AM WASSER EDITORIAL Der Blick auf Gewässer fasziniert, offenbart er doch ein Naturschauspiel. Denn Wasser folgt seinem natür­ lichen Kreislauf und bleibt in ständiger Bewegung. Das Sonnenlicht wird auf mannigfache Art an der Ober­ fläche gebrochen. Je nach Tageszeit und Witterung, je nach Wasserbewegung und Welligkeit glimmern, glitzern oder funkeln die Reflexionen. Der Ausblick über ein Meer oder einen See hinweg ans andere Ufer ruft ein Gefühl von Weite hervor, das wir mit Offenheit und Freiheit verbinden. Er weckt Erinnerungen an Bade­ ferien, Schifffahrten oder Segeltörns. Ein Gebäude mit Blick zum Wasser bringt seine Bewoh­ ner in Kontakt mit der Natur. Nicht nur in Schwimm­ bädern, Bootshäusern und Werften trifft die Architektur aufs Wasser. Auch für öffentliche Veranstaltungsorte und kulturelle Einrichtungen wählt man gerne Stand­ orte an der Wasserkante. Einen innigen Bezug zum Wasser stellen Wohnhäuser her. Ufergrundstücke und Küstenhänge gehören zu den bevorzugten Wohnlagen, da stehen die Bauten oft dicht gedrängt. Gebäude am Wasser nehmen in ihrer architektonischen Gestaltung oft Bezug auf maritime Bauformen. Ins­ besondere das Schiffsmotiv hat in der modernen Architektur eine feste Tradition. Gerundete und spitz zulaufende Volumen, Geländer wie eine Reling, Auf­bauten wie eine Kommandobrücke sind geläufige Schiffsmetaphern. Anderswo wird die Wellenform auf die Gebäudesilhouette, auf die Fassadenhaut oder auf andere Gestaltungselemente übertragen. Manch­mal ist es nur die Farbgebung, die an das nahe Wasser erinnert. Diese Ausgabe von Swisspearl Architecture zeigt anhand einiger Beispiele, wie mit Zementkomposit am Wasser gebaut wird. Die Architekturhistorikerin Rahel Hartmann Schweizer berichtet, wie sich das Bauen am Wasser im Laufe der Geschichte verändert hat. Und der Architekt und Städteplaner Kees Christiaanse bespricht vor dem Hintergrund seiner eigenen Planungen die Umwandlung und Entwick­lung von Hafenstädten. Ich wünsche viel Einsicht und Vergnügen mit unserer Zeitschrift. Michael Hanak, Redaktor Links: «Coastal Promenade», Arbeit der libanesischen Künstlerin Camille Zakharia, fotografiert 2010 an der Küste Bahrains. AM WASSER Report von Rahel Hartmann Schweizer 2 BRÜCKENHÄUSER, FISCHERHOCHSITZE, SCHIFFSRÜMPFE Norwegen Narud Stokke Wiig, Oslo 6 KYSTENS HUS, TROMSØ Kanada Patkau Architects, Vancouver 12 TULA HOUSE 6 Australien Idle Architecture, Richmond 20 WOHNHAUS, JAN JUC, VICTORIA Schweiz Müller Architekten, Ipsach 25 EINFAMILIENHÄUSER BELLA VISTA, TWANN-TÜSCHERTZ Schweiz Neff Neumann, Zürich 28 WOHNÜBERBAUUNG DOLLIKERSTRASSE, MEILEN Norwegen LEADinc., Husnes, und Rambøll Norge as, Fyllingsdalen 35 KULTURZENTRUM, HUSNES 12 Kroatien Sangrad d. o. o., Zagreb 38 SCHWIMMZENTRUM VIJUŠ, SLAVONSKI BROD Portugal Tiago Castro, Viana do Castelo 44 SEGELZENTRUM, VIANA DO CASTELO Essay von Kees Christiaanse 50 DAS HAFENGEBIET ALS VORREITER EINER NACHHALTIGEN ZUKUNFT 25 PRÄGUNG 57 HAUS DER RELIGIONEN, BERN, SCHWEIZ FRÄSUNG 61 JOPLIN HIGH SCHOOL / FRANKLIN ­TECHNOLOGY CENTER, ­ JOPLIN (MO), USA 44 2 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 BRÜCKENHÄUSER, FISCHERHOCHSITZE, SCHIFFSRÜMPFE Report von Rahel Hartmann Schweizer Ponte Vecchio in Florenz, erbaut 1345, Aufnahme um 1952. Rechts: Schwimmbad in Bellinzona, Schweiz, 1968 – 1970, von Aurelio Galfetti, Flora Ruchat-Roncati und Ivo Trümpy. AM WASSER Bauen am Wasser ist heute meist eine lukrative Angelegenheit. Das war aber nicht immer so. In Seen und Flüsse wurden Abwässer ein­ geleitet, Überschwemmungen verheerten das Land, zerstörten die Ernten. In Ufernähe siedelten sich Menschen mit ihren Handwerks­ zweigen, später Industrien an, die auf das Wasser angewiesen waren: erst Fischer, Gerber, Färber, Müller, dann Fabriken. In der speziellen Bauform von Brückenhäusern wurden zunächst Handwerk und Ver­ kauf kombiniert, später die Wasserkraft genutzt. Einer der berühmtesten Brückenbauten ist der Ponte Vecchio in Florenz. Die Brücke, auf der heute fast ausschliesslich Schmuck feil­ geboten wird, dominierten ursprünglich ebenfalls Gewerbebetriebe, vor allem Metzger und Gerber. Die einen warfen ihre übel riechen­ den tierischen Abfälle in den Arno, die anderen wuschen ihre Leder­ waren, die sie vorher mit Pferdeurin gegerbt hatten, im Fluss. Wegen des Gestanks verfügte Cosimo I. de’ Medici 1565 die Ansiedlung von Goldschmieden. Behaust wurde auch die Wehrbrücke des 1915 / 16 am Rhein er­ richteten Flusskraftwerks in Eglisau, das 1920 zum ersten Mal Strom lieferte. Um der Betriebsmannschaft ein Dach gegen die Witterung zu bieten, wurde der Steg auf seiner ganzen Länge mit einem Schutz­ haus versehen. Dessen Konstruktion bestand aus einem leichten Ei­ sengerippe und Wänden aus Zementkompositplatten, die damals noch die Bezeichnung Eternit trugen. Die moderne Wasserversorgung machte Gewerbebetriebe vom Seeanstoss unabhängiger, Industrien waren nicht mehr auf natürli­ che Wasserläufe angewiesen. Für die Leitungen kamen auch Rohre aus Zementkomposit zum Einsatz. Flüsse und Seen wurden nun als Wohnlagen und zur Freizeitgestaltung attraktiv. Ausser Villen ent­ 3 standen Bäder und temporäre Unterhaltungsanlagen wie Ausstellun­ gen, Kinos, Theater. Behauste Brücken Brückenhäuser erlebten ein Revival als Sehenswürdigkeiten. Sie ka­ men nicht nur in den Rang von Wahrzeichen, wie der Ponte Vecchio in Florenz (1345) und der Rialto in Venedig (1588–1591), sondern wurden auch zu Vorbildern für zeitgenössische architektonische Pla­ nungen. Bernhard Tschumi und Luca Merlini griffen 1989 in ihrem siegreichen Wettbewerbsentwurf zur Umgestaltung des Quartiers Flon in Lausanne auf das Modell zurück: Die Talsohle, die einst der gleichnamige Fluss durchzogen hatte, wurde im 19. Jahrhundert tro­ ckengelegt. Tschumi und Merlini konzipierten mit Bauten bestückte Passerellen und planten, diese mit verschiedenen kulturellen und kommerziellen Nutzungen zu alimentieren. Zur Ikone wurde die als Brücke ausgebildete Fussgängerpasserelle­ des Schwimmbads in Bellinzona (1968–1970). Behaust wurde sie indes nicht oberhalb, sondern unterhalb der in sechs Metern Höhe ge­ lagerten Betonplatte. Kassen, Kabinen und Garderoben platzierten die Architekten Aurelio Galfetti, Flora Ruchat-Roncati und Ivo Trümpy auf einer drei Meter über Grund liegenden, mittels Rampe und Treppe mit dem Fussgängerniveau verbundenen Zwischenebene. Kontrastie­ rend zur Massivität des Viadukts wählten sie eine leichte Stahlkon­­ struktion, die sie mit Thermolux-Glas und Eternit ausfachten. Pfahlbauten und Zelte Auch der Blick auf das Fischerleben war mit dem Einzug der Moder­ne ein anderer. Bernard Rudofsky, der das Augenmerk auf die Qualität 4 vernakulären Bauens legte, präsentierte in seinem Buch Architecture without Architects (1964) unter anderem einen spektakulären Fischerhochsitz im italienischen Vieste. Das Haus am Murtensee, das Werner Allenbach 1945 baute, wirkt, als hätte ein ebensolcher Fischerhochsitz Modell gestanden. Pierre Zoelly verband bei dem sechseckigen Sommerpavillon am Hoover Lake in Westerville, Columbus (OH), 1962 die Aufständerung auf sechs Telefonstangen in bester Pfahlbauermanier mit einer zelt­ artigen Überdachung, welche die Verglasung beschirmte. Die Aussen­ wand in der Form einer Wanne, die Untersicht mit Brüstung kombi­ nierte, verkleidete er mit Eternit. Auch an der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (Saffa) 1958 am Zürichsee wurde die gewünschte optische Leichtig­keit mit Eternit erzielt. Die Ausstellungsarchitektin Annemarie HubacherConstam wählte eine Schiefer-Doppeldeckung, um den Gottesdienst­ raum wie mit einem grossen Zelt zu überdachen. Auf die Nähe zum Wasser spielte auch die wogende Dachland­ schaft des Eingangs zur Zürcher Gartenbau-Ausstellung (Züga) an, die Karl Egender und Wilhelm Müller 1933 zusammen mit dem Land­ schaftsgestalter Gustav Ammann konzipierten. Ähnliches gilt für die mehrheitlich an Hangars oder Werften erinnernden Hallen, die einheitlich mit Welleternitplatten und Glas verkleidet waren. Doch beliessen es die Architekten nicht bei der metaphorischen Referenz. Die Schweizerische Bauzeitung vom 2. September 1933 schwärmte von der schönen «Wirkung dieser Glasflächen, von denen das Regenwasser […] auf die grau silbern schimmernden Eternitplatten abläuft». Futuristische Kulissen Das Bauen am Wasser war somit zu einem eigenen Topos geworden – gleichsam antithetisch zum Bauen in den Bergen. Bruno Taut hatte in dem 1919 erschienenen Werk Alpine Architektur Fantasien am Wasser ersonnen und in Zeichnungsblättern wie «Weg zum Kristallhause am Wildbachtal» oder «Tal mit reicher Architektur» skiz­ ziert. In ganz anderer Weise fantastisch – oder eher futuris­ tisch – waren die Häuser, die der Autokonzern Ford und die Elektronikfirma Motorola in den 1960er-Jahren als Kulissen ihrer jeweiligen Produkte publizierten. Ford nutzte dazu sein Magazin Ford Times, das die Firma seit 1908 monatlich publizierte. Der Herausgeber wählte zehn spektakuläre Orte und beauftragte den Architekten Rudy Hermes, Häuser zu entwerfen, die die Landschaf­ ten in Szene setzen sollten. Der Fotograf Charles Harper visualisierte sie fotorealistisch. Ähnlich verfuhr Moto­ rola. Die Firma hiess den Künstler und Illustrator Charles SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Schridde, eine Serie von Häusern zu malen, die sie unter dem Titel ‹House of the Future› in verschiedenen Inse­ raten publizierte. Etliche der von Hermes / Harper bezie­ hungsweise Schridde ‹entworfenen› Villen hatten einen engen Bezug zum Wasser, kragten spektakulär über eine Meeresbucht aus, verliefen hart am Ufer eines Flussarms, erhoben sich Leuchttürmen gleich in tosender Brandung, schwammen wie gestrandete Fliegende Untertassen auf oder als eine Art von aussen nach innen gestülpte Aquarien im Was­ ser, oder sie waren gar als Unterseeboote konzipiert. Beim 2012 fer­ tig gestellten Tula House (S. 12) macht es ganz den Anschein, als knüpften Architekten heute an solche Modelle an. Schiffsmetapher Das Schiff als Referenz propagierte Le Corbusier. Das ‹Dom-ino›Prinzip verweist auf das Skelett des Schiffsbaus, das im Wesentlichen auf Rückgrat, Kiel, Spanten und Stringern basiert, über die eine Haut aus Fell, Holz oder Stahl gezogen wurde, sowie dem Deck. Mit der maschinistischen Version des Ozeandampfers begründete er dann die «Wohnmaschine». Die Schiffsmetapher feierte in der Folge in et­ lichen Bauten der Klassischen