Vorlesung Physikalische Meßtechnik A (WS 98/99)

Werbung
Skriptum zur Vorlesung:
PHYSIKALISCHE MESSTECHNIK
A
(Signale/Systeme)
Kapitel C:
Anwendungen der Fouriertransformation
Wintersemester 1998 / 99
Universität Paderborn
Fachbereich 6 - Physik -
Dozent:
Prof.Dr.H.Ziegler
Protokoll:
Dr.H.Aulfes / C.Ho.
Systemtheorie
C.
I.
2
ANWENDUNGEN DER FOURIERTRANSFORMATION ...................................4
Systemtheorie..................................................................................................................................................4
Beispiel: das RC-Glied.................................................................................................................................4
a) Beschreibung mit DGL.............................................................................................................................4
b)
Superposition........................................................................................................................................6
c) Prädiktion durch Faltung ..........................................................................................................................7
d)
Komplexe Widerstände ........................................................................................................................7
e) Frequenzverfahren....................................................................................................................................8
2. Systemprädiktion..........................................................................................................................................9
a) Systembegriff ...........................................................................................................................................9
b)
Differentialgleichungsansatz ................................................................................................................9
c) Faltungsansatz ..........................................................................................................................................9
d)
Fourieransatz ......................................................................................................................................10
3. Systemidentifikation...................................................................................................................................10
a) Ansatz.....................................................................................................................................................10
b)
Impulsverfahren..................................................................................................................................10
c) Frequenzgangverfahren ..........................................................................................................................10
4. Signalrestauration.......................................................................................................................................11
a) Grundproblem ........................................................................................................................................11
b)
Lösungsansatz ....................................................................................................................................11
c) Praktische Probleme...............................................................................................................................12
5. Beispiele.....................................................................................................................................................12
a) Idealer Verstärker...................................................................................................................................12
b)
Idealer Tiefpass ..................................................................................................................................13
1.
II.
1.
Modulation und Demodulation ...............................................................................................................16
Einfache Amplitudenmodulation................................................................................................................16
a) Beschreibung im Zeitraum .....................................................................................................................17
b)
Technische Realisierung.....................................................................................................................17
c) Frequenzdarstellung ...............................................................................................................................18
d)
Nicht-sinusförmige Träger .................................................................................................................20
e) Trägerunterdrückung..............................................................................................................................20
f) Seitenbandunterdrückung .......................................................................................................................21
2. Demodulation.............................................................................................................................................22
a) Gleichrichterdemodulator.......................................................................................................................22
b)
Homodyndemodulator........................................................................................................................22
c) Heterodyndemodulator...........................................................................................................................23
3. Anwendung: Lock-in-Technik....................................................................................................................24
a) Probleme bei Gleichspannungsmessung.................................................................................................24
b)
Schaltmodulation................................................................................................................................25
c) Frequenzdarstellung ...............................................................................................................................27
d)
Phasenbetrachtung..............................................................................................................................29
e) Realisierung............................................................................................................................................29
f) Effektmodulation....................................................................................................................................30
g)
Leistungsmessung...............................................................................................................................31
III.
1.
Sampling....................................................................................................................................................32
Grundlagen.................................................................................................................................................32
a) Zeitdarstellung gesampelter Funktionen.................................................................................................32
b)
Frequenzdarstellung ...........................................................................................................................33
c) Das Shannon-Theorem (Nyquist) ...........................................................................................................35
d)
Rekonstruktion des Eingangssignals ..................................................................................................35
2. Aliasing ......................................................................................................................................................36
3. Sampling-Demodulation.............................................................................................................................37
4. Der Sample - and Hold - Kreis...................................................................................................................39
a) Aufgabe ..................................................................................................................................................39
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
b)
c)
d)
e)
f)
5.
3
Schaltungstechnik...............................................................................................................................40
Rechenbeispiel Messtechnik ..................................................................................................................40
Track and Hold...................................................................................................................................42
Realer Track and Hold ...........................................................................................................................43
Rechenbeispiel CD-Sampling.................................................................................................................44
Anwendung: das Sampling-Oszilloskop / Boxcar-Integrator .....................................................................45
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
C.
I.
4
ANWENDUNGEN DER FOURIERTRANSFORMATION
SYSTEMTHEORIE
Die Systemtheorie ist ein Teilgebiet der theoretischen Nachrichtentechnik und liefert die allgemeine Beschreibungstheorie für messtechnische Signale. Sie beschreibt die Änderungen
von Zeitsignalen durch Systeme, ohne sich um die Ursachen zu kümmern.
1.
Beispiel: das RC-Glied
Als erstes Beispiel soll nun wieder das RC-Glied betrachtet werden:
Abbildung C-1
i sei der Strom, der durch die Schaltung fließt.
Es handelt sich dabei um eine einfache Schaltung mit einem Widerstand und einem Kondensator. Als Vereinfachung wird angenommen, dass der Eingangswiderstand null und der Ausgangswiderstand unendlich ist, d.h. es handelt sich um ideale Bedingungen.
Die Frage ist nun: wie reagiert dieses System auf die zeitabhängige Eingangsspannung U e (t ) ?
Oder: Wie sieht die Ausgangsspannung U a (t ) bei vorgegebener Eingangsspannung aus?
a)
Beschreibung mit DGL
Zunächst soll dieses Problem mit dem in der Physik gerne verwendeten Differentialgleichungsansatz angegangen werden.
z
t
Q 1
U a (t ) = U c (t ) = =
i (t ′) dt ′
C C −∞
Anmerkung: Die Integrationsvariable
t′
wird verwendet, um den Unterschied zu Integrationsobergrenze t herauszustellen.
wobei Q der Ladung des Kondensators entspricht, die ausgerechnet wird als das Integral über
den Strom bis zur Zeit t . Dieser Strom wird nach dem Ohm´schen Gesetz berechnet mit:
i (t ′) =
1
(U e (t ′) − U a (t ′)) diese Gleichung oben eingesetzt und aufgespalten in zwei Integrale
R
ergibt:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
5
z
z
t
t
1
1
U a (t ) =
U e (t ′) dt ′ −
U a (t ′) dt ′
R ⋅ C −∞
R ⋅ C −∞
Diese Integralgleichung kann durch Differentiation nach der Variablen t ′ in eine Differentialgleichung übergeführt werden:
dU a (t )
1
1
=
⋅ U e (t ) −
⋅ U a (t )
dt
RC
RC
oder mit anderer (üblicherer) Schreibweise mit τ = R ⋅ C :
•
1
1
U a (t ) + U a (t ) = U e (t )
τ
τ
Diese Gleichung hat folgende Struktur (siehe .z.B. Bronstein):
•
y+
1
1
y= x
τ
τ
Es handelt sich dabei um eine Differentialgleichung mit folgenden Charakteristika:
a) Es ist eine gewöhnliche DGL, weil nur Ableitungen nach einer unabhängigen Variablen
vorkommen.
b) Es ist eine DGL 1.Ordnung, weil die höchste Ableitung eins ist.
c) Die DGL ist linear, weil die Ergebnisvariable ( y ) nur in erster Potenz vorkommt.
•
d) Die DGL hat konstante Koeffizienten, weil die Koeffizienten von y und y nicht von der
Zeit abhängen.
e) Es ist eine inhomogene DGL, weil die rechte Seite eine zusätzliche Variable enthält, die
ebenfalls von der Zeit abhängt.
Der Lösungsgang soll hier nicht nachvollzogen werden. Es ist aber mit Hilfe dieser Angaben
ohne weiteres möglich das Ergebnis (beispielsweise im Bronstein) nachzuschlagen:
z
t −t ′
−
1
U e (t ′) ⋅ e τ dt ′
τ −∞
t
U a (t ) =
Das ist für den Spezialfall des einfachen RC-Gliedes die allgemeine Antwortfunktion auf ein
beliebiges Eingangssignal. Will man für andere Schaltungen die Antwortfunktion ausrechnen,
so muss jedesmal neu die Differentialgleichung aufgestellt und gelöst werden. Das kann bei
komplizierten Schaltungen mit vielen Bauelementen äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, werden.
Mit diesem Resultat ist es nun möglich, ein Beispiel mit einer konkreten Eingangsspannung
zu rechnen. Sei U e (t ′) = δ (t ′) , also die Delta-Funktion, d.h. man gibt an den Eingang des
Systems einen kurzen Spannungsimpuls. Die Antwort des Systems lautet:
z
t −t ′
−
1
δ (t ′) ⋅ e τ dt ′
τ −∞
t
U a (t ) =
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
6
Wegen der Definition der Delta-Funktion, dass sie nur an der Stelle Null einen von null verschiedenen Wert hat, muss nun eine Fallunterscheidung durchgeführt werden:
R|0
U (t ) = S 1
|Tτ ⋅ e
a
für t < t ′
t
−
τ
für t > t ′
Das ist die uns schon bekannte Impulsantwort eines RC-Gliedes, auch kurz I (t ) gennant:
Abbildung C-2
Wenn diese spezielle Lösung für U a (t ) verglichen wird mit der allgemeinen Antwortfunktion
(s.o.) und der Definition der Faltung, so erkennt man, dass die Antwortfunktion nichts anderes
ist als die Faltung der Eingangsfunktion mit der Impulsantwort des Systems:
U a (t ) = U e (t ) ⊗ I (t )
Anmerkung: Die Integrationsgrenzen bei der Faltung gehen zwar von −∞ bis + ∞ , aber hier ist das Integral für "negative"
Zeiten null. Andererseits liefert das Integral für größere Zeiten als t keinen Beitrag mehr.
