G ES U N DH EI T Morgens vier, mittags zwei und abends nochmals eine... Medikamenteneinnahme nicht vergessen Für eine optimale Wirkung müssen Medikamente regelmässig und kontrolliert eingenommen werden. Vielen Menschen fällt es aus verschiedenen Gründen schwer, sich korrekt an die Verordnungen zu halten. Mit der richtigen Erinnerungshilfe kann vielen Patienten einfach geholfen werden. (fh) Zahlreiche Menschen müssen regelmässig Medikamente einnehmen. Vor allem, wer mehrmals täglich Tabletten braucht, läuft Gefahr, hin und wieder eine zu vergessen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sollen rund die Hälfte aller Patienten ihre Medikamente nicht korrekt einnehmen. Das ist ein Spiel mit der eigenen Gesundheit und kann schlimme Folgen haben. Zudem verursacht dieses Verhalten im Gesundheitssystem jährliche Kosten von mehreren Millionen Franken. Sind diese Menschen einfach selber schuld? So einfach ist es nicht. gleichzeitig mehrere Medikamente verordnet bekommen. Welches Medikament ist jetzt wofür und wann muss es eingenommen werden? Nicht alle wagen es, nachzufragen. Häufig würde schon eine Notiz vom Arzt zur richtigen Einnahme helfen. Genaue Informationen vom Arzt, welches Medikament wozu genommen, wie die Wirkung ist und wann es eingenommen werden muss, sind unumgänglich. Das Verständnis für eine konsequente Medikamenteneinnahme ist also der erste Schritt. Um die Einnahme dann nicht zu vergessen, gibt es viele hilfreiche Methoden. Warum Menschen ihre ­Medikamente nicht einnehmen Heimliche Verweigerer Es gibt unzählige Gründe, warum Menschen Medikamente nicht einnehmen. Ihnen allein die Schuld zuzuschieben ist falsch. Oft fängt es bereits beim Arzt-Besuch an. Viele Menschen sind überfordert, wenn sie vom Arzt Es gibt Menschen, die Medikamente ganz bewusst nicht einnehmen. Besonders betroffen sind Patienten mit chronischen Krankheiten, die teilweise ein Leben lang Medikamente einnehmen müssen. Eine tägliche Einnahme ist für viele Betroffene eine enorme Belas- Polymedikations-Check Der Polymedikations-Check ist ein Angebot der Apotheken. Bei einem Beratungsgespräch geht es darum, dass sich der Apotheker oder die Apothekerin ein Bild von allen einzunehmenden Medikamenten machen kann und den Betroffenen Fragen beantwortet. Dafür wird mit dem Apotheker ein Beratungstermin von rund 15 bis 25 Minuten vereinbart. Das Gespräch findet diskret in einem separaten Raum statt. Der Kunde soll anschliessend verständliche Antworten auf all seine Fragen zu Medikamenten und deren Einnahme erhalten. Zudem soll er über die Verträglichkeit und Dosierung der einzelnen Medikamente Bescheid wissen. Gemeinsam wird eine umfassende Übersicht über die rezeptpflichtigen und rezeptfreien Medikamente geschaffen. So können Probleme bei der täglichen Anwendung oder Einnahmefehler vermieden und Sicherheit gewonnen werden. Gerne wird der Kunde anschliessend auch mit praktischen Einnahmehilfen wie beispielsweise dem Wochendosiersystem unterstützt. Ab einer Menge von vier kassenpflichtigen und ärztlich verordneten Medikamenten und einer Therapiedauer von mindestens drei Monaten übernimmt die Grundversicherung der Krankenkasse maximal zweimal jährlich die Kosten des Polymedikations-Checks. Weitere Informationen erhält man in den Apotheken oder auf www.pharmaSuisse.org. tung. Der häufigste Grund, warum Menschen Medikamente bewusst weglassen, sind die Nebenwirkungen oder die Angst vor Nebenwirkungen. Das Problem ist, dass der Patient die Nebenwirkungen meist sofort zu spüren bekommt. Die positive Wirkung aber spürt er oft erst viel später oder auch gar nicht, da die Wirkung häufig nur die Abwesenheit einer gesundheitlichen Katastrophe ist. Wei- 16 November 2014 G E S UND HE I T tere Gründe, warum Medikamente bewusst verweigert werden, sind deren hohe Kosten, das Verdrängen des Wissens um die Krankheit, ungenügende Informationen vom Arzt. Zudem sind auch viele Personen generell skeptisch gegenüber Medikamenten. Ethische Grundfragen abwägen Grundsätzlich hat jeder das Recht, über seine Gesundheit selber zu entscheiden. Doch sind sich die Menschen, welche die Medikamenteneinnahme vergessen oder auch absichtlich weglassen, wirklich voll bewusst, was sie tun? Verständnis und Nichtverständnis liegen hier sehr nahe beisammen. Ethische Grundfragen lassen nachdenklich werden. Viele Menschen fühlen sich mit der Aufgabe