Moderne Urständ, wobei der reale Kontext zum Wasser sekundär war. Hans Scharoun entwarf 1930 für den Löbauer Nudelfabrikanten Fritz Schminke ein Haus auf der grünen Wiese, dessen geschwunge­ nen Terrassen, rampenartigen Treppen und runden Bullaugenfens­ tern Assoziationen zu einem Schiff wecken. Ein schönes, im Jahr 2012 renoviertes Beispiel in Sichtweite zum Wasser, mit Blick auf den Zürichsee, ist die von Otto Zollinger 1929 erbaute Villa Streiff in Küsnacht. Die Schiffsästhetik manifestiert sich hier vor allem in gerundeten Ecken und weit auskragenden Balkonen. Die metaphorische Analogie mit der Nähe zum Wasser verbun­ den hat der schweizerisch-amerikanische Architekt Otto Kolb in der Sommerhaus Erlinger bei Rust am Neusiedler See, Österreich, 1958, Bruno Tinhofer. Oben: Bootshaus des Yacht-Clubs in Zürich, 1917, Pfleghard & Häfeli. Rechts oben: Villa Streiff in Küsnacht, Schweiz, 1929, Otto Zollinger. Rechts unten: Einfa­milienhaus in Villarepos, Schweiz, 2009 / 10, Aeby, Aumann, Emery AM WASSER Villa für das Ehepaar Horner in Beverly Shores (1948– 1950), einem von Dünen gebildeten Landstrich am Süd­ ufer des Lake Michigan. Kolb gliederte das Raumpro­ gramm in die vier Gebäudekörper Garage, Gästehaus so­ wie Schlaf- und Wohn­bereich mit Veranda. Während Garage und Gästehaus als Einzelkuben platziert sind, fungiert der turmartige Schlaftrakt statisch als Anker für die leichte Holzkonstruktion des Wohnraumes, wie die Kommandobrücke des auf der Düne balancierenden und rückseitig über ein üppig bewachsenes Tobel auskragenden Hauses. Während Kolb die geschlossenen Fassadenteile aller Bauten mit Redwood be­ kleidete, fachte er die Fensterbrüstungen des Annexes mit Zement­ kompositplatten aus. Kolb kam das Material zupass, weil es einerseits eine industrielle Note in den Holzbau brachte, die dem Schiffsmotiv entsprach, und dabei dennoch eine ‹natürliche›, das heisst dem Ma­ terial immanente Farbe hatte, andererseits die Leichtigkeit des Hau­ ses betonte. Dieses segelt wie ein Schiff durch die Landschaft. In der Unterschutzstellungsakte von 1996 heisst es: «Die verglasten Fassa­ den auf der Nord- und der Südseite bewirken, dass Decke und Boden inmitten der natürlichen Laube (schwimmend) zu treiben scheinen.» Ein eigentlicher Schwimmkörper ist das Bootshaus des Zürcher Yacht-Clubs von Pfleghard & Häfeli von 1917. Er besteht aus sechs Eisenbetonpontons, die mit einer durchgehenden, bewehrten Beton­ platte überdeckt sind und so ein Floss ausbilden. Verwendeten die Architekten für die Aussenfassade Pitchpine-Latten, die an Schiffs­ planken erinnern, verkleideten sie das Innere mit Eternit. Beim Sommerhaus Erlinger nahe Rust am Neusiedler See nutzte der Wiener Bruno Tinhofer 1958 eine vorhandene, auf Pfählen im Wasser verankerte Grundplatte, um die Holzkonstruktion darauf zu platzieren. Alle äusseren Wandflächen gestaltete er mit weissen Eternitplatten. Ein angehängter Steg wirkt wie das Beiboot des Haus­ boots. 5 Das 2009 / 10 im südlich des Murtensees gelegenen Villarepos er­ baute Einfamilienhaus verkörpert förmlich das Thema ‹Bauen am Wasser›: Die Architekten Aeby, Aumann, Emery gewannen mit die­ sem Bau den Architekturpreis ‹Das beste Einfamilienhaus› der Zeit­ schrift Ideales Heim. Sechs wie die Kufen eines Tragflächenboots ausgebildete trapezförmige Streifenfundamente, mit denen die Be­ tonbodenplatte verankert ist, heben diese vom Terrain ab, das – ähn­ lich wie bei Kolbs Horner-Villa – darunter hindurchzuströmen scheint. Dies gilt umso mehr, als die Architekten keine Umgebungs­ gestaltung vorgenommen, sondern das Haus direkt in die Wiese gesetzt haben. Die Verkleidung aus teilweise perforiertem, hell­ grauem Welleternit versetzt es in wogende Bewegung (vgl. ARCH 157, S. 29–31). Der Bau ‹mimt› gleichermassen das Schiff und das Wasser. Literatur Hartmann Schweizer, Rahel, Otto Kolb – Architekt und Designer, Zürich 2013, S. 202–212. – National Register of Historic Places, Horner House, Porter County, Indiana, The Art Institute of Chicago, Chicago 1996, S. 10 (Zitat: «The window walls on both north and south elevation, make the floor and ceiling seem to float in the midst of a natural bower.»). 6 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 NORWEGEN ANKER AUS GRANIT Kystens Hus, Tromsø STANDORT: Stortorget 1 BAUHERRSCHAFT: Norges Råfisklaget – The Norwegian Fishermen’s Sales Organization Stokke Wiig ( VERANTWORTLICHER PARTNER: Gudmund Stenseth), Oslo BAUZEIT: 2014 / 15 GENERALUNTERNEHMUNG: Econor AS, Tromsø FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Black Opal 7024R ARCHITEKTEN: Narud AM WASSER 7 8 Kystens Hus ist ein Blickfang. Hier treffen die unterschiedlichsten Interessengruppen zusammen, die sich mit der Küstenregion und dem Fischfang befassen. Das transparente, vollverglaste Erdgeschoss ist als Erweiterung des öffentlichen Raums konzipiert. Die oberen Geschosse mit Büroräumlichkeiten sind mit einer facetten­ reichen Hülle bekleidet, die an die Felsformationen an der Küste im Norden Norwegens erinnert. SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Patrick Zamariàn Kystens Hus – das ‹Zen­ trum für Fisch und Meeresfrüchte an der Küste Nordnorwegens› – ist ein Vorzeigebau im Herzen von Tromsø und präsentiert die mächtige Fischerei-Industrie des Landes. Es wurde als zentrale Informations- und Han­ delsplattform für die Forschung und die Ent­ wicklung der Fischerei und den Tourismus geplant. In erster Linie soll die neue Einrich­ tung der Öffentlichkeit die kulturelle Tra­ dition, den natürlichen Reichtum und die wirtschaftliche Dynamik der Stadt und ihrer Küstenregion näherbringen. Im Besonderen will Kystens Hus die Entwicklung und das Marketing von Produkten und Dienstleistun­ gen unterstützen, indem die Zusammenar­ beit und der Austausch zwischen privaten Unternehmen, Forschungsinstituten und der Öffentlichkeit gefördert wird. Informeller Treffpunk Um seinem öffentlichen Anspruch ge­ recht zu werden, ist das überhohe Erdge­ schoss durchlässig gestaltet und weitherum verglast. Viele separate Türen und zwei Haupteingänge, die sich im rechteckigen Grundriss gegenüberliegen, führen zu den Fusswegen rund ums Gebäude. So entsteht ein diagonaler Pfad, der einen öffentlichen Platz im Südwesten des Gebäudes mit einer beliebten Quaipromenade im Norden verbin­ det und das Gebäude selbst in zwei ineinan­ der verzahnte Dreiecke teilt. Als informeller Treffpunkt konzipiert nimmt das Erdge­ schoss viele zusätzliche Räume und Treppen auf und lässt sich für die unterschiedlichsten Zwecke gleichzeitig nutzen. Neben einer per­ manenten Food-Halle für lokale Produzen­ ten und Spezialitätenläden bietet das Zen­ trum einen Ausstellungssaal für Forschungsund Bildungsorganisationen. In seiner Mitte befindet sich ein grosser, lichtdurchfluteter Innenhof mit einer geschwungenen Treppe, die den öffentlichen Raum in die nächste Etage führt. In den oberen Stockwerken kommt Kystens Hus seiner geschäftlichen Bestimmung im engeren Sinn nach. Hier rei­ hen sich Büros an Sitzungsräume, zu denen man über Passerellen gelangt, mit Sicht auf die Lobby im Erdgeschoss. Vielseitige Hülle Die Architekten von Narud Stokke Wiig aus Oslo waren bestrebt, einen zentralen An­ ziehungspunkt in der Stadt zu schaffen, der zwar Charakter zeigt, aber nicht die formale Einheit seiner Umgebung sprengt. Obschon sie die Holzgebäude der Nachbarschaft we­ sentlich überragt, scheint die 12 500 Quadrat­ meter grosse Anlage über ihrem vollverglas­ ten unteren Teil zu schweben, was ihr eine gewisse Leichtigkeit verleiht. Die unregel­ mässige Kontur der Fassade trägt zu diesem Eindruck bei, denn sie bricht den Massstab des Gebäudes, lässt so viel natürliches Licht hinein wie möglich und gewährt spektaku­ läre Aussichten auf die Uferpromenade und den Stadtteil auf dem Festland. Die Fassade ist mit stark isolierten anthrazitfarbenen Swisspearl-Platten bekleidet und setzt sich aus 23 Flächen zusammen. Auf diese Weise reagiert sie auf die typischen Merkmale des urbanen Kontextes: überschwänglich am Wasser, zurückhaltender auf ihrer Rückseite, wo das Gebäude mit dazu beiträgt, das Stras­ senbild zu klären. Form und Farbe des Baus evozieren die zerklüfteten Granitklippen der norwegischen Küste und widerspiegeln seine ursprüngliche Absicht, Tradition und Tech­ nologie, Vergangenheit und Zukunft zu ver­ binden. AM WASSER 9 10 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AM WASSER «Wir wollten ein Form mit einzigartigem Ausdruck finden, welche die bestehen­ den Qualitäten der Umgebung stärkt und zugleich ein neues Zentrum in der SNO-47_Kystens-Hus_Tromso Stadt darstellt.» 11 4. Obergeschoss Vertical section Narud Stokke Wiig Architekten Scale: 1:20 2. Obergeschoss 1 2 3 3 4 7 3 7 5 8 6 7 6 1. Obergeschoss 1:1000 9 SNO-47_Kystens-Hus_Tromso SNO-47_Kystens-Hus_Tromso Scale: 1:1000 Scale: 1:1000 1 10 11 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 2 ventilation cavtiy, vertical timber batten 3 timber batten 4 plywood board 5 moisture barrier 1 Vertikalschnitt 1:20 1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm mit R-Color-Beschichtung 2 Hinterlüftung, vertikale Holzlattung 3 Holzlattung 4 Sperrholzplatte 5 Feuchtigkeitssperre 6 Gipskartonplatte 7 Wärmedämmung 8 Dampfsperre 9 Rollstoren 10 Parkett 11 Beton 12 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 KANADA STRANDGUT Tula House STANDORT: Quadra Island BAUHERRSCHAFT: Eric Peterson & Christina Munck, Quadra Island Architects, Vancouver BAUZEIT: 2007 – 2012 GENERALUNTERNEHMUNG UND FASSADENBAU: J. Toelle Construction Ltd., Quathiaski Cove FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Anthrazit 7024 ARCHITEKTEN: Patkau AM WASSER 13 14 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AM WASSER «In seiner geometrischen und räumlichen Anordnung widerspiegelt das Gebäude die schroff geschnittenen Felsvorsprünge wie auch den Strand und den Wald.» John Patkau, Architekt 15 16 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AM WASSER Patkau Architects haben an einem wilden Küstenabschnitt von Quadra Island ein einzigartiges Einfamilien­haus gebaut. Das Gebäude passt sich in die natürliche Umgebung ein und unterstreicht gleichzeitig ihre raue Schönheit. Das Meer und die Wirkung der Gezeiten inspirierten die Archi­ tekten bei ihrem sorgfältigen Entwurf und der Form des Gebäudes. Mirko Beetschen Für Architekten schlicht der Traumauftrag: ein Haus auf einem Ge­ lände in abgelegener