Damit haben wir für das RC-Glied eine allgemeine "Rechenvorschrift" gefunden, mit der ohne
Aufstellung der DGL das System beschrieben werden kann, wenn man nur Kenntnis von der
Impulsantwort I (t ) hat. Insbesondere verhält sich das System (wie die Faltung) linear.
b)
Superposition
Der Superpositionsansatz versucht die mathematischen Ansätze grafisch zu lösen.
Nach dem allgemeinen Satz der Linearität kann man sich das Ausgangssignal eines Systems
als Superposition der Nachwirkungen vieler früherer Eingangssignale, die alle von der Form
einer Delta-Funktion sind, vorstellen:
Abbildung C-3
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
7
Das Ausgangssignal an der Stelle t ′ = t summiert sich also für alle t ′ bis zu dem Zeitpunkt
t zu:
t
1 −
U a (t ) = ∑ U e (t ′) ⋅ ⋅ e
τ
t ′=−∞
t −t ′
τ
Übergang zum kontinuierlichen Signal liefert:
z
1 − t −τt ′
U a (t ) = U e (t ′) ⋅ ⋅ e
dt ′
τ
−∞
t
Damit wurde grafisch anschaulich gezeigt, dass die Faltung die Summation der gewichteten
und nichtlokalen Nachwirkungen eines Eingangssignals ist. Das Ausgangssignal hängt von
der gesamten Vorgeschichte des Eingangssignals ab, wobei die Gewichtung zeitabhängig ist.
c)
Prädiktion durch Faltung
Die Systemtheorie liefert für das obige Beispiel des RC-Gliedes die allgemeine Aussage, dass
alle Systeme beschrieben werden können durch die Faltung der Eingangsfunktion mit der
Impulsantwort des Systems.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Bei der Beschreibung eines Systems durch DGL musste man
die Systemanordnung genau kennen. D.h. die Kenntnis über alle elektrischen Details des Systems war die Voraussetzung. Die Lösung war eine komplizierte Kopplung von Eigenschaften
der Schaltung und des Eingangssignals.
Die Systemtheorie trennt das Problem auf in zwei Teile. Zum einen wird das System selber
nicht mehr durch eine DGL, sondern lediglich durch die System-Impulsantwort komplett beschrieben, d.h. in dieser Impulsantwort stecken alle Informationen über das System. Zum anderen wird das Eingangssignal weiterhin betrachtet.
Diese allgemeine Lösung gilt für eine große Klasse von Messsystemen und Signalverläufen.
d)
Komplexe Widerstände
Ein ganz anderer Ansatz ist das Modell der komplexen Widerstände. Wir betrachten also wieder die Schaltung des RC-Gliedes.
Abbildung C-4
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
8
Der komplexe Widerstand des Kondensators ist gegeben durch
Rc =
1
jω C
Die Schaltung dieses RC-Gliedes ist ein unbelasteter Spannungsteiler bei dem sich die Ausgangsspannung U a errechnet aus dem Verhältnis von Rc zu dem Gesamtwiderstand multipliziert mit der Eingangsspannung U e :
1
1
1
jω C
Ua = Ue ⋅
= Ue ⋅
= Ue ⋅
1
1 + jω RC
1 + jω τ
R+
jω C
Das Modell liefert eine einfache Lösung für periodische, monofrequente und unendlich lange
Signale.
Der Nachteil besteht genau wie bei den Ansätzen mit DGL darin, dass eine genaue Schaltungsanalyse gebraucht wird.
e)
Frequenzverfahren
Es liegt nun nahe, die verschiedenen Ansätze zu kombinieren. Das Modell der komplexen
Widerstände und die Fourierkenntnisse sollen umgesetzt werden in das Frequenzverfahren.
Bisher wurden die Schaltungen nur im Zeitbereich analysiert, nun soll im Gegensatz dazu der
Frequenzbereich analysiert werden.
Der allgemeine Ansatz: Die Ausgangsspannung setzt sich aus der Eingangsspannung multipliziert mit irgendeinem komplexen Anteil zusammen: U a = U e ⋅ " komplexer Anteil " .
Mit Kenntnis der Faltungseigenschaften können wir schreiben:
F U e (t ) ⊗ I (t ) = F U e (t ) ⋅ F I (t )
1442443 1424
3 123
Ausgangsspektrum
Eingangsspektrum
H (ω )
d.h. das Ausgangsspektrum ist gleich dem Eingangsspektrum multipliziert mit der komplexen
Übertragungsfunktion H(ω ) .
Am Beispiel des RC-Gliedes wurden mehrere Verfahren der Systembeschreibung untersucht.
In den nun folgenden drei Kapiteln werden damit Aufgaben für allgemeine Systeme gelöst.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
2.
Systemprädiktion
a)
Systembegriff
9
Gegeben sei ein allgemeines System, von dem wenig bekannt ist:
Abbildung C-5
Die Systemtheorie soll nun die Vorhersage (Prädiktion) des Ausgangssignals f a (t ) bei vorgegebenem Eingangssignal f e (t ) leisten. Um die Sätze der Systemtheorie anwenden zu können, muss das System präzisiert werden. Grundsätzlich kann es sich bei diesem System um
ein ganz allgemeines System handeln. Z.B. kann es ein um irgendwie geartetes elektrisches,
akustisches, optisches oder mechanisches System handeln. Zwei Voraussetzungen müssen
allerdings erfüllt sein:
I. Das System muss linear sein, d.h. das Ausgangssignal für eine Summe von Eingangssignalen ist gleich der Summe der Ausgangssignale für jedes einzelne Eingangssignal.
II. Das System muss zeitinvariant sein, d.h. das System unterliegt keiner Alterung oder zeitlicher Drift. Es verhält sich also zu einem Zeitpunkt t genauso wie zu einem späteren Zeitpunkt t ′ .
Beide Voraussetzungen sind triviale Forderungen an das System die man "aus dem Bauch
heraus" nicht anders erwartet hätte. Die allermeisten realen Systeme erfüllen diese Forderungen, so dass i.A. die Systemtheorie ohne Einschränkung angewendet werden kann.
b)
Differentialgleichungsansatz
Die Beschreibung von allgemeinen Systemen mit einer Differentialgleichung wird (im Gegensatz zum RC-Glied) aus zwei Gründen sehr schwierig bzw. sogar unmöglich:
I. Das reale System kann natürlich beliebig kompliziert und mit einer Vielzahl von Bauelementen ausgestattet sein, deren elementare physikalische Eigenschaften im einzelnen in der
DGL berücksichtigt werden müssen. Dies führt in aller Regel zu einer DGL n-ter Ordnung,
(nicht mehr erster Ordnung wie beim RC-Glied), welche praktisch nicht mehr lösbar ist.
II. Nach der Systemdefinition hat man nicht unbedingt Kenntnis über den Aufbau des Systems. Es ist eine "Black Box" von der wir nichts wissen, außer dass sie eine Wirkung auf
das Eingangssignal hat. Folglich lässt sich gar keine DGL aufstellen.
c)
Faltungsansatz
Die Systemtheorie folgt dem wichtigen allgemeinen Zusammenhang, der zuvor beim RCGlied diskutiert wurde und der für alle beliebigen linearen und zeitinvarianten Systeme gilt:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
10
f a (t ) = f e (t ) ⊗ I (t )
Das Ausgangssignal ist die Faltung aus Eingangssignal und Impulsantwort eines Systems.
d)
Fourieransatz
Obiger Faltungsansatz ist wegen der Definition der Faltung sicherlich eine komplizierte mathematische Operation, die für ein System jedesmal neu durchgerechnet werden muss, wenn
ein anderes Eingangssignal vorliegt.
Einfacher ist es, wenn, wie vorher gezeigt, mit der komplexen Übertragungsfunktion H(ω )
gerechnet wird. Diese Apparaturfunktion enthält wie die Impulsantwort alle Informationen,
die nötig sind, um das System zu beschreiben. Damit muss statt der Faltung nur eine gewöhnliche (punktweise) Multiplikation durchgeführt werden. In Rechenanlagen ist man dadurch
etwa 100 mal schneller als mit der Faltungsoperation.
