Heft 129, Januar 2017 VORARLBERGER LANDESMUSEUMSVEREIN Karst- und höhlenkundlicher A u s s c h u s s - Mitglied des Verbandes österr. Höhlenforscher N EUIGKEITEN AUS K ARST UND H ÖHLEN Unser Titelbild Der Endsiphon in der Mäanderhöhle im WeißplattenhöhlenSystem (2114/93) in der Tiefe von -502 m Foto: Christian Fritz Inhalt: Tätigkeitsbericht für 2016 .. 2 Über Karst und Höhlen an der Weißen Fluh im Firstgebiet hinter Dornbirn ......... 6 Höhlenfahrt nach Italien und Slowenien ............................ 10 Seite 2 Heft 129, Januar 2017 Tätigkeitsbericht des Karst- und Höhlenkundlichen Ausschusses für 2016 Unsere Forschungstätigkeiten fanden im Jahr 2016 durchgehend von Februar bis Dezember statt, wobei jahreszeitlich bedingt die im Hochgebirge gelegenen Ziele erst wieder Anfang Sommer aufgesucht werden konnten. Aber auch hier gab es eine Ausnahme in Form der Gelbeckhöhle (2113/115). Details zu mehreren der angeführten Forschungs- und anderen Fahrten können auf unserer Homepage (www.karst.at) nachgelesen werden. Da Forschungen in einigen Höhlen sich über mehrere Monate verteilten, soll die Gliederung der ganzen Tätigkeiten diesmal nicht chronologisch, sondern mehrheitlich gebietsweise erfolgen. Gebiete in denen geforscht wurde verteilen sich auf den Großteil Vorarlbergs. Aufgelistet sind hier das Rheintal, der Bregenzerwald, der Rätikon, sowie das Große Walsertal. Rheintal: Die höhlenkundlichen Tätigkeiten begannen mit einer Neuforschung in der Eschenkluft (1111/44), auch Erdkluft genannt. Diese tektonische Höhle ist seit April 1987 im Kataster und hatte eine bekannte Gesamtlänge von 48 m bei einer Höhendifferenz von 28 m. Im Zuge mehrerer Forschungstouren erreichte die Höhle nun eine Gesamtlänge von 195 m. Die Höhendifferenz wurde auf 26 m korrigiert. Vermessung in der Eschenkluft Foto: Markus Reis Zwei Bilder aus der Eschenkluft Fotos: Markus Reis Eine weitere Tour führte in die Stiegwaldhöhle 2 (1111/ 103), um deren Innenleben zu erforschen, da bis heute nur der Eingang bekannt war. Allerdings verhinderte hoher Wasserstand im Eingangsbereich vorerst ein weiteres Eindringen. Die Erforschung und Vermessung dieser zeitweise aktiven Kleinhöhle sollte erst im Dezember erfolgen. Allerdings sind die Gänge nur schlanken Forschern zugänglich und auch solche mussten bald kapitulieren. So konnten nur 17 m Ganglänge vermessen werden. Höhe -2 m, +3 m. Im Bruderloch (1111/14) wurde nach Fortsetzungen gesucht, die für eine weitere Erforschung aber noch freigeräumt werden müssen. Oberhalb von Götzis liegt die Heft 129, Januar 2017 Parzelle Spalla. Hier wird das Tal südseitig teilweise durch höhere Felswände begrenzt. Eine Abseilaktion zu einem Höhlenportal in einer Felswand beim Schreigerbach (Vogelwasserfall) war leider nicht erfolgreich da sich die "Höhle" als nicht katasterwürdig erwies. Im Tal der Bregenzerache wurden die unweit von der Gemeinde Buch gelegenen Objekte, die Halbhöhle Jungfrauenkratte (1111/102) und die daneben liegende Klufthöhle, die Jungfrauenhöhle (1111/104) vermessen. Im weiteren Umfeld des Pfändergipfels oberhalb von Bregenz befinden sich zahlreiche Halbhöhlen. Diese befinden sich hauptsächlich im Bereich der Bachläufe. Hier wurden die Franzosenlochbalme (1121/20), die Tobelbachbalme (1121/15) und die Eplisgehrbachbalme (1121/16) aufgesucht, die genaue Lage festgehalten und fotografisch dokumentiert. An Neuzugängen gibt es hier die Ledenbachhöhle (1121/21) und die Rickenbachhöhle (1121/22). Beide sind Kleinhöhlen im Konglomerat des Pfänderstocks. Weitere Ziele im Rheintal bzw. in dessen Umgebung waren der Haldenköpfleschacht (1111/57) und Höhlensuche im