BODY DERgrüne GAUMEN Macht sich gut, das junge Gemüse – im Tontopf wie im Kochtopf. Noch mehr Inspiration (nicht nur) für Rohkost-Fans liefert das Buch „Cook it Raw“ von Alessandro Porcelli (Phaidon, um 43 Euro) Clean oder vegan, roh oder glutenfrei – Hauptsache gesund. Zwar ist nicht alles, was sich hinter den aktuellen Ernährungstrends verbirgt, uneingeschränkt empfehlenswert. Ein paar Dinge können Sie sich aber auf jeden Fall für Ihren Speiseplan abschauen CLEAN EATING Beim „sauberen Essen“ kommen keine verarbeiteten Lebensmittel auf den Tisch. Alles, was chemische Zusatz- und Konservierungsstoffe, Weißmehl, raffinierten Zucker, Süßstoffe und gesättigte Fette enthält, fällt weg. Erlaubt sind Gemüse und Obst, mageres Fleisch, Fisch, Milch- und Vollkornprodukte sowie Nüsse. Pro Tag gibt es sechs Mahlzeiten, um den Stoffwechsel auf Trab zu halten, dazu zwei bis drei Liter Wasser. Die Vorreiterin des Trends, die Amerikanerin Tosca Reno (eatcleandiet.com), 208 GLAMOUR hält damit angeblich nach über 20 Jahren Jo-Jo-Effekt ihr Gewicht. Clean Eating erinnert stark an traditionelle Vollwertkost. Ernährungswissenschaftler finden das Konzept sehr gut, einzig die vielen (kleinen) Mahlzeiten werden diskutiert. Da sich aber nicht mal die Experten einig sind, ob drei oder sechs Mahlzeiten besser vertragen werden, können Sie das getrost für sich selbst entscheiden. Was Sie davon lernen können: „Bewusster einkaufen und auf Qualität achten“, rät Ernährungswissenschaftlerin Petra Orzech (petra-orzech.com). Zutatenlisten kritischer lesen und Lebensmittel mit unbekannten Ingredienzien im Regal liegen lassen. Auf Fertiggerichte und Junkfood verzichten. Häufiger abends selbst kochen und davon etwas für den Lunch am nächsten Tag mitnehmen. Und: Obst und Nüsse in die Handtasche packen – für den kleinen Snack zwischendurch. R AW FOOD Rohköstler essen nichts, das über 42 Grad erwärmt, also gekocht, gebraten, gebacken, gedünstet oder pasteurisiert wurde. Obwohl Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier in roher Form theoretisch erlaubt sind, bevorzugt der GLAMOUR 209 BODY Was Sie davon lernen können: Als Ergänzung ist Raw Food durchaus eine Bereicherung für den Speiseplan. Wer oft Obst und Gemüse isst, schult das Kauen und nimmt mehr Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien zu sich. „Raw Food eignet sich gut fürs Mittagessen. Nach einer erfrischenden Gazpacho etwa fühlt man sich richtig fit“, empfiehlt Petra Orzech. VEGANE ERNÄHRUNG Neben Fleisch und Fisch meidet man sämtliche Lebensmittel tierischen Ursprungs, also auch Milchprodukte, Eier und Honig. 210 GLAMOUR Für die meisten ist das Prinzip eine Lebensphilosophie: Seidenwäsche, Ledergürtel, Lammfellboots sind tabu, Kosmetika vegan und tierversuchsfrei. In Deutschland lebt etwa jeder zehnte Vegetarier vegan, mit offenbar positiven Effekten: „Pflanzliche Kost passt zu unserer bewegungsarmen Lebensweise. Studien zeigen, dass Veganer im Vergleich zu Fleischessern seltener Übergewicht haben, einen niedrigeren Blutdruck und ein geringeres Risiko für Typ-2-Diabetes und HerzKreislauf-Erkrankungen“, sagt Dr. Markus Keller, Ernährungswissenschaftler, Vegetarier und Leiter Vegan passt zu unserer Lebensweise des Instituts für alternative und nachhaltige Ernährung (ifane.org). Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, sollte die Kost abwechslungsreich sein, Vitamin B12 durch angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zugeführt und bestimmte Blutwerte jährlich gecheckt werden. Die DGE rät Kindern und Schwangeren von veganer Ernährung ab. Was Sie davon lernen können: Ernährungswissenschaftlerin Petra Orzech empfiehlt einen veganen Tag pro Woche: „Veganes Essen ist reich an Ballaststoffen und Antioxidantien, dabei fett- und cholesterinarm, gut für Gesundheit und Umwelt. Und: Weniger Fleischkonsum heißt weniger Massentierhaltung, die hauptsächlich für den Klimawandel verantwortlich ist.“ GLUTENFREI Weggelassen werden Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer oder Gerste. Darin ist Gluten enthalten, ein Klebereiweiß, das sich auch in Süßigkeiten, Wurst, Ketchup oder Fertiggerichten versteckt. Der Diät-Trend aus den USA ist Low-Carb-ähnlich: Wer Gluten weglasse, nehme weniger Kalorien zu sich, würde seinen Körper nicht übersäuern, hielte den Blutzuckerspiegel konstanter. Auch bei uns gibt es immer mehr glutenfreie Produkte. Dabei ist diese Art der Ernährung nur sinnvoll, wenn man unter einer (diagnostizierten!) Unverträglichkeit gegen das Getreideeiweiß, also unter Zöliakie (chronische Entzündung der Darmschleimhaut), leidet. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine glutenfreie Ernährung bei Gesunden irgendeinen Vorteil bietet“, erklärt Antje Gahl von der DGE. Im Gegenteil, man schränkt seinen Speiseplan enorm ein, riskiert sogar zuzunehmen, da in den (meist teureren) Ersatzprodukten oft viel Zucker oder Fett steckt. Was Sie davon lernen können: Etwas sparsamer mit Kohlenhydraten umgehen – gut für die Figur und den Insulinspiegel. „Abends ab und zu Brot oder Nudeln wegzulassen, halte ich für eine gute Idee. Aber nur, wenn man stattdessen auch keine Ersatzprodukte, sondern beispielsweise Gemüse isst“, empfiehlt Petra Orzech. REDAKTION: STEPHANIE BURKART; FOTO: PER-ANDERS JÖRGENSEN 2009, AUS DEM BUCH „COOK IT RAW“, PHAIDON VERLAG Großteil pflanzliche Ernährung: Gemüse, Obst, Sprossen, Nüsse, Wildkräuter. „Frische Lebensmittel enthalten mehr Nährstoffe als verarbeitete“, so Stefan Hiene, Radprofi, Autor, Coach für Ernährungsumstellung und seit Jahren Rohköstler. Enzyme und Vitamine, die durch Erhitzen zerstört würden, bleiben so erhalten. Raw Food soll gut für die Verdauung sein, beim Abnehmen helfen, Haut, Gesundheit, Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen. Ernährungswissenschaftler sehen den Trend kritisch: „Empfindliche Menschen können Verdauungsprobleme bekommen. Kochen macht bestimmte Nährstoffe im Gemüse besser verwertbar als aus Rohkost“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Weitere Probleme sind der eingeschränkte Speiseplan und die Gefahr eines Mangels an Eiweiß, Calcium, Eisen, B-Vitaminen und Zink. Menschen mit erhöhtem Nährstoffbedarf wie Schwangeren und Kindern rät die DGE von Rohkost ab.