Das Problem ist damit in einen apparatespezifischen ( H(ω ) ) und in einen signalspezifischen
F f e (t ) Anteil aufgespaltet worden.
Der Fourieransatz hat aus diesen Gründen in der Messtechnik eine große Bedeutung.
3.
Systemidentifikation
Wie kann ein System beschrieben werden, damit eine Systemprädiktion durchgeführt werden
kann?
a)
Ansatz
Die triviale Methode, sich das Innere des Systems näher anzusehen und auszuwerten, ist nicht
realistisch.
b)
Impulsverfahren
Der Faltungssatz zeigt uns die Methode der Systemdefinition durch das Impulsverfahren. Eine
Eingangs-Testfunktion ( δ (t ) ) wird am Ausgang des Systems aufgenommen. Der Faltungsansatz liefert die Aussage, dass damit das System komplett definiert ist d.h. für beliebige Eingangssignale sind die Ausgangssignale exakt vorhersagbar.
Demnach ist die Impulsantwort z.B. eines Messgerätes eine wichtige Kenngröße.
Dieses Verfahren hat zwei Vorteile: erstens ist die Impulsantwort reell und zweitens ist dieses
Verfahren sehr schnell (Dauer i.A. nur einige ms).
c)
Frequenzgangverfahren
Im Gegensatz zum Impulsverfahren wird bei dem Frequenzgangverfahren an den Eingang des
Systems immer nur eine einzelne Frequenz angelegt. Am Ausgang wird das Amplitudenverhältnis und die Phasenverschiebung zum Eingangssignal gemessen. Anders ausgedrückt muss
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
11
für jede Frequenz ω der Betrag ( H(ω ) ) und die Phase ( ϕ (ω ) )der komplexen Übertragungsfunktion gemessen werden.
Dieses Verfahren hat zwei gravierende Nachteile:
I) Es ist messtechnisch sehr aufwendig, weil eine präzise Phasen- und Amplitudenmessung
einen erheblichen apparativen Aufwand bedeutet.
II) Die Forderung nach einer monochromatischen Frequenz bedingt eine lange Wartezeit,
damit das System sich im eingeschwungenen Zustand befindet, bevor eine Messung gemacht werden kann. Der zeitliche Aufwand für dieses Messverfahren ist extrem groß.
Obwohl dieser Aufwand extrem hoch ist, erhält man mit diesem Verfahren am Ende exakt die
gleichen Informationen wie beim einfach durchzuführenden Impulsverfahren, nämlich die
komplexe Übertragungsfunktion H(ω ) .
4.
Signalrestauration
a)
Grundproblem
Normalerweise stellt sich eine reale messtechnische Situation so dar, dass nicht nach der
Übertragungsfunktion des Messsystems gefragt wird, denn die Systeminformation über das
eingesetzte Messsystem ist ja bekannt. Die Frage lautet vielmehr: wie komme ich wieder an
das ursprüngliche Messsignal, so wie es sich vor dem nichtidealen Messsystem mit seiner
Übertragungsfunktion dargestellt hat. Denn gemessen worden ist ja ein Signal, welches durch
das nichtideale Messsystem mehr oder weniger drastisch verändert worden ist.
D.h. hier ist das Problem gerade umgekehrt zu der Signalprädiktion, bei dem bei vorgegebenem Eingangssignal mit Kenntnis der Impulsantwort das Ausgangssignal vorhergesagt wurde.
Hier soll mit Kenntnis der Systeminformationen aus dem Ausgangssignal das Eingangssignal
restauriert werden.
b)
Lösungsansatz
Bekannt ist, dass das Ausgangssignal die Faltung des Eingangssignals mit der Impulsantwort
ist. Um nun aber das Eingangssignal zu bestimmen bräuchte man so etwas wie eine "inverse
Faltung". Leider gibt es aber in der Mathematik keinen inversen Operator zur Faltung.
Dieses Problem lässt sich aber elegant umgehen. Dazu nochmals die beiden Wege grafisch
dargestellt, die zur Systemprädiktion führen:
Abbildung C-6
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
12
Der obere Weg beschreibt die Übertragung im Zeitbereich durch die Faltung. Der untere Weg
beschreibt die Fouriertransformierte der oberen Funktion, bei der ja die Faltung in eine normale punktweise Multiplikation im Frequenzbereich übergeht. Für diese Multiplikation gibt es
natürlich den inversen Operator der Division. Also ist die Rücktransformation gegeben durch:
Fe (ω ) =
Fa (ω )
H (ω )
Aus diesem Eingangsspektrum lässt sich nun einfach durch Anwendung der inversen Fouriertransformation die Eingangsfunktion U e (t ) gewinnen.
Die Signalrestauration ist, weil es keine inverse Faltung gibt, durch die Division des Ausgangsspektrums mit der Übertragungsfunktion und anschließender Fourier-Rücktransformation möglich.
Mit diesem wichtigen Satz der Systemtheorie lassen sich also aus nichtidealen Messsystemen
scheinbar ideale Messsysteme machen, die keinen Einfluss auf das Signal nehmen.
c)
Praktische Probleme
H(ω ) darf natürlich wegen der Division für keine Frequenz null werden. D.h. in konkreten
praktischen Fällen darf man nur den Frequenzbereich betrachten, in dem H(ω ) gerade nicht
null und auch nicht sehr klein wird.
5.
Beispiele
a)
Idealer Verstärker
Im Zeitbereich lassen sich die Verhältnisse der Eingangs- zu den Ausgangsgrößen eines idealer Verstärker sehr gut beschreiben:
U a (t ) = α ⋅ U e (t − t0 )
Anmerkung: Auch mit der Zeitverschiebung t 0 soll es noch um einen idealen Verstärker handeln.
wobei α der Verstärkungsfaktor und t0 der Zeitversatz zwischen Eingangs- und Ausgangssignal sein soll. Die Fouriertransformation liefert unter Anwendung des Zeitverschiebungssatzes:
Fa (ω ) = α ⋅ Fe (ω ) ⋅ e − jω t0
Wenn diese Gleichung verglichen wird mit der bekannten Gleichung aus der Systemtheorie:
Fa (ω ) = Fe (ω ) ⋅ H (ω )
dann erkennt man sofort, dass für die komplexe Übertragungsfunktion eines idealen Verstärkers gilt:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
13
H (ω ) = α ⋅ e − jω t0
H (ω ) = α
ϕ (ω ) = −ω t0
Abbildung C-7
Der lineare Phasengang rührt von dem (i.A. nicht störenden) Zeitversatz her. Folglich kann
die Güte eines Verstärkers insbesondere von der Linearität des Phasengangs abhängig gemacht werden.
Die Impulsantwort des idealen Verstärkers lässt sich leicht durch Einsetzen der Deltafunktion
bestimmen. Es ist die um t0 verschobene Eingangsfunktion:
Abbildung C-8
Angemerkt sei an dieser Stelle, dass reale Verstärker kaum mit einer (fast idealen) Deltafunktion ausgemessen werden können. Denn die Deltafunktion hat definitionsgemäß eine sehr
hohe Amplitude, die der Verstärker mit seinem Verstärkungsfaktor erhöht. Er wird übersteuert
und damit in seinen nichtlinearen Bereich getrieben. Dann ist er aber nicht mehr mit den Methoden der Systemtheorie beschreibbar. Also wird man immer gewisse Kompromisse eingehen müssen, um den Verstärker stets in seinem linearen Bereich zu halten.
b)
Idealer Tiefpass
Ein Tiefpasssystem lässt sich am besten mit seinen Eigenschaften im Frequenzbereich erklären. Es soll ein System sein, welches nur tiefe Frequenzen durchlässt und hohe Frequenzen
sperrt.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
14
Ein idealer Tiefpass besitzt eine Übertragungsfunktion mit folgendem Aussehen:
Abbildung C-9
wobei für den Phasengang gelten soll: ϕ (ω ) = 0 , und damit ist H(ω ) reell. D.h. der ideale
Tiefpass besitzt eine Grenzfrequenz ω g . Alle Frequenzen unterhalb dieser Grenzfrequenz
werden mit der Verstärkung 1 übertragen. Alle Frequenzen oberhalb der Grenzfrequenz werden nicht übertragen.
Eine Anwendung eines Tiefpasses liegt in der Messtechnik in der Eliminierung eines hochfrequenten Störsignals, welches sich mit einem niederfrequenten Nutzsignal überlagert hat:
Abbildung C-10
Links sieht man das langsam veränderliche Nutzsignal, welches mit hochfrequenten Rauschen
überlagert ist. Die mittlere Abbildung zeigt das Frequenzspektrum dieses überlagerten Signals
und des geeigneten Tiefpasses, der seine Grenzfrequenz so gelegt hat, dass gerade die Frequenzen des Nutzsignals, nicht aber die des Rauschens, übertragen werden. Rechts das "bereinigte" Signal ohne Rauschen.