Bereich des "Hohen Knopf", einem unscheinbaren Berggipfel im Tal der Ebniter Ache. Bregenzerwald: Im Bregenzerwald wurde eine neue Kleinhöhle, die Schrofenweghöhle (1125/11) erkundet und vermessen. Länge 12 m, Höhe 4 m. Anschließend wurde noch das Bärenloch (1128/21) Seite 3 Links die Schrofenwandhöhle und rechts das Bärenloch Fotos: Markus Reis erkundet und vermessen. Von dieser Halbhöhle war bis dahin nur die Lage bekannt. Die Länge des Bärenlochs beträgt 25 m und weist eine Höhe von 12 m auf. Nachdem ein Tauchversuch in der Brühlhöhle (1125/1) dungstauchgang durch den 1. Siphon gemacht. Ein Abstecher führte danach noch zum Dachsloch (1128/35). Im weiteren Umfeld der Alpe Rothenbach wurde die Schlurhöhle 1 (1114/53) vermessen, nach der Bachhöhle (1114/23) Tauchgang in der Kitzlochtobelhöhle Foto: Alex Klampfer wegen Hochwasser verschoben werden musste, ging die Reise zur Kitzlochtobelhöhle (1114/ 13). Hier wurde ein Erkun- und nach dem Hofstättenloch (1114/49) gesucht und das Mondmilchloch (1114/19) befahren. An den Abhängen des Seite 4 Sevischrofens wurde die Sevischrofen-Spalte (1126/16) entdeckt. Großes Walsertal: Ziel einer weiteren Tour war im Sommer das Große Walsertal. Recht abgelegen befindet sich hier das Karstgebiet des Diesner- und Gadner Gschröfs. Die größte bekannte Höhle in diesem Gebiet ist das Wilde Loch (1212/2). Diesmal war jedoch das Ziel ein schon lange bekannter Schachteingang, der Schacht im Diesner Gschröf (1212/15). Die Erforschung die- Heft 129, Januar 2017 ser Schachthöhle endete leider bereits in einer Tiefe von 24 m, Ganglänge 28 m. Ein weiteres Fragezeichen war damit erledigt. Im Zuge von insgesamt 2 Touren in dieses Gebiet wurden auch 2 weitere Kleinhöhlen in den Kataster aufgenommen. Bärenbachhöhle 1 (1212/12) mit 6 m Länge und, Bärenbachhöhle 2 (1212/16) mit ebenfalls 6 m Länge. Eine Geländebegehung des Diesner Gschröfs brachte hier leider keine weiteren Erfolge. Erforschung des Schachts im Diesner Gschröf Fotos: Paul Schmidinger Rätikon: Eine aufwendigere Forschungsfahrt führte im April in die Gelbeckhöhle (2113/115). Schon der Zustieg erwies sich bei den spätwinterlichen Schneeverhältnissen als sehr schwierig. Die Gesamtlänge beträgt nun nach dieser Weiterforschung 689 m bei einer unveränderten Gesamthöhendifferenz von 180 m. Im Rätikon wurden im Umfeld der Sulzfluh wiederum mehrere Kleinhöhlen, -schächte entdeckt und erforscht. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Objekte: SF-Bänkschacht (2113/129) Länge 5 m, Höhe 3 m, KSF-Schacht 1 (2113/130) Länge 7 m, Höhe -5 m, SFBänkschacht 2 (2113/131) Länge 6 m, Höhe -3 m. SF-Bänkschacht 3 (2113/74) Länge 8 m, Tiefe -7 m. In diesem Gebiet liegt auch die Strebebogenkluft (2113/ 122). In diese Höhle führten mehrere Forschungs- und Vermessungstouren, sodass diese zum Jahresende hin nun das Format einer Großhöhle mit 585 m Ganglänge bei 72 m Höhendifferenz erreicht hat. Die bereits traditionelle Forschungswoche im Gebiet der Sulzfluh und Weißplatte mit Stützpunkt Tilisunahütte wurde von 13 Teilnehmern genutzt, um ausgiebig zu forschen. Es gab zwar keine spektakulären Neuentdeckungen aber einen Zuwachs an vielen Klein- und einigen Mittelhöhlen. In der Katastergruppe 2113 kamen 26 Objekte und in der Gruppe 2114 insgesamt 11 Höhlen hinzu. In der Unteren Seehöhle (2113/14) wurden 400 m Ganglänge als Neuland vermessen. Dadurch Seite 5 Heft 129, Januar 2017 Tauchen im Siphon im Biwakgang in der Mäanderhöhle Fotos: Alex Klampfer wurde bei dieser Höhle die kmGrenze überschritten. In der Mäanderhöhle (2114/15), als Teil des Weißplattenhöhlensystems (2114/93), wurden die "Nassen Schächte", diese