Darmkrebs

Werbung
Leben mit
Darmkrebs
2
Inhaltsverzeichnis
Vorwort eines Patienten
4
Vorwort von
Prof. Dr. med. Wolff Schmiegel, Bochum
5
Wie entsteht Krebs?
6
Was ist über Darmkrebs bekannt?
6
Der Darm
8
Darmkrebsvorsorge
9
Wie erkennt man Darmkrebs?
(Diagnose)
10
Wie wird Darmkrebs behandelt?
(Therapie)
12
Vorgehen bei unerwünschten Wirkungen
18
Nachsorge
20
„Alternative“ Heilmethoden?
21
Weiterführende Literatur
22
Adressen
22
Glossar
24
3
Darmkrebs: Man kann damit leben!
Vorwort eines Patienten
Eigentlich habe ich es geahnt. Ich hatte schon seit
einiger Zeit Probleme mit meiner Verdauung.
Durchfälle über mehrere Tage, dann wieder Ver­
stopfung – irgendwas war anders als früher. Ich
habe versucht, mir einzureden: „Das kommt mit
dem Alter, ich habe wohl zu wenig Bewegung“
und so weiter. Dann war es nicht mehr zu überse­
hen, das Blut. Als man mir schließlich eröffnete,
dass ich an fortgeschrittenem Darmkrebs erkrankt
sei, war ich völlig verzweifelt. Ich wusste, dass
Darmkrebs mit Metastasen unheilbar ist. Die Zeit
der Wut über die Ungerechtigkeit: „Warum ausge­
rechnet ich?“, die Zeit der Selbstvorwürfe: „Hätte
ich ...“, „Wäre ich ...“ – das war eine schreckliche
Phase meines Lebens.
Mit der Zeit und nach vielen Gesprächen mit meiner
Frau und meinen Freunden gelang es mir, meine
Krankheit anzunehmen. Es ist schwer zu akzeptieren,
dass man nur noch eine begrenzte Zeit vor sich
hat, obwohl das eigentlich für jeden Menschen
von Geburt an gilt. Wichtig ist es dann, die Zeit, die
man noch hat, für sich sinnvoll zu gestalten. Als ich
das begriffen hatte, sah ich mich hin und wieder
sogar im Vorteil gegenüber den Menschen, die
durchs Leben hetzen, ohne sich dessen Endlich­
keit bewusst zu machen. Ich bin zufrieden. Es gibt
zwar immer mal wieder einen Anflug von Trauer
und Verzweiflung, aber grundsätzlich habe ich
gelernt, mit meiner Krankheit zu leben.
4
Körperlich schlecht fühle ich mich jetzt eher selten.
Meine neue Chemotherapie vertrage ich gut, und
wenn Nebenwirkungen auftreten, gibt es gute
Medikamente zur Linderung.
Vorwort
Sie interessieren sich für Darmkrebs. Vielleicht
sind Sie selbst betroffen oder jemand, der Ihnen
wichtig ist, ein Familienmitglied oder ein Freund.
Mit dieser Broschüre möchten wir Sie über Darm­
krebs informieren. Sie erfahren etwas über seine
Entstehung, Möglichkeiten der Vorsorge sowie
Untersuchungsmethoden und Behandlungen.
Der Darmkrebs gehört in der Bundesrepublik
Deutschland zu den häufigsten bösartigen Erkran­
kungen und jährlich wird bei etwa 70.000 Men­
schen diese Diagnose gestellt. In frühen Erkran­
kungsstadien hat der Dickdarmkrebs sehr gute
Heilungschancen und auch in fortgeschrittenen
Erkrankungsstadien stehen heute wirksame The­
rapieformen zur Verfügung.
Besondere Bedeutung kommt der Früherkennung
des Dickdarmkarzinoms zu, da durch sie bei konse­
quenter Anwendung die Entwicklung eines Dick­
darmkrebses verhindert werden kann. Es handelt
sich hierbei also nicht nur um eine Früherkennung,
sondern auch um eine Vorsorgeuntersuchung im
eigentlichen Sinn. Aus diesem Grunde muss drin­
gend empfohlen werden, die gesetzlichen Mög­
lichkeiten der Früherkennung ab dem 45. Lebens­
jahr wahrzunehmen. Neben der Information zu
bestehenden Vorsorgemöglichkeiten wendet sich
dieser Ratgeber insbesondere an Betroffene und
möchte ihnen aufzeigen, welche Behandlungs­
möglichkeiten derzeit zur Verfügung stehen.
Es ist keinesfalls unsere Absicht, das Gespräch mit
Ihrem Arzt zu ersetzen. Diese Broschüre soll Ihnen
vielmehr Informationen an die Hand geben, die
das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt
erleichtern sollen.
Prof. Dr. med.
W. Schmiegel, Bochum
5
Wie entsteht Krebs?
Aufgrund von
Veränderungen
im Erbgut kann
die Steuerung
des Zellwachstums gestört
werden und es
kommt zu einem
ungehemmten
Zellwachstum.
Krebs beruht auf Veränderungen in der Erbsub­
stanz, den Genen. Durch genetische Veränderungen, sogenannte Mutationen, werden für die
Steuerung des Zellwachstums wichtige Gene
ausgeschaltet und andere stärker aktiviert. Muta­
tionen kommen in unserem Erbgut mit einer
bestimmten statistischen Wahrscheinlichkeit vor.
Diese Ereignisse bilden sozusagen ein Grundri­
siko, an Krebs zu erkranken, das alle Menschen
gemeinsam haben. Durch Mutation veränderte
Gene kann man aber auch von den Eltern erben.
Das nennt man „genetische Disposition“. Men­
schen mit einer genetischen Disposition tragen ein
höheres Risiko, an Krebs zu erkranken. Auch
Umweltgifte, Strahlung oder Ernährungsgewohn­
heiten können die Mutationsrate und damit das
Krebsrisiko erhöhen.
Zellbiologen haben in den letzten Jahren viel
über die Gene gelernt, die an der Entstehung von
Krebs allgemein und Darmkrebs im Besonderen
beteiligt sind. Medikamente, die aufgrund dieser
Erkenntnisse entwickelt wurden, werden weltweit
in Forschungslabors getestet. Bis Patienten mit
der sogenannten Gentherapie behandelt werden
können, wird es jedoch noch etwas dauern.
Was ist über Darmkrebs bekannt?
