Chronische Beschwerden Fluch oder Segen

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Grundlagen zur Psychosomatik
Psychosomatik klingt für viele etwas gefährlich, weil Menschen beim Wort
„Psyche“ meist sofort an eine Geistesstörung oder verrückte Menschen denken.
Dabei ist es vollkommen normal, dass man psychosomatische Reaktionen zeigt
und das an jedem Tag. Unangenehm wird es nur dann, wenn Beschwerden
nicht mehr verschwinden oder sich immer wieder melden. Nachstehende
Erklärungsmodelle beruhen auf einer fünfzehnjährigen Erfahrung in der
Begleitung und einer eigenen zehnjährigen leidvollen Betroffenheit.
Warum kann „psychosomatisch“ nicht genau erklärt werden?
Es ist bis heute nicht gelungen, die genauen Zusammenhänge zwischen Psyche (Geist)
und Soma (Körper) zu entschlüsseln, also kann man von einer psychosomatischen
Erkrankung an und für sich nicht sprechen. Man erkennt das genaue Zusammenwirken
Körper und Seele noch nicht, da es viel zu viele Einflüsse und verschieden Ursachen gibt,
die bei einer Beschwerde wirksam werden. Man weiß aber aus Studien, dass - wenn man
psycho-soziale Aspekte in die Begleitung mit einbringt - der Betroffene schneller gesund
wird.
Heute noch braucht ein Mensch ca. sieben Jahre bis er in ein Krankenhaus kommt, wo
sein psychosomatisches Problem behandelt wird. Warum? Viele praktische Ärzte sind nicht
dementsprechend ausgebildet worden oder haben einfach keine Zeit, sich mit dem
Patienten intensiv auseinanderzusetzen. Privatkliniken und Gesundheitsinstitute boomen,
weil sich dort der Arzt oder der Berater mehr Zeit für Menschen mit Beschwerden nimmt.
Im normalen Krankenhausbereich gibt es fast nirgends einen Raum für ein ruhiges ArztKlienten-Gespräch und wenn, dann ist man oft nicht ungestört. Untersuchungen zeigen,
dass im Normalfall pro Tag weniger als eine Minute Zeit für ein Patientengespräch ist.
Genau das ist der Grund, dass eine wertschätzende Begleitung durch einen Lebensberater
oder Therapeuten sehr sinnvoll sein kann. Dieser kann sich wesentlich intensiver mit dem
Klienten und dessen Themen im geschützten Rahmen auseinanderzusetzen.
Viele kennen im Krankenhaus den berühmten Satz: „Ich kann nicht schlafen!“ Das kommt
oft daher, da dies für den Patienten oft die einzige Möglichkeit ist, sich mitzuteilen. Er traut
sich einfach nicht zu fragen, ob jemand mit ihm spricht, da er sieht, dass alle soviel Arbeit
haben. Pflegekräfte (auch Ärzte) kapseln sich oft ab, sagen ihre Meinung nicht, lassen den
Patienten im Glauben, dass sie die „Reparierer“ sind und alle Macht haben, dass der
Patient wieder gesund wird. Diese vertrauen dann voll und ganz auf „ihren Arzt“ und
setzen selber aktiv keine Handlungen zum Gesund werden. Durch diese selbst auferlegte
hohe Verantwortung brennen Ärzte deshalb selber oft aus.
Die Verbindung von Psyche und Körper (Soma) wird viel zu oft unterschätzt
Die klassische Medizin orientiert sich an räumlich, lokalisierbaren Störungen in einem
bestimmten Bereich (wie in einem Betrieb) Herz, Lunge, Galle, Magen usw..
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Beschwerden werden mit gezielten technischen Eingriffen bearbeitet und „die defekte
Maschine“ repariert, ausgetauscht oder entfernt. Da der Arzt die „verschiedenen
Maschinen“ gut kennt, kann er sie recht gut bearbeiten. Psychische Faktoren werden
verdrängt, da sie nur störend für die Reparatur sind. Viele kennen die Aussage: Der liebste
Patient ist mir der, der abgedeckt und narkotisiert auf dem Tisch liegt. Die notwendige
Beziehungsarbeit geht verloren und ein Zusammenhang mit der jeweiligen Lebenssituation
wird gar nicht angesprochen. Es wird übersehen, dass das Umfeld und das soziale Feld
miteinbezogen werden müssen.
Störungen im System, die nicht einem Organ zugeschrieben werden können, überfordern
die Ärzte natürlich, wenn sie nur im Reparaturdenken stecken. Hier muss der „Systemiker“
ansetzen, der verschiedene Befunde vergleicht und schaut, wo gibt es einen
Zusammenhang zwischen Beschwerden und Krankheitsbild. Ein großes Problem ist häufig,
dass die klassischen Psychologen, die „maschinenmäßig“ denken, auch Psychotherapie
machen, aber nicht daran glauben und somit auch meistens „Zauberpillen“ verschreiben,
damit die Symptome verschwinden. Tatsache ist aber: Ein psychisches Problem führt zu
einer körperlichen Störung. Warum das so ist und wie das vor sich geht, weiß man bis
heute allerdings noch nicht.
