Der Gelbschenkelkernbeisser Mycerobas affinis (Blyth, 1855) © T. Ratjen (15034) Ordnung: Unterordnung: Familie: Gattung: Art: Unterarten: Passeriformes - Sperlingsvögel Passeres - Singvögel Carduelidae - Gimpel (Hänflinge) Mycerobas Mycerobas affinis – Gelbschenkelkernbeisser Es werden keine Unterarten beschrieben, damit ist die Art monotypisch. Englischer Name: Französischer Name: Italienischer Name: Holländischer Name: Spanischer Name: Collared Grosbeak; Gros-bec á collier; Gros-bec voisin; Frosone dal collare; Affinie Appelvink; Halsbanddikbek; Pepitero Aliado; Im Jahr 1997 konnte man die Art noch sehr günstig auf nahezu jeder Vogelbörse erwerben und auch ich erstand damals ein Paar dieser faszinierenden Kernbeißer. Ihre ansprechende Färbung und das ruhige Wesen hatten es mir angetan. Die Zucht gelang mir bereits im ersten Jahr doch habe ich mich später wieder von dieser Art getrennt da das Männchen im dritten Jahr die Eier gefressen hat und dieses Verhalten sich leider nicht abgewöhnen lässt. In diesem Jahr züchtete mein Freund Jan Heilmann den Gelbschenkelkernbeisser wieder recht erfolgreich und es gelang mir einige schöne Bilder zu schießen. Zusammen haben wir diesen Bericht über die Haltung und Zucht verfasst. Beschreibung: Größe ca. 23 cm. Beim Männchen sind Kopf, Brust, Schwanz und Flügel schwarz. Nacken, Unterseite und Mittelrücken sind leuchtend gelb bis orange. Weibchen sind fast einfarbig olivgrün, Kopf und Brust grau, Schwanz- und Schwungfedern schwarz. Die Geschlechter der Jungvögel sind bereits im Nest eindeutig zu bestimmen da sie den Altvögeln sehr gleichen. Von beiden Geschlechtern wird vor der Brut ein einsilbiger, flötender Gesang recht laut vorgetragen. Während der Bebrütung des Geleges wird der Gesang nahezu eingestellt. Verbreitung und Biotop: Der Gelbschenkelkernbeisser bewohnt die Wacholder- und Rhododendrongebüsche oberhalb der Baumgrenze bzw. die Koniferen- und Mischwälder bis 4000m. Die Verbreitung im Himalajagebiet reicht von NW- Pakistan durch Kaschmir, NW- Indien, Nepal, Sikkim, Assam und Bhutan bis SE- Tibet und N- Yünnan. Von dort nordwärts durch W- Szetschuan bis SKansu. Unterbringung: Die Gelbschenkelkernbeisser sind in einer Aussenvoliere von ca. 5x3,5x2,4 m (LxBxH) untergebracht, in einer angeschlossenen Innenvoliere mit den Maßen 2x1,2x2 m wird lediglich das Futter angeboten. Die Aussenvoliere ist an zwei Seiten geschlossen. An diesen Wänden sind Koniferenzweige angebracht, die als Nist- und Versteckmöglichkeit dienen und an deren Nadeln die Vögel gern nagen. Bepflanzt ist die Voliere mit Thuja, Faulbaum, Schmetterlingsflieder, Farnen und verschiedenen Stauden. Die Aussenvoliere ist bisher lediglich zu ca. einem Drittel überdacht, eine komplette Überdachung ist für den Herbst vorgesehen. Diese soll ein trockenes Milieu schaffen und das Eintragen von Krankheiten durch Wildvögel unterbinden. Eine große Badeschale, die täglich gereinigt wird, steht auf dem Volierenboden. Vergesellschaftet sind die Kernbeißer ausschließlich mit einem Paar Kanarengirlitze welches ebenfalls erfolgreich Junge aufgezogen hat. Eine Vergesellschaftung mit Cardueliden mit Gelbanteilen