Tic-Störungen: Symptomatik, multimodale Diagnostik und Therapie Manfred Döpfner Tic-Störungen sind motorische Zuckungen oder Lautäußerungen, die unwillkürlich und plötzlich einsetzen. Es gibt eine immense Variation hinsichtlich des Schweregrades und der Ausprägungsformen. Passagere diskrete Tic-Symptome treten im Kindesalter sehr häufig auf. Das TouretteSyndrom ist eine schwere, seltene und häufig chronische Störung. Die multimodale Therapie umfasst spezielle verhaltenstherapeutische Methoden sowie die medikamentöse Behandlung. Der Vortrag gibt eine Übersicht über Symptomatik, Ätiologie und Verlauf von Tic-Störungen und diagnostische Verfahren zur Erfassung des Störungsbildes. Es wird eine Übersicht über die multimodale Behandlung der Störung mit Indikationen zur Beratung ohne weiterführende Therapie, zu verhaltenstherapeutischen Interventionen und zur medikamentösen Therapie gegeben. Das verhaltenstherapeutische Behandlungsprogramm der Reaktionsumkehr (habit reversal), sowie die Behandlung komorbider Störungen und die Störungsbewältigung bei chronischen Verläufen werden anhand des neu entwickelten THICS-Programms vorgestellt. Literatur Döpfner, M. & Rothenberger, A. (2007). Behaviour therapy in tic-disorders with co-existing ADHD. European Child & Adolescent Psychiatry (supplement I), 16, /89 - I/99. Döpfner, M., Roessner, V., Woitecki, K., & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie, Band 13. Göttingen: Hogrefe. Konzept und Effekte stationärer Behandlung von Eltern-Kind-Interaktionsstörungen Manfred Döpfner Eltern-Kind-Interaktionsstörungen treten bei verschiedenen psychischen Störungsbildern auf und können erheblich zur Aufrechterhaltung der entsprechenden Störung beitragen. Besonders häufig und intensiv lassen sich solche Störungen bei Kindern mit expansiven Verhaltensauffälligkeiten (Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen oder oppositionelle Verhaltensstörungen) beobachten. Mitunter sind ambulante Behandlungsansätze nicht erfolgreiche, meist weil die Umsetzung der erarbeiteten Interventionen im familiären Alltag nicht gelingt. Dies betrifft vor allem Eltern mit eigenen psychischen Belastungen und Störungen oder Familien mit anderen schweren psychosozialen Belastungen. Stationäre Therapie ist in solchen Fällen die Indikation der Wahl. Allerdings sind die Effekte stationärer Therapie bislang nur ungenügend untersucht worden. An der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln wurde eine Eltern-Kind- Station aufgebaut, in der überwiegend Kinder mit expansiven Störungen im Alter von 3 bis 10 Jahren gemeinsam mit meist einem Elternteil über den Zeitraum von 4 Wochen intensiv behandelt werden können. Das Konzept dieser Eltern-Kind-Station wird im Vortrag vorgestellt. Die Behandlung basiert auf dem Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) und enthält elternzentrierte, kindzentrierte, sowie Eltern-Kind-zentrierte Interventionen im Einzel- / Gruppensetting. Bei Indikation wird Pharmakotherapie durchgeführt. Zur Überprüfung der Effekte wurden N= 68 Patienten mit ausgeprägter Eltern-KindInteraktionsstörung im Alter von 3-10 Jahren wurden in eine kontrollierte Studie aufgenommen. In einem Eigenkontrollgruppen-Design wurde die Wirksamkeit der vierwöchigen Behandlung durch den Vergleich der Veränderungen in dieser Zeit mit den Veränderungen in einer vorgeschalteten Wartephase überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl expansive als auch andere psychische Auffälligkeiten der Kinder nach dem Urteil der Eltern während der stationären Therapie stärker vermindert werden als während der vorgeschalteten Wartephase. Diese Effekte stabilisieren sich in einer nachfolgenden ebenfalls vierwöchigen Katamnesephase. Im Lehrerurteil lassen sich ebenfalls Veränderungen nachweisen, doch sind die Therapieeffekte weniger eindeutig. Zudem lassen sich durch die Therapie das Erziehungsverhalten und die psychische Belastung der Eltern deutlich verbessern. Literatur Döpfner, M., Schürmann, S., & Frölich, J. (2007). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP). (4. Hrsg.). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union. Vorträge Prof. Dr. M. Döpfner anlässlich des Interdisziplinären Herbst-Seminar-Kongress für Sozialpädiatrie der Deutschen Akademie für Entwicklungsförderung und Gesundheit des Kindes und Jugendlichen e.V. in Brixen, 28.9.-2.10.2011