Psychosomatische Beschwerden als Lösungsversuch des Körpers
Bei einem inneren Konflikt reagiert der Körper mit einer Störung. Dies kommt einem
Lösungsversuch gleich. Das heißt der Körper versucht für das Problem eine Lösung zu
finden und macht uns mit Beschwerden darauf aufmerksam. Oft wird das Symptom
beibehalten, weil es als Lösung dient, das System aufrecht zu erhalten bzw. weil der
Symptomträger einen Krankheitsgewinn hat - Gewinn von Beachtung, Annerkennung usw.
Wenn man ein Symptom hat und daraus Profit zieht, dann wird man sich hüten, dieses
Symptom zu verlieren auch wenn man Schmerzen dabei hat. Häufig verschwindet bei
einer wichtigen entscheidenden Veränderung in einer Familie auch die Symptomatik einer
belasteten Person. Man sieht dies zum Beispiel bei Familienaufstellungen, wenn
krankmachende Muster erkannt und aufgelöst werden.
Die zehn klassischen Formen von psychosomatischen Erkrankungen:
1. Magengeschwüre
2. Morbus Chron (entzündeter Darm)
3. Asthma
4. Neurodermitis
5. Bluthochdruck, Herzbeschwerden
6. Schilddrüsenerkrankungen
7. rheumatische Beschwerden
8. Gehörsturz
9. Kreuzbeschwerden
10. Kopf- und Nackenschmerzen
Wenn man auf Grund von psychischen Ursachen nicht ausgeglichen ist, dann reagiert der
Körper mit der Erkrankung! Der Satz: „Bringen Sie Ihre Psyche in Ordnung“ bringen keinen
weiter und verursacht nur Schuldgefühle.
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Abgeschnittene Gefühle verursachen oft psychosomatische Beschwerden
Es gibt viele Menschen, die können ihre Gefühle nicht mehr wahrnehmen. Sie können
diese deshalb oft nicht beschreiben. Dies ist der Grund, dass sie diese auch nicht
ausdrücken können. Oftmals ist die Gefühlswelt starr und verschlossen. Speziell bei
Herzbeschwerden, Unterbauchschmerzen, Atemnot oder Bluthochdruck ist dies oft der
Fall. Vierzig Prozent aller Patienten liegen mit Schmerzen ohne organischen Befund im
Krankenhaus. Der Patient nimmt seine Schmerzen körperlich natürlich wahr, aber nicht
gefühlsmäßig. Oft haben diese Personen Schwierigkeiten mit dem ärztlichen
Personal/Therapeuten Kontakt aufzunehmen.
Besonders angesehene und „berühmte“ Menschen haben häufig eine derartig leere Hülle,
dass sie komplett beziehungsunfähig sind. Von außen gesehen sind sie zwar angesehen
und bekannt, im Inneren aber oft hoch belastet. Die Beratung oder Therapie ist da sehr
schwierig, da sie einen sehr starken Schutzpanzer um sich gebaut haben. Sehr häufig sind
Minderwertigkeitskomplexe und Selbstwertmangel die Ursache für dieses Verhalten.
Gerade Personen die als Führungskräfte Angst und Schrecken verbreiten, haben selber oft
eine große Angst in sich:
 Angst zu versagen
 Angst vor Liebesentzug
 Angst vor Misserfolg
 Angst entdeckt zu werden, dass sie Fehler haben
Sie bekommen dadurch Stress und leben in dauernder Anspannung.
Stress: Stress ist immer eine Form von Notfall. Der Organismus versucht das
Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Der Körper und die Psyche können sich an den Stress
gewöhnen und Abschalten wird dadurch nicht mehr möglich.
Das vegetative Nervensystem und das Immunsystem kann der Mensch beeinflussen. Zum
Beispiel durch Meditation, Entspannungsmethoden, Glaube an Heilung. Die Psyche ist am
Verlauf der Krankheit wesentlich direkt oder indirekt beteiligt. Bei rein mechanischen
(somatischen) Erkrankungen kann auch die Heilung durch die Psyche wesentlich
beeinflusst werden. Ein Therapeut oder Lebensberater darf nie für sich den Anspruch
erheben, dass er einen Krebs heilen kann. Aber: Menschen die eine Lebensberatung oder
Psychotherapie in Anspruch nehmen, sind in der Regel weniger krank oder werden
schneller gesund. Die genauen Wechselwirkungen zwischen Krankheit und Therapie kann
nicht erklärt werden, auch nicht vom Therapeuten oder Berater.
Achtung: Psychotherapie oder Lebensberatung ist nicht das Wundermittel gegen jede
Beschwerde. Eine psychosoziale Belastung ist in der Regel keine Erkrankung und führt
auch über längere Zeit zu keiner Erkrankung. Beispiel: Fettleibigkeit ist keine Krankheit.
Erst die Auswirkung seiner Fettleibigkeit führt zur Erkrankung verschiedener Organe. Bei
einer Erkrankung sollte immer die Reparaturwerkstadt der Organe mit der
Reparaturwerkstadt der Seele vereint werden. Verbale Intervention (gute Ratschläge)
werden häufig nicht so aufgenommen wie sie mitgeteilt wurden. Werden sie aber
aufgenommen, wirken sie so ähnlich wie ein Medikament. Einer der Hauptgründe aber für
die Heilung ist, dass der Begleiter dem Klienten Zeit und Aufmerksamkeit zur Verfügung
stellt.
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Wenn der Körper Hilfe schreit - Chronische Beschwerden Fluch oder
Segen?
Körperlicher Schmerz oder seelische Belastungen sind immer eine
unangenehme Erfahrung und weisen uns in der Regel auf eine „Schieflage“ hin.