Naturkulisse zu bauen und das volle Vertrauen der Bauherrschaft zu geniessen. «Ausser einer Liste von Räumen hat die Bauherrschaft uns das Bauprojekt vollständig überlassen», sagt Architekt John Patkau. Die Eigentümer eines baufälligen Landhauses an der Ostküste von Quadra Is­ land wollten «ein architektonisch entworfe­ nes Haus, das einfühlsam auf die üppige und abwechslungs­reiche Szenerie reagiert», fährt er fort. Fast sechs Stunden nördlich von Van­ couver gelegen sollte das Haus Wohnsitz des Paars werden, aber auch das informelle Hauptquartier ihrer Tula-Stiftung, einer Fa­ milienorganisation zur Förderung von Ge­ sundheits- und Umweltinitiativen. Quadra Island ist die grösste Insel der Discovery Islands nordwestlich von Vancou­ ver, zwischen Vancouver Island und dem Festland. Das mehr als 26 000 Quadratmeter grosse Grundstück umspannt einen felsigen Küstenabschnitt mit dem Standort des Ge­ bäudes auf einer 13 Meter hohen Klippe, um­ geben von einer typisch kanadischen Land­ schaft aus Basalthügeln, Roterlen, Ahornbäu­ men und überwiegend Douglas­tannen. «Die Topografie des Geländes ist höchst abwechs­ lungsreich», erklärt Patkau. «Das Gebiet ist eigentlich mehrere Gebiete in einem.» Zurück auf Feld eins Vor Baubeginn wurde das verfallene Landhaus abgerissen, die einstigen Aufschüt­ tungen abgetragen und das natürliche Ter­ rain freigelegt. Darauf organisierten die Ar­ chitekten das einstöckige Gebäude als eine Abfolge scherbenförmiger Betonplatten, die sich wie eine Spirale, ähnlich einer Muschel, um einen zentralen Innenhof gruppieren. Das natürliche Strandgut der pazifischen Ge­ zeiten, die Baumstämme, Äste und Felsen hinterlassen «wie ein Mikado-Kinderspiel», waren eine weitere Inspirationsquelle für die Anordnung und die Form des Hauses. Die Gebäudestruktur besteht hauptsäch­ lich aus Beton, nur das Dach und der Boden, der über den felsigen Strand und das Meer auskragt, haben eine Stahlrahmenkonstruk­ tion. An der Nord- und an der Ostseite des Hauses liegen die Tagesräume mit voll ver­ glasten Fronten und uneingeschränkter Sicht auf das Wasser, auf die Inseln in der Strasse von Georgia und das Festland von Britisch Kolumbien mit seinen weit entfernten Berg­ ketten. Auf der anderen Seite, gegen Norden, finden sich die Bett- und Badezimmer, von wo der Blick auf die idyllischen grünen Ba­ salthügel hinter dem Haus fällt. 17 Sich einpassen Obschon Patkau Architects mit dem Tula House eine kühne Behauptung aufstellen, ist das einstöckige, 420 Quadratmeter umfas­ sende Gebäude sorgfältig in die Landschaft eingepasst: Architektur und Natur, innen und aussen harmonieren. Die Haupt­räume fä­ chern sich zum Innenhof hin aus und fangen die Aussicht aufs Wasser ein, während die Nebenräume einzelne Elemente der Land­ schaft fokussieren, etwa einen moosbewach­ senen Felsen oder eine Baumgruppe. Durch schmale Oberlichter fällt natürliches Licht ins Gebäude, und in der auskragenden Bo­ denplatte sind dreieckige Fenster eingelas­ sen, durch die man auf den Strand und aufs Meer hinunterblickt. Auch ein flaches Was­ serbecken im Innenhof nimmt das Haupt­ thema des Gebäudes – Wasser – auf. Aussen ist das Gebäude mit SwisspearlPlatten bekleidet. «Wir haben uns für Ze­ mentkomposit entschieden, weil wir ein Ma­ terial brauchten, das man überlappend schichten kann», sagt Patkau. «Wir wollten ein gezahntes Wandprofil schaffen, um das Spiel von Licht und Schatten auf der Oberflä­ che aufzuzeigen.» Die an Holzkohle erin­ nernde Farbe der Platten und das moosüber­ wachsene Dach tragen dazu bei, dass sich das Haus mit seiner Umgebung vereint. Zusam­ men mit der einheimischen Vegetation, die erneut angepflanzt wurde, verschwindet das neue Gebäude fast zwischen den Felsen und dem dunklen Wald. Viel Erfahrung 1978 gründete das Ehepaar Patricia und John Patkau ihr Architekturbüro. Heute lei­ ten die Partner Greg Boothroyd und David Shone das in Vancouver ansässige Unterneh­ men mit. Mit vielen Projekten verschiedens­ ter Baugrösse haben Patkau Architects inter­ nationale Bekanntheit erlangt. Ein bemer­ kenswertes Projekt ist eine Reihe Landhäuser auf dem Gelände von Frank Lloyd Wrights berühmtem Fallingwater House in Pennsyl­ vania. Derzeit sind unter anderem ein Kunst­ komplex für die Universität von Manitoba, die Polygon Gallery in North Vancouver und verschiedene Wohnprojekte in Arbeit. «So wie die Umstände, unter denen wir arbeiten, sich ändern, so erweitern sich auch unsere Interessensgebiete», sagen die Architekten. «Eine eindimensionale Definition von Archi­ tektur lehnen wir ab: Architektur als Kunst, als Technologie, als soziale Dienstleistung, als ökologisches Mittel, als politisches State­ ment. Wir verstehen Architektur als viel­ schichtige und lebhafte Disziplin, die alle diese Definitionen zusammen umfasst.» 18 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 8 1 2 3 6 3 4 5 9 1. Obergeschoss 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 2 ventilation cavity, sub framing 3 thermal insulation 4 vapour barrier 5 concrete 6 steel beam 7 sub framing 8 sheet aluminum 9 glazed balustrade 8 MUR-74_Tula-House_Quadra-Island Horizontal section Scale: 1:20 Schnitt 1:500 1 2 7 7 6 Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, Unterkonstruktion 3 Wärmedämmung 4 Dampfsperre 5 Beton 6 Stahlträger 7 Unterkonstruktion 8 Aluminiumblech 9 verglaste Brüstung 1 2 3 4 5 8 9 1 2 Horizontalschnitt 1:20 74_Tula-House_Quadra-Island 1:500 1 2 6 7 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, vertikale Unterkonstruktion 3 Wärmedämmung 4 Dampfsperre 5 Beton 6 Unterkonstruktion 7 Holzplatte 8 Aluminiumfenster AM WASSER 19 20 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AUSTRALIEN SCHLAFEN AUF DER KOMMANDOBRÜCKE Wohnhaus, Jan Juc, Victoria STANDORT: Jan Juc BAUHERRSCHAFT: Tim Norris ARCHITEKT: Idle Architecture, Richmond BAUZEIT: 2012 / 13 Construction, Belmont FASSADENBAU: Maatsuyker Construction, Belmont FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, XPRESSIV Dark Grey 8220 und Grey 8060 GENERALUNTERNEHMUNG: Maatsuyker Patrick Zamariàn Der Familienwohnsitz auf einem Hügel nahe der südpazifischen Küste blickt nach Südwesten und bietet von jedem Zimmer eine weitschweifende Sicht auf das Meer. Die Räume gruppieren sich rund um eine grosszügige, leicht erhöhte Ess-und-Wohnzone, die zur Meerseite wie auch zum Swimmingpool hin voll verglast ist. Wer im Pool schwimmt, geniesst somit das von Norden einfallende Licht wie auch Meersicht, allerdings ohne dem rauen Küstenwind ausgesetzt zu sein. Um dem Wunsch der Bauherrschafft nach minimalen Unterhaltskosten nachzukommen, kombinierten Idle Architekten viele Fassaden­ materialien, die keine zusätzliche Bekleidung brauchen. Zum Pool hin und für die zwei Schlafzimmerflügel beidseits der gemeinschaftlichen Wohnzone kamen Swisspearl-Platten in zwei Grautönen zum Einsatz. Dank seiner dunkelgrauen Hülle scheint das Elternzimmer im Obergeschoss des Westflügels über dem restlichen Gebäude zu schweben. Von da aus bietet sich ein atemberaubender Blick auf die nahe Küste. Der eingeschossige Kinderzimmer-Flügel folgt dem natürlichen Gefälle des Grundstücks und ist alternierend mit hellen und dunklen Platten bekleidet. Sie betonen die Sägezahn-Form des Flügels, die sich aus einer Serie von auserkernden Schlafzimmerfenstern zum Meer hin ergibt. AM WASSER 21 22 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 E-XXX_Norris-House_Victoria rtical section ale: 1:20 2. Obergeschoss Sch Ans Folie verd Ach 8 4 5 6 Hinterlüftungsraum min. 2cm 1 M 2 H 3 N 1. Obergeschoss 1:500 7 2 1 Isolation 0,035 8 9 5 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 2 ventilation cavity 3 steel beam 4 corrugated metal decking 5 batten 6 timber rafter Vertikalschnitt 1:20 7 thermal insulation 8 metal sheet ® 1 Swisspearl LARGO Platte 8 mm 9 plywood board 2 Hinterlüftung 3 Stahlträger 4 Trapezblech 5 Lattung 6 Holzbalken 7 Wärmedämmung 8 Metallblech 9 Sperrholzplatte FDE-XXX_Norris-House_Victoria 1 2 Scale: 1:500 3 Fertigbeton 0,035 Beton 0,035 FDE-XXX_Norris-House_Victoria FDE-XXX_Norris-House_Victoria Scale: 1 2 6 Back AM WASSER Fenster in unterschiedlichen Dimensionen und Formen bieten rundum Ausblicke auf den Pazifik. 23 24 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Si AM WASSER SCHWEIZ SEE IN SICHT Einfamilienhäuser Bella Vista, Twann-Tüschertz STANDORT: Gaichstrasse BAUHERRSCHAFT: Casa e Vita AG, Biel ARCHITEKTEN: Müller Architekten AG, Ipsach Immobilien, Biel FASSADENBAU: Studer & Cie., Schüpfen FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, NOBILIS Grau N 212 und N 213 ; Swisspearl® INTEGRAL PLAN, NOBILIS Grau N 214R BAUZEIT: 2012 – 2014 GENERALUNTERNEHMUNG: Bielersee 25 26 Vertical section Scale: 1:20 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 2 2 7 9 10 4 5 Hinte 1 3 4 6 5 7 Isola 8 6 7 8 3. Obergeschoss 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Swisspearl® INTEGRAL PLAN Platte 8 mm 3 Hinterlüftung, vertikale Lattung 4 Holzfaserplatte 5 Wärmedämmung, Glasfaser 6 Grobspanplatte 7 Lattung 8 Gipsplatte 9 Konterlattung 10 Unterdachfolie Ferti Beton Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Swisspearl® INTEGRAL PLAN Platte 8 mm 3 Hinterlüftung, vertikale Lattung 4 Holzfaserplatte 5 Wärmedämmung, Glasfaser 6 Grobspanplatte 7 Lattung 8 Gipsplatte 9 Konterlattung 10 Unterdachfolie 2. Obergeschoss CH_EFH_Tueschertz Scale: 1:500 1. Obergeschoss 1:200 CH_EFH_Tueschertz Scale: 1:200 AM WASSER Anna Roos Am nördlichen Ufer des Bielersees ist vor Kurzem eine Gruppe Einfamilienhäuser entstanden. In drei Reihen ergiessen sich die Doppelhäuser den steilen Hang hinunter. Dank der Topografie des Geländes bietet jede Einheit eine herrliche Aussicht über den See bis hin zu den Bergspitzen der Alpen. Im Querschnitt sind die Häuser mit Minergiestandard tief in das steile Gefälle gebettet. Ihr dreigeschossiges Volumen wirkt optisch reduziert, da nur die beiden oberen Etagen mit Swisspearl-Platten bekleidet sind. Die Fassaden der Schlafzimmer im untersten Geschoss sind in einem kontrastierenden hellen buttrig-gelben Ton verputzt. Farblich subtil von mattem Beige zu Hellgrau abgestuft scheinen die Zementkomposit-Platten nahtlos von den Wänden zum Dach überzugehen. Die integrierte Dachtraufe und die gestutzte Traufkante unterstreichen den abstrakten Eindruck der Bauten. An der Hauptfassade besteht die Befensterung aus nur gerade zwei Fenstern: Ein grosses, langgezogenes Wohnzimmerfenster