Göttinger Tageblatt, Seite 24 Freitag, 28 November 2008 Lob für Kooperation von Uni und Instituten Neue Graduiertenschule bietet zwölf Programme für 450 Doktoranden Mit wissenschaftlichem Symposium und Festakt ist die Göttinger Graduiertenschule für Neurowissenschaften und Molekulare Biowissenschaften (GGNB) eröffnet worden. An der von der Exzellenzinitiative geförderten Schule werden bis zu 450 Doktoranden wissenschaftlich arbeiten können. Von Tina Lüers M ehr als in den Fachwissenschaften allein zur Forschung und Wissenschaft beizutragen“, ist das Ziel der GGNB, so Lutz Stratmann, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur. Die derzeit zwölf Promotionsprogramme werden von sechs Fakultäten der Universität Göttingen, drei Max-PlanckInstituten und dem Deutschen Primatenzentrum getragen. „Ohne diese Landschaft und Vernetzung hätte es Göttingen in der Exzellenzinitiative nicht geschafft“, so der Minister. „Dieses Zusammenspiel verschiedener Fakultäten kann sich hervorragend beweisen“ so Dr. Wilhelm Krull, Vorsit- Rednerin und Redner bereiten sich vor: DFG-Vertreterin Dr. Ingrid Ohlert, Oberbürgermeister Wolfgang Heller Meyer, Kurt von Figura, Minister Lutz Stratmann, Wilhelm Krull und Reinhard Jahn (von links) zender des Stiftungsrates der Universität, der sich an die Zeiten erinnerte, in denen es hieß, die Max-Planck-Institute (MPI) seien die „reichen Vettern auf den Hügeln“ deutung von sicheren Verbindlichkeiten - einer permanenten Grundfinanzierung - für die Programmförderung hinzuweisen, wandte sich Prof. Reinhard Jahn, Sprecher der Graduiertenschule und Direktor Sichere Grundfinanzierung am MPI für biophysikalische Während Universitätspräsident Chemie, gegen die strukturelle Prof. Kurt von Figura die Ge- und auch personelle Unterverlegenheit nutzte, auf die Be- sorgung der Studierenden, die zu Mängeln in der Ausbildung führen könnte – auch wenn er den eingeschlagenen Weg grundsätzlich für gut befindet. Die Studierenden der GGNB, 20 bis 30 bewerben sich pro Platz, kommen zu einem Drittel aus dem Ausland. Ebenfalls bemerkenswert: beim Genderrating steht es fast 50 zu 50. Wenn der Transport im Chloridkanal gestört ist P rof. Thomas Jentsch, Physiker und Mediziner am Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin und am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin, leitet die Abteilung „Physiologie und Pathologie des Ionentransports“ und auf diesem Gebiet hat er den Doktoranden der GGNB einen Überblick über die neun verschiedenen Arten der Kanäle der Chloridkanalfamilie gegeben. Bereits 2000 hatte Jentsch im Rahmen von Grundlagenforschung die Ursache einer seltenen vererbte Nierenkrankheit, der Dent‘schen Erkrankung, gefunden. Sie wird ausgelöst durch eine Mutation im Erbgut, Ursache der Symptome ist ein defekter Chloridkanal. Damit konnte auch nachgewiesen werden, dass Chloridkanäle eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel spielen. Sind die Funktionen der Chloridkanäle gestört, können schwere Krankheiten entstehen. Jentsch untsucht anhand der neun Arten der Kanäle die Rolle des Ionentransports bei Krankheiten wie Osteopetrose, Neurodegeneration, Hörverlust, weiteren Knochen-, Muskel- und Nierenkrankheiten. Kenne man zum Beispiel die Wirkweisen der zwar sehr seltenen Osteopetrose, die eigentlich „das Gegenteil der Osteoporose ist, die Knochen werden immer dicker“, so Jentsch, könne man durch die Kenntnis auf Heilungsmöglichkeien der sehr häufigen Osteoporose hoffen. Zusätzliche Taubheit Eine weitere Krankheit, das Bartter-Syndrom zum Beispiel sei eine äußerst seltene, vererbte Krankheit des aufsteigenden Astes der Henle-Schleife in der Niere. Es sei für die Untersuchung notwendig gewesen, so Jentsch, Untergruppen zu schaffen. Das BartterSyndrom IV ist durch einen Defekt in Barttin, der essentiellen b-Untereinheit des CICK(Kalium)Kanals gekennzeichnet, der neben der Niere sich auch im Innenohr durch Druck entleert. Aus dieser Erscheinung resuliert eine zusätzliche Taubheit, da die in der Stria Vascularis (Gefäßstreifen mit Drüsen im innenohr) angesiedelte Produktion der kaliumreichen Innenohrflüssigkeit gehemmt ist. Ein Tierversuch mit Mausmodellen bestätigte die Vermutungen in Bezug auf die Bedeutung der Chlorid-Kanäle. lu