führen zum Endsiphon auf -502 m, neu vermessen, im Biwakgang weitergeforscht und verschiedene Reststrecken aufgearbeitet. Im Siphon im Biwakgang wurde erfolgreich getaucht, ebenso in der bereits oben erwähnten Unteren Seehöhle. Weitere Erkundungen betra- fen die Drusentorhöhle (2113/ 23), und die Rachenweghöhle 1 (2113/26). Unweit von Gargellen wurde eine weitere Kleinhöhle, das Röbitobelfenster (2114/82) aufgesucht. Am westlichen Ende des Rätikons, am Fuß des Gipfelaufbaus von den "Drei Schwestern" wurde im Herbst die lang gesuchte Dreischwesternhöhle (2111/1) aufgefunden. Neben den oben angeführten Forschungstätigkeiten gab es noch zahlreiche Befahrungen und Führungsfahrten in bekannte Höhlen. Zahlreiche Führungen hatten unsere inoffizielle "Schauhöhle", das Schneckenloch (1126/1), als Ziel. Mehrfach besucht wurde die Große Freschenhöhle (1111/7), und die Baschghöhle (1112/1), eine aktive Wasserhöhle, wurde ebenfalls befahren. Als Vorbereitung zur Matura wurden im Fach Biologie zwei vorwissenschaftliche Arbeiten betreut. Einmal handelt es sich um Mikroorganismen in Vermikulationen und Bergmilch der Großen Freschenhöhle. Die zweite Arbeit befasste sich mit Untersuchungen zur Wirbellosenfauna und zum Höhlenklima im Wilden Loch (1212/2) und in der Trübbachhöhle (1211/4). Einige touristische Befahrungen führten in verschiedene Höhlen im Ausland. Da war einmal unser Vereinsausflug in die Grotta di Calgeron in Italien. Hier nahmen 12 Mitglieder teil. Des Weiteren eine Befahrung der Bodagrottorna bei Hudiksvall (Schweden), Lufthüttenhöhle und Nidlenloch in der Schweiz und in Slowenien wurden nachstehende Höhlen besucht: Stota Jama, Krizna Jama und Najdena Jama. In Deutschland gab es eine Fototour in die Schillerhöhle und die Unterstützung bei einem 3D-Scan in der Vetterhöhle sowie Arbeiten im Steebschacht. Die Schweizer Kollegen luden zu einer Höhlenrettungsübung nach St.Gallen ein. Hier waren fünf Mitglieder unseres Vereins dabei. Zuletzt soll unser alljährliches geselliges Zusammentreffen am Jahresbeginn, Heft 129, Januar 2017 Seite 6 das im Eurocamp am Zanzenberg ob Dornbirn abgehalten wurde, nicht unerwähnt bleiben. Nachdem nun auch alle alten Ausgaben unserer Publikation, “Neuigkeiten aus Karst und Höhle” eingescannt wurden, sind alle Hefte, inklusive Index, komplett auf unserer Homepage verfügbar. Emil Büchel und Alexander Klampfer Über Karst und Höhlen an der Weißen Fluh im Firstgebiet hinter Dornbirn. Text u. Zeichnungen: R. Elsensohn Die Hochfläche mit dem Weidegelände der Alpe Weißenfluh in der Kammlinie zwischen Rheintal und Bregenzerwald ist bekannt für ihre zahlreichen Dolinentrichter. Im Osten bildet eine langgezogene helle Felswand aus Schrattenkalk ein größeres Hindernis für den Zugang zur Alpe, im Westen steigt das Gelände mehr stufenförmig gegliedert aus dem ausgedehn- ten Waldgebiet um Kobelache und Müselbach zur Alpe hoch. Von Süden und Norden ist die Alpe leicht zu erreichen, über den Hottersattel auf dem Weg zu den Alpen Unterfluh und Rohr, vom Bödele her über Hämmerles Älpele, Lustenauer Hütte und Bregenzer Hütte, über Hochälpele und die Streuewiesen von Wateck, oder von Schwarzenberg über KlausbergVorderstück und Bregenzer Hütte. Das Gebiet der Alpe gehört noch zu Bezirk und Stadt Dornbirn, die Grenze zum Bregenzerwald zieht ein Stück der östlichen Felswand entlang. Ursprünglich trug vermutlich die östliche Felswand die Bezeichnung Weiße Fluh (= Weiße Felswand), die sich dann auf die ganze Kuppe und die darauf eingerichtete Alpe übertragen hat. In meinem Bericht beziehe ich die Bezeichnung auf die ganze Kuppe. 