und eine neckisch aufgesetzte Dachgaube bieten uneingeschränkte Aussicht auf den See. 27 28 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 SCHWEIZ WOHNEN IM BOOTSHAUS Wohnüberbauung Dollikerstrasse, Meilen STANDORT: Dollikerstrasse ARCHITEKTEN: Neff 1 – 7 BAUHERRSCHAFT: Baugenossenschaft Zurlinden, Zürich Neumann, Zürich BAUZEIT: 2012 – 2014 FASSADENBAU: Salm Fassadenbau AG, Schinznach-Dorf FASSADENMATERIAL: Swisspearl® ONDAPRESS-57 Grün (Spezialfarbe) AM WASSER 29 30 Am Zürichsee nimmt ein übertiefes Bauvolumen die Themen Licht und Wasser auf. Neff Neumann Architekten inszenieren den Bau mit 25 Wohnungen mit wassergrüner, gewellter Fassade, und in den Höfen zwischen den Wohnungen schimmert Mosaikkeramik. Der konsequente Entwurf verbindet die Einbettung in der Landschaft und eine grossstädtische Dichte. SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Sabine von Fischer In einer Ausschreibung suchte die Gemeinde Meilen eine gemein­ nützige Bauträgerschaft, die ein nicht über­ bautes Grundstück an der Dollikerstrasse in Meilen im Baurecht übernehmen würde. Unter fünf Bewerbern erhielt die Baugenos­ senschaft Zurlinden den Zuschlag und veran­ staltete auf eigene Kosten einen Architek­ turwettbewerb. Aus den elf eingeladenen Teilnehmern ging im Februar 2011 das Pro­ jekt ‹pairi-daeza› – persisch für ‹Paradiesgar­ ten› – der Architektinnen Barbara Neff und Bettina Neumann siegreich hervor. Der Name eines Projekts, auch wenn er in erster Linie der Anonymisierung der Teil­ nehmer dient, ist immer auch Bote des Pro­ gramms: Hier ist dies eine idyllische Wohn­ welt, die im Haus und im Garten gleichsam vom Thema Licht und Wasser animiert wird. Mit einem subtil strukturierten Volumen re­ agiert das Projekt auf die heterogene Umge­ bung am Rand der Kernzone, direkt gegen­ über der Obermeilemer Badewiese und im Norden an das Industriegebiet angrenzend. Die in dunklem Blau-Grün gehaltene Fassade aus Wellzementkompositplatten nimmt die Themen der Gartenhäuser und der Boots­ häuser in der Umgebung auf und erfüllt gleichzeitig die hohen ökologischen Anforde­ rungen. Die Rahmenbedingungen für die Wohnidylle waren eng: Nicht nur sollten die Mieten an der attraktiven Lage um monatlich 2500 Franken für knapp 100 Quadratmeter liegen, auch formten die Immissionen von der stark befahrenen Seestrasse und der Ge­ wässerabstand zum Inneren Dollikerbach die Bedingungen für die Architektur. Letzte­ rem konnten die Architektinnen zusammen mit der Landschaftsarchitektin Robin Wino­ grond Qualitäten abgewinnen: Weil die Fas­ sade die durch den Gewässerschutz gegebene Grenzlinie nicht überschreiten durfte, bleibt viel Platz für Bäume, Sträucher und Plätze entlang dem naturbelassenen Bachbett. Ganz in der Tradition des Quartiers umspielt der Garten das Wohnhaus. Die Einfahrt zur Tief­ garage mit 23 unterirdischen Parkplätzen ist kaum sichtbar an der Gebäudeecke eingezo­ gen und trägt wesentlich zu quartierverträg­ lichen Erscheinung bei. Sicherung der Nachhaltigkeit Die Baugenossenschaft Zurlinden leistet auch in Meilen Pionierarbeit im nachhaltigen Bauen – wie zuvor in Zürich mit der sechsge­ schossigen Wohnsiedlung in Holzbauweise von pool Architekten und der energetisch vorbildlichen Sanierung der Wohnhochhäu­ ser Sihlweid aus den 1970er-Jahren durch Harder Haas Partner. Als Zusammenschluss von Handwerksbetrieben kann die Genos­ senschaft auf direktestem Weg den Einsatz nachhaltiger Bauteile bewirken. 1923 gegrün­ det ist sie die zweitälteste der drei Zürcher Baugenossenschaften, in denen nicht die Mieter, sondern die Unternehmer beteiligt und stimmberechtigt sind. So verbaut die Ge­ nossenschaft auch Elemente, die es auf dem Schweizer Markt noch nicht gibt: etwa ein in bisher drei Siedlungen eingebautes, in den Fensterrahmen integriertes Lüftungselement,­ das Genossenschaftspräsident Urs Frei mit der Firma FenTech aus St. Gallen entwickelt hat und über seine Fensterfabrik Albisrieden vertreibt. Himmelfarben im Lichthof Dem Erfindergeist der Architektinnen ist es zu verdanken, dass auf dem dreigeschossig bebauten Grundstück 25 Wohnungen mehr­ heitlich mit dreieinhalb und viereinhalb Zim­ mern Platz gefunden haben. Durch die Vor­ gabe, eine maximale Anzahl preisgünstiger Wohnungen zu erstellen, liegen vor allem die um einen Lichthof gruppierten offenen Wohnbereiche eng beieinander. Mit Licht­ höfen hatten die Architektinnen bereits in der ‹Rheinresidenz› am St. Albangraben in Basel auf sich aufmerksam gemacht: Dort grenzen die Innenhöfe allerdings nur an je­ weils eine der vier übereinanderliegenden Eigentumswohnungen. Ob die Meilemer Be­ wohner die nachbarlichen Einblicke als stö­ rend empfinden, wird sich im Lauf der Zeit erweisen. Auf den Balkonen und innerhalb der Wohnungen bieten profilierte Gläser einen Sichtschutz und nehmen die Themen von Licht und Wasser wieder auf. Die Lichthöfe durchbrechen den mit 21,8 Metern über­ tiefen Baukörper so, dass sich entlang der nordwestlichen, mit Glasmosaik belegten Wand das Himmelslicht in allen Farben spie­ gelt. Wohn- und Küchenzone mäandrieren um den Lichthof und bilden den Mittel- und Höhepunkt jeder Wohnung. AM WASSER 31 N? 32 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Situ N Pläne Sit «Das Material verweist auf Gebäude in der Garten­ architektur und – aufgrund FH_Meilen seiner Robustheit – auf CH_MFH_Meilen Nutzbauten am See.» ntal section 1:20 Neff Neumann Architekten Vertical section Scale: 1:20 3. Obergeschoss Mst: Mst: Mst: Plän Mst: Mst: 2. Obergeschoss Mst Mst Plä Schnitt 0,2Ms CH_MFH_Meilen Scale: 1:500 Ansicht 0,09 Folien 0,09 Ms verdeckte Ans M Ms Achsen 0,09 1. Obergeschoss 1:1000 M Hinterlüftungsraum min. 2cm und Spalt von M Massivholz CH_MFH_Meilen 1 Scale: 1:500 6 2 7 8 M Holzwerkst M 3 Natur / Stei 4 1 Swisspearl® ONDAPRESS-57 We 2 Hinterlüftung 6 3 horizontale Holzlattung Isolation 40,035 Feuchtigkeitsperre Backstein 0,035 5 Weichfaserplatte 6 Wärmedämmung 7 Grobspanplatte 8 Gipsfaserplatte 9 Insektengitter 10 Metallblech 5 2 1 4 5 6 7 CH_MFH_Meilen 3 Scale: 1:500 9 8 9 8 10 10 Horizontalschnitt 1:20 1 Swisspearl® ONDAPRESS-57 Wellplatte 6,4 mm 2 Swisspearl® Eckwinkel rund 6 mm für Aussenecke (mit Innenmuffe) 1 Swisspearl® ONDAPRESS-57 Wellplatte 6,4 mm 3 Swisspearl® Eckwinkel glatt 6 mm für Innenecke (mit Innenmuffe) 2 Swisspearl® Eckwinkel rund 6 mm für Aussenecke (mit Innenmuffe) 4 Hinterlüftung 3 Swisspearl® Eckwinkel glatt 6 mm für Innenecke (mit Innenmuffe) 5 horizontale Holzlattung 4 Hinterlüftung 6 Feuchtigkeitsperre 5 horizontale Holzlattung 7 Weichfaserplatte 6 Feuchtigkeitsperre 8 Wärmedämmung 7 Weichfaserplatte 9 Grobspanplatte 8 Wärmedämmung 10 Gipsfaserplatte 9 Grobspanplatte 10 Gipsfaserplatte Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® ONDAPRESS-57 Wellplatte 6,4 mm 2 Hinterlüftung Fertigbeton 3 horizontale Holzlattung 4 Feuchtigkeitsperre 5 Weichfaserplatte 6 Wärmedämmung 7 Grobspanplatte 8 Gipsfaserplatte 9 Insektengitter 10 Metallblech Beton 0,035 0,035 AM WASSER Die Wohn- und Küchenzone mäandriert jeweils um einen Lichthof und bildet den Mittel- und Höhepunkt jeder Wohnung. 33 34 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AM WASSER 35 NORWEGEN KOMPOSITION AUS WELLE UND FUGE Kulturzentrum, Husnes ORT: Sentrumsvegen BAUHERRSCHAFT: Kvinnherad kommune, Rosendal Husnes, und Rambøll Norge as, Fyllingsdalen BAUZEIT: 2012 / 13 FASSADENKONSTRUKTION: Kvinnherad Bygg AS, Seimfoss FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, REFLEX Black Velvet 9221 ARCHITEKTEN: LEADinc., In einer Gemeinde, die vor fünfzig Jahren im Umfeld einer Aluminiumfabrik entstand, hüllen die Architekten ein Haus in Swisspearl-Platten. Das lässt aufmerken. Die Platten des Kultur­­ zentrums werden zur bildnerischen Komposition. Rahel Hartmann Schweizer Der am Har­ dangerfjorden an der südwestlichen Atlantik­ küste gelegene Ort Husnes ist heute das kom­ merzielle und kulturelle Zentrum der Ge­ meinde Kvinnherad. Er machte bereits 2008 mit dem von Helén & Partner fertiggestellten Shoppingcenter von sich reden (siehe Swisspearl Architecture 12). Dass ihm nun erneut eine Plattform geboten wird, ist nicht nur metaphorisch gesprochen. Das Kulturzen­ trum ist mit zahlreichen «Brettern, die die Welt bedeuten», ausgestattet. Berufen haben sich die Architekten jedoch nicht auf Fried­ rich Schiller, sondern auf William Shakes­ peare, dessen berühmte Passage aus Wie es Euch gefällt sie in ihrem Projektbeschrieb zi­ tieren: «All the world’s a stage, and all the men and women merely players: They have their exits and their entrances; and one man in his time plays many parts […].» Wird die Welt als Bühne begriffen, so folgern die Ar­ chitekten, ist unsere gebaute Umwelt der Schauplatz kultureller Darstellung. Entspre­ chend realisierten sie ihre Idee, jeden Raum als Bühne menschlicher Darbietungen aus­ zugestalten. Inszenierung des Zugangs Schon von aussen fällt dieses inszenatori­ sche Moment auf. Der im Grundriss als auch im Aufriss geknickte Baukörper beschirmt mit dem überhängenden Volumen des Tanz­ studios die Eingangshalle, die zum Sehen und Gesehen werden einlädt. Das die Untersicht wellenförmig traversierende, polierte Stahl­ blech lädt sie atmosphärisch auf. Tagsüber spielen Reflexionen auf die Wasseroberfläche des nahen Sees, den Opsangervatnet, an. Nachts stecken LED-Leuchten, die in ein vermeintlich wahlloses Muster von Perfora­ tionen eingelassen sind, die geografischen Umrisse der Region ab. Indem sie die Erschliessung inszenieren, aussen mit einem roten Metallgewebe ver­ kleidet, innen sind die Treppenstufen in Rot getaucht, reihen sich die Architekten in eine Tradition, die der russische Architekt Bert­ hold Lubetkin einst in die schöne Formel kleidete: «Naturgemäss ist jede Treppe eine Art Maschine, um hinauf- und hinunterzu­ steigen, aber in ihrer besten Definition durch die schönen Künste ist sie eine Bühne, ein Tanz.» Musikalisches Gefüge Ursprünglich konzipierten die Architek­ ten die Hülle als einen Schleier, als eine ‹Alu­ minium-Lingerie›. Das hätte jedoch das Bud­ get gesprengt, weshalb die Wahl auf die naheliegende Alternative des in Sichtweite stehenden Einkaufszentrums fiel: Zement­ kompositplatten Nun treten Kultur und Kommerz insofern in einen Dialog, als die Farbpalette mit schwarzen Swisspearl-Platten nahtlos an die hell- und dunkelgrauen Tönungen der Shop­ pingmeile anschliesst. Je nach Lichtverhält­ nissen changiert die Fassade in einem Spek­ trum zwischen Grau und Rostbraun, verän­ dert sich die Prägnanz des Fugenbilds. Dieses haben die Architekten in eine Komposition aufgelöst, die an bildnerische Darstellungen musikalischer Fugenthemen erinnert, wie sie etwa von Richard Paul Lohse oder Heinrich Neugeboren bekannt sind. Analog sind sie mit den meisten Fensterfronten verfahren und haben so einen komplementären Aus­ druck erzielt, der sich im Hell-Dunkel-Kon­ trast, im Positiv-Negativ-Spiel von geschlos­ senen und verglasten Wandpartien sowie mit dem Bild der Fugen oder der Profile manifes­ tiert. Die innere Gliederung verwandelt den Ausblick auf den Fjord in ein Gemälde musi­ kalischen Gefüges – und signalisiert umge­ kehrt nach aussen die Funktion des Hauses. 