Experiment Holzarchitektur

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Coverthema
Einfamilienhäuser
Experiment
Holzarchitektur
D
er Bauplatz liegt in einem Villenviertel in Geh­
distanz zum Zentrum von Klagenfurt. Gründer­
zeitbauten und Einfamilienhäuser jüngeren Da­
tums säumen die Straße zum Kreuzbergl, an deren En­
de das nach Süden und Westen orientierte Eckgrund­
stück liegt. Die Anforderungen der Bauherren waren
vielschichtig. Halm.kaschnig.wührer architekten entwi­
ckelten in enger Zusammenarbeit mit dem Tragwerks­
planer ein Gebäude, das der Lage, den Ansprüchen
der künftigen Nutzer und deren Lebensgewohnheiten
gerecht wurde. „Die offene Bauweise entspricht un­
seren Vorstellungen vom gemeinsamen Leben und
von Gastfreundschaft“, erklärt der Bauherr.
Offener Grundriss
Um den größtmöglichen Freiraum für den südseitigen
Garten zu schaffen, wurde der Baukörper an die nörd­
liche Grundgrenze gesetzt und die Zufahrt an die West­
„Aus meiner Sicht zeigt sich die Qualität
der Tragwerksplanung im Grad der
Zurückhaltung der Tragstruktur.
Die Statik soll die Architektur unterstützen,
unmerklich und ohne sie durch große
Gesten zu überschreiben.“
Tragwerksplaner Kurt Pock
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seite gelegt. Stahlbeton- und Holzmassivbauweise ver­
binden sich zu einem stimmigen Ganzen: Auf dem Erd­
geschoß-Sockel, großteils in Sichtbeton ausgeführt,
wurden die Obergeschoße mit KLH-Elementen errich­
tet. Das Gebäude folgt dem leicht nach Süden abfal­
lenden Gelände und ist im Erdgeschoß als offener
Grundriss angelegt. Den räumlichen Abschluss nach
Westen bildet ein Gästezimmer, das über eine Rampe
barrierefrei erreichbar ist und über einen separaten Ein­
gang von der Terrasse verfügt. Zentrales, Raum bilden­
des Element im Erdgeschoß ist eine Treppe, die in die
Obergeschoße führt. Hinter einem zweiten Treppenmö­
bel verbirgt sich ein leicht erhöhter Arbeitsplatz, der als
Zwischenebene aufgrund der erhöhten Raumhöhe
möglich wurde. Als weitere Raumschicht sind Funkti­
onsräume und der Zugang mit Schmutzschleuse dem
Wohnraum nördlich vorgesetzt. Die Bereiche Kochen,
Essen und Wohnen gehen ineinander über und sind
nur durch einen Niveausprung gegliedert. Im Süden ist
dem Gebäude eine Terrasse vorgelagert, die sich dank
raumhoher Verglasung mit dem Innenraum verbindet
und so zum erweiterten Wohnbereich wird. Verschieb­
bare mit Lärchenlatten beschlagene Rahmen schützen
vor unerwünschtem Einblick und zu viel Sonne.
Treppe als Raumskulptur
Die drei Schlafräume in den Obergeschoßen sind je­
weils von zwei Seiten belichtet und nach Süden ori­ >
© Fotos: Rainer Wührer
Modern Im Villenviertel von Klagenfurt errichteten halm.kaschnig.wührer architekten gemeinsam
mit einem Tragwerksplaner ein Einfamilienhaus in Holzmassivbauweise, das mit dem gewohnt
orthogonalen Raster bricht und so neue (Lebens-)Formen ermöglicht. Von Astrid Meyer-Hainisch
Um den größtmöglichen Freiraum für den südseitigen
Garten zu schaffen, wurde der Baukörper an die
nördliche Grundgrenze gesetzt .
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interview
Ein schlanker Baukörper
Für holzbau austria sprach Astrid Meyer mit Architekt Peter Kaschnig über
Raumexperimente und die Besonderheiten beim Bauen mit Holz in der Stadt.
Was waren die wesentlichsten Anforderungen der
Bauherren an den Entwurf?
Funktional war es die Forderung einer optimalen Situie­
rung auf dem Grundstück mit Blickbeziehung über die
gegenüberliegende Baulücke zu den Karawanken, und
das vom Schlafzimmer aus!
Weiters der Bezug zu den Gartenflächen, die mögliche
Erschließung über eine Schleuse neben dem notwen­
digen Hauptzugang. Gestalterisch gab es die Forderung
nach dem Flair einer Altbauwohnung mit hohen, großzü­
gig hellen Räumen und der Ausrichtung nach der
B­esonnung.