Seit längerer Zeit beobachten immer mehr Berater, dass eine steigende Anzahl
von Menschen an chronischen Schmerzen leidet, welche sich am häufigsten als
Rücken- oder Kopfschmerzen manifestieren. Diese oder ähnliche Beschwerden,
die trotz umfangreicher medizinischer Behandlungen oftmals nicht
verschwinden, verlangen eine genauere Betrachtungsweise - die Beschäftigung
mit der Frage: Wo liegt die Ursache dieser Symptome?
Gegenständlicher Bericht beruht auf einem verhaltens- und lösungsorientierten Konzept
der Begleitung. Dieses geht weit über die symptomatischen Merkmale hinaus und umfasst
viele Strategien, Interaktionen und Maßnahmen, die sich mit den aufrechterhaltenden
Bedingungen der jeweiligen Schmerzstörung befassen.
Ein Großteil der beschriebenen Inhalte ist von der leitenden Psychologin der
psychosomatischen Fachklinik Hochsauerland im Buch „chronischen Schmerz bewältigen“
beschrieben worden. Frau Dr. Barbara Glier ist Diplom-Psychologen und psychologische
Schmerztherapeutin. Nach über 15jähriger Tätigkeit auf dem Gebiet therapeutischer
Schmerzbehandlung hat sie die wichtigsten Erkenntnisse bei der Behandlung von
Menschen mit chronischen Beschwerden in diesem Buch zusammengefasst.
Ich habe dieses Buch und viele weitere Fachlektüren und Broschüren in den letzten 10
Jahren studiert und meine Erfahrungen bei der Begleitung von Personen mit chronischen
Beschwerden in diesen Bericht mit einfließen lassen. Da ich selber viele Jahre von
chronischen Schmerzen geplagt wurde und alle Höhen und Tiefen selbst kennen gelernt
habe, wurde ich schließlich zum Spezialisten für diese Art von Beschwerden. Auch ich
musste erkennen, dass es vom Wahrnehmen bis zur endgültigen Beschwerdefreiheit noch
ein weiter Weg sein kann, den zu gehen sich aber auf jeden Fall mehr als lohnt.
In diesen vielen Jahren ist mein Feind - der Schmerz - zu einem guten Freund geworden,
der friedlich im Hintergrund ruht, solange er weiß, dass ich achtsam bin und auf meine
Gefühle achte. Ich erlebe es ähnlich wie bei einer Verkehrsampel, die von Grün auf Orange
und schließlich auf Rot springt. Mein Symptom warnt mich, um mir zu sagen, dass bei
Orange oder Rot eine Weiterfahrt sehr gefährlich werden kann.
Dass auch Ihre Beschwerden (oder die Beschwerden einer Ihnen nahe stehenden Person)
vom Feind zum Freund werden mögen, beziehungsweise sich friedlich verabschieden
können, dazu sollen Ihnen diese Informationen und meine Begleitung dienen.
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Das Zusammenwirken von Psyche und Körper wird noch nicht lange beachtet
Anfang der Achtzigerjahre wurden in den USA neue Konzepte für Patienten mit
chronischen Schmerzstörungen entwickelt. Es dauerte noch bis in die Neunzigerjahre, dass
auch in Deutschland und Österreich diese Konzepte immer mehr in die Behandlung von
Personen mit chronischen Beschwerden integriert wurden.
Bei meiner Weiterbildung Psychosomatik im Jahr 2002 an der Akademie für
Gesundheitsberufe in Linz und bei den Praxisaufenthalten in verschiedenen
psychosomatischen Kliniken habe ich die Erfahrung gemacht, dass es oftmals keine
aufwändige Therapie braucht. Eine Lebensbegleitung über eine gewisse Zeit kann
ebenfalls vieles zum Besseren verändern. In wenigen Wochen wird oft der Grundstein für
eine andere Wahrnehmung der Beschwerden und eine wesentliche Verbesserung des
Wohlbefindens erreicht und die Betroffenen erleben sich nicht mehr so hilflos.
Was sind chronische Beschwerden?
Jeder von uns hat ihn schon gespürt, wenn einem das Küchenmesser abrutscht und man
sich in den Finger schneidet. Die verwundeten Nerven zeigen viele Stunden pochend an,
dass es ihnen nicht gut geht. Oder wer kennt nicht den Druck unter der Schädeldecke,
wenn man nach einem hektischen Arbeitstag Zuhause ankommt.
Wir verfügen mit unserem Schmerzsystem sozusagen über eine innere Hausalarmanlage,
die uns darauf hinweist, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Sie veranlasst uns dann, die
Ursache abzustellen, somit hat der Schmerz als „Hüter unserer Gesundheit“ seinen Sinn
und Zweck erfüllt. Solche Schmerzen treten meist akut auf und haben die Funktion, uns
bei schweren Erkrankungen, nach Unfällen oder nach Operationen zur Ruhe zu zwingen.
Chronische Beschwerden haben eine andere Funktion: Sie zeigen sich als anhaltende
Schmerzen oder als unangenehme Symptome, die in regelmäßigen oder unregelmäßigen
Abständen wieder kommen. Chronische Schmerzen weisen in der Regel nicht mehr auf die
aktuelle Beschädigung des Körperteils hin - diese kann ja meistens gezielt beseitigt werden
- sondern verschwinden auch dann nicht, wenn der akute Alarm schon vorbei ist.