Ein weitere Anwendung ist die Bandbegrenzung bei der Telefonübertragung. Dort will man
aus reinen wirtschaftlichen Gründen Signale mit möglichst geringer Bandbreite übertragen. So
verwendet beispielsweise die Deutsche Telekom bei der analogen Übertragung der Sprache
Tiefpassfilter, die eine Grenzfrequenz von 3 kHz besitzen. Diese Frequenz reicht aus, um
Sprache eindeutig verstehen zu können.
Das Interesse aus Technik und Wirtschaft an einen idealen Tiefpass ist daher groß.
Wie sieht die Impulsantwort I (t ) eines idealen Tiefpasses aus?
H (ω ) = F I (t )
⇒ I (t ) = F- 1 H (ω )
Die Dirichlet´schen Bedingungen sind erfüllt, also kann gerechnet werden:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Systemtheorie
15
1
I (t ) =
2π
=
=
1
2π
z
z
∞
H (ω ) ⋅ e jω t dω
−∞
ωg
1⋅ e jω t dω =
−ω g
1 1 jω t
e
⋅
2π j t
ωg
−ω g
1 1 jω g t
− jω t
e
⋅
−e g
2π j t
Erweitern mit 2 und Umstellen nach dem Euler-Satz ergibt:
I (t ) =
1
⋅ sin(ω g t )
πt
wiederum erweitern, diesmal mit ω g :
I (t ) =
≈
ωg
π tωg
⋅ sin(ω g t )
sin(ω g t )
ω gt
ist von der Form
sin x
x
Abbildung C-11
Diese Funktion hat äquidistante Nullstellen bei t N = n ⋅
π
ωg
Diese Funktion kann keine Impulsantwort sein. Denn per Definition ist die Impulsantwort
eine Reaktion des Systems auf den Eingangspuls zur Zeit t = 0 . Die Impulsantwort muss
natürlich für alle "negativen" Zeiten null sein. Dieses System hier antwortet aber schon für
Zeiten t < 0 auf den Eingangspuls, der erst bei t = 0 angelegt wird. Es handelt sich also hier
um ein nicht-kausales System welches nicht realisierbar ist.
Es kann also niemals eine Schaltung realisiert werden, die den oben dargestellten Frequenzgang des idealen Tiefpasses hat.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
16
Die Impulsantwort eines realen Systems muss immer asymmetrisch bezüglich der Zeitachse
sein und damit muss die Übertragungsfunktion, die ja die Fouriertransformierte der Impulsantwort ist, komplex sein.
Oben wurde bei der Definition eines idealen Tiefpasses gerade eine reelle Übertragungsfunktion vorausgesetzt. Der ideale Tiefpass ist niemals realisierbar.
II.
MODULATION UND DEMODULATION
Eine weitere Anwendung der Fouriertransformation ist ein Gebiet, welches hauptsächlich von
der Nachrichtentechnik angewendet wird, aber auch in der Messtechnik eine Bedeutung hat:
Die Modulation und Demodulation von Signalen.
Dabei wird ein beliebiges periodisches Signal (Trägersignal) so in seinen Parametern verändert, dass es die kompletten Informationen eines zweiten beliebigen Signals (Informationssignal) in sich trägt.
Sei U ein allgemeines periodisches und monofrequentes Trägersignal:
U = U 0 ⋅ cos(ω T t + ϕ )
wobei ω T die Trägerfrequenz ist. Man unterscheidet nun drei wichtige Modulationsklassen:
R|U
steckt die Signalinformation in Sω
|Tϕ
0
T
R|Amplitudenmodulation (AM)
, so nennt man das: SFrequenzmodulation (FM)
|TPhasenmodulation (PM)
alle drei Methoden werden in der Technik eingesetzt. Beispielsweise wird in der Rundfunktechnik die Amplitudenmodulation für die Ausstrahlung im LW- und auch teilweise im KWBereich genutzt. Die Frequenzmodulation wird teilweise für KW, insbesondere aber für den
UKW-Bereich genutzt. Die Phasenmodulation findet beim Rundfunk keine Anwendung. Sie
wird aber in anderen technischen Systemen eingesetzt.
Warum ist es überhaupt technisch nötig, Frequenzen zu modulieren? Um beim Beispiel des
Rundfunks zu bleiben: die abgestrahlte Leistung eines Dipols ist proportional zu ω 4 , d.h. für
niedrige Frequenzen (Sprache) wird kaum Leistung abgestrahlt. Die Modulation bewirkt, dass
die Signalinformation in den energetisch wirkungsvolleren Bereich der hohen Frequenzen
( ≈ MHz ) transformiert wird.
1.
Einfache Amplitudenmodulation
Im Rahmen dieser Messtechnik - Vorlesung soll nur die einfache Amplitudenmodulation behandelt werden, da die Motivation in der Messtechnik eine ganz andere ist als in der Nachrichtentechnik. Hier hat man es i.A. nicht mit kabellosen Signalübertragungen zu tun, sondern
die Messsignale müssen vielmehr Signalwege über Detektoren oder andere Bauelemente nehmen, die bestimmte frequenzabhängige Eigenschaften besitzen.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
a)
17
Beschreibung im Zeitraum
Die Informationen über das Informationssignal seien in dem Ausdruck f i (t ) enthalten. Dann
berechnet sich das mit der Trägerfrequenz ω T amplitudenmodulierte Signal:
U = U 0 (1 + f i (t )) ⋅ cos(ω T t )
Anmerkung: Die Aufaddierung der Eins in dem Term (1+ f i (t )) ist eine Hilfsmaßnahme, damit die Amplitude nicht negativ
wird.
d.h. das Ausgangssignal beinhaltet das Produkt aus Träger und Informationssignal.
Abbildung C-12
b)
Technische Realisierung
Die technische Realisierung des Produktes zweier Signale (Spannungen) ist sicher nicht trivial. Die meisten realen elektrischen Systeme verhalten sich linear, so dass für dieses Problem
ein nichtlineares Baulelement gefordert ist. Die einfachste Lösung ist der Einsatz einer Diode.
Der folgende Schaltungsaufbau zeigt ein einfaches Beispiel:
Abbildung C-13
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
18
Für die Situation, dass für die Eingangs- und Ausgangswiderstände gilt: Ra << Re und für den
differentiellen Widerstand der Diode: Ra << rD , folgt, dass:
U a ≈ i D und i D ≈ U e
wobei i D der Diodenstrom sein soll. Die nichtlineare Abhängigkeit zwischen Strom und
Spannung der Diode (Diodenkennlinie) ist:
Abbildung C-14
Durch eine Vorspannung oder einen Vorstrom wird der Arbeitspunkt eingestellt, um dessen
Nähe sich der Diodenstrom entwickeln lässt:
i D ≈ i0 + α ⋅ uD + β ⋅ uD2 + L
wobei α , β von der Konstruktion und den Eigenschaften der Diode abhängen.
Nach obiger Schaltung wird der Gesamtstrom durch die Diode proportional zu der Summe der
beiden Teilströme 1 u. 2 und damit auch proportional zu der Summe der beiden Spannungen
sein.
Das hat zur Folge für die Ausgangsspannung U a :
U a ≈ L + α ⋅ U T + α ⋅ U I + β ⋅ U T2 + 2 β ⋅ U T ⋅ U I + β ⋅ U I2 + L
14243
Produkt der beiden
Spannungen
Die unerwünschten Terme dieser Gleichung, die nichts mit dem Produkt der beiden Spannungen zu tun haben, versucht man durch konstruktive Maßnahmen zu verringern (z.B. Diodenbrückenschaltungen o.ä.).
c)
Frequenzdarstellung
Das Trägersignal umgeschrieben mit der Euler-Relation lautet:
cos(ω T t ) =
1 jω T t
e
+ e − jω T t
2
damit nimmt das Ausgangssignal U a (t ) folgende Form an:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
19
U a (t ) = U 0 (1 + f i (t )) ⋅
1 jω T t
e
+ e − jω T t
2
Die Fouriertransformierte dieses Signals wird zu (s.a. Kapitel über periodische Funktionen
und über Frequenzverschiebungssatz):
F U a (t )
1
= U 0 δ (ω − ω T ) + δ (ω + ω T ) + Fi (ω − ω T ) + Fi (ω + ω T )
2
Vor der Modulation hat das Spektrum beider Spannungen beispielsweise folgendes Aussehen:
Abbildung C-15
Nach der Modulation mit einem realen Modulator erhält man dieses Spektrum:
Abbildung C-16
d.h. man erhält zwei Seitenbänder, die um −ω T bzw. ω T gelagert sind. Die Störsignalglieder
gegeben sind durch:
erstes Störsignal:
zweites Störsignal:
1
U T2 = U 02 cos2 ω T t = U 02 (1 + cos(2ω T t ))
2
2
β ⋅U I
Es ist also gelungen, dass Informationssignal in einen höheren Frequenzbereich ( ω T ) zu transformieren. Wenn das Informationssignal eine maximale Frequenz ω max hat, so wird nach der
Modulation im Frequenzband eine Bandbreite von 2 ⋅ ω max belegt. Bei der Belegung des ganzen Frequenzbandes mit modulierten Signalen (bei verschiedenen Trägerfrequenzen) ist daher
darauf zu achten, dass sich diese Signale im Frequenzband nicht überschneiden.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
20
Die mathematische Verallgemeinerung ist das Spektrum eines Produktes im Zeitbereich ist
die Faltung im Frequenzbereich. Die Modulation wird nicht mit dem Frequenzverschiebungssatz, sondern mit dem Faltungssatz interpretiert.
d)
Nicht-sinusförmige Träger
Bisher wurde das Trägersignal als sinusförmig angenommen. Ein nicht-sinusförmiger Träger
ist für die Nachrichtentechnik wegen der darin vorkommenden Oberwellen vollkommen indiskutabel.
