in den sozialen Netzwerken identifiziert werden können, heißt
das nicht automatisch, dass viele Menschen sich häufig über eine Marke austauschen oder die Aktivitäten
einer Marke kommentieren. Gerade bei Social Media-Analysen für Bekleidung stoßen wir immer wieder
auf das Phänomen dubioser Internetseiten mit merkwürdigen URLs. Darüber werden die Produkte der
Marke zum Verkauf angeboten, zusammen mit diversen anderen Dingen, die in keinem Bezug zueinander
stehen. Sucht man bei den Analysen also nur nach dem Markennamen, wird dieser Verkaufs-Spam
mitgezählt. Reduziert man die Erwähnungen nun um diese Verkäufe, schrumpft der Buzz gewaltig, wie
das folgende Beispiel zeigt.
Erwähnungen 800
600
Marke
400
200
0
Zeitverlauf
Seite 2
Marke ohne Spam
Social Media genauer betrachtet
Die kritische Frage im Umgang mit Publikationen zum Thema “Anzahl der Erwähnungen“ in den sozialen
Medien muss also immer lauten: Was wurde da genau betrachtet? Wie stark ist die Suchanfrage der
Analyse auf einen bestimmten Themenbereich zugeschnitten – oder eben auch nicht?
Das # hat im Marketing seinen Zenit überschritten
Während der Fussball-WM waren Hashtags in Marken- und Werbeumfeldern durchaus sichtbar. Miriam
Hebben resümierte den Einsatz der Hastags während der WM Mitte Juli auf Horizont.net. Sie kommt
ebenfalls zu dem Schluss, dass viele Hashtag-Kampagnen – ob mit oder ohne Offline-Integration – an der
Netzwelt vorbeigehen. Für Bitburgers #FanForceOne oder Listerines #PowerToYourMouth zählt der
Social-Analytics-Anbieter Attensity kaum deutschsprachige Twitter-Nennungen. „Wer eine HashtagKampagne macht, sollte sich überlegen, ob er damit eine Diskussion in Gang setzen und im Sinne der
Marke am Laufenden halten kann", sagt Social-Media-Experte Sebastian Hartmann von der Hamburger
Agentur Elbkind. Grundsätzlich gehen die Digitalexperten davon aus, dass die WM-Learnings zu weniger
breit sichtbaren Hashtag-Kampagnen führen werden - der Peak sei mit der WM vorerst erreicht worden.
Razorfish-Managerin Hückelkamp prognostiziert sogar ein Verschwinden des Hashtags aus der OfflineKommunikation: „Das Symbol nutzt sich als Eyecatcher ab und führt bei vielen bereits zu einer
Abwehrhaltung."
Die Mindshare Business Planning hat in der KW 45 Haushaltsführende im Alter zwischen 24 und 54
Jahren befragt, ob sie in den letzten vier Wochen eine Werbung bemerkt hätten, die mit Hashtag arbeitete.
Diejenigen, die sich an eine solche Werbung erinnern konnten, wurden gebeten, die beworbene Marke
oder das Produkt zu nennen.
Erinnerung an Werbung mit Hashtag:
Um welche Marke ging es?
0%
100%
80%
60%
86
14
ja
Seite 3
nein
40%
20%
andere Marken
40%
60%
80%
78
rewe
3
Audi
3
Knorr
5
20%
Maggi
5
0%
H&M
5
100%
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Die Ergebnisse fallen ernüchternd aus: Lediglich 14 Prozent konnten sich an eine Werbung mit Hashtag
erinnern, aber 35 Prozent davon konnten keine Marke oder Produkt als Absender benennen. Bei
denjenigen mit Markenerinnerung sticht keine Marke erkennbar hervor (78 Prozent mit überwiegend
Einzelnennungen).
Kampagnenbeispiele
Die Motive zeigen aktuelle Beispiele aus Werbekampagnen, die Hashtags verwenden. Meist wird das
Zeichen gegen Ende des TV-Spots eingeblendet. Iglo beispielsweise verwendet #damalswieheute.
Die Abbildung links zeigt einen Screenshot mit allen
sechs Einträgen unter #damalswieheute auf Twitter
(Stand 5. November 2014).
