Dr. Katrin Woitecki, Dipl.-Psych., KJP Vortrag: Verhatlenstherapie – keine Therapie? Tic-Störungen sind motorische Zuckungen oder Lautäußerungen, die unwillkürlich und plötzlich einsetzen. Es gibt eine immense Variation hinsichtlich des Schweregrades und der Ausprägungsformen. Passagere diskrete Tic-Symptome treten im Kindesalter sehr häufig auf, verschlechtern sich mitunter im Jugendalter. Das Tourette-Syndrom ist eine chronische Störung bei der sowohl motorische als auch vokale Tics vorhanden sind. Neben medikamentöser Behandlungen haben sich Verfahren der Verhaltenstherapie als ebenfalls wirksame therapeutische Verfahren erwiesen. Im Vortrag wird die aktuelle Studienlage zu verhaltenstherapeutischen Ansätzen, hierbei vor allem dem Habit Reversal Training (HRT), übersetzt dem Training der Reaktionsumkehr, vorgestellt. Bereits seit den ersten Veröffentlichungen von Azrin und Nunn 1973 kann das Verfahren als eine wirksame Behandlungsmethode angesehen werden. In der CBIT Studie von Piacentini et al., 2010 im Kindes- und Jugendalter sowie Wilhelm et al., 2012 im Erwachsenenalter wird das HRT in einem Kontrollgruppenvergleich einer aktiven Kontrollgruppe mit psychoedukativen Anteilen gegenübergestellt. Ein Rückgang der Symptomatik lässt sich in beiden Gruppen zeigen, der signifikant bedeutsamere Rückgang ist jedoch in der HRT Gruppe zu verzeichnen. Eigene Untersuchungen im deutschsprachigen Bereich unterstützen diese Befunde (Woitecki & Döpfner, 2011). Dennoch zeigt sich immer wieder, sowohl in den veröffentlichten Studien als auch im klinischen Alltag, dass bereits verhaltenstherapeutische Bestandteile einer Therapie wie beispielsweise Psychoedukation oder positive Selbstwertstärkung im Rahmen von Ressourcenaktivierung zu einer TicReduktion führen können. Daher wird in dem Vortrag der Frage nachgegangen, wie viel symptomzentrierte Therapie wirklich notwendig ist und welche Bestandteile darüber hinaus Gegenstand einer Verhaltenstherapie bei Tic-Störungen sein sollten. Workshop: Verhaltenstherapie (habit reversal training) Im Workshop werden die symptomzentrierten verhaltenstherapeutischen Ansatzpunkte zur Behandlung von Tic-Störung vertieft. Die Inhalte der symptomzentrierten Behandlung basieren primär auf dem „habit reversal training“, dem Training der Gegenbewegung mit den Inhalten: Selbstwahrnehmungstraining, Entspannungsverfahren und Training der Gegenbewegung. Im Rahmen des Selbstwahrnehmungstrainings erlernt der Patient mit Hilfe des Therapeuten für seine Tics sensibilisiert zu werden. Viele Patienten berichten von einem sogenannten sensomotorischen Vorgefühl, welches in der Therapie erarbeitet wird. Ziel ist es, dass der Patient erlernt, seine Tics möglichst frühzeitig zu entdecken. Darüber hinaus soll er ein Gespür bekommen, in welchen Situationen Tics häufiger auftreten und ich welchen seltener. Entspannungsverfahren können dem Patienten im Umgang mit allgemeinem Stress und Anspannung helfen. Im Training der Gegenbewegung trainiert der Patient mit Hilfe des Therapeuten eine motorische Bewegung ein, die das Auftreten des Tics verhindert und ihm entgegenwirkt. Die einzelnen Behandlungsbausteine werden exemplarisch mit Hilfe des Therapiemanuals THICS (Woitecki, K: & Döpfner, M., 2015) erläutert. Es besteht die Möglichkeit, eigene Fälle zu besprechen und exemplarisch die Therapieplanung zu diskutieren.