Im Gegensatz dazu werden in der Messtechnik durchaus auch solche nicht-sinusförmige Träger verwendet. Berechnet wird das Spektrum mit dem Faltungssatz. Das Spektrum eines so
modulierten Signals sieht so aus:
Abbildung C-17
d.h. es handelt sich um eine Kaskade von Frequenzsignalen.
e)
Trägerunterdrückung
Die elektrische Leistung, die bei der Abstrahlung eines modulierten Signals gebraucht wird,
setzt sich zusammen aus der Leistung des Trägersignals und des Informationssignals. Nutzbar
ist allerdings nur die Energie des Informationssignals, so dass es aus energetischen und wirtschaftlichen Gründen wünschenswert wäre, wenn man auf die Abstrahlung des Trägers verzichten könnte.
Erreichen kann man das, indem man die Prämisse, dass die Amplituden immer positiv sein
müssen, fallen lässt. Das modulierte Signal erscheint im Zeitbereich so, als ob das Trägersignal einen Phasensprung vollführt an der Stelle hat, wo das Informationssignal negativ wird:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
21
Abbildung C-18
Realisierbar ist dieses nur, wenn der Modulator in der Lage ist, eine sogenannte 4-Quadranten-Multiplikation durchzuführen.
Mathematisch hätte dies die Folge, dass die Eins in dem Term (1+ f i (t ) ) (s.o.) wegfallen
könnte.
Aus technischen Gründen (z.B. automatische Sendereinstellung) werden heute in der Rundfunktechnik Mischverfahren angewendet, die den Träger nur zu einem gewissen Teil unterdrücken.
f)
Seitenbandunterdrückung
Ebenfalls aus energetischen und wirtschaftlichen Gründen ist es nicht notwendig, das ganze
Informationsspektrum zu übertragen, da es sich ja stets um ein symmetrisches Spektrum handelt. Nach dem Parceval´schen Theorem wird damit nämlich doppelt soviel Energie übertragen, wie eigentlich notwendig ist, um die vollständige Information zu erhalten.
Die Lösung ist ein nachgeschaltetes Bandpass-Filter hinter dem Modulator und vor dem Antennenverstärker, der nur die eine Hälfte des Informationsspektrums durchlässt. Damit braucht
der Antennenverstärker nur noch die Hälfte des Spektrums zu verstärken.
Abbildung C-19
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
2.
22
Demodulation
Zur Demodulation von amplitudenmodulierten Signalen existieren mehrere Möglichkeiten.
a)
Gleichrichterdemodulator
Diese (heute nicht mehr angewandte) Schaltung macht nichts anderes als den jeweiligen Spitzenwert der angelegten Eingangsspannung am Ausgang auszugeben:
Abbildung C-20
Wird am Eingang so einer Schaltung das modulierte Signal angelegt, so folgt der Ausgang den
langsamen Veränderungen der Spitzenwerte, die das Abbild des Informationssignals plus
eines Gleichspannungsanteils (U 0 ) darstellen:
Abbildung C-21
b)
Homodyndemodulator
Wird das mit ω T modulierte Signal nochmals mit der gleichen Trägerfrequenz ω T moduliert,
so werden die Seitenbänder genau wie bei der Modulation um ±ω T verschoben. D.h. aber,
dass bei der ursprünglichen Signalfrequenz sich das Signalspektrum wieder aufbaut. Es entstehen allerdings auch weitere Störsignale bei ±2ω T . Diese und andere Signale sind allerdings sehr leicht mit einem geeigneten Tiefpassfilter zu eliminieren und man erhält als Resultat das Originalsignal zurück.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
23
Die Demodulation ist demnach eine Wiederholung der Modulation.
Abbildung C-22
Das amplitudenmodulierte Signal war im Wesentlichen gegeben durch Multiplikation von
Träger und Signal im Zeitbereich:
U = f i (t ) ⋅ cos(ω T t )
Eine weitere Modulation um ω T bedeutet ein nochmaliges Multiplizieren mit cos(ω T t ) :
U = f i (t ) ⋅ cos(ω T t ) ⋅ cos(ω T t )
Die beiden Cosinus-Terme sind die im modulierten Signal enthaltenen Trägeranteile und können umgeschrieben werden (Additionstheorem) zu:
U=
Ausmultiplizieren ergibt U =
1
f i (t ) ⋅ (1 + cos(2ω T t ))
2
1
f i (t ) +L (Terme mit höheren Frequenzen)
2
d.h. man erhält das ursprüngliche Informationssignal zurück plus einige höherfrequente Terme, die aber nicht weiter interessieren, da sie ausgefiltert werden können.
Eingesetzt werden solche Demodulatoren in einfachen Rundfunkempfängern, Funkuhren usw.
c)
Heterodyndemodulator
Die Heterodyndemodulation macht im Grunde nichts anderes wie der Homodyndemodulator
mit dem Unterschied, dass er nicht die Trägerfrequenz ω T für die Demodulation nutzt, sondern eine niedrigere Zwischenfrequenz. Mit diesem ersten Schritt erhält man noch nicht das
Originalsignal zurück, welches erst nach einer weiteren Modulation zur Verfügung steht.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
24
Mittelwellenempfänger arbeiten in der Regel mit einem Superheterodyndemodulator, bei dem
noch eine weitere Zwischenfrequenz eingeschoben wird.
Der Grund solcher Zwischenschritte liegt in dem unterschiedlichen Frequenzverhalten der
elektronischen Bauelemente.
3.
Anwendung: Lock-in-Technik
a)
Probleme bei Gleichspannungsmessung
Die Problemstellung soll stellvertretend für viele physikalische Anwendungen aus anschaulichen Gründen anhand eines Absorptionsspektroskopie-Experiments beschrieben werden:
Abbildung C-23
Die durchstimmbare Lichtquelle (z.B. Laser) erzeugt Licht, welches abhängig von der Wellenlänge unterschiedlich von der Probe absorbiert wird. Anschließend wird das transmittierte
Licht von einem Detektor aufgenommen um dann (verstärkt) angezeigt zu werden.
Solche Messanordnungen sind typisch in der physikalischen Messtechnik.
Drei Klassen von Störungen treten dabei auf:
I. Gleichlichtstörung: Der Aufbau ist optisch nicht optimal abgeschirmt, so dass Fremdlicht (z.B. Tageslicht) auf den Detektor fällt und damit das Messergebnis verfälscht.
Allgemein handelt es sich dabei um eine additive Überlagerung zum Nutzsignal.
II. Drift: Das Ausgangssignal ändert sich zeitlich langsam infolge von elektronischen oder
physikalischen Alterungsvorgängen. Typische Einflussgröße ist die Temperatur.
III. Rauschen: schnelle zeitliche Veränderungen des Nutzsignals. (Wird in einem späteren
Kapitel statistisch ausführlich behandelt). Dennoch hier kleiner Vorgriff:
Die Rauschintensität ist über die Frequenz nicht konstant, sondern hat infolge verschiedener Mechanismen größere Amplituden bei kleineren Frequenzen. Das typische Leistungsdichtespektrum zeigt die folgende Abbildung:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
25
Abbildung C-24
Bei vielen Experimenten sieht man Überhöhungen bei 50 Hz und Vielfachen davon, weil bei
dieser Frequenz das elektrische Netz in Deutschland betrieben wird.
Fazit: Es ist grundsätzlich schwierig, bei tiefen Frequenzen (Gleichgrößen) zu messen.