der Medikamenteneinnahme alleine gelassen und wagen leider häufig nicht, dies zuzugeben, weil sie sich schämen. Auch für Ärzte ist die regelmässige Medikamenteneinnahme ihrer Patientinnen und Patienten ein schwieriges Thema. Patienten richtig einzuschätzen ist enorm schwierig. Nur wenige Hinweise wie Laborwerte oder Symptomveränderungen deuten auf eine korrekte Medikamenteneinnahme hin. Und was soll der Arzt tun, wenn Patienten seine Verordnungen schlicht nicht umsetzen wollen? Unbedingt Hilfe annehmen Ein Arzt soll sich die Zeit nehmen für ein klärendes Gespräch und gemeinsam mit dem Patienten eine Lösung suchen. Bedenklich ist, dass heute vielen Ärzten oft die Zeit für ein solch wichtiges Gespräch fehlt. Es gibt heute gute Methoden, die helfen, die Medikamenteneinnahme zu verstehen, zu kontrollieren und nicht zu vergessen. Hauptsache, man macht den ersten Schritt und sucht Hilfe. Eine wichtige Adresse ist die Apotheke. Auch Hausarztpraxen, die regionale Spitex oder Angehörige bieten gerne Hilfe. Medikamente, weiss der Apotheker, welche Alternativprodukte es beispielsweise in Pulverform gibt oder welche Tabletten zweifellos geteilt oder gemörsert werden können – und welche auf keinen Fall. Tipps, damit Sie regelmässig an Ihre Medikamenteneinnahme denken Die Einnahmeregeln zu kennen ist eine Sache. Aber wie gelingt es auch, täglich daran zu denken? Ein paar einfache Merkhilfen unterstützen Sie, sich an die Medikamenteneinnahme zu erinnern: •Bescheid wissen und Übersicht behalten Erstellen Sie eine schriftliche Liste mit Ihren Medikamenten mit den Namen, der Dosierung und den Tageszeiten der Einnahme. Weihen Sie Ihre Angehörigen über den Medikamentenplan ein, so können auch diese Sie an die Einnahme erinnern. In der Apotheke beraten lassen •Ritual Verbinden Sie die Medikamenteneinnahme mit einem Ritual oder einer fixen alltäglichen Situation wie beispielsweise dem Zähneputzen oder den einzelnen Mahlzeiten. So wird die Einnahme zur Gewohnheit und Routine. Apotheken verfügen über professionelles Wissen und nehmen solche Anliegen ernst. Sie bieten klärende Gespräche, professionelle Beratungen und vermitteln Kontakte für Erinnerungshilfen wie beispielsweise Telefonanrufe, SMS-Meldungen oder Apps. Zudem sind in Apotheken gute wöchentliche oder monatliche Dosiersysteme mit Kunststoffkästen für jeden Tag erhältlich. Einige Apotheken füllen ihren Kunden diese Dosiersysteme sogar wöchentlich ab. Sind Schluck-Schwierigkeiten die Ursache für das Nichteinnehmen der •Dosiersysteme Mit einer Tablettenbox erhalten Sie einen guten Überblick über Ihre täglichen Medikamente. Verschiedene Produkte erhalten Sie in der Apotheke. Füllen Sie das ganze System immer anfangs Woche auf. Bitten Sie jemanden darum, eine Kontrolle durchzuführen. Falls Sie sich überfordert fühlen, Sehschwierigkeiten haben oder unsicher sind, holen Sie sich Unterstützung beim Hausarzt, in der Apotheke, bei der Spitex oder bei Angehörigen. •Medikamente gut ersichtlich platzieren Deponieren Sie Ihre Medikamente an einem gut ersichtlichen Ort wie beispielsweise beim Zahnglas, der Kaffeemaschine oder dem Esstisch. •Hilfe per SMS, Apps oder Telefon Nutzen Sie die moderne Technik. Lassen Sie sich von einer lieben Person immer zur richtigen Zeit anrufen und so an die Medikamenteneinnahme erinnern. Oder laden Sie eine Erinnerungs-App auf Ihr Smartphone. Im Internet gibt es bereits zahlreiche Angebote von nützlichen Apps. Oder programmieren Sie auf Ihrem Mobilephone eine fixe Erinnerung mit der Wecker-Funktion. •Wecker Stellen Sie einen Wecker, der Sie täglich ­daran erinnert, dass Sie die Medikamente zu einer bestimmten Zeit einnehmen müssen. •Für Ausflüge und den Urlaub vorsorgen Falls Sie das Haus verlassen, denken Sie daran, die Medikamente mitzunehmen, damit die Einnahme zur richtigen Zeit erfolgen kann. Falls Sie in Urlaub fahren, achten Sie auf einen ausreichenden Medikamentenvorrat. Nehmen Sie die Medikamente immer im Handgepäck mit. Nehmen Sie sicherheitshalber eine Kopie des Rezeptes mit. •Frühzeitig für Nachschub sorgen Besorgen Sie sich jeweils rechtzeitig ein Rezept, damit der Vorrat sicher nie ausgeht. Falls Sie ans Haus gebunden sind, organisieren Sie jemanden, der Ihnen die Medikamente rechtzeitig besorgt. Gewisse Apotheken, die Spitex und Hausärzte bringen solchen Menschen Ihre Medikamente auch nach Hause. November 2014 17