In Deutschland erkranken jährlich etwa 70.000
Menschen an Darmkrebs. Insgesamt sind 5 % der
Gesamtbevölkerung betroffen, also jeder 20. Bun­
desbürger. Etwa die Hälfte der Erkrankten sterben
an der Krankheit, weil sie erst in einem späten
Stadium entdeckt wird. Die Erkrankung tritt meis­
tens nach dem 50. Lebensjahr auf. Es können aber
auch jüngere Menschen davon betroffen sein,
besonders wenn eine genetische Disposition vor­
liegt. Mit Darmkrebs ist praktisch immer eine
Krebserkrankung des Dickdarms (Kolon) oder
des Enddarms (Rektum) gemeint. Krebserkran­
kungen des Dünndarms sind sehr selten. Neben
dem Grundrisiko gibt es bestimmte Faktoren, die
das Risiko erhöhen, an Darmkrebs zu erkranken.
Einige Hinweise dazu ergaben Vergleiche der
6
Darmkrebshäufigkeit bei Menschen mit unter­
schiedlichen Ernährungsgewohnheiten. Nahrung,
die reich an tierischen Fetten und arm an frischem
Obst und Gemüse sowie Pflanzenfasern ist, scheint
das Risiko zu steigern. Ein Vorteil frischer pflanz­
licher Nahrung ist vermutlich ihr Gehalt an Antioxidantien. Dabei handelt es sich um verschiedene
Substanzen, die eines gemeinsam haben: Sie fan­
gen erbgutschädigende Sauerstoffradikale ab, die
in unserem Stoffwechsel unvermeidlich entste­
hen. Viele Wissenschaftler sind überzeugt, dass
Sauerstoffradikale einen großen Teil der krebserzeugenden Mutationen verursachen. Erbliche
Dispositionen können bereits bei jüngeren Men­
schen zu Darmkrebs führen. Eine der Erbkrank­
heiten, die familiäre Polyposis (FAP), geht mit der
Bildung einer großen Anzahl von polypenartigen
Wucherungen einher. Derartige Polypen sind
übrigens auch die Vorstufe von Darmkrebs bei
spontanem, also ohne offensichtliche erbliche Dis­
position entstehendem Darmkrebs. Lang andau­
ernde entzündliche Erkrankungen des Darms
(zum Beispiel Colitis ulcerosa und Morbus Crohn)
Prostata
25,4 %
16,2 %
14,3 %
9,3 %
können das Risiko für Darmkrebs ebenfalls erhö­
hen. Das bedeutet nicht, dass die Krankheit bei
Trägern eines oder mehrerer Risikofaktoren auch
wirklich auftritt. Die betroffenen Personen sollten
sich aber regelmäßig untersuchen lassen.
Brustdrüse
Darm
Darm
Lunge
Lunge
Harnblase*
Magen
4,8 %
Niere
4,7 %
Mundhöhle und Rachen
3,3 %
Non-Hodgkin-Lymphome
2,9 %
M. Melanom der Haut
2,8 %
Bauchspeicheldrüse
2,7 %
Leukämien
2,1 %
Hoden
2,1 %
Speiseröhre
1,7 %
Kehlkopf
Schilddrüse
Morbus Hodgkin
27,8 %
Die Wahrscheinlichkeit,
an Darmkrebs
zu erkranken,
ist sehr hoch:
In Deutschland
sind jährlich ca.
70.000 Menschen
betroffen.
17,5 %
6,4 %
Gebärmutterkörper
5,7 %
Eierstöcke
4,7 %
M. Melanom der Haut
4,1 %
Magen
3,8 %
Harnblase*
3,6 %
Bauchspeicheldrüse
3,2 %
Niere
3,2 %
Gebärmutterhals
3,0 %
Non-Hodgkin-Lymphome
2,9 %
Leukämien
2,1 %
Schilddrüse
1,7 %
Mundhöhle und Rachen
Speiseröhre
Morbus Hodgkin
Tumore des Mannes
230.500 = 100 %
Quelle: Robert Koch-Institut, 2004.
Kehlkopf
Tumore der Frauen
206.000 = 100 %
* Einschließlich bösartiger Neubildungen in situ und Neubildungen unsicheren Verhaltens.
7
Der Darm
Der Darm wird unterteilt in Dünndarm, Dickdarm
und Enddarm. Die Aufgabe des Darms ist es, der
Nahrung Wasser, Nährstoffe, Mineralien und Vitamine zu entziehen. Dick- und Enddarm kommt
dabei die Aufgabe zu, die im Dünndarm von
Zuckern, Fetten und Eiweißen befreite Nahrung
durch Wasserentzug auf 1/4 der ursprünglichen
Menge einzudicken. Was unverdaulich ist, wird
als Kot ausgeschieden. Die Gesamtlänge des
Dickdarms beträgt etwa 1,3 m, der Dünndarm
ist wesentlich länger: etwa 4,5 m.
Leber
Dünndarm
Dickdarm
Enddarm
8
Darmkrebsvorsorge
Die Vorsorgeuntersuchungen für Darmkrebs
beschränken sich gegenwärtig auf jährliche Tests
auf verstecktes (okkultes) Blut im Stuhl. Ab dem
50. Lebensjahr werden diese Untersuchungen
von der Krankenkasse bezahlt. Für den Test auf
okkultes Blut im Stuhl (Okkultblut-Test) wird von
drei aufeinanderfolgenden Stuhlgängen je eine
Probe genommen. Wenn eine der Proben positiv
ist, also Blut nachweisbar war, sollte eine Darm­
spiegelung durchgeführt werden. Nach heutigem
Wissensstand lassen sich Vorstufen von Darm­
krebs, die sogenannten Polypen, und die frühen
Krebsstadien zuverlässiger mit einer Darmspiege­
lung (Koloskopie, s. S.10) erkennen. Die Polypen
kann man häufig schon während der Untersu­
chung entfernen und damit die Entwicklung des
Darmkrebses verhindern. Seit einigen Jahren for­
dern Ärzte, dass spätestens ab dem 50. Lebensjahr
in mindestens 10-jährlichen Abständen eine Darm­
spiegelung als Routinevorsorgeuntersuchung
durchgeführt werden sollte. Die Krankenkasse
übernimmt die Kosten für 2 Darmspiegelungen im
Abstand von 10 Jahren ab dem 56. Lebensjahr.
Wer keine Darmspiegelung durchführen möchte,
kann ab dem 56. Lebensjahr alle 2 Jahre einen
Test auf verstecktes Blut im Stuhl machen lassen.
Gelegentlich wird auch vorgeschlagen, die soge­
nannte Sigmoidoskopie als Vorsorgeuntersuchung
durchzuführen. Mit diesem Verfahren kann man
allerdings nicht den ganzen Dickdarm ansehen,
sondern nur den hinteren Teil. Diese Methode ist
einfacher, hat aber den Nachteil, dass große
Abschnitte des Darms nicht untersucht werden
können.
Als Vorsorgeuntersuchungen
auf Darmkrebs
bieten sich
neben den
Untersuchungen
von Stuhlproben
auf „verstecktes“
Blut die Darmspiegelungen
(Koloskopie) an.