36 2. Obergeschoss Alles Bühne: von der Eingangshalle zum FreiluftAmphitheater und über das Foyer zur Black Box des Konzert- und Theatersaals; über die aussenräumliche Gangway, die das Tanzstudio erschliesst, und die Binnentreppe bis zu den Schulräumen und den Büros. 3. Obergeschoss Scale: 1:500 1. Obergeschoss 1:500 SNO-25_Kulturzentrum_Husnes SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 AM WASSER 37 Das die Untersicht wellen­ förmig traversierende, polierte Stahlblech lädt die Eingangshalle atmosphärisch auf. Tagsüber bilden sich Reflexionen darauf, die auf die Wasser­oberfläche des Opsangervatnet-Sees an­spielen. Nachts bilden die in ein vermeintlich wahlloses Muster von Perforationen eingelassenen LED-Leuchten die Karte der Gegend ab. 38 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 KROATIEN EXTROVERTIERTER POOL Schwimmzentrum Vijuš, Slavonski Brod STANDORT: Ul. Stanka Vraza BAUHERRSCHAFT: Stadt Slavonski Brod ARCHITEKT: Sangrad d. o. o., Zagreb BAUZEIT: 2012 / 13 d. o. o., Zagreb FASSADENKONSTRUKTION: Imal-Plast d. o. o., Josipovac FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Anthrazit 7022 GENERALUNTERNEHMUNG: Strabag AM WASSER Das Architekturbüro Sangrad aus Zagreb erhielt den Auftrag, im Osten Kroatiens eine grosse Sportanlage zu errichten. Auf einem schmalen Grundstück zwischen Stadion und Fluss schufen die Architekten einen markanten Swimmingpool. Seine so funktionale wie zeitlose Form erinnert an öffentliche Bäder der Moderne und öffnet sich der natürlichen Umgebung. Mirko Beetschen Die Stadt Slavonski Brod trägt ihren Namen erst seit 80 Jahren, obwohl jüngere Entdeckungen darauf hinweisen, dass die Gegend bereits vor 8000 Jahren be­ völkert war. Bis 1934 hiess der Ort am Ufer der Sava in Ostkroatien Brod na Savi: ‹brod› bedeutet ‹Furt›, in modernem Kroatisch ‹Brücke›. Slavonski Brods weitherum be­ kannte Festung gehört zu den besterhaltenen in Europa und zeigt, dass die Stadt früher eine strategisch wichtige Stellung einnahm. Die Burg wurde im Barock während der Dop­ pelmonarchie Österreich-Ungarn errichtet, als Bollwerk gegen das Osmanische Reich auf der anderen Flussseite. Geschlossen auf der einen Seite … Das historisch wichtige Gebäude war für den Entwurf der Architekten eine zentrale 39 Referenz. Die Stadt hatte das Architekturbüro­ aus Zagreb damit beauftragt, auf einem drei­ eckigen Stück Land, das im Südwesten vom Fluss Sava und im Norden von einem Sport­ stadion begrenzt wird, ein neues Schwimm­ zentrum zu errichten. «Wir leiteten das ar­ chitektonische Konzept von dieser räumlich begrenzten Situation wie auch von der Nähe des Flusses ab», sagt Vedran Pedišić von San­ grad Architekten. Ihr Entwurf hat eine recht­ eckige Form, die entlang der Nordseite des Dreiecks platziert ist und zum Fluss hin viel unverbaute Fläche lässt. Gegen Norden zum Sportstadion hin zeigt sich das Schwimm­ zentrum fast geschlossen. «Hier präsentiert 40 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 «Mit dem Schwimmzentrum wollten wir eine Balance zwischen dem geforderten Raumprogramm und der natürlichen Umgebung – dem Fluss Sava – schaffen.» Vedran Pedišić, Architekt AM WASSER 41 Gegen Norden und Westen gibt sich das Gebäude geschlossen, während es sich mit seiner Glasfassade zum Freiluftbecken und zum Fluss vollständig öffnet. es sich in der Form einer Festung», erklärt der Architekt, «eine Referenz an das be­ rühmte Bauwerk der Stadt.» … offen zur anderen Auf der anderen Seite, Richtung Fluss, ­öffnet sich das Zentrum hingegen mit voll verglasten Fassaden und verbindet innen und aussen. «Wir wollten es gänzlich mit der Um­ gebung verschmelzen lassen», fügt Pedišić an. Im Innern befinden sich alle nötigen Dienstleistungen eines Schwimmzentrums, wobei Garderoben, Duschen und Saunas an der nördlichen Seite des Grundrisses ange­ ordnet sind. So konnten die Planer die effek­ tive Swimmingpool-Fläche zur anderen Seite ganz öffnen. «Die Schwimmbecken sind ex­ troveriert», um es mit den Worten des Archi­ tekten zu sagen. Durch die Glasfront genies­ sen die Schwimmenden einen freien Blick auf das Ufer und den Fluss. Die grossen Fenster, die ein elegantes Stahlrahmengitter teilt, er­ innern an Bauten der Moderne. Eine fein ge­ täfelte Holzdecke betont diese Assoziation. Der grosse Innenpool befindet sich im Erdge­ schoss. Eine grosszügig angelegte Tribüne dient als Verbindung zu den Kinderbecken im Obergeschoss. Für die Bekleidung der hybriden Kon­ struktion aus Stahl, Beton, Holz und Glas wählten die Architekten Swisspearl-Platten. «Wir haben das Material bereits bei vielen früheren Projekten eingesetzt und waren mit dem Resultat immer zufrieden», sagt Pedišić. «Das Schwimmzentrum sollte eine hinterlüf­ tete Fassade haben, und so waren SwisspearlPlatten die richtige Wahl für uns.» Nicht nur ihre technischen Qualitäten und ihre Kosten­ effizienz überzeugen; es zeigte sich, dass eine der gewählten Swisspearl-Farben (Anthrazit 7022) sogar der Farbe des Wappens der Stadt Slavonski Brod entspricht. 42 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 «Swisspearl-Platten waren nicht nur technisch und ökonomisch die beste Lösung, sie waren sogar in der Farbe des Stadtwappens erhältlich.» Vedran Pedišić, Architekt adeanstalt_SlavonskiBrod ction 2. Obergeschoss 1 2 3 4 5 1. Obergeschoss 1:1000 Vertikalschnitt 1:20 ® 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 1Swisspearl LARGO Platte 8 mm ventilation cavity 2 2Hinterlüftung moisture barrier 3 3 Feuchtigkeitssperre thermal insulation 4 4 Wärmedämmung concrete 5 5 Beton CRO-114_Badeanstalt_Slavonski-Brod Scale: 1:1000 CRO-114_Badeanstalt_Slavonski-Brod AM WASSER 43 44 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 PORTUGAL RAFFINIERTE WERFT Segelzentrum, Viana do Castelo STANDORT: Hafenareal BAUHERRSCHAFT: Gemeinde Viana do Castelo ARCHITEKT: Tiago Castro, Viana do Castelo Alves Ribeiro & Filhos, Esposende FASSADENBAU: Statuscontraste, Porto FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Rubin 7031 BAUZEIT: 2013 GENERALUNTERNEHMUNG: António Im Rahmen einer umfassenden Sanierung im Hafen von Viana do Castelo entstand auf einem unbenutzten Pier ein neues Gebäude für den renom­ mierten Segelklub der Stadt. In zwei separaten Volumen bietet das Zentrum Raum für Begegnungen und für das Training sowie Abstellplätze für die Boote. Mit Swisspearl-Platten in einem einheitlichen Rot bekleidet fügt es sich in die Nutzbauten des bestehen­den Hafengeländes ein. Patrick Zamariàn Im letzten Jahrzehnt ver­ schlechterte sich die wirtschaftliche Situa­ tion von Viana do Castelo, einst einer der wichtigsten Hafen im oberen Norden Portu­ gals, stetig. Zwar blieben eine Reihe der tra­ ditionellen Werften erhalten, doch verlor der Hafen seinen überaus wichtigen Anteil am transantlantischen Handel. Vor einigen Jah­ ren beschloss der Stadtrat, den Hafen als ‹Meereszentrum› neu zu erfinden und so die einmalige geografische und landschaftliche Charakteristik des Ortes zu nutzen. Das Zen­ trum besteht im Wesentlichen aus einer An­ sammlung von Bauten mit verschiedenen Wassersportanlagen. Im Kern des Umbaus stand die Idee, den altehrwürdigen Segelklub an einem neuen Ort anzusiedeln. Der Klub, der eine Segelschule betreibt und internatio­ nal bekannte Regatten organisiert, sollte von seinem engen und zerfallenen Areal weiter flussaufwärts an einen in die Flussmündung reichenden ehemaligen Pier im alten Hafen umziehen. Zwei differenzierte Volumen Die neue Anlage umfasst zwei einzelne Volumen, die durch einen verglasten Ein­ gangsbereich miteinander verbunden sind und sich L-förmig um einen grossen, gepflas­ terten Hof legen. Auf diesem Platz können die Segler ihre Boote manövrieren und abstel­ len, bevor sie sie über eine neu geschaffene Rampe wassern. Im längeren, Nord-Südgerichteten Gebäude, einem Stahlskelettbau, befinden sich die Sportanlagen. Eine Passe­ relle an der östlichen Ecke dieses ‹Hangars› definiert zwei Zonen unterschiedlicher Hö­ hen, in denen die verschieden grossen Schiffe Platz finden. Im nördlichsten Teil neben der Vorhalle befinden sich im Erdgeschoss die Diensträume und im zweiten Geschoss die Trainingsräume der Segelschule, von wo aus man die ganze Halle überblicken kann. Im kleineren Gebäude, das in einem rechten Winkel zum ‹Hangar› steht, befinden sich die Gesellschaftsräume des Klubs. Neben Garde­ roben steht im Erdgeschoss eine Reihe von Gruppenräumen für Segel-Events zur Verfü­ gung. Im oberen Geschoss befinden sich die Administration sowie eine kleine Küche, die man auch über eine Aussentreppe erreicht. Edle Zurückhaltung Die äusserst rauen Bedingungen an Por­ tugals Atlantikküste, denen das Zentrum aus­ gesetzt ist, stellten hohe Anforderungen an die Beschaffenheit der Hülle. Um das Raum­ klima zu regulieren und die Kosten der In­ standhaltung minimal zu halten, entschied sich der Architekt Tiago Castro für ein hin­ terlüftetes Fassadensystem, das in einheitlich rote Swisspearl-Platten gekleidet ist. Weisse Abflussrohre und Dachkanten umgrenzen die rote Fläche, während grau gerahmte Fensteröffnungen sie durchbrechen. Tore aus Holzlamellen sorgen für eine ständige Durch­ lüftung des Hangars, während eine Holzlat­ tenvorrichtung die vollverglasten, nach Süd­ westen ausgerichteten Räume des kleineren Volumens vor der Sonne schützt. Die Zurückhaltung des neuen Segelzen­ trums ist beeindruckend. Es widersteht der Versuchung, die Form eines Segelbootes oder das Dunkelblau des Meeres zu imitieren und so seine maritime Umgebung zu spiegeln. Vielmehr liess sich Castro von den Nutzbau­ ten der bestehen Werft inspirieren und kon­ zentrierte sich auf den sorgfältigen Umgang mit Proportion, Detail und Qualität des Fas­ sadenmaterials. Si AM WASSER 45 46 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 «Da der Hafen extremen klima­ tischen Bedingungen ausge­ setzt ist, entschieden wir uns für eine hinterlüftete Fassade, die vollständig mit SwisspearlPlatten bekleidet ist. Damit reduzieren sich auch die Unter­ haltskosten.» Tiago Castro, Architekt AM WASSER 47 N? 48 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 SIS-24_Segelcenter_ Viana-do-Castelo Vertical section Scale: 1: 20 2. Obergeschoss Pläne 1. Obergeschoss 1:1000 1 Mst: 1:2000 2 3 4 Die beiden Volumen sind L-förmig angeordnet. Eine Holzlattenvorrichtung schützt die Versammlungsräume im kleineren Gebäude vor der Sonne. Mst: 1:1000 5 Mst: 1:500 Mst: 1:200 6 7 3 8 9 10 Mst: 1:100 4_Segelcenter_Viana-do-Castelo SIS-24_Segelcenter_Viana-do-Castelo 1:1000 Scale: 1:1000 Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® LARGO panel 8 mm 1sub Swisspearl 2 ventilation cavity, vertical framing® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, vertikale Unterkonstruktion 3 thermal insulation 3 Wärmedämmung 4 bracket 4 Wandhalter 5 concrete 5 Beton 6 sheet metal roof 6 Metallblechdach 7 waterproofing 8 gypsum plaster board 7 Abdichtung 8 Gipskartonplatte 9 steel beam 9 Stahlträger 10 water gutter 10 Wasserrinne AM WASSER 49 50 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 DAS HAFENGEBIET ALS VORREITER EINER NACHHALTIGEN ZUKUNFT Essay von Kees Christiaanse In vielen maritimen Städten spielen Hafenareale eine zentrale Rolle, um attraktive Wohnviertel am Wasser zu entwickeln. Diese Stadtquartiere bieten oft den Nährboden für urbane Formen, die aus einem ungewöhnlichen Mix von Gebäuden, funktionalen Anlagen und öffentlichen Räumen entstehen. Man könnte sogar sagen, dass sich die zeitgemässe Idee von Urbanität in diesen Gegenden fortsetzt und mit neuer Bedeutung auflädt. Hafengebiete schwanken typologisch zwi­schen zwei Extremen: Einerseits sind da Orte, eigent­ liche Markenzeichen der Städte, an denen sich auf dichtem Raum Wohn- und Bürogebäude, Einkaufs- und Vergnügungsmöglichkeiten sowie ein gastronomisches Angebot ansiedeln; andererseits gibt es weiter entfernt vom Zentrum auch brachliegendes Land, auf dem sich interessante neue Formen der Koexistenz zwischen Wohnen und industrieller Produktion entwickeln. Kees Christiaanse ist Stadtplaner, Architekt, Gründungs­ partner von KCAP und Professor an der ETH Zürich. AM WASSER 51 52 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Bahia de Pasaia San Sebastian (Spanien), Planung 2009 – 2011 FredericiaC (Dänemark), Planung ab 2011 Olympic City Hamburg (Deutschland), Planung ab 2015 AM WASSER HafenCity Hamburg (Deutschland), Planung ab 2000 Baoan Water City Shenzhen (China), Planung 2014 HafenCity Hamburg (Deutschland), Planung ab 2000 Oostelijke Handelskade Amsterdam (Niederlande), Planung 2000 – 2009 53 54 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Wenn ich an die vielen Hafenstadt-Projekte zurück­ denke, an denen wir seit den frühen 1980er-Jahren gear­ beitet haben, zeigt sich, dass das Wiederbeleben früherer Hafenanlagen in europäischen Städten parallel mit dem derzeitigen fundamentalen wirtschaftlichen Wandel ein­ hergeht. Ich meine damit nicht den stetigen Wandel, der Häfen und Cargo-Terminals dazu bewegte, in grössere Anlagen näher zum Meer umzuziehen und die innerstäd­ tischen Häfen einer anderen Entwicklung zu überlassen. Vielmehr denke ich an die schnelle Atomisierung und Konzentration der Gesellschaft im Zuge der wirtschaft­ lichen Globalisierung, die zu einer Renaissance der Stadt und einer Nachfrage nach qualitativ guten, dichten Vier­ teln mit gemischter Nutzung, besten Verkehrsverbindun­ gen und Fussläufigkeit führten. Diese Renaissance der Stadt resultiert nicht aus der Ideologie nostalgischer Politiker oder Städteplaner, die sich der Verdichtung verschrie­ ben haben. Viel eher war es ein wirtschaftlicher Wandel, der die Haushalte atomisierte und zent­ ralisierte, neue Lifestyles hervor­ brachte, und damit verbunden neue Tagesroutinen, ein neues Verhältnis zwischen Produktion und Konsum. Dafür braucht es andere Räume, urbane Typolo­ gien und Leistungen, kurz eine andere Art von Stadt. Für diese neuen, breit gefächerten Haus­ halte braucht es mehr sichere und attraktive städtische Wohn­ räume, die auch nahe Arbeits­ plätze, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants bieten. Die meisten Produktionsstätten sind heute automati­ siert, sauber und auf die Kundenwünsche abgestimmt, weshalb sie in die Stadt zurückkehren. Technologiefir­ men, die zu globalen Giganten herangewachsen sind, ato­ misieren ihre Produktion und lagern bestimmte Teilpro­ duktionen und die Software an lokale Kreativbetriebe aus, was umgekehrt wiederum weitere Dienstleistungen nach sich zieht. Der E-Trade benötigt neue Formen der Güterverteilung und des Transports. Wegen ihres zentralen Standorts, der attraktiven öf­ fentlichen Räume am Wasser und weil sich Industriebau­ ten gut für andere Funktionen umnutzen lassen, eignen sich ehemalige Hafenareale besonders für diese aufkom­ mende urbane Kultur. Die spezifische Identität, die aus der Kombination dieser Charakteristiken wächst, macht die Hafenareale für verschiedene soziale Gruppen attrak­ tiv, stimuliert den Austausch und schmiedet in der Folge neue urbane Gemeinschaften. 35 Jahre Erfahrung im Entwickeln von Hafenarealen hat präzise und zielgerichtete Strategien des City-Bran­ dings, eine Baukultur, Investitionen und Programme her­ vorgebracht, um diese urbane Kultur zu erhalten. In den frühen 1980er-Jahren hatte man diese Entwicklung noch nicht vorhersehen können. Vergleicht man etwa die frühen Entwicklungen im Osthafen von Amsterdam (Oostelijke Havengebieden), deren Planung in den frühen 1980ern begann, mit der 15 Jahre später entwickelten HafenCity in Hamburg, wird der Unterschied der Ansätze offensichtlich. Im Amster­ damer Hafen wurde jeder Pier einzeln entwickelt und fast ausschliesslich mit Wohneinheiten versehen, aller­ dings – im Einklang mit der grossen niederländischen Wohnhaustradition – mit sehr experimentellen Typolo­ gien. Die Piers, die manchmal 2000 oder mehr Wohnun­ gen umfassen, wurden meist institutionellen Anlegern oder Wohngenossenschaften an­ geboten und verpachtet. Die Ha­ fenCity in Hamburg hingegen entstand im Rahmen eines über­ zeugenden städtebaulichen Ent­ wurfs mit Strassen, Quais und Hafenbecken, in denen einige Funktionen lokal dominieren, während auch gemischte Nut­ zungen, Ladenpassagen und ver­ schiedene Bautypologien vor­ handen sind. Statt Pier um Pier entwickelte man die HafenCity Block um Block oder Cluster um Cluster, die an verschiedene kommerzielle und institutionelle Parteien verkauft wurden. So konnte die HafenCity in Etappen wachsen und eine lebendige funktionelle und ar­ chitektonische Diversität entstehen. Einen entscheidenden Einfluss auf diesen Wandel üb­ ten die Hausbesetzer, die Kulturschaffenden und die Kre­ ativunternehmer aus, die die verlassenen Hafenanlagen Jahre vor den offiziellen Wiederbelebungsprojekten in Beschlag nahmen und der New Yorker Loft-Kultur der 1950er- und 1960er-Jahre nacheiferten. Bereits in den 1970er-Jahren, als die Schiffswerften die Docks verlies­ sen, liessen sie sich von den charakteristischen, grossen und günstigen Lagerhäusern inspirieren, darin Künstle­ rateliers und Musikstudios, Theater, Konzerthallen und alternative Wohnräume einzurichten. Sie bevölkerten und belebten die Quais mit einer ‹City als Loft›. Diese zuerst informellen Besetzungen, die auf politi­ schen Aushandlungen und einer Politik der Toleranz ba­ sierten, galten zunehmend als wertvolle Beiträge, um eine städtische Kultur aufzubauen; Gemeinden und kommer­ Wegen ihres zentralen Standorts, der attrak­­ti­ven öffentlichen Räume am Wasser und da sich Industriebauten gut umnutzen lassen, eignen sich ehemalige Hafen­areale besonders für eine urbane Kultur. AM WASSER zielle Investoren übernahmen deshalb diese Strategie. Gebäude wie beispielsweise die Tate Gallery in London und sogar die Elbphilharmonie in Hamburg, beides Um­ bauten, kann man als Exponenten einer ‹gezähmten Sub­ kultur› ansehen, die zu wichtigen Branding-Leuchttür­ men wurden. Entscheidender für die lokale urbane Kultur und das Entstehen von Gemeinschaft ist aber, dass solche Initia­ tiven und Basisbewegungen sowie die Entwicklung neuer Wohn- und Bürogebäude programmatisch koexistieren. Gemeinden reservieren bewusst bestimmte Gebiete und ältere Bauten mit tiefen Mieten für genau diese Aktivitä­ ten, und Entwickler integrieren sie in ihren Masterplan. Im Pakhuizen-Projekt an der Oostelijke Havenkade in Amsterdam überzeugten die Architekten und die Ge­ meinde den Investor, statt einer Enklave von exklusiven Wohnungen und Büros ein Programm für verschiedene Nutzungen zu realisieren, darun­ ter auch Künstlerateliers, sozia­ len Wohnungsbau und einen Ab­ leger von Jamie Olivers Restau­ rant ‹Fifteen›, in dem ehemalige Straftäter arbeiten. Da bedienen sie CEOs von internationalen Unternehmen beim Mittagessen und reintegrieren sich symbo­ lisch in die Gesellschaft. Diese Kombination von hoch besetzter Kultur und tiefen Kosten respek­ tive Subkultur und hohem Bud­ get wurde zum Markenzeichen des Projekts und stärkte den ho­ hen Wert der Immobilie. Dezentrale Hafenareal stehen weniger unter wirt­ schaftlichem Druck und machen zuweilen auch eine um­ gekehrte Entwicklung durch. In der NDSM-Werft in Amsterdam oder in Heijplaat in Rotterdam beleben Hochkultur-Programme mit kleinem Budget, Lehrbe­ triebe und Lofts im Eigenbau den Ort. Sehr zentrale Are­ ale hingegen, etwa die Oosterdoks Island in Amsterdam, die zur selben Zeit wie die HafenCity entstanden, werden zu eigentlichen Geschäftszentren und umfassen Biblio­ theken, Museen, Universitäten und Handelszentren. Zurzeit arbeiten wir am Masterplan der Hamburger Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024, die gegen­ über der HafenCity, am anderen Ufer der Elbe, stattfin­ den sollen; da, wo die Hafenarbeiten noch voll im Gang sind und die Industrie dominiert. Das Projekt beabsich­ tigt, die Spiele für eine nachhaltige urbane Erneuerung zu instrumentalisieren, wie dies in Barcelona, Vancouver und London zuvor geschah. Es ist insofern einzigartig, als es versucht, die industrielle Produktion in das städtische Viertel zu integrieren und damit Bedingungen zu schaf­ fen, welche die atomisierte und zentralisierte Wirtschaft, wie