im Gefieder, wie z. B. Chinagrünling oder Bartzeisig, schlug fehl, diesen Arten gegenüber zeigten sich die Kernbeißer zur Brutzeit sehr aggressiv. Weiterhin sollten andere Kernbeißer nicht in Sichtweite untergebracht werden da die Paare sich gegenseitig stören können. Ernährung: Die Ernährung der Kernbeißer stellt den Halter vor keine allzu großen Probleme. Futtermittelhändler wie z. B. Matthias Blattner (Blattner-Heimtierfutter) bieten speziell auf die Ernährung der unterschiedlichsten Cardueliden abgestimmte Futtermischungen an, diese hat sich bei mir gut bewährt und kann auch gequollen angeboten werden. Bei Zuchtfreund Heilmann besteht das Grundfutter aus einer Großsittichmischung die mit Kardi, Mariendistel und Kiefersaat angereichert wird. Ein Keimfutter wird von Jan nicht angeboten, aus meiner Erfahrung weiß ich aber, dass ein Keimfutter für Kanarien sowie gekeimte Sonnenblumenkerne gern angenommen werden. An Grünfutter wird alles angeboten was entsprechend der Jahreszeit zu finden ist. Dies sind z. B. Vogelmiere, Hirtentäschelkraut, Stiefmütterchensamenkapseln, verschiedene Ampferarten und der bei uns im Norden sehr häufig angebaute Raps. Je nach Jahreszeit werden auch Beeren wie Liguster, Feuerdorn, Him, Vogel- und Mehlbeere, Weißdorn, Kirschen und die besonders beliebten Hagebutten gereicht. Nach Schweers verfettet der Kernbeißer bei zu reichlicher Fütterung mit ölhaltigen Sämereien schnell, diese Erfahrung konnten wir mit unseren Vögeln bei der beschriebenen Ernährung nicht machen. Ein Grit – Mineraliengemisch stand den Vögeln bei mir selbstverständlich das ganze Jahr über zur Verfügung, bei Jan decken die Kernbeißer ihren Bedarf über die Gehäuse der Schnecken, Korvimin und den im Innenraum verwendeten groben Vogelsand. Zur Brutzeit ist die Gabe von Lebendfutter absolut notwendig, Körnerund Grünfutter wird erst im späteren Verlauf der Jungenaufzucht an diese verfüttert. Ab Ende April werden den Kernbeißern verstärkt Mehlkäferlarven und Gehäuseschnecken gereicht. Heimchen, in tiefen Kunststoffschalen angeboten um ein Entweichen zu verhindern, dienen als Leckerbissen. Sehr gern werden auch die Mehlkäfer von den Kernbeißern gefressen. Die Gehäuseschnecken waren auch damals bei meiner Zucht das wichtigste Aufzuchtfutter. Bis zu 30 Schnecken am Tag wurden pro Jungvogel gereicht. Das Gehäuse kann man mit dem Hammer leicht anschlagen, dies erleichtert es den Kernbeißern an das begehrte Fleisch zu gelangen. Ist das Gehäuse entfernt oder gefressen, wird die Schnecke immer wieder über einen Ast gewischt bis der Schleim weitgehend entfernt ist. Mit der Zeit verunreinigen die Sitzstangen natürlich sehr und müssen ggf. ausgetauscht werden. Mein Zuchtfreund H. Reimer hat zur Aufzucht auch Nacktschnecken gereicht welche aber deutlich weniger Zuspruch fanden als Gehäuseschnecken. Um immer einen Vorrat an Schnecken zu haben friert Jan diese auch portionsweise ein. Leider dienen Schnecken und Regenwürmer, die von den Kernbeißern an regnerischen Tagen in der Aussenvoliere ebenfalls gern erbeutet werden, Haarwürmern auch als Zwischen-, Stapel- und Transportwirt. Begriffserklärung: Zwischenwirt: In ihm