Durch die
Darmspiegelung
können auch
frühe Krebsstadien
erkannt werden.
Die Krankenkasse bezahlt die Vorsorgeuntersuchung
von Darmkrebs
Ab dem 50. Lebensjahr: 1x im Jahr eine Untersuchung auf verstecktes
Blut im Stuhl.
Ab dem 56. Lebensjahr: 2 Darmspiegelungen (Koloskopien) im
Abstand von 10 Jahren.
Oder: alle 2 Jahre einen Labortest auf verstecktes Blut im Stuhl, wer
nicht zur Darmspiegelung gehen möchte.
9
Wie erkennt man Darmkrebs?
Andauernde
Verdauungsprobleme wie
Durchfälle, aber
auch Verstopfungen und Blähun­
gen, bei gleichen
Ernährungsgewohnheiten,
können ein Hinweis auf Darmkrebs sein.
10
Diagnose
Ein bösartiger Darmtumor wächst meistens langsam.
Darum bemerkt man zunächst nichts davon. Die
ersten Beschwerden sind nicht charakteristisch;
sie können genauso gut andere Ursachen haben.
Viele Darmkrebspatienten haben vor der Diagnose
Verdauungsprobleme an sich beobachtet. Es
kommt häufig vor, dass die Patienten wegen dieser
Beschwerden zum Arzt gehen und dann im Verlauf
der Untersuchungen Darmkrebs festgestellt wird.
Besonders bei immer wiederkehrenden Durchfällen
Darmspiegelung (Koloskopie)
Ein schlauchartiges Instrument mit einer Glasfaser­
optik wird über den After in den Darm eingeführt.
Die Optik ermöglicht die Untersuchung des ge­
samten Dickdarms von innen. Gesucht wird haupt­
sächlich nach Wucherungen der Darmschleim­
haut, sogenannten Polypen. Sie wachsen aus der
Darmschleimhaut heraus. Diese Wucherungen
sind meistens gutartig, können aber manchmal
bösartig werden. Sie können während der Darm­
spiegelung in der Regel sofort entfernt werden.
Sieht der untersuchende Arzt eine krebsverdäch­
tige Stelle im Dickdarm, kann er sofort eine Gewe­
über mehrere Tage ist Aufmerksamkeit geboten.
Seltener entstehen auch Verstopfungen oder Blä­
hungen als Folge einer bösartigen Entartung der
Darmschleimhaut. Keinesfalls weisen gelegentlich
auftretende Verdauungsbeschwerden auf Krebs
hin. Ein Warnsignal ist jedoch eine andauernde
Veränderung gegenüber früher Gewohntem.
Besonders dann, wenn die Ernährungsgewohn­
heiten die gleichen geblieben sind.
beprobe entnehmen und auf Krebszellen untersu­
chen lassen.
Vor einer Koloskopie wird der Darm zunächst
durch Abführmaßnahmen gereinigt und anschlie­
ßend mit Luft gefüllt. Dadurch wird der Darm
gedehnt, was von einigen Patienten als schmerz­
haft empfunden wird. Die Darmspiegelung gehört
zwar nicht zu den angenehmsten Untersuchungen,
aber der große Nutzen für die Krebsvorsorge ist
es wert, sie über sich ergehen zu lassen.
Tumormarker
Meistens werden bei Verdacht auf Darmkrebs
auch Blutuntersuchungen auf die Tumormarker
für Darmkrebs CEA und CA 19-9 durchgeführt.
Es handelt sich dabei um Stoffe, die vom Tumor
abgegeben werden und in kleinen Mengen ins
Blut gelangen. Die Tests eignen sich nicht zur
Früherkennung von Darmkrebs, weil die Stoffe
nicht immer nachweisbar sind. Umgekehrt können
auch andere Krankheiten zu erhöhten Werten die­
ser Stoffe im Blut führen.
Tumorstadien
Nach der Operation werden das verdächtige
Gewebe und die Lymphknoten von einem Patho­
logen mikroskopisch untersucht. Die Bestimmung
des Tumorstadiums erfolgt nach der sogenannten
TNM-Klassifikation.
Hinter den Buchstaben stehen Zahlen, die den
Schweregrad der Erkrankung anzeigen. T1N0M0
ist ein sehr frühes, T4N2M1 ein fortgeschrittenes
Stadium. Neben TNM wird vom Pathologen noch
das „Grading“ mit Zahlen zwischen 1 und 4 bewertet.
Es beschreibt den Entartungszustand der Krebs­
zellen. TNM und Grading sind für die weitere
Behandlung von Bedeutung.
Wenn die Tumormarker schon bei der Erstdiag­
nose von Darmkrebs erhöht waren, kann man sie
zur Verlaufskontrolle der Erkrankung in regelmä­
ßigen Zeitabständen messen. Nach der operativen
Entfernung des Tumors sinken die Messwerte der
Tumormarker. Wenn sie wieder ansteigen, spricht
das für ein erneutes Auftreten der Krebserkran­
kung.
Sind Metastasen vorhanden (meistens in der
Leber oder Lunge), spricht man von einem fortge­
schrittenen kolorektalen Karzinom. Gibt es nur
wenige Tochtergeschwulste und liegen sie günstig,
kann man sie manchmal chirurgisch entfernen.
Wenn allerdings zu viele Organe befallen sind oder
sich viele Metastasen in einem Organ befinden, ist
eine Operation nicht immer sinnvoll. Dann kann die
Erkrankung mit Medikamenten behandelt werden
(palliative Chemotherapie, siehe Seite 14).
T:
Tumorgröße bzw.
Eindringtiefe ins
umgebende
Gewebe
N:
Lymphknotenbefall (N für Nodus)
M:
Metastasen
11
Wie wird Darmkrebs behandelt?
Bei einer Darmkrebsoperation
wird der betroffene
Bereich des
Darms mit den
dazugehörigen
Lymphbahnen,
Lymphknoten und
Blutgefäßen mit
einem Sicherheitsabstand zum
gesunden
Gewebe entfernt.
12
Therapie
Die Behandlung von Darmkrebs basiert heute auf
vier Säulen: Operation, Chemotherapie, Bestrahlung
und neue zielgerichtete Therapien („Targeted
Therapies“). Diese werden je nach Tumorstadium,
Lage des Tumors im Körper und Allgemeinzustand
des Patienten eingesetzt und oft auch miteinan­
der kombiniert.
Operation
Nach der Darmkrebsdiagnose werden das
betroffene Stück Dickdarm und die dazugehörigen
Lymphbahnen, Lymphknoten und Blutgefäße mit
einem Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe
entfernt. Über die weitere Behandlung entscheidet
das Stadium des Tumors. In ganz frühen Stadien
ist die Operation ausreichend. Die Chancen auf
Heilung betragen dann 80 bis 90 %. War der Tumor
jedoch schon weiter ins umgebende Gewebe ein­
gewachsen oder befanden sich Krebszellen in den
Lymphknoten, sind weitere Therapiemaßnahmen
erforderlich.