bereits beschrieben, verlangt. Quaimauern, natürli­ che Ufer und Brückenelemente werden ebenso erhalten wie alte Lagerhäuser, Eisenbahnschienen und Kopfstein­ pflaster; sie sollen die Identität und die Geschichte des Geländes stärken. Solche ganzheitlichen urbanen Quar­ tiere sind ein Zeichen gegen die üblichen monofunktio­ nalen Vorstädte und Büroviertel; damit verbunden ist das Versprechen für beispielhafte städtische Bedingungen. Seit den ersten Projekten sind immer mehr solche Ha­ fenareale in ganz Europa entstanden, von Kopenhagen, Oslo und Helsinki über Antwerpen bis nach Marseille, Barcelona und San Sebastian. Sie üben in diesen Städten einen beachtlichen Einfluss auf die Architektur und die Kultur des Städtebaus aus und damit auch darauf, wie an­ dere städtische Brachen revitalisiert werden. Seit den 1990er-Jahren und seit dem wirtschaftlichen Auf­ schwung in Asien wurde das eu­ ropäische Modell sowie kom­ merzielle US-Hafenanlagen, wie Baltimore oder Boston, zum Ex­ portschlager und zum Symbol des Städtemarketings. Das zeigen auch Projekte wie Pudong Island in Schanghai oder Marina Bay in Singapore, die Teil einer neuen Generation von ‹Grand Projets› sind, mit denen Städte riesige Umwälzungen vornehmen. Die meisten dieser Projekte werden allein von Investoren- und Be­ hördenseite her entwickelt und lassen einer aufblühen­ den facettenreichen, urbanen Kultur wenig Spielraum. Ein alternatives ‹Grand Projet› ist unser Vorschlag für das Baoan-Hafenareal in Shenzhen, ein 45 Kilometer lan­ ger Landstrich, auf dem ehemals Mangrovenwälder in ei­ nem Feuchtgebiet wuchsen. In den letzten zwanzig Jah­ ren entwickelte sich das Gebiet in eine trostlose Indust­ riebrache mit einer Autostrasse, die auf Pfeilern über dem Meer verläuft, und einem Flughafen entlang des Ufers. In diesem Projekt wollen wir die Wasserwirtschaft und die Regeneration der Natur, städtische Bauten und Verkehrs­ strukturen wieder miteinander verbinden. Das lässt sich schrittweise realisieren, als eine Art Therapie für den Schaden, den die industriellen Hafenanlagen der Umwelt in der Vergangenheit zufügten. Hafenprojekte üben in einigen europäischen Städten einen beacht­ lichen Einfluss auf die Architektur und die Kultur des Städtebaus aus und damit auch darauf, wie andere städtische Brachen revitali­siert werden. Literatur Martina Baum und Kees Christiaanse, City as Loft, Zürich 2012. Kees Christiaanse, «The Grand Projèt: Creating Urban Centralities in Distinct Contexts», in Harvard Design Magazine, no. 37, 2014, S. 118–123. 55 56 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 57 PRÄGUNG DIALOG DER OBERFLÄCHEN Vor mehr als einem Jahrzehnt hatten Vertreter verschiedener lokaler Glau­ bensgemeinschaften die Idee für dieses anspruchsvolle Projekt. Ihre Vision eines interreligiösen Raums führte zu einem Architekturwettbewerb, der 1999 im Rahmen von Europan 5 lan­ ciert wurde und den Madir Shah von Urban Office in Amsterdam gewann. Damit begann eine Realisierung, die 15 Jahre dauern würde. Anna Roos Unter einem Dach einen Ort schaffen mit Sakralräumen für Gläubige der fünf Weltreligionen – Christentum, Islam, Hinduismus, Bahaismus und Buddhismus –­ war die Kernidee des Projekts. Es sollte ein einzigartiger Andachtsort sein, an dem sich Menschen unterschiedlicher Kultu­ren, Nationalitäten und Religionsgemein­ schaften treffen können. 15 Jahre später öffnete das 25 800 Quadratmeter grosse Ge­ bäude mit gemischter Nutzung endlich seine Türen. Auf einem ehemals vernachläs­ sigten, zwischen Autobahn und Zuglinie einge­keilten Grundstück im Westen von Bern ist es als Tor zur Stadt konzipiert. Das Wahrzeichen am Bahnhof auf dem Europa­ platz symbolisiert das Zusammentreffen der Innenstadt und seiner Peripherie, in der ein grosser Teil der Bevölkerung nichtschweizerische Wurzeln hat. Vertreter die­ ser Gemeinschaften schlossen sich zusam­ men, um mit vereinten Kräften den 15 Jahre dauernden Bauprozess des Hauses der Reli­ gionen voranzutreiben. Nur ihrer Hartnä­ ckigkeit und Ausdauer ist es zu verdanken, dass die ehrgeizige Vision realisiert werden konnte: fünf Religionen, ein Gebäude. Das allein ist eine grossartige Leistung. Wenn auch nur ein einziges Bauwerk dasteht, so hält das Gebäude doch nicht nur sakrale Räume bereit. Vielmehr sind auch Räume für unterschiedlichste Nutzun­ gen darin untergebracht: Wohn- und Arbeitsräume, Gewerbeflächen und Restau­ rants. Das Haus der Religionen bildet jedoch das Herz des Entwurfs. Ihm haben die Architekten mit einer zwei Geschosse hohen, verglasten Fassade, die sich vor das mehrstöckige Hauptvolumen schiebt, eine ge­sonderte Identität zugeschrieben. Als hauptsächliches Bekleidungsmaterial dienen dunkelgraue Swisspearl-Platten mit zwei unterschiedlichen Oberflächen­ prägungen – eine gute Wahl, da sie neu­tral und zurückhaltend sind und so dem spiegelnden, verglasten Gebäudeteil mit den sakralen Räumen den prominenteren Auftritt überlassen. Die höchst flexibel ein­ setzbaren Zementkompositplatten boten den Architekten zudem die Freiheit, unter­ schiedliche Fensteröffnungen einzupla­nen und so die übereinandergestapelten Funktionen aufzuzeigen. Im ‹Kopf› des Gebäudes dominiert ein Raster aus langen horizontalen Öffnungen, derweil sich im Hauptkörper quadratische und vertikale Fenster abwechseln, alle mit auffallenden, hellen Metallrahmen. Der abwechslungs­ reiche Ausdruck der Fassade verweist auf die unterschiedlichen Funktionen im In­ nern des Gebäudes. Jeder der fünf sakralen Räume hat seine eigene Innengestaltung, worin sich das re­ligiöse Ritual seines Glaubens spiegelt. Der Farbenreichtum des hinduistischen Tempels mit all seinen Göttern kontrastiert mit dem ruhigen Weiss im Innern der christlichen Kapelle von Architekt Patrick Thurston, während ein riesiger Kronleuch­ ter den zwei Geschosse hohen Raum der ­islamischen Moschee schmückt. All diese Räume führen zur zentralen Gemein­ schaftszone, die dem Dialog zwischen den Gruppierungen dient. Auch ein Informa­ tions­­zentrum, ein Buch­laden, ein Souvenir­ shop, Büros der Adminis­tration und Be­ triebsräume befinden sich da. Weit mehr als ein Jahrzehnt lang arbei­ teten Urban Office mit Bauart Architekten und ihren Auftraggebern zusammen, um das Projekt zu verwirklichen – und dabei ungezählte Hindernisse zu überwinden. Das Haus der Religionen ist der konkrete Beweis dafür, dass religiöse Gemeinschaften unterschiedlichen Glaubens friedlich zusammenarbeiten können, um ein gemein­ sames Ziel zu erreichen. Mag es uns allen als Zeichen der Hoffnung leuchten! Haus der Religionen, Bern, Schweiz Standort Europaplatz Bauherrschaft Verein «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» Architekten Bauart Architekten und Planer AG, Bern, und Urban Office, Amsterdam Bauzeit 2012–2014 Generalunternehmung Halter AG, Bern Fassadenbau Ediltecnica AG, Urtenen- Schönbühl Fassadenmaterial Swisspearl® LARGO, NOBILIS Schwarz N 012 (mit Textil­ prägung) 58 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 «Der Ausgangspunkt der Planung war das unregelmässige Anordnen der Fassaden­ platten. Basierend darauf entstanden die Fensteröffnungen und die Fensterrahmen. Die Planung entwickelte sich also von aussen nach innen.» Stefan Kesselring, Ediltecnica 7. Obergeschoss CH_Haus-der-Religionen_Bern Vertical section Scale: 1:20 4. Obergeschoss 3. Obergeschoss 1 2 3 4 5 6 2. Obergeschoss Vertikalschnitt 1:20 1. Obergeschoss 1:2000 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, vertikales Aluminiumprofil Swisspearl®Aluminium LARGO Platte 8 mm 31 Winkelprofil Hinterlüftung, vertikales Aluminiumprofil 42Wärmedämmung, Mineralwolle Winkelprofil Aluminium 53vorfabrizierter Beton Wärmedämmung, Mineralwolle 64horizontales Aluminiumblech 5 vorfabrizierter Beton 6 horizontales Aluminiumblech CH_Haus-der-R Scale: 1:? 59 Ein mit grazilen Ornamenten versehener Glaskörper markiert den Eingang ins Haus der Religionen. Darüber und über den kommerziell genutzten Etagen türmen sich sieben Wohngeschosse in die Höhe. Für dieses Objekt wurden spezielle Swisspearl-Platten gefertigt. Die Einprägung einer natürlichen, grob gewobenen Textilstruktur in den mineralischen Werkstoff verleiht den Platten eine einzigartige Authentizität und Tiefe. 60 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 61 FRÄSUNG 120 PLATTEN FÜR EINEN ADLER In erstaunlich kurzer Zeit ist dieser weit ausgreifende Campus entworfen worden. Nach einem Tornado in einer Gemeinde von Missouri galt es, der akuten Not an Schulräumen zu begegnen. Swisspearl bot die Lösung für einen Teil der äusseren Bekleidung wie für die charakteristische Wand in der Sporthalle, auf der das Schul­ emblem in einer zweilagigen Platten­ beschichtung eingraviert ist. Patrick Zamariàn Der Tornado, der Joplin, Missouri, am 22. Mai 2011 verwüstete, for­ derte 161 Menschenleben und zerstörte fast 7000 Häuser wie auch 10 der 20 Distrikt­ schulen, darunter die einzige öffentliche High School. Angesichts der Notlage hatten die DLR-Group und ihre Partner, CGA Architekten, nur acht Monate Zeit, um eine komplexe neue High School und einen technischen Campus zu entwerfen und zu planen. Termingerecht erfolgte der Spa­ tenstich des 110-Millionen-Dollar-Projekts am ersten Jahrestag der Katastrophe. Die Arbeiten begannen, während die Architek­ ten noch die Pläne fertigstellten, und im September 2014 kam US-Vizepräsident Joe Biden nach Joplin, um zu Beginn des akademischen Jahres den Campus zu eröff­ nen, der mit 45 000 Quadratmetern Fläche 3000 Studenten Platz bietet. In der modernen Anlage bietet ein neu­ artiger Studienablauf den Studierenden eine Wahl aus fünf Studienrichtungen. Statt ähnliche Funktionen an einem Ort zusam­ menzulegen, organisierten sie die Architek­ ten in vier parallelen Gebäuderiegeln, die sie mit thematischen Innenhöfen und Unterrichtsräumen im Freien voneinan­der trennten. Während ihrer vier Schuljahre ‹wandern› die Studenten von einer der kleinen Lerngemeinschaften des dezentra­ lisierten Grundstudiums auf dem auskra­ genden obersten Geschoss eines jeden Ge­ bäuderiegels über die spezialisierten Studiengänge auf der mittleren Etage zu den grossen Labors im Erdgeschoss. Man betritt das Gebäude von Osten via Ge­ meinschaftsräume: eine zweigeschossige Erschliessung, die auch Begegnungszone ist. Von da führen verglaste Gehwege zu den Klassenzimmern und zur mit maximal 2500 Plätzen grössten der drei Sport­hallen in einem separaten Gebäude in der Mitte des