In den nächsten Kapiteln wird eine Messtechnik beschrieben, die diese Probleme umgeht,
indem die zu messenden zeitunabhängigen Gleichsignale moduliert werden, d.h. bewusst
zeitabhängig gemacht werden.
b)
Schaltmodulation
Die Idee der Schaltmodulation besteht darin, dass das Licht des optischen Experiments periodisch ein - und ausgeschaltet wird. Das lässt sich z.B. durch eine sog. mechanische Chopper
(Zerhacker)-Scheibe hinter der Lichtquelle realisieren, die aus einem Rotor mit mehreren Flügeln besteht, die das Licht je nach Stellung der Scheibe mal durchlassen und mal nicht durchlassen:
Abbildung C-25
Weiterhin ist ein mit dem Chopper (irgendwie) gekoppelter Umpolschalter installiert, der
zwei Stellungen einnehmen kann: Schalter oben, wenn der Lichtstrahl unterbrochen ist und
Schalter unten, wenn das Licht ungehindert durchtritt. Nach dem Chopper liegt folgendes
Zeitsignal vor:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
26
Abbildung C-26
Es ist ein mit der Trägerfrequenz des Choppers moduliertes Signal. Am Detektor erhält man
folgendes Bild:
Abbildung C-27
Wenn der Lichtstrahl nicht durchgelassen wird, "sieht" der Detektor nur noch die Fremdlichtintensität. Bei durchgehendem Lichtstrahl addiert sich zu der Lichtintensität die Fremdlichtintensität auf.
Hinter dem mit der exakten Modulationsfrequenz getakteten Umpoler (Demodulator) erhält
man:
Abbildung C-28
Bei durchgelassenem Licht liegt am Ausgang des Umpolers I 0 + I F an, wobei bei ausgeschaltetem Licht wegen der Umpolung nur −I F anliegt.
1
1
( I 0 + I F − I F ) = I 0 . D.h. dieser Wert
2
2
hängt nicht mehr von der Fremdlichtintensität ab. Durch Nachschalten eines einfachen Mittelwertdetektors (z.B. RC-Glied) wird das Ausgangssignal hinter dem Demodulator vollkommen unabhängig von Fremdlichteinwirkungen.
Der Mittelwert dieses Signals ist gegeben durch
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
27
Dies ist eine einfache Schaltungstechnik, die es ermöglicht vollautomatisch Störgrößen zu
eliminieren.
Nachrichtentechnisch kann man diese Schaltung so interpretieren: Man kodiert das Nutzsignal, indem die Rechteckfuktion aufgeprägt wird. Damit wird es unterscheidbar von dem nicht
kodierten Störsignal.
Es ist daher natürlich wichtig, dass der Modulator sich so nahe wie möglich an der Lichtquelle
befindet, damit die Störgrößen nicht mitmoduliert werden. Denn dann funktioniert dieses
Messsystem natürlich nicht mehr. Am besten ist es daher, man moduliert die (Licht-) Quelle
selbst.
c)
Frequenzdarstellung
Diese Darstellung soll der Einfachheit halber mit einem sinusförmigen Träger anschaulich
dargestellt werden.
Das Störsignal und das Nutzsignal liegen im gleichen Frequenzbereich und sind damit zunächst unmittelbar nicht trennbar:
Abbildung C-29
Durch die sinusförmige Amplitudenmodulation mit der Trägerfrequenz ω 0 folgt:
I = I 0 (1 + cos ω 0 t ) + I F
Abbildung C-30
D.h. das Nutzsignal wird im Frequenzraum zu der Trägerfrequenz ω 0 verschoben, wobei das
Störsignal im niederfrequenten Bereich verbleibt. Das Nutzsignal wird also vom Störsignal
getrennt.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
28
Die Demodulation erfolgt (wie gehabt) durch eine weitere Modulation mit exakt der gleichen
Modulationsfrequenz ω 0 . Gleichzeitig soll die Mittelwertbildung durchgeführt werden (Integral über eine Periode geteilt durch eine Periode):
z
z
T
1 2
I′ =
I ⋅ cosω 0t dt
T −T
2
z
T
z
T
T
1 2
1 2
1 2
I 0 ⋅ 1⋅ cos ω 0t dt +
I 0 ⋅ cos2 ω 0t dt +
I F ⋅ 1⋅ cos ω 0t dt
=
T −T
T −T
T −T
2 42444
1244
42444
3 144
3
1244
42444
3
=0
=
=
I0
2
=0
I0
2
Das Ergebnis ist also das gleiche wie bei der Rechteckmodulation. Im Frequenzraum lässt sich
das so darstellen:
Abbildung C-31
Die Mittelwertbildung ist durch den Tiefpass (RC-Filter) dargestellt. An diesem Frequenzbild
lässt sich nun ein weiteres Problem formulieren. Bisher wurden die Störungen als Gleichspannungen angesehen. Wenn diese Störungen nun ein ausgedehntes Frequenzspektrum besitzen,
so lässt sich obige Methode u.U. nicht mehr anwenden. Ist z.B. das Störrauschen bei der Trägerfrequenz ω 0 nicht Null, so wird dieses Rauschen auch nicht perfekt eliminiert. Folglich
sollte man die Modulationsfrequenz möglichst in Frequenzbereiche legen, in denen nur geringe Störungen vorliegen.
Nach der Demodulation erhält dann in diesem Fall eine gewisse Störenergie durch das Störsignal in dem Bereich um ω = 0 . Nach dem Parceval´schen Gesetz ist aber die Energie bestimmt durch die Fläche unter der Frequenzkurve. D.h. man wird durch geeignete sehr
schmalbandige Filter die mittlere quadratische Leistung der Störung minimieren können.
In dem unteren Frequenzband sind solche schmalbandigen Filter sehr leicht und kostengünstig
z.B. durch ein RC-Glied mit großer Zeitkonstante zu realisieren.
Bei periodischen Störungen wird die Modulationsfrequenz höher oder niedriger gelegt. Beispielsweise wird, um die 50 Hz Störunterdrückung zu realisieren häufig mit 37 Hz moduliert.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
d)
29
Phasenbetrachtung
Bis hierher wurde stets davon ausgegangen, dass die Modulation und Demodulation exakt im
Takt sind. Diese Annahme ist praktisch nicht zu realisieren, d.h. man hat es immer mit einer
gewissen Phasenverzögerung zu tun. Diese wird beispielsweise durch Laufzeitverzögerungen
des Signals in Kabeln o.ä. oder in Bauelementen hervorgerufen. Es soll nun untersucht werden, wie sich eine solche Phasenverschiebung ∆ϕ auf das Ausgangssignal auswirkt.
Auch dieses Problem soll der Einfachheit halber im Frequenzbereich behandelt werden. Es
wird angenommen, dass sich eine Phasenverschiebung zwischen dem modulierten und dem
demodulierenden Signal befindet, die nicht Null ist und dass kein Störlicht vorhanden ist:
I = I 0 ⋅ cos ω 0t ⋅ cos(ω 0t + ∆ϕ )
= I 0 ⋅ cos ω 0t ⋅ (cos ω 0t ⋅ cos ∆ϕ − sin ω 0t ⋅ sin ∆ϕ )
Ausmultiplizieren und Mittelwertbildung dieser Gleichung liefert:
z
T
z
T
1 2 2
1 2
I ′ = I 0 ⋅ cos ∆ϕ
cos ω 0t dt − I 0 sin ∆ϕ
sin ω 0t ⋅ cos ω 0t dt
T −T
T −T
2
2 2444444
144444
4
3
=0
=
I0
cos ∆ϕ
2
Das ist der Wert, der angezeigt wird. Er hängt von ∆ϕ ab und kann alle Werte zwischen −
I0
2
I0
annehmen, kann also sowohl positiv oder auch negativ werden. Für ∆ϕ = 0 erhält
2
man das obige Ergebnis für exakt gleichphasige Demodulation.
und
Technisch gelöst wird dieses Problem, indem vor dem Demodulator ein Phasenschieber eingefügt wird, mit dem die Phase des Signals gedreht werden kann. Bei der Behandlung des RCGliedes wurde gezeigt, wie die Phase gedreht werden kann. Nach obiger Gleichung braucht
man jetzt nur noch die Phase des Referenzsignals so lange zu verändern, bis das Ausgangssignal I ′( ∆ϕ ) maximal wird. Dabei ist es vollkommen nebensächlich, um welchen Betrag die
Phase tatsächlich gedreht wurde um dieses Ziel zu erreichen.
Wichtig dagegen ist, dass die Demodulationsfrequenz absolut exakt mit der Modulationsfrequenz übereinstimmt. Liegt sie nur ein kleines bisschen daneben, wird man kein Signal detektieren können. Beim Justieren der Demodulationsfrequenz wird das Ausgangssignal sofort
reagieren, falls die richtige Frequenz getroffen wurde. Man nennt daher dieses Messverfahren
"Lock-in-Detektor", wobei "Lock" soviel heißt wie einschnappen oder einrasten (auf die Modulationsfrequenz).
e)
Realisierung
Die folgende Abbildung zeigt das Prinzip eines Lock-in-Verstärkers. Am Eingang liegt das zu
untersuchende Signal U x vom Detektor an. Es wird zunächst verstärkt und dann im Demodulator multipliziert. Nachgeschaltet ist ein RC-Glied mit einstellbarem Widerstand zur Justie-
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
30
rung der Bandbreite. Das benötigte Modulationssignal wird in einem Frequenzgenerator erzeugt und an einem Ausgang zur Verfügung gestellt um es dem Modulator zuzuführen.