Darmkrebsoperationen verlangen Geschicklichkeit
und viel Erfahrung des Chirurgen. Die Heilungs­
chancen stehen und fallen mit der vollständigen
Entfernung des Tumors. Besonders Krebsoperationen am Enddarm sind extrem anspruchsvoll.
Einmal, weil es sehr schwierig ist, den Tumor im
Bereich des Enddarms vollständig zu entfernen,
und zweitens, weil in dieser Region auch Darm­
ausgang, Blase und Sexualorgane liegen, deren
Funktionen nach Möglichkeit erhalten werden
sollten.
Chemotherapie und Bestrahlung
Eine Operation allein ist nur in den frühen Stadien
zur Therapie von Darmkrebs ausreichend, wenn
die Darmschleimhaut nur an der Oberfläche ent­
artet ist. Ist der Tumor in tiefere Darmschichten
eingewachsen oder ist einer der operativ entfernten
Lymphknoten befallen, wird eine sogenannte adju­
vante Therapie empfohlen. Dabei handelt es sich
um eine unterstützende Chemotherapie nach ope­
rativer Entfernung des Tumors. Ziel der adjuvanten
Therapie ist es, mögliche restliche Tumorzellen zu
beseitigen. Bei Dickdarmkrebs wird eine Chemo­
therapie durchgeführt, bei Enddarmkrebs besteht
die adjuvante Therapie in der Regel aus einer
Kombination von Chemotherapie und Bestrahlung.
Bei fortgeschrittenen Stadien, wenn bereits Metastasen in anderen Organen vorhanden sind, geht
man nicht davon aus, dass die Krankheit heilbar
ist. In diesen Fällen ist das Ziel:
Lebensverlängerung bei guter Lebensqualität und
wenigen Krankheitssymptomen (Schmerzen und
tumorbedingte Störungen der Organfunktionen).
Voraussetzung dafür ist eine Verkleinerung oder
ein Wachstumsstillstand des Tumorgewebes bzw.
der Metastasen. Dies erreicht man in der Regel
mit einer krankheitsstabilisierenden, palliativen
Chemotherapie oder Bestrahlung, auch eine Ope­
ration kann in diesem Fall angezeigt sein.
Künstlicher Darmausgang
(Anus praeter oder Stoma)
Immer noch lehnen einige Darmkrebspatienten die lebensrettende Operation ab, weil sie auf keinen Fall mit einem künstlichen Darmausgang leben
wollen. Diese Sorge ist jedoch in den meisten Fällen unbegründet. Nur
wenn der Tumor in der Nähe des Schließmuskels sitzt, ist ein künstlicher
Darmausgang notwendig. Manchmal wird er vorübergehend angelegt,
damit das Gewebe im Operationsgebiet besser verheilen kann. Später
wird dann der normale Verdauungsweg mit einer zweiten, meist kleineren
Operation wiederhergestellt.
Ein künstlicher
Darmausgang ist
in der Regel nur
dann notwendig,
wenn sich der
Tumor in der
Nähe des
Schließmuskels
befindet.
Nur etwa 16 % der Darmkrebspatienten erhalten dauerhaft einen künst­
lichen Darmausgang. Der Darminhalt gelangt hierbei durch ein Stoma, wie
der künstliche Ausgang in der Fachsprache genannt wird, in einen speziellen
Plastikbeutel. Mit der heute zur Verfügung stehenden Technik verläuft das
sauber und geruchsfrei und bedeutet nach einer kurzen Umgewöhnungszeit
meist keine Beeinträchtigung der Lebensqualität mehr.
13
Zusätzlich zur
Operation werden
häufig Chemotherapie bei Dickdarmkrebs und
Strahlentherapie
bei Enddarmkrebs
eingesetzt, um
mögliche restliche Tumorzellen
zu beseitigen.
Im fortgeschrittenen Stadium und
wenn keine
Operation mehr
möglich ist, wird
die Chemotherapie
eingesetzt, um
den Tumor zu
verkleinern und
z. B. Schmerzen
zu lindern.
Chemotherapie
Unter einer Chemotherapie versteht man eine
Behandlung mit Stoffen, die das Zellwachstum
hemmen. Diese Medikamente werden unter dem
Begriff Zytostatika (Einzahl: Zytostatikum) zusam­
mengefasst. Das Ziel des Einsatzes einer Chemo­
therapie nach der Operation richtet sich nach dem
Stadium des vorgefundenen Tumors:
Adjuvante Therapie
Unter einer adjuvanten (Chemo-)Therapie versteht
man die medikamentöse Behandlung, die zusätz­
lich zu einer Operation und/oder Strahlenbehand­
lung durchgeführt wird, um vorhandene Tumore
vollständig zu beseitigen und ihre Neubildung
langfristig zu verhindern. Erst dann kann ein Krebspatient als geheilt betrachtet werden.
Palliative Therapie
Unter einer palliativen (Chemo-)Therapie versteht
man die angemessene, umfassende und aktive
medizinische Behandlung zur Kontrolle des Tumors
und Erhaltung oder Verbesserung der Lebensqua­
lität von Patienten und deren Angehörigen. Diese
Patienten können durch die medizinische Behand­
lung leider nicht mehr von ihrem Krebsleiden
geheilt werden, da der Tumor sich bereits ausgebreitet und Metastasen gebildet hat. Jedoch
ist eine Verlängerung der Lebenserwartung oft
möglich.
Die Wirkung der Zytostatika basiert darauf, dass
Krebszellen auf sie empfindlicher reagieren als
normale Zellen. Krebszellen wachsen schneller
und werden daher leichter zerstört. Da normale
Zellen nicht völlig verschont werden, haben
Chemotherapien Nebenwirkungen. Am häufigsten
14
sind Übelkeit, Erbrechen, Schleimhautentzün­
dungen, Durchfall, Blutbildveränderungen und
Haarausfall. Weniger häufig kommt es zu Schäden
an Nerven, Lunge, Herz oder Nieren.
Über viele Jahre gab es zur Behandlung von
Darmkrebs nur ein wirksames Medikament:
5-Fluorouracil (5-FU), das in Kombination mit
einem weiteren Medikament, Folinsäure, per
Infusion oder Injektion gegeben wird. Jetzt gibt es
moderne Medikamente zur Therapie von Darm­
krebs, die in vielerlei Hinsicht große Fortschritte für
die Betroffenen bewirken können. Eines dieser
neuen Medikamente ist sogar als Tablette erhält­
lich, was die Behandlung sehr vereinfacht und für
den Patienten einen deutlichen Gewinn an Lebens­
qualität bedeutet.