Betroffene erleben diese als sehr belastend und Angst, Hilflosigkeit bis hin zur
Verzweiflung machen sich breit. Sie wissen oft nicht mehr, wie sie die Schmerzen zum
Verschwinden bringen können. Häufig kommt es dann zu körperlichem Schonverhalten,
sozialem Rückzug, missbräuchlichen Umgang mit Medikamenten und der oft erfolglosen
Inanspruchnahme medizinischer Maßnahmen.
Schätzungen zufolge leiden in Österreich und Deutschland circa 20 % aller Menschen an
behandlungsbedürftigen chronischen Schmerzstörungen. Besonders Rückenschmerzen
weisen einen geradezu explosionsartigen Anstieg auf und entwickeln sich zur Epidemie.
Auch Kopf und Gesichtsschmerzen gehören zu den häufig vorkommenden Beschwerden.
Alarmierend ist auch die Zunahme chronischer Beschwerden bei Jugendlichen, was bereits
in diesem Lebensabschnitt zu Medikamentenmissbrauch führt.
Chronische Schmerzstörungen verursachen enorme wirtschaftliche Kosten. Chronische
Rückenschmerzen bilden zum Beispiel gegenwärtig den häufigsten Grund für
Krankschreibungen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz und 18 % aller vorzeitigen
Pensionierungen werden wegen solcher Schmerzen in die Wege geleitet.
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Wenn man bedenkt, welche Kosten durch die Behandlung durch die Arzneimittel und
Schmerzmittel verursacht werden, dann ist nicht auszudenken, welche indirekten Kosten
dadurch entstehen, dass diese Menschen aus ihrem Arbeitsprozess gerissen werden. Diese
Ausgaben belasten das soziale System und die Krankenkassen nachhaltig. Bekannt ist
auch das gemeinsame Auftreten von chronischen Schmerzen und Depressionen, was sich
zusätzlich negativ auf das soziale Umfeld auswirkt.
Zusammenhänge zwischen Körper und Seele werden oft nicht erkannt
Vielfach werden auch heute noch - speziell bei Rückenschmerzen - systemische
Zusammenhänge zwischen Körper und Seele ausgeblendet. Wirksame Verfahren, die auf
die ganze Person zielen, kommen nicht zum Einsatz und werden von den Betroffenen auch
nicht verlangt. Sie erkennen das Problem als regionale Störung, welche auch regional
abgeklärt und behandelt werden muss. Chronische Schmerzstörungen werden in ihrer
Entwicklung aber häufig durch mentale, soziale Stressfaktoren und andere Belastungen am
Arbeitsplatz oder in der Familie begünstigt und aufrechterhalten.
Eine der interessantesten Untersuchungen der letzten Jahre zu diesem Thema ist eine
Studie von Boeing: Über 3000 Beschäftigte des Flugzeugherstellers wurden über vier Jahre
beobachtet und es wurde aufgezeichnet, welche Personen Kreuzschmerzen entwickelten.
Der entscheidende Faktor war überraschenderweise nicht die körperliche Belastung bei der
Arbeit, sondern die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Personen die mit den Beziehungen zu
Kollegen und den Arbeitsaufgabe unzufrieden waren, hatten mehr als das zweifache
Erkrankungsrisiko.
Richtlinien und Merkmale lösungsorientierter Schmerzbegleitung
Schmerz ist ein komplexes Phänomen, das sich auf drei verschiedenen Reaktionsebenen
erklären lässt.
 die Wahrnehmung und Empfindung des Schmerzes
 die bewegungsbezogene Ebene verbunden mit oftmaligem Schon- und
Rückzugsverhalten
 die psychologische Ebene im zentralen Nervensystem
Neben diesen drei Ebenen sind immer auch die sozialen Bedingungen an der
Aufrechterhaltung von Schmerzen beteiligt.
Im Hinblick auf diese Tatsache bedeutet mein Konzept die Abkehr von traditionellen
medizinischen Heilserwartungen hin zu Angeboten, die durch gezielte Veränderungen zu
einem besseren Umgang mit seinen Beschwerden führt. Ich glaube an die „eigene
Reparaturmöglichkeit“ jedes einzelnen, somit bleibt der Klient stets in der Verantwortung
für sich selber, da er Experte im Umgang mit der eigenen Krankheit und Gesundheit ist.
Verhaltensspezifische Betrachtung als Grundlage der Begleitung
Trotz unterschiedlicher Modelle in der Begleitung und Beratung von Personen mit
chronischen Beschwerden, folgen alle einem immer wiederkehrenden Grundmuster. Dieses
setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:
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in der genauen Beschreibung des aktuellen symptomatischen Verhaltens in der
konkreten Situation,
in der Suche nach aufrechterhaltenden Bedingungen für das jeweilige Problem oder
Beschwerde
und das Verhalten in konkreten Situationen im Bezug zum Schmerz selber und
deren Beeinträchtigung der Handlungsmöglichkeiten
Wir betreten hier die Ebene übergeordneter Lebenspläne, Regeln, Normen, denen man
sich oft nicht bewusst ist und die oft erst im Laufe des Prozesses sichtbar gemacht werden
können.