1922 führte JOSEF BLUM- Kartenausschnitt der ÖK 50.000 mit den Höhlen im Umkreis der Alpe Weißenfluh RICH [1] in einer Liste bekannter Höhlen eine Höhle auf der Weißenfluh an, es ist mir aber nicht bekannt, welche er gemeint haben könnte. 1956 erwähnte GUSTAV HÜGEL in seiner Arbeit über die Geologie des nordwestlichen Bregenzer Waldes [2, 4] mehrere Höhlen an der Weißen Fluh. Zwei kleine und eine etwas größere Höhle 5 m über dem Boden in der Schrattenkalkwand am Westhang und eine am Osthang Die Abmessungen der größeren westlich gelegenen Höhle gibt er mit ca. 4 m Länge, 2,5 m Höhe und 2 m Breite an. Die Höhle am Osthang soll sich im Schrattenkalk auf halber Höhe zwischen Schnell-Vorsäß-Bach und der Weißen Fluh befinden und 7 m lang sein. Meines Wissens wurden diese kleinen Höhlen seither nicht mehr besucht. 1958 erkundete WALTER KRIEG mit einem Begleiter die Weiße Fluh, die dabei entdeckten beiden Hohlräume fanden als Weißenfluhhöhlen 1 und 2 (1114 / 3A und 1114 / 3B, später getrennt in 1114 / 03 und 1114 / 24) Erwähnung im zwei Jahre später veröffentlichten Höhlenkataster von Vorarlberg [3]. Reinhard hat diese Kleinhöhlen 1980 besucht, aufgemessen und zeichnerisch dargestellt. Längere Zeit waren nur diese kleinen, an Klüften im Gestein ausgebildeten Höhlen in den Felsstufen östlich des Fahrweges im Anstieg vom Hottersattel her bekannt. Eine dritte Weißenfluhhöhle (1114 / 12) wurde 1980 im Wandfuß der Ostwand der Weißenfluh gefunden. Ihr niedriger Raum verläuft kaum geneigt der Gesteins- Heft 129, Januar 2017 Seite 7 Blick auf die Alpe Weißenfluh von der Rohralpe aus. Die ostseitige Felswand taucht nach Süden ab. Foto: E.Büchel Zwei Schnitte durch das Alpgebiet mit Angaben zum Gesteinsaufbau. schichtung entlang. Es sollten dann noch einige weitere Jahre vergehen, bis 1992 am Grund einer schluchtartigen Doline in einer Waldinsel nordwestlich des Alpgebäudes von Thijs eine weitere kleine Höhle entdeckt und von ihm nach den Anfangsbuchstaben der Vornamen der ihn begleitenden Kinder (Lukas, Samuel, Johanna) benannt wurde, die Lusajohöhle (1114 / 40) [6]. Inzwischen erhielt sie eine zusätzliche Bezeichnung als Weiße-FluhWalddoline 1. Der bisher letzte Höhlenfund an der Weißen Fluh wurde im Herbst 2016 gemacht und We i ß e - F l u h - Wa l d d o l i n e 2 (1114 / 54) benannt. Ähnlich wie bei der Lusajohöhle ist am Grund einer schachtartig abfallenden Doline ein kleiner Einzelraum eingetieft, der zeitweise als Schlinger wirkt und die Niederschlagswässer der Umgebung in den Karst ableitet. Alle am Aufbau der Weißen Fluh beteiligten Festgesteine gehören zur Säntisdecke der Helvetischen Kreide, abgelagert während der Mittleren Kreidezeit, im Zeitraum vor etwa 85 bis 120 Millionen Jahren. Während im Osten die Bergkuppe über die namengebende helle Wandflucht senkrecht ins steil geböschte Tobel des Roten Baches abstürzt, ist die Flanke der Weißen Fluh im Westen durch an mehreren Bruchlinien angelegte Stufen gegliedert. Der den Sockel der Weißen Fluh bildende Schrattenkalk, ein gebankter bis massiger, grauer Kalkstein, ist sehr verkarstungsfähig, neigt zur Ausbildung von Karren, Kolken und Höhlen. Er steht westlich der Alpe als streckenweise das Weidegebiet durchziehende oder abgrenzende Schwellen unterschiedlichster Höhe an. Von meterhohen Felsrippen bis kirchturmhohen Wänden, glatt oder gegliedert, stellenweise geklüftet. Im Liegenden des wandbildenden Schrattenkalkes treten stabförmig oder blättrig zerfallende, sehr verwitterungsanfällige Mergel der Amdener Schichten zutage. Den Schrattenkalk überlagernde grünliche Sandsteine der GarschellaFormation sind am Zufahrtsweg und in der großen Doline westlich der