Zielgerichtete Therapien
Die Chemotherapie hat große Erfolge für Patienten
mit Darmkrebs gebracht. Der Nachteil ist jedoch,
dass sie neben den Krebszellen auch sich schnell
teilende gesunde Körperzellen angreift. Das erklärt
einige Nebenwirkungen der Chemotherapie.
Daher suchten Forscher nach neuen Waffen im
Kampf gegen den Krebs: Waffen, die gezielt den
Tumor angreifen und das gesunde Gewebe unbe­
einträchtigt lassen – mit Erfolg. In den letzten Jahren
hat die Grundlagenforschung weitere Details über
die biologischen Eigenschaften von Tumoren her­
ausgefunden – warum sie ungehemmt wachsen,
warum sie Metastasen bilden. Das eröffnete die
Möglichkeit, neue, „maßgeschneiderte“ Medika­
mente zu entwickeln, die besondere Merkmale
von Krebszellen auf der Oberfläche ihrer Zellmembran identifizieren (z. B. Rezeptoren), welche auf
gesunden Körperzellen nicht vorkommen. Diese
zielgerichtete Krebstherapie wird im englischen
„Targeted Therapy“ genannt.
lentherapie) konnte das Behandlungsspektrum in
der Krebstherapie deutlich erweitert und die Hei­
lungschancen für Krebspatienten konnten ver­
bessert werden.
Die bereits heute verfügbaren Medikamente sind
meist gentechnisch hergestellte monoklonale Anti­
körper. Die monoklonalen Antikörper Cetuximab
und Vectibix wirken gegen den EGF-Rezeptor auf
der Oberfläche der Tumorzelle und werden in der
Behandlung von Darmkrebs eingesetzt.
Ein weiterer, in der Behandlung von Darmkrebs
eingesetzter monoklonaler Antikörper ist Bevacizumab. Er verfolgt das Ziel, die Neubildung von
Blutgefäßen zu hemmen und somit das Einwachsen
in den Tumor zu stoppen. Damit schneidet er den
Tumor von der überlebenswichtigen Versorgung
mit Sauerstoff und Nährstoffen durch das Blut ab.
Der Tumor wird dadurch gewissermaßen „ausge­
hungert“. Dieses Prinzip wird Anti-Angiogenese
oder Angiogenese-Hemmung genannt.
Durch Kombination mit den konventionellen The­
rapiemethoden (Operation, Chemo- und Strah­
Angiogenese: Neubildung von Blutgefäßen aus bestehenden Gefäßen
Die Versorgung unseres Körpers mit Blut erfolgt menschlichen Körper. Sie spielt vor allem bei der
über ein weit verzweigtes System aus Blutgefäßen. Entwicklung des Embryos im Mutterleib und im
Über eine Gesamtlänge von fast 97.000 km wer­ Kindesalter eine wichtige Rolle. Im Erwachsenen­
den in diesen Versorgungsleitungen Sauerstoff alter beschränkt sich die Angiogenese auf die
und Nährstoffe zu den Zellen aller Organe trans­ Wundheilung und den Menstruationszyklus der
portiert, damit diese ihre Aufgabe erfüllen können. Frau.
Die Angiogenese ist ein normaler Vorgang im
Bei der Chemound Strahlentherapie werden
schnellwachsende
Tumorzellen
gehemmt. Krebszellen teilen sich
schneller als
gesunde Zellen
und werden
daher deutlich
stärker angegriffen. Aber auch
gesunde Zellen
können in
Mitleidenschaft
gezogen werden,
was dann die
Nebenwirkungen
auslöst. Angiogenese-Hemmer
wirken nicht auf
die Tumor- und
gesunden Zellen,
sondern auf die
versorgenden
Blutgefäße
und sind daher
wesentlich besser
verträglich.
15
Es gilt heute als erwiesen, dass sowohl das
Wachstum als auch das Fortschreiten und die
Metastasierung eines Krebsgeschwürs Angioge­
nese-abhängig sind. Tumore bestehen nämlich
aus Zellen, die wie alle Zellen im Körper Nährstoffe
und Sauerstoff benötigen.
Ein Tumor kann sich bis zu einer Größe von ein bis
zwei Millimetern noch mit Nährstoffen und Sauer­
stoff aus seiner Umgebung versorgen. In diesem
Stadium verfügt der Tumor noch nicht über eigene
Blutgefäße. Für ein weiteres Wachstum reicht die
Versorgung aber nicht mehr aus. Um weiter wach­
sen zu können, setzt der Tumor einen Botenstoff
frei.
Einer der wichtigsten Botenstoffe ist der BlutgefäßWachstumsfaktor VEGF. Er wird vom Tumor in die
Die Angiogenese-Hemmer hungern den Tumor aus
Bereits im Jahr 1971 wurde in den USA das Wirk­
prinzip der sogenannten Angiogenese-Hemmung
beschrieben. Der Ansatz war ebenso simpel wie
genial: die Bildung neuer Gefäße zum Tumor zu
unterbinden und ihn somit regelrecht auszuhun­
gern bzw. sein Wachstum zu hemmen. Aber es
sollte noch einige Jahre dauern, bis diese Idee mit
der Entwicklung sogenannter AngiogeneseHemmstoffe für die Krebstherapie Realität wurde.
Das seit Januar 2005 zur Behandlung von Darm­
krebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassene
16
Blutbahn ausgeschüttet und dockt an spezielle
Bindungsstellen. Das ist der Startschuss für die
Tumor-Angiogenese: Das Blutgefäß bildet Ver­
zweigungen, die nun Kurs auf den Tumor nehmen.
Der Tumor ist bald von einem dichten „Blutver­
sorgungsnetz“ überzogen. So sichert der Tumor
seine Durchblutung und damit die wichtigste
Voraussetzung für sein Überleben und weiteres
Wachstum. Diesen Vorgang nennt man TumorAngiogenese.
Das Tückische an diesem Vorgang ist, dass durch
die neu gebildeten Blutgefäße einzelne Krebszel­
len Zugang zum allgemeinen Blutkreislauf des
Menschen erhalten. Das bedeutet, es können so
Krebszellen in andere Organe gelangen und dort
Metastasen bilden.
Medikament Bevacizumab ist ein solcher Angiogenese-Hemmer. Bevacizumab war damit das
erste Medikament zur Behandlung von Darmkrebs
im fortgeschrittenen Stadium, das auf dem neuen
Prinzip der Anti-Angiogenese basiert.
Der Angiogenese-Hemmer wird als Infusion
gegeben, verteilt sich im Blut, bindet dort an den
Blutgefäß-Wachstumsfaktor VEGF und fängt ihn
ab. Damit wird das Andocken des Wachstums­
faktors an benachbarte Blutgefäße blockiert.