Da jeder Mensch seinen Schmerz anders erlebt und von seinen Gedanken, Erfahrungen
und Überzeugungen oft einseitig geprägt ist, bieten sich am Anfang vor allem Fragebögen
und Tagebücher zu Selbstbeobachtung an. Die Menschen haben dann die Möglichkeit
neben den somatischen Beschwerden die psychologischen Reaktionen an sich selber zu
beobachten, um Zusammenhänge zu erkennen. Bei Menschen mit chronischen
Rückenschmerzen weiß man zum Beispiel, dass sie eine permanente Anspannung der
Muskulatur aufweisen. Ähnlich ist es bei Personen mit Migräne. Natürlich gibt es auch
Geräte mit denen solche Spannungen gemessen werden können, aber trotzdem bleibt die
Frage offen, woher diese Anspannungen kommen.
Wer ist häufig von psychosomatischen Beschwerden betroffen?
Vor allem Personen mit hohen Leistungsansprüchen verbunden mit dem Ansatz von
Perfektionismus,
übermäßigem
Pflichtbewusstsein
und
hohem
Maß
von
Verantwortungsbewusstsein. Weitere Beispiele finden sich in Form von Haltungen in denen
Anpassung, Unterordnung und Vernachlässigung eigener Bedürfnisse zu Gunsten anderer
Menschen im Vordergrund steht. Natürlich gibt es auch Personen mit mechanischen
Schädigungen oder Funktionsstörungen, die nach einem Unfall oder nach der
Beschädigung durch eine Operation hervorgerufen werden. Es ist also immer wichtig, im
Vorfeld abzuklären, ob die Symptome klar nachvollziehbar oder eben psychosomatischer
Natur sind.
Wie kann der Schmerz beziehungsweise das Symptom gemessen werden?
Da wie im Vorfeld erwähnt, dass subjektive und objektive Empfinden des Schmerzes bei
jedem Menschen verschieden ist und durch viele äußere und innere Umstände beeinflusst
wird, können mit der Führung eines Schmerztagebuches über mehrere Wochen hindurch
erste Ergebnisse und Zusammenhänge festgestellt werden. Durch die aufmerksame
Selbstbeobachtung erkennen viele oft das erste Mal wie komplex die Situation ist und wie
viele Faktoren für das Schmerzempfinden mitverantwortlich sind. Neben der
Selbstbeobachtung des Schmerzes werden im Tagebuch zusätzlich die Stimmungslage, die
äußerliche Situation und andere Komponenten mittels einer Skala von 1-10
aufgeschrieben. Somit können die Zusammenhänge dieser verschiedenen Ebenen erkannt
oder erlernt werden.
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Zielsetzungen bei der Begleitung von Personen mit chronischen Beschwerden
Hier muss zwischen Personen unterschieden werden, die Schmerzen verspüren, ohne dass
organische Ursachen gefunden werden und solche mit organischen Störungen, die
lediglich eine positive Einflussname auf die Schmerzstörung anstreben.
Am Beginn ist es wichtig, dass die Betroffenen verstehen lernen, welchen Sinn der
Schmerz hat beziehungsweise welche Möglichkeiten es gibt, einen direkten Einfluss auf die
Schmerzintensität auszuüben. Dazu braucht es Vermittlung von Wissen und Informationen
über Schmerz und Schmerzentstehung, Verbesserung der Selbstwahrnehmung und der
Selbstbeobachtungsfähigkeit, das Erkennen von schmerzauslösenden Bedingungen und
mögliche Strategien zur Vermeidung. Auch das Lernen von speziellen Methoden und
Techniken zur Schmerzbeeinflussung wird als sehr hilfreich erlebt. Die Belohnung für
Erfolge und die konstruktive Auseinandersetzung bei Misserfolgen und Planung anderer
oder nächster Lösungsschritte bringt jeden in eine gute Selbstverantwortung.
Muskelverspannungen als Ursache fast aller Beschwerden
Bei vielen Klientenbeobachtungen hat man festgestellt, dass fast alle Ursachen für
undefinierbare Beschwerden ein verspannter Körper ist. Es ist deshalb auch nicht immer
notwendig alle alten Verletzungen und Erlebnisse, die diese Verspannungen verursachen,
zu finden. Wenn Menschen lernen ihre Muskeln wieder zu spüren und dadurch Einfluss auf
dessen Entspannung zu nehmen, dann verschwinden Beschwerden oft viel einfacher als
man glaubt.
Mehr dazu unter „alles psychosomatisch?“
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Alles psychosomatisch?
Viele Menschen leiden jahrelang an undefinierbaren, meist nicht klar
zuordenbaren Beschwerden. Der Versuch, diese Schmerzen mit Hilfe von
Spezialisten zum Verschwinden zu bringen, scheitert oft und sie sind
verzweifelt, wenn die Beschwerden immer wieder kehren. Sie klammern sich
dann oft an jeden Strohhalm und halten verzweifelt an dem Weltbild fest, dass
ihnen die klassische Medizin doch irgendwie helfen können müsse.
Ärzte sind aber bei psychosomatischen Beschwerden oft überfordert, wenn sie keine
zuordenbare Erkrankung finden. Dadurch, dass die Klienten dann bei den Untersuchungen
oft
widersprüchliche
Diagnosen
bekommen
und
die
darauf
folgenden
Behandlungsmethoden auch nicht wirklich helfen, geraten viele in eine tiefe Krise.