> entiert. Sie befinden sich auf unterschiedlichen Ebe­
nen und sind vom zentralen Treppenhaus erreichbar.
Dem Elternschlafzimmer sind gleichsam als Schleusen
eine Umkleide und das Badezimmer vorgeschaltet.
Die Ausführung der Treppe erfolgte stützenfrei. Die
Trittstufen sind einerseits in der Wand verankert, ande­
rerseits mittels Stahlstangen eingespannt. Dies schafft
Transparenz, Leichtigkeit und Großzügigkeit trotz opti­
mierter Raumgrößen. Die Materialien im Gebäudein­
neren sind auf einige wenige reduziert: Wände in Sicht­
beton bieten einen neutralen Hintergrund für die von
den Architekten entworfenen und vom Bauherrn aus­
detaillierten Tischlermöbel. Holzdielen als Bodenbelag
schaffen in den Obergeschoßen eine warme Atmo­
sphäre.
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wenn es um natürliche Holzanstriche geht!
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Der Bauherr spricht von einem „Architekturexperiment“. Was ist/war das aus Ihrer Sicht?
Es ist der Versuch, einen möglichst schmalen, lang
g­estreckten Baukörper nach seinen funktionalen Anfor­
derungen entlang der nördlichen Grundgrenze zu orga­
nisieren, der möglichst wenig Erschließungsflächen be­
nötigt und gleichzeitig komplexe Raum- und Lichtsituati­
onen schafft. Gleichzeitig war es schwierig, eine städte­
baulich richtige und nützliche Formation zu bauen, de­
ren räumliche Komposition eine Vielfalt von verschie­
densten Raumsituationen auf dem Grundstück erzeugt
– Vorbereich, Eingang, Zufahrt, Hof, Garten, Terrasse.
07.03.12 14:24
Holz findet Stadt
Mehr als 80 m3 Holz stecken in diesem Haus. Den
Großteil davon macht die Konstruktion mit KLH-Ele­
menten in Fichten-Brettsperrholz aus. „Die Tragstruktur
ist zurückhaltend, die Architektur, das Gesamtkonzept
bestmöglich unterstützend, in weiten Bereichen stüt­
zenfrei, unsichtbar alle Möglichkeiten ausnützend“, so
der Tragwerksplaner Kurt Pock. Neben der Optimierung
des Tragwerks wurden spezielle Lösungen und Holz­
baudetails entwickelt. „Beim Balkon bilden die Belags­
pfosten um 90° gedreht gleichzeitig mit zarten Stahlele­
menten die Tragstruktur, SFSF-Verbinder halten den Ab­
stand, um ein Austrocknen des Holzes zu ermögli­ >
coverthema
Welche Herausforderungen gab es beim Bau?
Bauen, wie ich es betreibe und meine Architektur es
benötigt, stellt immer mehrere Herausforderungen zu­
gleich dar. Man muss bedenken, es entsteht eine Idee
zum Wohnen, eine Vorstellung über eine von vielen
Möglichkeiten zu wohnen, die zuerst die Überzeugung
des Bauherrn und damit sein Vertrauen erlangen muss.
Auf diese Phase folgt die gemeinsame Formulierung
und Materialisierung und schlussendlich die Umset­
zung dessen, was man sich vorgenommen hat.
Schließlich die Frage und die Antwort über das Ge­
Rund 15 m3 Lärchenholz wurden allein für
die Fassade aufgewendet. Diese ist mit
h­orizontalen Lärchenholzlatten verkleidet.
baute, ob die Vorstellungen des Bauherrn und des Ar­
chitekten noch innewohnen und Ausdruck finden.
Was war das „hausblau“? Wie kam es zu diesem
Projekt? Welche Reaktionen gab es seitens der Anrainer, Besucher und des Fachpublikums?
Hausblau war ein Raumexperiment im Vorfeld des Neu­
baus mit dem Bestandsgebäude auf dem Grundstück.
Eine Untersuchung über die Wirkung der Monochromie
im Innen- wie auch im Außenraum, deren Idee mir auf­
grund des intakten und vollständigen Erhaltungszu­
standes kam.
Die Reaktionen waren sehr vielfältig, im Wesentlichen
aber nicht wirklich relevant, da es sich eben um eine
Untersuchung und damit Erkenntnisse über den Raum
handelte und mir selbst diese am wichtigsten waren.
Die Schaffung und das Erleben eines solchen ab­
strakten Raumkonstruktes waren schlussendlich die
treibenden Kräfte für diese Arbeit.
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Thema Holzbau in der Stadt: Welche Besonderheiten gab es zu bedenken?