Es werden keine neuen Blutgefäße ausgebildet
und der Tumor wird so vom Nachschub an Nähr­
stoffen und Sauerstoff abgeschnitten und regel­
recht „ausgehungert“.
Die Angiogenese-Hemmung verstärkt die
Wirkung der Chemotherapie
Der Angiogenese-Hemmer Bevacizumab wird
heute in der Behandlung von Darmkrebs im fort­
geschrittenen Stadium in Kombination mit den
gängigen Chemotherapien verwendet. Damit wer­
den diese noch wirksamer und die Wirkung der
Chemotherapie hält länger an. Denn es hat sich
gezeigt, dass der Angiogenese-Hemmer nicht nur
dabei hilft, im Tumor neu gebildete Blutgefäße
zurückzubilden. Der Wirkstoff trägt auch dazu bei,
dass die Chemotherapie die Krebszellen besser
erreichen kann. Diese erfolgreiche Kombination
sorgt dafür, dass das erneute Fortschreiten des
Tumors hinausgezögert wird.
Bestrahlung
Auch energiereiche Strahlen hemmen das Wachs­
tum der Krebszellen. Meistens verwendet man
Röntgenstrahlen. Die Geräte sind in den letzten
Jahren sehr verbessert worden. Man kann das
bestrahlte Feld gut eingrenzen, die Dosis individuell
bestimmen. Dadurch haben sich die Nebenwir­
kungen deutlich verringert. Bestrahlungen werden
überwiegend bei Enddarmkrebs (Rektumkarzi­
nom) durchgeführt. Die Strahlentherapie findet
über mehrere Wochen täglich statt. Eine einzelne
Bestrahlung dauert nur wenige Minuten.
Blutgefäß
Tumor
Blutgefäß
Tumor mit Blutgefäßen
Blutgefäß
Tumor
Blutgefäß
Tumor mit zurückgebildeten Blutgefäßen
nach Angiogenese-Hemmung
17
Vorgehen bei unerwünschten Wirkungen
Auf unerwünschte
Nebenwirkungen
kann der Arzt
durch Verschreiben
von Begleitmedikation, Reduktion
der Dosis oder
Therapiepausen
reagieren.
Allerdings kann
nur der Arzt entscheiden, was in
der jeweiligen
Situation richtig ist.
Sowohl Bestrahlungen als auch Chemotherapien
sind Behandlungsmethoden, die starke Neben­
wirkungen verursachen können. Deshalb ist auch
die Liste mit den möglichen unerwünschten Wir­
kungen auf den Beipackzetteln der Zytostatika
erschreckend lang. Diese Ausführlichkeit verlangt
das Arzneimittelgesetz, auch wenn keineswegs
alle Patienten Nebenwirkungen erleiden.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit,
Erbrechen, Durchfall und Hautreaktionen. Diese
Reaktionen des Magen-Darm-Systems können
meist sehr gut durch Medikamente eingedämmt
werden. Manchmal ist es sinnvoll, die Mittel gegen
Durchfall oder Erbrechen bereits vor der Gabe der
Zytostatika anzuwenden oder den Patienten mit
nach Hause zu geben.
Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachen­
raum können sehr unangenehm sein, heilen aber
nach Beendigung der Therapie meistens gut ab.
Ein Mangel an weißen Blutkörperchen kann Infek­
tionen und Fieber nach sich ziehen. Deshalb wird
das Blutbild von Patienten unter Chemotherapie
häufig kontrolliert. Es gibt Medikamente, die die
Bildung weißer Blutkörperchen anregen. Wenn
das nicht hilft, also die Anzahl der weißen Blutkörperchen weiter abnimmt, kann das ein Grund sein, die
Therapie zu unterbrechen oder völlig abzusetzen.
18
Wenn zu wenige der für den Sauerstofftransport
zuständigen roten Blutkörperchen im Blut sind
(Anämie), kann der Wirkstoff Erythropoetin häufig
helfen. Auch Müdigkeit und Antriebsschwäche
sind manchmal durch Anämie bedingt und können
mit Erythropoetin gemildert werden.
Von einigen Zytostatika ist bekannt, dass sie
bestimmte Organe häufiger schädigen als andere.
Beeinträchtigungen von Nerven, Lunge, Herz oder
Nieren können die Folge einer Therapie mit diesen
Medikamenten sein. Besonders bei älteren Patienten und Diabetikern müssen die Funktionen dieser
Organe überwacht werden. Haarausfall ist eigent­
lich eine eher harmlose Nebenwirkung, die Haare
wachsen ja wieder nach. Trotzdem ist er für viele
Patienten die schlimmste Folge einer Chemothe­
rapie. Das Kopfhaar ist wohl ein so wichtiger Teil
unserer Identität, dass selbst der vorübergehende
Verlust als entwürdigend empfunden wird. Leider
wird Haarausfall gelegentlich sogar als Grund
genannt, die Therapie abzulehnen. Wenn eine
Therapie nötig ist, die zu Haarausfall führt, tragen
die Krankenkassen die Kosten für eine Perücke.
Bei der Behandlung mit dem Angiogenese-Hemmer
sind die für eine Bestrahlung oder Chemotherapie
typischen Nebenwirkungen nicht zu erwarten.
Allerdings kann auch diese Therapie unerwünschte
Wirkungen mit sich bringen. Am häufigsten ist das
Auftreten von Nasenbluten, das in der Regel jedoch
wieder von selbst aufhört. Bei einigen Patienten
kommt es zu einem Anstieg des Blutdrucks. Die­
ser lässt sich aber im Allgemeinen mit Medikamen­
ten wieder normalisieren.
19
Nachsorge
Da der Tumor
wieder auftreten
kann, sind
regelmäßige
Nachsorgeuntersuchungen
wichtig.
Nachsorgeuntersuchungen werden in den ersten
2 Jahren nach Abschluss der Therapie viertel­
jährlich, danach halbjährlich durchgeführt. Wenn
nach 5 Jahren kein Anzeichen eines Wiederauftre­
tens des Tumors festzustellen ist, können die
Abstände der Untersuchungen auch größer sein.
Zu einer Nachsorgeuntersuchung gehört:
eine körperliche Untersuchung und
Fragen nach Verdauungsproblemen
die Bestimmung von speziellen
Laborwerten, z. B. Tumormarkern
eine Ultraschalluntersuchung des
Bauchraums und der Leber
20
ein Röntgenbild der Lunge
(einmal im Jahr)
eine Darmspiegelung 3 Monate
nach der Operation nur, wenn
unmittelbar vor der Operation keine
komplette Spiegelung des Darmes
erfolgte; sonst nach 2 und 5 Jahren
Manchmal wird zur Sicherung von Befunden eine
CT (Computertomografie) durchgeführt.
„Alternative“ Heilmethoden?