setzt der Parasit seine Entwicklung fort, ohne die Geschlechtsreife zu erreichen. Der Parasit ist zumeist in einem bestimmten Stadium, in einem bestimmten Organ arretiert und gelangt in den Endwirt, indem dieser den Zwischenwirt frisst. Stapelwirt: Eine Sonderform eines Zwischenwirts. Der paratenische (Stapel-) Wirt nimmt durch seine Nahrungsgewohnheiten große Mengen von Larven eines Parasiten auf, die sich in ihm nicht weiterentwickeln, sondern in dem ursprünglichen Stadium infektionsbereit verharren. Transportwirt = Wartewirt: ein Wirt, in dem keine Weiterentwicklung des Parasiten stattfindet. Da Jan das große Glück hat, dass sein Vater Rolf Heilmann Tierarzt und Vogelzüchter mit eigener Praxis in Bargteheide ist kann er natürlich schnell Kotproben auf einen evtl. Befall untersuchen lassen und dann angemessen reagieren. Übrigens verhindert das Einfrieren der Schnecken keine Infektion mit Haarwürmern! Bereits vor jeder Zuchtsaison lässt Jan Kotproben untersuchen um dann ggf. auch eine Coccidienbehandlung durchzuführen. Vor der Verfütterung wird das Lebendfutter noch leicht mit Korvimin eingestäubt. Fortpflanzung: Bereits ab Januar kann man beobachten, dass die Gelbschenkelkernbeißermännchen anfangen die Weibchen zu füttern. Je nach Witterung werden dem Weibchen im März auch schon kleine Zweige übergeben. Meist wird aber erst gegen Mitte Mai von den Kernbeißern mit dem eigentlichen Nestbau begonnen. Dieses wird in künstlichen Nisthilfen (größere geflochtene Körbchen) oder freistehend in den Kiefernzweigen aus feinen Zweigen, trockenen Gräsern, Heu, Hirtentäschelkraut und trockener Vogelmiere von beiden Partnern errichtet. Der Innenausbau erfolgt in der Regel mit Kokosfasern. In diesem Jahr wurde das erste Nest allein vom Männchen errichtet, dieses wurde vom Weibchen aber nicht angenommen. Nach kurzer Zeit begann das Männchen erneut mit dem Nestbau, der Rohbau wurde wiederum allein fertig gestellt. Die Auspolsterung des Nestes wurde jetzt vom Weibchen übernommen, das Männchen übergab nun nur noch das Material an das Weibchen. Während der Fortpflanzungszeit sind die ohnehin ruhigen Gelbschenkelkernbeisser dem Halter gegenüber sehr vertraut, ja nahezu zahm. Die Kernbeißer füttern sich jetzt häufig und es wird von beiden Partnern ein flötender Gesang vorgetragen. Die meist 3 hellgrünlich-blauen Eier werden ca. 12 bis 14 Tage bebrütet. Nach weiteren 14 Tagen verlassen die Jungen das Nest und werden noch 2 bis 3 Wochen von den Altvögeln versorgt. Ca. eine Woche nach dem Ausfliegen beginnen die Elterntiere wieder mit dem Nestbau für eine evtl. 2. Brut. Die Jungvögel können problemlos bei dem Zuchtpaar belassen werden. Der Gelbschenkelkernbeisser als Ausstellungsvogel: Aufgrund seiner ruhigen Art lässt sich der Gelbschenkelkernbeisser sehr gut auf Ausstellungen zeigen. Im Team, oder besser Grossittichkäfig mit dezenter Dekoration, benötigt er nur eine kurze Eingewöhnungszeit. Literaturquellen: http://www.wissen.de http://www.unet.univie.ac.at/~a7505973/texte/skriptum_para.pdf Classen / Massoth „Handbuch der Cardueliden“ Hanke Verlag E. Schweers „Haltung und Zucht des Gelbschenkelkernbeissers“ AZN 1993