Alpe aufgeschlossen. Die zum größten Teil von Moränen von Rheintal- und Bregenzerwald-Gletscher bedeckte oberste Kuppe der Weißen Fluh wird von Kalkgestein der Seewenschichten gebildet, das an der höchsten Stelle und südwestlich des Alpgebäudes unter der Humusschichte mit der Vegetation ansteht und in einzelnen Aufschlüssen entlang des Wanderweges sichtbar wird. Mit Ausnahme des in Wandstufen oder schluchtartigen Löchern anstehenden Schrattenkalkes und einiger nackter Seite 8 Heft 129, Januar 2017 Geologie: 80 - Amdener Schichten (Mergel) 81 - Seewer Schichten (Seewerkalk) 82- Garschella Formation (Glaukonitsandstein) 83 Schrattenkalk Formation (Schrattenkalk) Ausschnitt aus der Geologischen Karte der Rep.Österreich 1:25.000, Bl. 110 & 111 [7] Stellen des Seewerkalkes in der Weidefläche sind die anderen hier vorkommenden Gesteine (Mergel, Sandsteine) unter der Vegetation verborgen. In der Lockergesteinsüberlagerung sind auffallende Reihen und Felder von Dolinen eingetieft, sie verdanken ihre Entstehung der Löslichkeit des unterlagernden, ebenfalls zur Verkarstung neigenden Seewerkalkes. An manchen Stellen sind diese Löcher fortgesetzt durch kleine schachtartige Hohlräume im Kalkgestein, zum Befahren zu klein oder zu eng. Einzelne größere Trichter oder schachtartige Dolinen befinden sich nordöstlich und südwestlich des Alpgebäudes und im Waldgebiet im Nordwesten. Am ersten Donnerstag im September des vergangenen Jahres machten sich Emil und Reinhard vom Parkplatz an der Weißtanne ausgehend, auf den Weg, die Lusajohöhle (1114 / 40) zu besuchen und zu dokumentieren. Bisher gab es nur eine einfache Skizze davon. Im Laser-Scan mit der Gelände- darstellung (Vorarlberg Atlas) ist die Stelle der Doline, etwa 300 m nordwestlich des Alpgebäudes, gut als abgewinkeltes Objekt auszumachen, in den Luftbildern ist es schon schwierig, im bewaldeten Gelände überhaupt etwas zu erkennen. Der Aufstieg auf die Weiße Fluh ist bei trockenem Boden problemlos, bei feuchtem Boden weniger bequem, im freien Weidegelände streckenweise eher nass und schmierig. Emil kannte bereits die Lage der Doline mit der Höhle und führte mich geradewegs zu ihr hin. In der Waldinsel liegt dieser schluchtartige, von Gestrüpp und Bäumen eingefasste Graben, der teilweise mit senkrechten Wänden abfällt. Vom tiefsten Rand des Grabens war es dann leicht, zwischen Farnbüscheln und Gestrüpp über grasbewachsene, nasse Stufen an seinen Boden zu kommen. Zwischen grobem Schutt fanden wir zwei grob kreisförmige Öffnungen, die weiter in die Tiefe führten. Jetzt verstand ich, was die Skizze von 1980 bedeutete. Hier setzten zwei schachtartige Hohlräume an, von der Grabensohle aus gemessen, auf der wir uns befanden, jeweils etwa 3 m tief. Mit Hilfe eines Handseils begab sich Emil in die Tiefe und schilderte mir die Form der beiden Räume. Sie liegen nur ein paar Meter voneinander entfernt, zeigen aber weder eine Verbindung untereinander noch irgendwelche Fortsetzungen. Die Böden sind eben und von Erdmaterial und feinem Schutt bedeckt. Etwa 100 m südlich der Lusajohöhle fanden wir noch eine mit Farnen verwachsenen und von einem Weidezaun umrundete Öffnung. Im darunter sich öffnenden Kluftraum sind Bruchschutt und verrottende Hölzer angehäuft, die eine Befahrung nicht zuließen. Einen Monat später, am 5. Oktober, befasste sich Emil mit einer weiteren verdächtigen Stelle, die uns neben anderen im Laser-Scan aufgefallen war. Sie liegt nur 75 m westlich der Lusajohöhle, knapp vor der Abbruchkante der Felswand, die auf der Rheintalseite die Weiße Fluh begrenzt. Meiner Meinung nach liegt diese Weiße-Fluh-Walddoline 2 (1114 / 54) an