Krebs ist ein harter Gegner. Mit sanften Mitteln ist ihm nicht beizukommen.
Obwohl schon viele alternative Heilverfahren wissenschaftlich überprüft
wurden, konnte bisher keiner der Vertreter alternativer Methoden nach­
weisen, dass sein Verfahren wirklich gegen Krebs hilft. Sogenannte „bio­
logische Therapien“ oder „Immuntherapien“ können daher bei Darmkrebs
keine Alternative zu den wissenschaftlich überprüften schulmedizinischen
Behandlungen sein. Unter den Anbietern sogenannter „sanfter“ Krebs­
therapien gibt es zahlreiche wohlmeinende Ratgeber, aber auch sehr viele
betrügerische Scharlatane.
21
Weiterführende Literatur
Darmkrebs
Rat und Hilfe für Betroffene und Angehörige
Hermann Delbrück
Kohlhammer Verlag, 2004
ISBN 978-3-17-018314-8
Thema Krebs
Hilke Stamatiadis-Smidt, Harald zur Hausen,
Otmar D. Wiestler
Springer Verlag, März 2006
ISBN 978-3-540-25792-9
Nach der Diagnose Krebs – Leben ist eine
Alternative.
Herbert Kappauf, Walter M. Gallmeier
Herder Verlag, 2000
ISBN 978-3-451-04857-9
Die blauen Ratgeber,
Nr. 6: Darmkrebs
Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e. V.
ISSN 0946-4816
Art.-Nr. 006
Hilfe bei Darmkrebs
Vorsorge – Diagnose – Therapie
Prof. Dr. med. H.-D. Allescher, Dr. med. A. C.
Kors, Dr. V. Drehbing, Dr. C. Maar (Hrsg.)
TRIAS Verlag, 2004
ISBN 978-3-830-43159-6
Darmkrebs vorbeugen und heilen
Joachim Schmoll, Ulrich Ravens
Knaur Verlag, 2005
ISBN 978-3-426-66953-2
Adressen
Deutsche ILCO e. V.
Solidargemeinschaft von Stomaträgern und von
Menschen mit Darmkrebs
Thomas-Mann-Straße 40
53111 Bonn
Tel.: 0228/338894-50
(montags bis donnerstags 9–15 Uhr)
Fax: 0228/338894-75
E-Mail: [email protected]
Internet: www.ilco.de
22
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
TiergartenTower
Straße des 17. Juni 106–108
10623 Berlin
Tel.: 030/322932900
Fax: 030/322932966
E-Mail: [email protected]
Internet: www.krebsgesellschaft.de
Adressen
Deutsche Krebshilfe e. V.
Buschstraße 32
53113 Bonn
Tel.: 0228/72990-0
Fax: 0228/72990-11
E-Mail: [email protected]
Internet: www.krebshilfe.de
Felix Burda Stiftung
Rosenkavalierplatz 10
D-81925 München
Tel.: 089/92502501
Fax: 089/92502713
E-Mail: [email protected]
Internet: www.felix-burda-stiftung.de
Forum Schmerz
im Deutschen Grünen Kreuz e. V.
Schuhmarkt 4
35037 Marburg
Tel.: 06421/293-125 (Sekretariat)
Fax: 06421/293-725
E-Mail: [email protected]
Internet: www.forum-schmerz.de
Frauenselbsthilfe nach Krebs e. V.
„Haus der Krebs-Selbsthilfe“
Thomas-Mann-Straße 40
53113 Bonn
Tel.: 0228/33889-400
Fax: 0228/33889-401
E-Mail: [email protected]
Internet: www.frauenselbsthilfe.de
Geschäftsstelle Stiftung LebensBlicke
Bremserstraße 79
67063 Ludwigshafen
Tel.: 0621/5034168
Fax: 0621/5034112
E-Mail: [email protected]
Internet: www.lebensblicke.de
Krebsinformationsdienst KID
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Tel.: 0800/4203040 (täglich 8–20 Uhr;
kostenlos aus dem deutschen Festnetz)
Fax: 06221/401806
E-Mail: [email protected]
Internet: www.krebsinformation.de
Informationen und Adressen zu psychosozialen Krebsberatungsstellen für Patienten und Angehörige
erhalten Sie beim Krebsinformationsdienst KID und bei der Deutschen Krebshilfe.
Roche Pharma AG
Emil-Barell-Straße 1
79639 Grenzach-Wyhlen
Tel.: 07624/140
Fax: 07624/1019
Internet: www.roche.de
23
Glossar
Adjuvante Therapie
Unterstützende Behandlung nach operativer Ent­
fernung des Tumors. Das Ziel der Operation ist die
vollständige Entfernung des von Darmkrebs befal­
lenen Gewebes. Die adjuvante Therapie soll die
Operation darin unterstützen, indem sie verein­
zelte im Körper verbliebene Tumorzellen beseitigt.
Angiogenese
Griech.: angiojénessi – die Gefäßentstehung; die
Bildung neuer Blutgefäße im Körper.
Angiogenese-Hemmer
Medikamente, die die Bildung neuer Blutgefäße
im und zum Tumor hemmen.
Anti-Angiogenese
Die Unterdrückung der Angiogenese.
Antigen
Die Bezeichnung für Merkmale auf der Oberfläche
von Substanzen, beispielsweise Krankheitserre­
gern oder Tumorzellen, die vom Immunsystem als
Fremdkörper erkannt und bekämpft werden.
Anus praeter
Künstlicher Darmausgang durch die Bauchdecke.
Wird manchmal vorübergehend angelegt, damit
das Gewebe im Operationsgebiet besser verheilen
kann. Etwa 10 % der Darmkrebspatienten müssen
dauerhaft mit einem künstlichen Darmausgang
leben.
24
Antikörper
Werden als Reaktion auf bestimmte in den Körper
eingedrungene Fremdstoffe – normalerweise
Krankheitserreger – gebildet. Verbinden sich mit
fremdem Antigen und lösen damit eine Reihe von
Reaktionen aus, die zur Zerstörung des Erregers
führen. Künstlich hergestellte Antikörper für die
Krebstherapie erkennen bestimmte Antigene auf
der Tumoroberfläche, binden an diese und führen
damit letztendlich zur Zerstörung der Krebszelle.
Benigne
gutartig
Bevacizumab
Biotechnologisch hergestellter Antikörper, Angio­
genese-Hemmer, zur Behandlung von Darmkrebs.
Bindet an den Blutgefäß-Wachstumsfaktor VEGF,
macht ihn dadurch unwirksam und hemmt damit
die Bildung neuer Blutgefäße. Die Versorgung des
Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen unter­
bleibt – der Tumor wird regelrecht „ausgehungert“.
Blutgefäß-Wachstumsfaktor
VEGF, engl.: vascular endothelial growth factor/
vaskulärer, endothelialer Wachstumsfaktor.