Abbildung C-32
Das Referenzsignal, welches nicht unbedingt ein reiner Sinus zu sein braucht, wird einem
spannungsgesteuerten Oszillator (VCO) zugeführt. Dieser Baustein wird vom Baustein PLL
solange nachgeregelt, bis an seinem Ausgang exakt die gleiche Sinusfrequenz vorliegt, die
auch das Referenzsignal hat. Somit ist gewährleistet, dass der Demodulator einen vollkommen
"reinen" Sinus zur Verfügung hat. An dem Phasenschieber lässt sich nun solange "drehen", bis
die Anzeige am Ausgang maximal wird.
f)
Effektmodulation
Bisher wurde immer von der Amplitudenmodulation gesprochen, bei dem die Quelle durch
z.B. Ein- und Ausschalten moduliert wurde. Physikalisch geschickter ist es allerdings, wenn
man stattdessen den physikalischen Effekt selber moduliert.
Angenommen die zu untersuchende Probe hätte eine Durchlässigkeit, die von dem angelegten
Magnetfeld B wie beim Zeemann-Effekt (oder von irgendetwas anderem) abhängt. Die obere
Kurve zeigt eine solche Intensitätsverteilung:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Modulation und Demodulation
31
Abbildung C-33
Wenn jetzt nicht für jede Messung ein festes Magnetfeld eingestellt wird, sondern dieses
vielmehr sinusförmig moduliert wird (s. Zeichnung) so moduliert man nicht die Intensität,
sondern den Effekt. "Fährt" man so das gesamte in Frage kommende Magnetfeld durch, so
lässt sich aus der Zeichnung leicht erkennen, dass man die Ableitung der Intensitätskurve
aufgenommen hat. Diese Ableitung lässt sich natürlich leicht rückrechnen, so dass indirekt die
gewünschte Kurve gemessen worden ist.
Durch diese Methode ist noch eine höhere Störsicherheit erlangt worden, da i.A. keine anderen Störgrößen von dem Magnetfeld abhängen.
Die Ergebnisse der Effektmodulation sind allen anderen Modulationsarten überlegen.
g)
Leistungsmessung
Wenn die Referenzfrequenz nicht genau bekannt ist, weil beispielsweise die Signalquelle
nicht selbst hergestellt wurde (Stichwort Astronomie: Messung der Intensität eines Quasars),
so lässt sich der Lock-in-Verstärker durch eine einfache Maßnahme ergänzen:
Hinter dem Phasenschieber wird ein zweiter Phasenschieber eingefügt, der fest auf 90 Grad
eingestellt ist. Dahinter folgt ein zweiter Demodulator und ein zweites RC-Glied mit der nachfolgenden zweiten Anzeige von I ′′ .
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
32
Abbildung C-34
Die zweite Anzeige zeigt wegen der Verschiebung um 90 Grad nun statt einer Kosinus - eine
Sinusfunktion. Fasst man beide Kanäle zusammen und bildet:
I ges = I ′ 2 + I ′′ 2
=
I0
cos2 ∆ϕ + sin 2 ∆ϕ
1
2 44424443
=1
so sieht man, dass das Ausgangssignal wieder unabhängig von der Phase ist. Man kann also
ohne Einstellung der Referenzphase ein Signal mit einem derartigen Zweikanal-Lock-inVerstärker detektieren.
III.
SAMPLING
1.
Grundlagen
a)
Zeitdarstellung gesampelter Funktionen
Die meisten Signale der realen Welt sind analoge Signale, sie stellen mathematisch eine kontinuierliche Funktion der Zeit dar. Wenn ein solches Signal mit einem Messsystem aufgenommen werden soll, so werden in der Regel viele einzelne Messwerte schnell hintereinander
mit einem digitalen Messgerät aufgenommen. Es wird durch diesen Messprozess zwangsläufig eine Zeit- und Amplitudendiskretisierung durchgeführt. Die Amplitudendiskretisierung
wird an anderer Stelle in dieser Vorlesung behandelt. Zunächst wird also davon ausgegangen,
dass die Amplitude exakt gemessen wird.
Die Messpunkte der zeitdiskretisierten Kurve liegen um gleiche endliche Messzeitintervall Abständen T auseinander. Für die dazwischen liegenden Werte der Originalkurve werden
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
33
keine Informationen aufgenommen. D.h. für die Rekonstruktion muss normalerweise eine
Interpolation durchgeführt werden, die eine gewisse Abweichung (Fehler) zur Originalkurve
aufweist.
Abbildung C-35
Die Frage ist nun: wie klein muss ich mein Zeitintervall T wählen, damit der Fehler der rekonstruierten Kurve eine gewisse Schranke nicht überschreitet?
Wie ist der funktionelle Zusammenhang zwischen Abtastintervall und Interpolationsfehlern?
Ist es so wie man zunächst vermutet, dass der Fehler nur dann besonders klein wird, wenn die
Abtastpunkte sehr dicht beieinander liegen?
Der Lösungsweg dieser Frage lässt sich am anschaulichsten im Frequenzbereich zeigen.
b)
Frequenzdarstellung
Die Funktionsweise des Abtasters (Samplers) lässt sich ja darstellen als eine mathematische
Multiplikation des kontinuierlichen Signals mit dem Delta-Kamm, der eine Periodizität von
T besitzt. D.h.:
f S (t ) = f (t ) ⋅ δ T (t )
Abbildung C-36
Der Übergang in den Frequenzbereich geht wie üblich mit der Fouriertransformation. Dabei
werden zunächst f (t ) und δ T (t ) einzeln fouriertransfomiert. Das Spektrum des Messsignals
wird nur relativ niedrige Frequenzen beinhalten (s. Zeitverlauf) und hat irgend eine Form mit
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
34
einer maximalen Grenzfrequenz ω m . Das Spektrum des Deltakammes (Gewichtsfunktion)
wurde schon in dieser Vorlesung hergeleitet.
Abbildung C-37
Nach dem inversen Fouriertransformation-Theorem (die Fouriertransformierte des Produktes
zweier Zeitfunktionen ist die Faltung derer Spektren) ist die Fouriertransformierte des gesampelten Signals gegeben durch
F
f S (t ) =
1
⋅ F (ω ) ⊗ δ ω (ω )
2π
mit der Definition der Deltafunktion folgt
F
f S (t ) =
∞
1
⋅ F (ω ) ⊗ ∑ δ (ω − nω 0 )
2π
n =−∞
Diese Faltung lässt sich einfach durchführen:
F
f S (t ) =
∞
1
⋅ ∑ F (ω − nω 0 )
2π n =−∞
Das gesamte Spektrum des Zeitsignals wird also an jeden "Peak" von δ ω (ω ) kopiert, so dass
für das gesampelte Signal folgendes Bild entsteht:
Abbildung C-38
Im Gegensatz zum zeitdiskreten Signal ist in der Frequenzdarstellung nichts verloren gegangen, es ist lediglich vervielfacht worden.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
c)
35
Das Shannon-Theorem (Nyquist)
Die verblüffende Feststellung, dass ein zeitkontinuierliches Signal mit einem zeitlichen Abstand abgetastet werden kann, der nicht gegen Null zu gehen braucht um keine Information
des Signals zu verlieren, ist an eine wichtige Bedingung geknüpft. Diese Bedingung ist von
zwei Forschern unabhängig voneinander aufgestellt worden. Shannon hat sich diesem Problem aus der Sicht der Informatik und Nyquist aus der der Elektrotechnik genähert.
Die dabei aufgestellte Bedingung ist als Shannon bzw. Nyquist-Abtast-Theorem bekannt geworden. Es lautet: Bei gegebener Abtastfrequenz f 0 = 1 T darf das Spektrum der Zeitfunktion
nur Frequenzen enthalten, die kleiner als
quenz des Zeitsignals):
f0
2
T<
sind. Anders ausgedrückt ( f m = maximale Fre1
2 ⋅ fm
Diese Bedingung erscheint sofort plausibel, denn falls f 0 < 2⋅f m , würden sich die Kopien der
Spektren im Frequenzraum überlappen und damit Informationen unwiederbringlich zerstören.
Anders ausgedrückt heißt dies nichts anderes, als dass eine Grenzfrequenz bei der Abtastung
existiert, oberhalb derer keine zusätzlichen Informationen aus dem Zeitsignal gewonnen werden können.
d)
Rekonstruktion des Eingangssignals
Die Vorschrift, wie das gesampelte Signal rekonstruiert wird, lässt sich aus dem Spektrum
einfach ableiten. Hier sehen wir, dass das Spektrum mehrfach, unter anderem eben auch um
die Frequenz Null, kopiert existiert. D.h. ein Tiefpassfilter, welches alle Frequenzen oberhalb
und unterhalb von ω m "abschneidet" rekonstruiert unser Originalspektrum der ungesampelten
Zeitfunktion. Die geeignetste Grenzfrequenz ist ω 0 /2 , weil man sich damit genau in der (sicheren) Mitte zwischen den beiden Frequenzausläufern befindet.