„Vielleicht sollte ich die Operation doch machen lassen?“, „Vielleicht hatten doch die Ärzte
im anderen Krankenhaus recht?“, „Womöglich gibt es für meine Erkrankung noch nicht die
richtigen Diagnosegeräte?“, „Vielleicht haben die Ärzte doch etwas übersehen.“ – Mit
diesen und vielen anderen Fragen schlagen sich die Betroffenen oft jahrelang herum. Viele
werden dabei fast wahnsinnig, ziehen sich aus der Gesellschaft zurück und fallen
möglicherweise in eine tiefe Depression.
Viele Menschen wissen nichts über ihren Körper
Wenn Menschen keinen Zugang zu ihrem Körper haben und dadurch nicht wissen, was in
ihnen los ist, dann finden sie keinen Zusammenhang zwischen den Beschwerden und ihrer
Persönlichkeit. Wenn eine Studie der anderen widerspricht, es eine zweite, dritte oder
vierte Meinung zu ihren Beschwerden gibt, so ist ihnen das tausendmal lieber, als die
Suche nach der wirklichen Ursache. Sosehr sie auch eine Diagnose vom Arzt fürchten, so
ist diese doch von Natur aus beruhigender, denn sie vermittelt die Illusion von Wissen.
Das Fatale daran ist, dass es in der herkömmlichen Medizin oft nur um ein mechanisches,
oberflächliches Wissen geht, das verhindert, sich mit dem grundlegenden Widerspruch in
der eigenen Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Dies ist auch der Grund, dass
Beschwerden sich oft nicht lösen lassen, weil sich die Menschen mit diesem Thema nicht
beschäftigen. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die schlimme Diagnose Krebs. Wenn
Menschen keinen Zusammenhang zwischen sich und dem „bösen“ Krebs finden, dann
kommt dieser meist nach ein oder zwei Jahren mit noch mehr Heftigkeit zurück. Dies
deshalb, weil der Mensch die Botschaften des Körpers einfach nicht verstanden hat und
dadurch sich eigentlich selber bekämpft, da ja auch die Krebszellen ein Teil von einem
Selber sind.
Menschen beruhigt es, wenn sie eindeutig krank sind
Nach längerem Anhalten von undefinierbaren Beschwerden, bemerken Betroffene, dass
der Wunsch wirklich ernsthaft krank zu sein, steigt. Sie ertappen sich dabei, dass sie sogar
froh wären, wenn Krebs oder andere schlimme Krankheiten eindeutig diagnostiziert
werden würden, damit alles offen liegt und endlich handfeste Maßnahmen ergriffen
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werden müssten. Sie erleben einen richtiggehenden Neid auf Menschen, bei denen die
Krankheit ganz klar definierbar ist, egal, wie schwer die Betroffenen darunter leiden.
Psychosomatische Beschwerden führen oft ein Eigenleben
Das empfehlenswerte Buch „A headache in the pelvis - Kopfschmerzen im Becken“ von
den beiden amerikanischen Ärzten David Thomas Wise und Rodney U. Anderson bringt
die Sache gut auf den Punkt. Die beiden beschäftigen sich in diesem Buch mit der
Thematik, dass viele Menschen bereits in jungen Jahren über eine chronische Prostatitis
(Prostatabeschwerden) klagen. Das bedeutet, sie haben Probleme beim Harnlassen bzw.
immer wieder Schmerzen, die sich über das gesamte Becken verteilen.
Sie stellten fest, dass 95 % der Patienten mit solchen Leiden keine Infektion oder
Entzündung, die ihre Beschwerden erklären könnten, haben. Sie erkannten dies
insbesondere auch daran, dass die Symptome nicht immer gleich waren, sondern ein
bestimmtes „Eigenleben“ zu führen begannen. Das heißt die heftigen Schmerzen kommen
und gehen ohne jeden Bezug zu äußeren Umständen. Die Häufigkeit des Harndrangs
schwankt enorm, unabhängig von dem was man isst oder trinkt. Sie schrieben weiters,
dass die Symptome in unregelmäßigen Abständen auftreten oder anhaltend sein können
und berichteten von 23 typischen Symptomen, wobei wenige Patienten unter allen leiden.
Die Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen – fuhren die Autoren fort – sind oft
gravierend und die Patienten leben dann in stiller Verzweiflung, leiden zusätzlich unter
Depressionen, Angstzuständen und katastrophenorientiertem Denken.
Was haben Beckenschmerzen mit Kopfweh zu tun
Wenn Menschen viele Sorgen und Gedanken im Kopf haben, dann wirkt sich das auf die
gesamte Muskulatur aus. Die Autoren gehen in diesem Buch von diesem ganz einfachen
Prinzip aus, nämlich dass im Besonderen die Männer bei Aufregung oder Stress die
Muskeln im Becken anspannen. Wenn die Betroffenen dann noch ein bewegungsarmes
Leben führen, bei dem sie Tag für Tag am Schreibtisch sitzen, wird das Problem dadurch
verstärkt, dass die Durchblutung dieser angespannten Muskeln zusätzlich noch vermindert
wird. Das führt langfristig dazu, dass diese ermüden und schließlich ihre natürlich
Elastizität verlieren. Nicht nur, dass dabei die Schließmuskeln verhärten, sondern auch die
komplexen Nervenstränge im Beckenbereich werden durch die verspannten Muskeln in
Mitleidenschaft gezogen.