Wird vom Tumor in die Blutbahn ausgeschüttet
und bindet an bestimmte Zellen benachbarter
Blutgefäße. Diese werden zum Wachstum und zur
Bildung neuer Blutgefäße angeregt.
Capecitabin
Medikament, das in der Chemotherapie bei Darm­
krebs zum Einsatz kommt. Wird als Tablette einge­
nommen und hemmt das Zellwachstum; Zytosta­
tikum.
Cetuximab
Biotechnologisch hergestellter Antikörper zur
Behandlung von Darmkrebs. Er richtet sich gegen
den Rezeptor für den so genannten epidermalen
Wachstumsfaktorrezeptor (auch EGFR genannt,
engl.: epidermal growth factor receptor). Durch
die Bindung des Antikörpers an den EGF-Rezeptor
wird die Weiterleitung der Wachstumssignale
gestoppt und damit das Tumorwachstum unter­
bunden.
Chemotherapie
Behandlung mit Medikamenten, die das Zell­
wachstum hemmen.
Colon
Dickdarm
Colitis ulcerosa
Chronisch entzündliche Darmerkrankung.
Colostoma
s. Anus praeter
CT
Abkürzung für Computertomografie. Computer­
unterstützte Röntgenuntersuchung. Sogenanntes
Schnittbildverfahren, mit dem Einzelheiten sehr
gut zu erkennen sind.
EGFR
Engl.: epidermal growth factor receptor. Epider­
maler Wachstumsfaktorrezeptor.
Der EGF-Rezeptor ist bei verschiedenen Tumorarten
auf der Oberfläche von Krebszellen im Übermaß
vorhanden und/oder fehlreguliert. Das führt dazu,
dass die Tumorzellen unkontrolliert wachsen und
sich vermehren.
FAP, familiäre Polyposis
Erbkrankheit mit vermehrter Polypenbildung im
Darm. Die Wahrscheinlichkeit, dass aus den Polypen
Darmkrebs entsteht, ist praktisch 100 %.
5-FU
Abkürzung für das Medikament 5-Fluorouracil.
Gastroenterologe
Facharzt/-ärztin für Magen-Darm-Krankheiten.
Histologie
Lehre von der Feinstruktur der Gewebe des Kör­
pers. Methode: mikroskopische Untersuchung
von Gewebe.
Karzinom
Krebs, bösartiger Tumor.
Kernspintomografie
Untersuchungstechnik, erzeugt Schnittbilder von
Organen mit Hilfe von starken Magnetfeldern.
25
Glossar
Koloskopie
Darmspiegelung; Untersuchung des gesamten
Dickdarms.
Okkultblut-Test
Nachweis von verstecktem, mit bloßem Auge
nicht sichtbarem Blut im Stuhl.
Kolorektal
Das Kolon (Dickdarm) und Rektum (Enddarm)
betreffend.
Onkologe
Facharzt/-ärztin für Krebserkrankungen.
Lymphknoten
Schaltstellen des Lymphgefäßsystems, das den
Körper, ähnlich wie das Blutgefäßsystem, durch­
zieht. Lymphknoten sind Organe, in denen Abwehrzellen (Lymphozyten) reifen und sich ver­
mehren, wenn Krankheitserreger in den Körper
eingedrungen sind. In den Lymphknoten bleiben
häufig Krebszellen hängen und vermehren sich.
Maligne
bösartig
Metastasen
Tochtergeschwulste eines bösartigen Tumors an
einem anderen Ort als dem des ursprünglichen
Tumors.
26
Palliative Therapie
Krankheitsmildernde Behandlung. Ist eine voll­
ständige Beseitigung des Tumors nicht möglich,
strebt man eine Verkleinerung des Ersttumors
bzw. der Metastasen an. Ziele sind die Linderung
von Krankheitssymptomen (Schmerzen, tumorbe­
dingte Störungen der Organfunktion) und Lebens­
verlängerung bei guter Lebensqualität.
Pathologe
Facharzt, der unter anderem mittels feingeweb­
licher Untersuchung beurteilt, ob ein Tumor gut­
artig oder bösartig ist.
Pathologie
Lehre von den krankhaften Vorgängen im Körper.
Morbus Crohn
Chronisch entzündliche Darmerkrankung.
Polyp (des Dickdarms)
Gutartige Wucherung der Darmschleimhaut, die
bösartig entarten kann.
Okkult
Lat.: occultus – versteckt, verborgen.
Progression
Fortschreiten der Tumorerkrankung.
Rektum
Enddarm, der letzte Teil des Dickdarms vor dem
Darmausgang.
Remission
Rückbildung von Tumor bzw. Metastasen. Voll­
ständige Remission: Der Tumor ist in der Compu­
tertomografie (Röntgentechnik, bei der das Bild
vom Computer hergestellt wird) nicht mehr sicht­
bar. Partielle Remission: Der Tumor schrumpft um
mehr als die Hälfte.
Rezidiv
Rückfall. Einige Zeit nach Entfernung der Krebs­
geschwulst treten erneut Tumore auf.
Sigmoidoskopie
Untersuchung der unteren Dickdarmanteile ein­
schließlich des Enddarms. Das Sigmoid (auch:
Sigmaschleife) ist der Dickdarmabschnitt vor dem
Enddarm.
Therapie
Behandlung
Tumor-Angiogenese
Neubildung von Blutgefäßen im und zum Tumor.
Auslöser sind Botenstoffe, die der Tumor in die
Blutbahn ausschüttet. Siehe Angiogenese, Blut­
gefäß-Wachstumsfaktor, VEGF.
Tumormarker
Spezielle Stoffe im Blut oder in anderen Körperflüs­
sigkeiten, deren erhöhte Konzentration auf eine
Tumorkrankheit oder ein Rezidiv einer solchen
hindeuten kann. Sie werden zur Verlaufskontrolle einer Tumorerkrankung eingesetzt. Als
Suchmethode zur Erstdiagnose eines Tumors sind
die Tumormarker nicht geeignet. Das CarcinoEmbryonale Antigen (CEA) ist einer der wichtigsten
Tumormarker bei Darmkrebs.
Tumor
Allgemein: jede Art von unnatürlicher Verdickung
bzw. Schwellung. Speziell: knotenartige Wuche­
rung von Zellen, die gutartig oder bösartig sein
können.
VEGF
Engl.: vascular endothial growth factor. BlutgefäßWachstumsfaktor.
Zellen
Kleinste Einheit des Körpers. Grundbausteine der
Organe.
Zytostatikum
Medikament, das Zellen im Wachstum hemmt. Es
wird bei einer Chemotherapie verwendet.
27
Roche Pharma AG
79630 Grenzach-Wyhlen
www.roche.de
Herunterladen