derselben Störungslinie, an der die Lusajohöhle ausgebildet ist, und die weiter bis in die Felswand hinaus zieht. Beide schluchtartigen Trichter liegen im Wald und sind auf Luftbildern nicht direkt zu erkennen. Neben den bekannten Reihen von Dolinen in der Weidefläche nordöstlich der Alpe sind in der Geländeschummerung auch eine Anzahl von Dolinentrichtern oder -mulden verschiedener Größen zu Heft 129, Januar 2017 Seite 9 Grundrisse der Schachtdoline und der Hohlräume der Lusajohöhle (WF-Walddoline 1) südwestlich der Alpe zu erkennen. Emil ging dieses Gebiet später noch ab, musste aber feststellen, dass sich diese mit einer einzigen Ausnahme als kleine und kleinste untiefe Mulden herausstellten. Die Ausnahme bildet ein großer schachtartiger Trichter mit auf drei Seiten senkrecht abfallenden Wänden und einseitig steiler Böschung, der sich 150 m westlich vom Alpgebäude in das leicht abfallende Weidegelände einsenkt. Mehrere große alte Fichten und Ahorne stehen an der südöstlichen Böschungskante. Die Öffnung bildet ein Oval von etwa 20 x 15 m und 6 m Tiefe, vom niedrigsten Rand aus gemessen. Über die steile südwestliche Erd-Böschung ist der Trichter zugänglich. Am Grund der Doline sind im anstehenden Kalkgestein der Westwand Restflächen gut ausgebildeter Auskolkungen zu erkennen. Vermodernde Stamm-Teilstücke umgestürzter Bäume liegen in den Trichter hinunter gekippt. Den unregelmäßigen Boden bedeckt grober Bruchschutt, vermischt und überdeckt von Erdmaterial und Pflanzenresten. In der ausgekolkten Nische der Westwand ist der Boden eben. Auch wenn sich hier ein Abfluss des Niederschlagswassers andeutet, ist eine weiterführende Öffnung leider nicht zu erkennen. Die der Alpe zugewandte steile Felsböschung der Doline wird zur Entsorgung von ausgedienten Hölzern und Zaunresten benützt und ist dadurch unzugänglich verklaust. Bei schönstem Wanderwetter waren Emil und Reinhard am 10. Dezember noch einmal auf der Weißen Fluh unterwegs, um die neu gefundene Walddoline 2 näher zu untersuchen. Ähnlich wie bei der Walddoline 1 handelt es sich um einen steilen, an einer überhängenden Wandstufe angelegten, halbseitigen Dolinentrichter mit einigermaßen ebenem Boden, in dem eine rundliche Öffung eine weitere Fortsetzung andeutet. Hier verschwindet das Niederschlagswasser in die Tiefe. Der Raum unter der kleinen Öffnung ist von oben kaum einzusehen, scheint an einer Kluftkreuzung angelegt zu sein, weitere seitliche Fortsetzungen sind nur Heft 129, Januar 2017 Seite 10 andeutungsweise zu vermuten. Der Boden des kleinen Höhlenraumes ist flach, von feinem Schutt und eingeschwemmtem Erdreich eingeebnet Nachdem sich der Raum in allen Richtungen nach unten weitet, sind das Abklettern und besonders der Wiederaufstieg ohne Schachtausrüstung oder Leiter schwer möglich. Eine quer zur Längsrichtung des Gebildes verlaufende Kluft zieht zur Felswand hinaus, die etwa 10 m westlich der Doline durch bewaldete Absätze etwas gestuft 25 m abfällt und 80 bis 100 m weiter im Norden in eine bewaldete Geländemulde ausläuft. Nach Süden nimmt die Höhe der Felswand noch zu, der Schrattenkalk wird zunehmend massig, die Wandfläche ist auffallend glatt. Es war uns aus Zeitgründen nicht mehr möglich, die Wandflucht abzugehen und nach den von G.W. Hügel [2,4] erwähnten Löchern zu suchen. [1] BLUMRICH JOSEF (1922): Worauf es bei der Höhlenforschung ankommt. - "Heimat", 3 (6): 82-83, Vorarlberger Monatshefte, Vorarlberger Landesmuseum / Heimat Verlag, Bregenz [2] HÜGEL GUSTAV W. (1956): Zur Geologie des nordwestlichen Bregenzer Waldes (Vorarlberg). Dissertation Universität Innsbruck, [3] KRIEG WALTER (1958): VLMV - Speläologischer Ausschuss. Bericht über das Arbeitsjahr 1958. - Manuskript, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Dornbirn [4] HÜGEL GUSTAV W. (1962): Zur Geologie des nordwestlichen Bregenzer Waldes - (Vorarlberg). - Jahrbuch VLMV, 105: 204-228, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz [5] VONBANK ELMAR, KRIEG WALTER (1960): Landeshöhlenkataster von Vorarlberg 1958. Jahrbuch VLMV 1958/59, 102/103: 158-167, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz [6] - (1993): Wir im Gelände (Befahrung der Lusajohöhle, Skizze). - "Neuigkeiten aus Karst und Höhlen", 7 (43): 387, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz [7] OBERHAUSER RUDOLF (1994): Geologische Karte der Republik Österreich 1:25.000, Blatt 110 St. Gallen-Nord und 111 DornbirnNord. - Geologische Bundes-Anstalt, Wien [8] FRIEBE JULIUS GEORG (2007): Geologie von Vorarlberg. Geologie der österreichischen Bundesländer, mit Beilagen, Geologische Bundesanstalt, Wien [9] OBERHAUSER RUDOLF, BERTLE HEINER, BERTLE RUFUS (2007): Geologische Karte von Vorarlberg 1:100.000; - Geologie der österreichischen Bundesländer: Geologie von Vorarlberg (Red. FRIEBE J.G.), Beilage 3, Geologische Bundesanstalt, Wien Höhlenfahrt nach Italien und Slowenien. 18.03.2016 bis 24.03.2016 Teilnehmer: Willi Breuss, Markus Andreatta u. zwei weitere Teilnehmer. Bericht: Markus Andreatta Unsere Reise führt uns zuerst in das schöne Trentino, wo wir in Bosentino nächtigen. Am 19.03. befahren wir die Höhle Grotta di Calgeron im Valsugana, in der Gemeinde Selva di Grigno. In der Grotta di Calderon In der Höhle sind einige Seen mit einem Schlauchboot zu überwinden. Die Höhle hat eine Gesamtlänge von ca. 5 km und kann von uns ohne seiltechnisches Material befahren werden. Im hinteren Bereich gibt es einige Stufen, deren Überwindung uns zu riskant erscheint, weswegen wir umdrehen. Die Befahrung nimmt durch die 7 Seen doch einiges an Zeit in Anspruch. Besonders auffallend sind im Anfangsbereich einer Halle aktive, weiße, sich überlagernde Sinterbecken. Eine Besonderheit, welche an die Sinterbecken in der Türkei, das bekannte Pamukkale erinnern Danach geht unsere Reise weiter nach Slowenien. Nach unserer Ankunft dort, bleibt uns gerade noch Zeit für eine kurze Höhlentour. Die Stota Jama liegt zwischen Laze und Logatec. Bezeichnend ist an der Höhle der kleine Einstieg, der an der Oberfläche erst in unmittelbarer Nähe erkennbar wird. Mit Seilunterstützung steigt man steil ab und es eröffnen sich einige Hallen, die typisch für dieses klimatische Gebiet, einen sehr reichen Sinterschmuck aufweisen. Die Dimensionen und die Häufung Foto: Markus Andreatta Heft 129, Januar 2017 der Versinterungen sind wirklich besonders schön und für einige Stunden verbringen wir die Zeit mit der Bestaunung dieser Wunderwelt. Bei der Rückfahrt zur Unterkunft besichtigen wir das Polje bei Laze. Manches Polje wird durch ein Karstsystem mit Wasser gespeist. Das im unterirdischen Karstsystem gespeicherte Wasser wird bei entsprechend starkem Zufluss an die Oberfläche gedrückt und bildet zeitweise einen See. Bei Trockenheit verschwindet der periodische See wiederum. Die Slowenen haben gelernt, diese Flächen als Kulturland zu nutzen. Eindrücklich sind die verschiedenen Wasserstandsmarken und eine besonders reizvolle Landschaft. Eine der wohl außergewöhnlichsten Höhlen Sloweniens ist die Krizna Jama. Die Höhle erfährt besonderen Schutz durch eine strikte Begrenzung der Besucherzahl, weil der Bodensinter durch zu viele Besucher nicht ausreichend nachgebildet würde. Wir haben die Ehre, am 21.03.2016 zu den jährlich 1000 zugelassenen Besuchern zu