Dies ist auch der Grund, warum Betroffene oft nicht mehr genau definieren können, wo
der Schmerz im Becken sitzt. Das Fatale an dieser Situation ist, dass viele Menschen die
Anspannung in ihren Muskeln überhaupt nicht mehr spüren. Es fühlt sich für sie ganz
normal an. Natürlich ist es dann erklärbar, dass die Menschen keinerlei Verbindung
zwischen den Beschwerden und den Ursachen einer möglichen chronischen
Muskelermüdung oder Versteifung erkennen können.
Dabei wäre eine Erklärung ja ganz einfach: Bei älteren Autos erlebt man oft, dass die Türoder Fensterdichtungen nicht mehr so elastisch sind wie anfangs. Sie werden entweder
hart oder erschlaffen und man merkt beim Fahren, dass sie nicht mehr gut abdichten. So
ähnlich kann man sich das auch z.B. beim Blasen- oder Aftereingang vorstellen. Dort
passiert dann Ähnliches wie bei dieser Autodichtung. Wenn diese Muskeln nicht mehr
elastisch sind, d.h. entweder zu verspannt und dadurch hart werden oder über die
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jahrelange Überanstrengung erschlafft sind, dann ist es durchaus normal, dass kein
geregelter Abgang mehr möglich ist. Aber gerade diese Situation führt zu einer
neuerlichen Verspannung und somit setzt sich der Teufelskreis fort …
Eine mögliche Heilung hört sich verdächtig einfach an
„Wir kennen keinen chirurgischen Eingriff, durch den diese Schmerzen befriedigend
gelindert werden konnten“, behaupten die beiden Autoren, „Für eine Linderung sind nur
Entspannung und Massage nötig, keine Operationen oder Medikamente.“ Natürlich
beschrieben sie dann diese Art der Entspannungs- und Massagetechniken genauer und
wiesen darauf hin, dass diese Entspannungstechniken so komplex sind, dass sie keine
entsprechenden Anweisungen für den Hausgebrauch verkaufen wollen. Sie wiesen auch
darauf hin, dass die Behandlungen manchmal Monate oder Jahre dauern können und von
den Patienten ein hohes Engagement erfordern würden. In dem Buch wird auch sehr
deutlich, dass es nicht unbedingt notwendig ist, sich jahrelang tiefenpsychologisch mit den
Ursachen auseinanderzusetzen. Meist ist es nur erforderlich sich nach der jahrelangen
Anspannung und ungesunden Lebensweise bewusst Zeiten der Entspannung zu gönnen.
Das bedeutet also, dass eine Wiederherstellung der Gesundheit ohne Operationen oder
medikamentösen Behandlungen in vielen Fällen möglich ist.
Seelische Verspannung führt zu körperlicher Verspannung
Viele Betroffene werden von anderen als übereifrige Streber, die sich wenig Zeit für sich
selbst nehmen und alles tun, um die Ansprüche an sich selber und andere zu befriedigen,
bezeichnet. Dieses Streben führt zu einer andauernden seelischen und dadurch
körperlichen Verspannung und hat mit gesunder Lebensführung nichts zu tun, wird von
Betroffenen aber als scheinbar komplett normal erlebt.
Das bedeutet also, dass sich die gesamte Muskulatur in einem ähnlichen Zustand befindet,
als wie ein Weidezaun, durch den dauernd ein schwacher Strom fließt. Dieser verletzt die
Kühe zwar nicht, wenn sie daran streifen, aber es genügt doch, dass sie ihren
eingezäunten Bereich nicht verlassen. Die verspannten Muskeln drücken natürlich auf das
Knochenskelett, das Nervengeflecht und die Blutkreislaufbahn. Wenn dieser Zustand über
viele Jahre anhält, ist es eigentlich ganz logisch, dass die betroffenen Regionen mit
Schmerz oder funktionellen Störungen reagieren.
Typische Muster sind:

Kreuz- und Wirbelsäulenprobleme

Nackenverspannungen

Kopfschmerzen

Beckenbodenbeschwerden

Bluthochdruck

Herzbeschwerden

Hautausschläge
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Die Schmerzen oder Probleme sollen so schnell wie möglich verschwinden
Viele Menschen betrachten ihre Schmerzen als eine Störung, die sie so schnell wie möglich
beseitigt haben wollen. Sie wollen diese nicht als zentralen Teil ihres Lebens akzeptieren.
Warum als zentralen Teil? Wenn wir davon ausgehen, dass die Störung im Körper deshalb
da ist, weil sie verzweifelt versucht, uns darauf aufmerksam zu machen, dass wir etwas in
unserem Leben verändern müssen, dann ist es auf dem Weg zur Genesung der wichtigste
Schritt, die Belastung als zentrales Element zu akzeptieren und ihm die notwenige
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Aber gerade hier liegt für viele Menschen der größte Widerspruch. Es ist ja scheinbar
wirklich ein Unsinn, sich mit einer belastenden Situation anzufreunden, mit der man
überhaupt nicht zufrieden ist und die man am liebsten sofort zum Verschwinden bringen
würde. Wenn man allerdings weiß, dass uns diese Symptome auf etwas aufmerksam
machen wollen, hat man gar keine Chance, dass sie verschwinden. Das wäre ja genauso,
dass wenn man bei einem Brand den Brandmelder zum Schweigen zu bringen versucht,
anstelle das Feuer zu löschen. Aber wie kommt man zu einem besseren Kontakt mit den
eigenen Beschwerden?