Einerseits dem Material einen adäquaten Auftritt in der
Stadt zu ermöglichen und andererseits eine Fassade
zu bauen, die eine Tiefe erzeugt, welche eine Art Filter
zum städtischen Umraum erwirkt, zumal die Schlafräu­
me allseits vom Außenraum umgeben sind!
haus klagenfurt
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Coverthema
Einfamilienhäuser
Die drei Schlafräume in den Obergeschoßen sind jeweils
von zwei Seiten belichtet und nach Süden orientiert. Sie
befinden sich in unterschiedlichen Ebenen und sind vom
zentralen Treppenhaus erreichbar.
Daten & Fakten:
Standort: Teichstraße 2, 9020 Klagenfurt
Bauherr: Familie P.
Planung: halm.kaschnig.wührer; www.halm.kaschnig.at
Projektleitung: Kurt Pock; www.holz-tragwerk.at
Statik: Kurt Pock; www.holz-tragwerk.at
Holzbaumeister: Holzbau Plankensteiner, www.plankensteiner.at
Grundstücksfläche: 717 m²
Bebaute Fläche: 242,15 m²
Nutzfläche: 193 m²
Bauweise: KG EG (teilweise) Stahlbeton,
EG+OG Holzmassivbau (BSP)
Wandaufbau: STB 20 cm / VWS20cm / PUTZ
Vorsatzschale (Gipsbauplatten) 5 cm Gipsbauplatten / KLH 12cm /
Dämmung 20 cm / Lattenschalung
Dachaufbau: Vorsatzschale (Gipsbauplatten) 5 cm Gipsbauplatten /
KLH 12cm / Dämmung 20 cm / Sarnafil / Bruchschotter
Energiesystem: Luftwärmepumpe + PV Anlage
Energieträger: Strom
Energiekennzahl: 38,9 kWh/m²a
Planungsbeginn: 2008
Baubeginn: 2008
Fertigstellung: 2010
Auszeichnungen: Holzbaupreis Kärnten 2011
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> chen und bilden gleichzeitig die erforderliche Scheibe“,
erläutert Pock. Beim Einsatz von Holz wurde ausschließ­
lich konstruktiver Holzschutz angewendet und auf An­
striche gänzlich verzichtet.
Rund 15 m3 Lärchenholz wurden allein für die Fassade
aufgewendet. Diese ist mit horizontalen Lärchenholz­
latten verkleidet, wobei südseitig jeweils jede zweite
Latte vorgezogen ist. Der Baukörper erhält somit mehr
Tiefe, wirkt dabei jedoch transparent und leicht. Diese
Fassadengestaltung gibt den Schlafräumen optisch
Abstand zum Außenraum und dient gleichzeitig als
Sonnenschutz. „Die Fassade ist unser Ansatz für die
Anwendung einer Holzfassade im urbanen Bereich“,
erklärt der Tragwerksplaner.
Ausgezeichnet
Die Planer erhielten für dieses Projekt den Holzbau­
preis Kärnten 2011. Die Jury unter dem Vorsitz von Ar­
chitekt Helmut Dietrich von Dietrich Untertrifaller be­
gründet dies folgendermaßen: Das Projekt „demons­
triert, welche Freiheiten der moderne Holzbau offe­
riert, dass nicht nur pragmatische Konzepte mit Stüt­
zenraster und orthogonale Konstruktionsprinzipien im
Holzbau ihre Berechtigung haben. Und es demons­
triert, welche Wohnqualitäten und welch differenzierte
Innen- und Außenraumbezüge durch unkonventionelle
Ansätze entstehen können“. Als „gelebtes Architektur­
experiment“ bezeichnet der Bauherr heute sein Haus.
Und dieses Experiment scheint geglückt.
coverthema
haus klagenfurt
Eine Vorgeschichte: Kunst vorm Bau
Vor ziemlich genau drei Jahren ging ein Bild von einem zur Gänze blau eingefärbten
Einfamilienhaus durch die österreichischen und internationalen Medien. „Hausblau“
war ein „Raumexperiment“, so der Architekt Peter Kaschnig, der das Projekt initiiert und
gemeinsam mit dem Bauherrn realisiert haben. Dabei ging es darum, die Raumwahrnehmung durch Monochromie zu verändern. Im Rahmen einer öffentlichen Führung
konnten sich Interessierte selbst einen Eindruck von der Wirkung des Raumes und von
den Lichteinfällen im ultramarinblauen Haus machen. Zwei Tage danach wurde das Gebäude abgebrochen, um dem späteren Haus P. Platz zu machen.
Das Gebäude folgt dem leicht nach Süden abfallenden Gelände
und ist im Erdgeschoß als offener Grundriss angelegt.
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