gehören, die mit einer Führung die Höhle betreten dürfen. Die Höhle wurde im Laufe ihrer Geschichte in den eingangsnahen Teilen von bis zu 1500 kg schweren Höhlenbären bewohnt. Die sympathischen Vegetarier verbrachten in der Höhle die Winter. Spuren sind bis heute durch Abnutzungen (Bärenschliffe), aber auch durch Knochenfunde belegt. Vor 5000 Jahren wurde die Höhle erstmals auch von Menschen besucht. Seite 11 Zwei Bilder aus der Krizna Jama Durch ein großräumiges Höhlensystem gehen und paddeln wir dann flussaufwärts. Unser Ziel ist der "Kalvarienberg". Die Höhle erstreckt sich noch weiter in den Berg, aber an dieser markanten Stelle mit reichem Sinterschmuck ist unser Umkehrpunkt. Die Höhle hat eine gesamte Länge von etwa 9 km. Sie bietet einen unvergleichlichen Reiz mit ihren vielen Seen und riesigen Gängen. Unterbrochen werden diese Gänge durch außergewöhnlich isoliert stehende Sintergebilde. Fotos: Markus Andreatta Am 23.03. besuchen wir das einzige Karstmuseum weltweit, das die Region, Höhlenbiologie und im speziellen die Karstforschung dokumentiert. Am Nachmittag steht die Besichtigung von Rakov Škocjan am Programm. Das sind die Überreste eines Höhlensystems durch welches der Rakbach teils ober-, teils unterirdisch fließt. Eindrucksvoll sind die Dimensionen dieser Schlucht mit zwischengeschalteten Höhlenteilen. Das Ganze liegt am nördlichen Fuß des Javornikmassivs Heft 129, Januar 2017 Seite 12 sationsfund. Willi entdeckt einen Pseudoskorpion. Daneben finden wir noch etliches anderes Getier, wie einen bläulichen Wurm, Spinnen, Asseln und Anderes. Zunehmend wird die Höhle feuchter und einzelne Becken werden von Seen mit bis zu 15 Meter Durchmesser abgelöst. Der Abstieg zu einem See wird zur Herausforderung und zwingt uns letztlich zur Umkehr. Knöchelhoch stecken die Stiefel im Lehm und Halt ist nur noch an Seilen zu finden. Weil wir beim Ausstieg mit dem regionalen Höhlenverein zusammentreffen welcher uns mit Speis, Trank, Freundschaftsangeboten und Infos eindeckt, entsteht die Vision auf ein Wiederkommen. Unser monatliches Treffen findet jeden ersten Dienstag im Monat - ausgenommen Feiertage - im Gasthof “zum Färbers” in Dornbirn statt. Eventuelle Änderungen werden kurzfristig telefonisch, per EMail bekannt gegeben oder sind auf unserer Homepage ersichtlich. Impressum Bild ganz oben: In der Schlucht des Rakbachs (Rakov Škocjan), darunter. Abseilen in der Nadjema Jama und der Pseudoskorpion Fotos: M.Andreatta, W..Breuss, K.Ritter ungefähr in der Mitte zwischen den Poljen von Planinska und Zirknitz. Am 23.03.2016 besuchen wir dann die Nadjema Jama. Die Höhle weist eine der größten Hallen Sloweniens auf. Bis zu 200 Meter Länge hat die riesige Halle, die das Licht der Scurion und der Lupine verschluckt. Imposant ist die Masse an Lehm und riesigen Versinterungen. Reizvoll die seiltech- nische Herausforderung. Der Eingang ist dank GPS gut zu finden. Lediglich einen halben Meter beträgt der Durchmesser des Eingangs und es muss gleich von Beginn an abgeseilt werden. Einige Seilstufen tiefer weitet sich der Gang zu einer ersten riesigen Halle. Immer tiefer steigen und seilen wir uns ab. In dem riesigen System finden wir etliche Höhlenbewohner und machen einen Sen- Der karst- und höhlenkundliche Ausschuss des Landesmuseumsvereins Vorarlberg hat seinen Sitz in A-6900 Bregenz, Weiherstraße 10, Internet: http://www.karst.at Dieses "Neuigkeitenblättle" ist für die Information unter den Mitgliedern bestimmt. Ausdrucke, auch nur auszugsweise, bedürfen unserer Zustimmung. Redaktion, Umbruch und Gestaltung: Emil Büchel E-Mail: [email protected] 31. Jahrgang, Heft 1/2017, Januar 2017