Intensive
Selbstbeobachtung
Selbstwahrnehmung
über
mehrere
Wochen
stärkt
die
Die meisten Menschen haben wenig Kontakt zu ihrem eigenen Körper und betrachten
diesen einfach als einen Teil, der zu funktionieren hat. Sie gehen mit ihm oft lieblos um,
missbrauchen ihn als Müllschlucker oder versetzen ihn in dauernde Anspannung und
gönnen ihm keine Bewegung. Meistens ist die gesamte Konzentration nach außen
gerichtet, man schaut, dass es allen anderen gut geht und versucht sich selber danach zu
richten.
Wenn dies lange im Widerspruch zu den eigenen Bedürfnissen liegt, dann ist natürlich klar,
dass unser Körper oder die Psyche irgendwann darauf reagieren wird. Es hat sich deshalb
als hilfreich erwiesen, mit einer Art Selbstbeobachtungsblatt über längere Zeit intensiv zu
beobachten, um sich und die eigenen Bedürfnisse besser kennen zu lernen. Viele berichten
bereits nach 14 Tagen von einer besseren Selbstwahrnehmung und einer geschärften
Sensibilität zu dem was sie tun oder nicht tun.
Täglich eine stille Zeit ist Basis auf dem Weg zur Beschwerdefreiheit
Der einzig wirklich sichere Weg, um nach Zeiten der Anspannung wieder zu Zeiten der
Entspannung zu kommen, ist sich täglich eine gewisse Auszeit zu gönnen. Dies kann ein
gemütlicher Spaziergang in der Natur ohne Handy, Hund oder anderen Personen bzw.
Ablenkungen sein oder auch das Verweilen in einem ruhigen Raum ohne irgendwelche
Ablenkungen. In der Natur ist es am besten, diese staunend zu betrachten - so wie es
Kinder noch können - und sich daran zu erfreuen. In der Stille eines Raumes erweist es
sich als sinnvoll, sich auf den eigenen Atem und auf den Körper zu konzentrieren und alles
geschehen zu lassen, was auf einen hereinströmt.
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Der Weg zu sich selber ist einfach, aber nicht leicht
Gerade die Einfachheit der vorhin vorgestellten Maßnahmen ist für die meisten Menschen
die größte Schwierigkeit. Sie können sich einfach nicht vorstellen, eine Stunde oder
wenigstens eine halbe Stunde am Tag nichts Produktives zu machen, wo sie doch
jahrzehntelang gelernt haben, dass sie nur dann wertvoll sind, wenn sie produktiv sind
und etwas leisten. Das dies zu dauernder Anspannung und daraus folgenden körperlichen
Beschwerden geführt hat, ist dann logisch. Genauso logisch wäre es dann, diese
bekannten Zeiten der Anspannung mit den neuen, unbekannten Zeiten der Entspannung
zu kompensieren. Es macht die Sache auch deshalb so schwierig, weil die meisten
Spezialisten von bis zu zwei Jahren Genesungszeit sprechen. Und zwei Jahre durchhalten –
jeden Tag wertvolle Zeit zu opfern – ist wirklich für viele alles andere als einfach. Dies ist
auch der Grund, dass viele aufgeben und wieder zu ihrem bekannten alten Lebensstil - der
Anspannung und inneren Unruhe – zurückkehren.
Seelische Entspannung führt zu körperlicher Entspanung
Gehen wir zurück zu unserem Beispiel und zu den Veränderungen, die durch eine tägliche
Entspannung von einer Stunde, auf den Beckenboden wirken. Durch die Entspannung der
Muskeln entsteht für die Nerven die durch sie hindurchführen und für die Blutgefäße eine
weichere Umgebung. D.h. sie können während der Zeit der Entspannung einerseits
aufhören den Schmerz zu übermitteln und andererseits wird die Möglichkeit des Blutflusses
erhöht.
Betroffene merken dies, indem sie anfangs davon berichten, dass die Schmerzen für kurze
Momente komplett verschwinden. Viel positiver ist aber die Tatsache, dass bereits in
diesem Stadium viele davon berichten, dass sie die Schmerzen anders wahrnehmen. Sie
merken, dass sie selber etwas aktiv mit gestalten können und erleben diese nicht mehr als
unergründliches Geheimnis. Für viele tut sich eine neue Welt auf und sie erkennen, dass
es am eigenen Körper noch viel Neues zu entdecken gibt.
Sinnvolle Werkzeuge zur Förderung der Entspannung
Neben autogenem Training und progressiver Muskelentspannung ist jede Art von
Meditation, sofern sie regelmäßig ausgeübt wird, eine hervorragende Möglichkeit sich gut
zu entspannen. Aber auch viele Massagemethoden, wie Shiatsu, klassische
Rückenmassagen und Fußreflexzonenmassagen eignen sich dazu, um die Muskeln zu
entspannen. Viele berichten auch davon, dass ihnen Pilates, Yoga oder Qigong- Übungen
sehr hilfreich auf dem Weg zu mehr Gelassenheit sind. Auch regelmäßige Saunabesuche,
Moorbäder oder Klangschalenentspannungen erleben viele als förderlich.
Literaturhinweis:
„Die Kunst stillzusitzen“ von Tim Parks, ISBN 978-3888976803
Verfasser: DLB Gottfried Huemer im März 2014
Tel: 07613 / 45000, Homepage: www.instituthuemer.at, E-Mail: [email protected]
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