Mit den Social Media Analyse-Tools Topsy und
Brandwatch haben wir Werbekampagnen mit Hashtag
auf die Anzahl an Erwähnungen in den sozialen
Netzwerken überprüft. Untersucht wurden am 6.
November:
• Jade Maybelline Colossal Go Extreme Leather
Black Mascara (#dunkleseite)
• TK Techniker Krankenkasse (#wireinander)
• Kodak (#kodakmomente)
• Opel (#umparkenimkopf)
• Iglo (#damalswieheute)
#umparkenimkopf (1. Jan bis 3.Nov 2014)
3.826
#kodakmoment (letzte 30 Tage)
Seite 4
667
#dunkleseite (letzte 30 Tage)
53
#wireinander (letzte 30 Tage)
35
#damalswieheute (letzte 30 Tage)
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Social Media genauer betrachtet
Ein Hashtag ist nicht für alle geeignet
Was bedeutet das für die Werbung und für die Unternehmen, die Hashtags in ihre Kreationen einbinden?
Die „Umparken“-Kampagne von Opel hat beispielsweise demonstriert, dass ein klug gewähltes Hashtag
viel dazu beiträgt, Aufmerksamkeit zu erzeugen und zum Engagement in den sozialen Medien zu
bewegen. Dabei hat es sich vermutlich aber nicht um einen zufälligen Glücksgriff gehandelt, sondern um
eine gut geplante Strategie.
Hier die wichtigsten Parameter für eine erfolgreiche Einbindung von Hashtags:
1. Genaue Untersuchung der Zielgruppe hinsichtlich ihrer Affinität zu sozialen Medien und ihrer
Nutzungsintensität. Ist die Zielgruppe auf Twitter und Co. überhaupt anzutreffen, nutzt sie das Medium
aktiv im Sinne von eigenen Tweets oder Posts? Hashtags sind ja - im Social Web - ursprünglich
erstmals auf Twitter genutzt worden – und Twitter ist in Deutschland und Österreich noch immer ein
kleineres Phänomen. Bei Facebook muss sich das Instrument erst noch durchsetzen. Viele andere
Plattformen (Google+, Instagram...) setzten dafür praktisch vom Start weg auf den Mechanismus.
2. Auffinden eines Hashtags, das thematisch genau passt und nicht zur Verwendung in anderen
Kontexten verleitet. Was nützt es einer Marke, wenn das Hashtag zwar verwendet wird, der Bezug zur
Marke aber gänzlich verloren geht? Es sei dabei auch die ketzerische Frage erlaubt, ob allen Nutzern
des Hashtags #umparkenimkopf klar war, dass dieser sich eigentlich auf die Marke Opel und die mit
der Marke verbundene Image-Kampagne bezog/bezieht.
3. Wer sich für das Werben mit Hashtag entscheidet, sollte dies im Vorfeld gründlich hinterfragen. Vor
allem Unternehmen und Marken, die ohnehin kritisch beäugt oder ambivalent wahrgenommen werden,
sollten im Zweifel darauf verzichten oder das Schlagwort sehr genau wählen.
4. Besonders wichtig ist die "Uniqueness", das Hashtag sollte idealerweise nicht bereits in einem
anderen Zusammenhang verwendet werden.
5. Auch die Privatsphären-Einstellungen der Zielgruppe haben Einfluss auf den Erfolg der Kampagne.
Dass die User mit öffentlichen Postings teilnehmen, ist die Grundvoraussetzung einer HashtagKampagne.
Quellenangaben (auch zu den verwendeten Bildern):
grimme-institut.de; Bundeszentrale für politische Bildung („Tausendschön im Neopatriarchat“); horizont.net („Was Sie über den
Einsatz der Raute wissen sollten“); Lead-digital.de („Der perfekte Hashtag und wie man ihn analysiert“); Darüber-spricht-die-welt.de
(„Der Hashtag – eine Raute erobert Social Media“); Wuv.de („Warum wir momentan so viele Hashtag-Kampagnen sehen“);
tagesspiegel.de („Ein Jahr #aufschrei: Nie wieder leise sein“); Topsy; Brandwatch
Seite 5
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