Campus. Das Zentrum der darstellen­ den Künste und das Franklin Technology Center, das auch öffentlich zugänglich ist, ergänzen den Klassenzimmer-Flügel an je einem Ende. Die Architekten haben viele pflege­ leichte Materialien kombiniert, etwa schwarze, gerippte Metallplatten, silberne Metallplatten und Betonmauerstein, um der Gebäudehülle Struktur, Tiefe und Mus­ terung zu geben. Grosse Gebäudeteile sind mit Swisspearl-Platten in zwei verschie­ denen Rottönen bekleidet, die das grosse Gebäudeformat optisch redimensionieren und der Fassade zugleich ein verspieltes Element verleihen. Auch für die charakteristische 340 Quadratmeter messende Wand in der Sport­ halle haben die Architekten SwisspearlPlatten verwendet. Die Fläche zeigt das Em­ blem der Schule, einen abstrahierten weissen Adler auf rotem Grund, erleuchtet von einer Reihe nordwärts gerichteter Lampen. Die Architekten wollten das Bild auf den Platten eingravieren – ein unge­ wöhnliches Ansinnen, das Swisspearl löste, indem das Unternehmen eine CaratCrystal-Platte als Basis definierte und darüber eine zweite Platte in einer eigens dafür angefertigten Farbe legte. SwisspearlIngenieure und externe Fachleute arbeite­ ten zusammen, um die 120 Einheiten ge­ mäss den verlangten Vorgaben zu beschich­ ten, sie anschliessend einzugravieren und auf die passende Grösse zuzuschnei­ den. Bis anhin eignet sich diese interessante neue Technik nur für Innenräume, doch Swisspearl führt derzeit Tests durch, um sie auch für Aussenfassaden anbieten zu können. Joplin High School / Franklin Technology Center, Joplin ( MO ), USA Standort 2104 Indiana Avenue ( JHS ) und 2200 Indiana Avenue ( FTC ) Bauherrschaft Joplin School District Architekten DLR Group, Overland Park ( KS ), und CGA Architects, Joplin ( MO ) Bauzeit 2013–2015 Generalunternehmung Universal Construction, Lenexa ( KS ) Fassadenbau PCG, Grandview ( MO ) Fassadenmaterial Swisspearl® LARGO, CARAT Rubin 7031, 7032, 7031 HR, 7032 HR und PLANEA Farbe auf Kundenwunsch NR152-14-AS1 auf Crystal-Basis 62 SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 2. Obergeschoss High-School_Joplin Vertical section Scale: 1:20 1. Obergeschoss 1:3000 8 9 5 1 3 4 Die charakteristische Wand in der Arena besteht aus 120 weissen Platten, die zusätzlich in einen Rotton gehüllt wurden. Hundert dieser Platten wurden einzeln graviert und bilden zusammen das Emblem der Schule: einen abstrakten Adler. 10 11 5 5 6 4 7 2 Vertikalschnitt 1:20 ® 1 Swisspearl LARGO 1 Swisspearl® LARGO panelPlatte 8 mm8 mm ® 2 Swisspearl LARGO 8 mm, ornamentiert 2 Swisspearl® LARGO panelPlatte 8 mm, engraved 3 Hinterlüftung, vertikale 3 ventilation cavity, vertical subUnterkonstruktion framing 4 horizontale Unterkonstruktion 4 horizontal sub framing 5 Wärmedämmung 5 thermal insulation 6 Sperrholzplatte 6 plywood board 7 vertikale Unterkonstruktion 7 vertical sub framing 8 Abdichtung 8 waterproofing 9 Bauplatte 9 building board 10 Trapezblech 10 corrugated metal decking 11 Stahlkonstruktion 11 structural steel 63 64 Herausgeber Eternit (Schweiz) AG CH-8867 Niederurnen Telefon +41 (0)55 617 11 11 [email protected] www.swisspearl.ch Swisspearl Architecture ist die inter­national vertriebene Zeit­ schrift der Eternit (Schweiz) AG und stellt deren Zementkom­ positprodukte in den Kontext der aktuellen Architektur. Redaktionsbeirat Michèle Rüegg Hormes, Bereichsleiterin Kommunikation, Dept. ­Architektur, ETH Zürich Martin Tschanz, Dozent ZHAW Redaktionskommission SWISSPEARL ARCHITECTURE #23 Autoren Mirko Beetschen ist freier Journa­ list in Zürich und im Berner Oberland. Als Partner der Bergdorf AG gibt er Bücher zu Wohnund Architekturthemen heraus. Im September 2014 ist sein erster Roman Schattenbruder erschienen. Kees Christiaanse, geboren 1953 in Amsterdam, studierte Architektur und Stadtplanung an der TU Delft. Neben seiner Tätigkeit als Architekt konzentriert er sich auf Aufgaben in komplexen, städtebaulichen Situa­ tionen und auf die Leitung von ur­ banen Prozessen. Von 1996 bis 2003 war er Professor an der TU Berlin, seit 2003 an der ETH Zürich. Sabine von Fischer ist Architektin und Autorin und lebt in Zürich. Sie hat an der ETH Zürich promoviert, publiziert im Bereich Architektur und unterrichtet an verschiedenen Hochschulen. Michael Hanak Janine Löpfe Marco Pappi Jürg Schönenberger Daniel Steinmann Robert Wirichs Michael Hanak ist Kunst- und Architekturhistoriker in Zürich. Er widmet sich gerne der jüngs­ten Architekturgeschichte. Zudem publiziert er über zeitge­nössische Architektur. Redaktion Rahel Hartmann Schweizer ist Kunst- und Architekturhistorikerin in Bern und Zürich. Nach Tätigkeit als Fachredaktorin und einer Dis­ sertation über den Architekten Otto Kolb schreibt sie über die Inter­ disziplinarität zwischen Architek­ tur, Kunst und Ingenieurwesen. Michael Hanak, Zürich Lektorat Marion Elmer, Zürich Übersetzung Marion Elmer / Nina Toepfer, Zürich Gestaltung Bernet & Schönenberger, Zürich Plangrafik Deck 4 GmbH, Zürich Druck Galledia AG, Flawil Auflage 20 000 Schriften Brown Pro, Mercury Text Deutsche Ausgabe ISSN 2297–1629 Anna Roos ist Architektin in Bern. Sie schreibt über aktuelle Architek­ turgeschehnisse und arbeitet auch als Übersetzerin und Lektorin. ­Zurzeit verfasst sie ihr erstes Buch für DAAB Publishers. Patrick Zamariàn arbeitet als ­frei­schaffender Autor und Übersetzer. Zurzeit schreibt er seine Doktorarbeit über britische Nachkriegs­architektur an der University of Liverpool. Fotos U1: James Dow, Edmonton U2: Camille Zakharia, Manama U3: Rouven Hauri, Niederurnen U4: Rune Backs, Kopenhagen S. 2: Kurt Hutton (Picture Post / Hulton Archive / Getty Images) S. 3: Pino Brioschi, Bellinzona S. 4 oben: Baugeschichtliches ­Archiv der Stadt Zürich S. 4 unten: Archiv für Baukunst, Innsbruck S. 5 oben: Kantonale Denkmalpflege des Kantons Zürich, Dübendorf S. 5 unten, S. 24–27, S. 56–59: Jürg Zimmermann, Zürich S. 7–11: Bent Raanes Sørensen, Tromsø S. 12–19: James Dow, Edmonton S. 20–23: Jacob Hogan / Ambition Photography, Geelong S. 28–33: Ralph Bensberg, Kerns S. 33 oben: Roger Frei, Zürich S. 34, 37: Rizah Konjic, Fornebu S. 36: LEADinc., Husnes S. 38–43: Sandro Lendler, Zagreb S. 44–49: José Campos, Porto S. 51, S. 52 oben und unten links, S. 53 oben links: KCAP, Rotterdam / Zürich / Schanghai S. 52 unten rechts: KCAP, Arup, Vogt, Kunst + Herbert, GMP, WES, Drees & Sommer S. 53 oben rechts: Elbe & Flut / HafenCity Hamburg GmbH S. 53 unten: Paulien Borst S. 60–63: Alistair Tutton, Kansas City Rechtliche Hinweise Alle Texte, Bilder und Grafiken in dieser Publikation werden durch das Copyright und das Urheber­ recht geschützt. Die Rechte an den Texten liegen bei den Autoren. Kein Teil dieses Werks darf in irgend­ einer Form vervielfältigt, verbreitet, weiterverarbeitet oder Dritten für kommerzielle Zwecke zur Verfü­ gung gestellt werden. Zudem befin­ den sich auf einigen Seiten Werke, deren Copyright Dritte besitzen. Die Inhalte dieser Publikation wur­ den mit grösster Sorgfalt zusam­ mengestellt und geprüft. Trotzdem übernimmt der Herausgeber keine Garantie für die Fehlerfreiheit oder die Richtigkeit aller Angaben. Die Pläne stellten die Architekten freundlicherweise zur Verfügung. Die Detailpläne wurden zur besse­ ren Lesbarkeit überarbeitet; für de­ ren Richtigkeit kann die Redaktion keinerlei Garantie übernehmen. Abgesehen von CARAT Onyx und ­Bernstein werden alle ­Swiss­pearl® LARGO Platten ausschliess­lich in der ­Schweiz hergestellt. KNOW-HOW Wasser ist das Elixier, das Leben erst möglich macht. Es ist nicht nur notwendig für Menschen, Tiere und Pflanzen, sondern auch für die Herstellung der Zement­ kompositprodukte: Die Mischung zur Plattenherstellung enthält am Anfang des Prozesses nämlich bis zu 72 Prozent des blauen Golds. Das für die Produktion eingesetzte Wasser kommt dank des nahezu geschlossenen Wasserkreislaufes direkt aus der Kläranlage: Wir sind Wiederverwender. Einzig das in der Platte eingebundene Wasser wird mit Hilfe zweier Grundwasserstationen aus dem Rautibach ergänzt. Rund 350 Kubikmeter Wasser, dies ent­spricht etwa 1750 Badewannen, durchlaufen während einer Produktionsstunde den Prozesskreislauf. Wird die Mischung auf die Plattenmaschine gepumpt und zu einer ersten Platte gepresst, beträgt der Wassergehalt nur noch zirka 18 Prozent. Und nach einer dreiwöchigen Abbindezeit erreichen die Zementkompositplatten einen Restwassergehalt von 8 bis 9 Prozent. Das Wasser geht aber nicht verloren, sondern wird in der Platte che­ misch gebunden. Das fertige, beschichtete SwisspearlProdukt hat schliesslich einen Wassergehalt von zirka 5 Prozent und entspricht der Ausgleichsfeuchte im europäischem Klima. Sie wird benötigt, damit es keinen ‹Schwind›-Prozesse an der Fassade gibt. In Form von Regen, Schnee oder Luftfeuchtigkeit ist die Fassade stets dem Wasser ausgesetzt. Sie nimmt je nach Witterung geringfügig Feuchtigkeit auf oder gibt sie wieder ab – ein Bauelement, das mit seiner Umgebung harmoniert. Wasser begleitet uns im Produktionsprozess täglich. Aus den Glarner Alpen fliesst es als Bach durch unser Produktionswerk in Niederurnen und über den ‹Rauti­ brunnen› in die Produktion. Danach reinigt die Klär­ anlage das Wasser mehrstufig, bevor es erneut in der Produktion eingesetzt wird. Der geringfügige Wasser­ überschuss wird in den Bachlauf zurückgeleitet, wofür strenge gesetzliche Auflagen bestehen. Auf dem Bach schwimmen Enten, er bringt Ruhe und Gemächlichkeit in den lauten Produktionsbetrieb. Und wenn wir uns am Mittag im Personalrestaurant direkt am Bach eine Pause gönnen, wird klar: Wasser ist Swisspearls Elixier. Kennwerte 72 % Wasser wird für den Herstellungsprozess von Zementkomposit benötigt. 350 m3 Wasser pro Stunde sind im Prozesskreislauf. 5 % Restwassergehalt verbleiben zirka im Baustoff Zementkomposit. Marco Ziethen, Leiter Primärproduktion Eternit (Schweiz) AG Der «Rauti» genannte Bach fliesst mitten durch das Firmenareal in Niederurnen. Hausboot ‹Solo› in Nykøbing, Dänemark, 2006 / 07, Waterliving A / S, Kopenhagen. AM WASSER Diese Ausgabe von Swisspearl Architecture zeigt anhand einiger Beispiele, wie mit Zementkomposit am Wasser gebaut wird. Die Architekturhistorikerin Rahel Hartmann Schweizer berichtet, wie sich das Bauen am Wasser im Laufe der Geschichte verändert hat. Und der Architekt und Städteplaner Kees Christiaanse bespricht vor dem Hintergrund seiner eigenen Planungen die Umwandlung und Entwicklung von Hafenstädten.