Abbildung C-39
Im Gegensatz zu einer realen Schaltung dürfen wir hier das Spektrum des eigentlich "verbotenen" idealen Tiefpassfilter einsetzen. Die Nichtkausalität der Impulsantwort dieses Filters
interessiert hier nicht, weil das gesampelte Signal (auf dem das Filter angewendet wird) bekannt ist und im Rechner vorliegt.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
36
Das rekonstruierte Signal berechnet sich zu:
f (t ) = F- 1 FS (ω ) ⋅ H (ω )
Das Faltungstheorem besagt, dass die inverse Fouriertransformierte des Produktes zweier
Spektren gleich der Faltung der inversen Fouriertransformierten der einzelnen Spektren ist:
f (t ) = F- 1 FS (ω ) ⊗ F- 1 H (ω )
14243 14243
sin ω 0t
ω 0t
f S (t )
Das Spektrum des idealen Tiefpasses kennen wir schon. Mit der Definition der Faltung folgt:
z
∞
f (t ) =
f S (t ′) ⋅
−∞
sin ω 0 (t − t ′)
dt ′
ω 0 (t − t ′)
Das ist die Rechenvorschrift für die Rekonstruktion unseres zeitkontinuierlichen Signals. Wir
wissen allerdings, dass die gesampelte Funktion f S (t ′) nur an einzelnen diskreten Werten
einen Beitrag liefert, der ungleich Null ist. Deshalb reduziert sich das Integral auf eine Summe:
f (t ) =
∞
∑
n =−∞
f S (nT ) ⋅
sin ω 0 (t − nT )
ω 0 (t − nT )
Fazit: Es kann für jeden beliebigen Zeitpunkt t (der auch zwischen den einzelnen SamplePunkten liegen kann) der Funktionswert f (t ) errechnet werden. Es werden, wie bei jeder
Interpolation, die einzelnen gesampelten Werte mit einer Gewichtsfunktion gewichtet.
Man überprüfe, dass der rekonstruierte Funktionswert für den (trivialen) Zeitpunkt t = nT mit
obiger Gleichung tatsächlich f S (nT ) ist. Für alle Zeitpunkte, die zwischen den SampleZeitpunkten liegen, muss die unendliche Reihe ausgerechnet werden. Allerdings fällt die Gewichtsfunktion mit 1 / ω 0 (t − nT ) schnell ab, so dass der Fehler sicherlich in Grenzen bleibt,
wenn man die Reihe vorzeitig abbricht.
2.
Aliasing
Die Frage ist nun, was passiert wenn das Shannon/Nyquist-Theorem verletzt wird, d.h. man
tastet das zeitkontinuierliche Signal zu langsam ab. Das Spektrum des so gesampelten Signals
wird sich nun überlappen:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
37
Abbildung C-40
In der Übergangszone werden sich die beiden Ausläufer addieren. Wendet man auf dieses
Spektrum wieder das Tiefpassfilter an, so wird das erhaltene Spektrum keine Ähnlichkeit
mehr haben mit dem ursprünglichen Spektrum. Diesen Sachverhalt nennt man Aliasing. Es
gibt i.A. keine Möglichkeit, das ursprüngliche Signal zu rekonstruieren, wenn das Shannon/Nyquist-Theorem verletzt wird.
3.
Sampling-Demodulation
Es kann allerdings unter der Voraussetzung, dass man gewisse Kenntnisse von dem abzutastenden Signal hat von Vorteil sein, das Shannon/Nyquist-Theorem absichtlich zu verletzen.
Das ist dann der Fall, wenn das Signal zwar höhere Frequenzkomponenten als die Abtastfrequenz beinhaltet aber keine niedrigeren.
Als Beispiel eines solchen Signals soll ein mit der Trägerfrequenz ω 0 amplitudenmoduliertes
Signals gegeben sein. Dieses Signal wird mit der viel niedrigeren Abtastfrequenz ω S abgetastet:
Abbildung C-41
Das Spektrum dieser abgetasteten Funktion hat folgendes Aussehen:
Abbildung C-42
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
38
Man erkennt, dass die Struktur in den unteren Frequenzbereich transformiert wurde - genau
das gleiche Ergebnis wie bei einer Demodulation. Anschließende Filterung der hohen Frequenzen liefert das ursprüngliche Signal.
Als nächstes soll ein anschauliches Beispiel gebracht werden an dem man diesen Effekt besser
sehen kann. Gegeben sei ein periodisches sinusförmiges Signal welches im Zeitbereich mit
einer zu niedrigen Frequenz abgetastet werden soll. Die Signalperiode soll 8 sein.
Abbildung C-43
Nach dem Shannon-Theorem muss der Abtastabstand mindestens 4 sein. Diese Abtastpunkte
sind in der Zeichnung mit Kreisen eingezeichnet.
Nun soll mit Absicht der Abtastabstand auf 6 erhöht werden (Diese Abtastpunkte sind der
Zeichnung mit
* gekennzeichnet).
Man sieht, dass das gestrichelt eingezeichnete Signal eine falsche Periode (24) bekommt. Im
Frequenzspektrum sieht das so aus:
Abbildung C-44
D.h. die Faltung des Zeitsignals mit der Abtastfrequenz ergibt einen Frequenzbeitrag der der
Differenzfrequenz ( 1 6 − 18 = 1 24 ) entspricht.
Ein weiteres Beispiel für dieses Phänomen, bei dem man sich absichtlich die Unterabtastung
zu Nutze macht ist das Stroboskop. Es dient der Sichtbarmachung schneller periodischer Vorgänge, die mit dem Auge wegen ihrer Schnelligkeit nicht oder nur schwer wahrnehmbar sind.
Dieser periodische Vorgang hat Oberwellen, die einen Frequenzabstand von ω 0 haben sollen.
Zur Erinnerung: In den Amplituden der Oberwellen steckt die Information dieses periodischen
Signals.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
39
Dieses Signal soll formgenau in der Zeit abgebildet werden. Eine Methode wäre die schnelle
Bildaufzeichnung, die dann langsam wieder abgespielt wird.
Das Stroboskop hingegen beleuchtet den Vorgang mit einer Folge von Blitzen, deren Periode
ungefähr (nicht gleich) der Periode dieses Vorganges entspricht. Im Frequenzraum stellt sich
das so dar ( ω S =Stroboskopfrequenz):
Abbildung C-45
Das Fourierspektrum der mit dem Stroboskop gesampelten Frequenz stellt sich so dar, dass
sich um jeden Peak des Delta-Kammes ein komplettes Spektrum des Vorganges lagert. Das
Spektrum hat weiterhin ein äquidistantes Linienspektrum mit gleicher Amplitude aber der
Abstand ist nun nicht mehr ω 0 sonder die Differenz ω 0 − ω S . Wir haben also das ursprüngliche Spektrum des schnellen Vorganges komprimiert und somit in der Zeit gedehnt ( Reziprozitätsgesetz ).
Das nächste Abbildung zeigt lediglich das erste um ω = 0 erzeugte Spektrum.
Abbildung C-46
Der Betrachter dieses so gesampelten Vorganges hat den Eindruck, dass der Vorgang langsam
abläuft. Wobei anzumerken ist, dass alle höheren Frequenzkomponenten herausgefiltert werden müssen. Das übernimmt das menschliche Auge aber ganz automatisch.
4.
Der Sample - and Hold - Kreis
a)
Aufgabe
Bis jetzt wurde noch nicht über die technische Realisierung der Sample-Messtechnik gesprochen. Diese muss es ermöglichen, den Sample (Stichpunktprobe) Messpunkt mit einem Hold
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
40
(halten)- Mechanismus mindestens solange dem Messsystem zur Verfügung zu stellen bis
dieses den Messwert in endlicher Zeit in eine Zahl umgewandelt hat. Während dieser Zeit soll
die Spannung am Messsystem zeitlich unverändert sein.
b)
Schaltungstechnik
Die zu messende Größe sei durch eine zeitlich veränderliche Spannungsquelle U (t ) charakterisiert, die einen realen Innenwiderstand Ri besitzt. Danach folgt ein Schalter S , der das
Messsystem mit der zu messende Größe verbindet. Dieser Schalter hat einen (i.A. nicht erwünschten) Widerstand RS . Dem nachgeschaltet ist der Haltekondensator C an dem die eigentliche Messung stattfindet.
Die Steuerung der Schaltung erfolgt periodisch mit dem Parameter T , der den Takt für den
Schalter und die Messung vorgibt.
Abbildung C-47
Bei geschlossenem Schalter lädt sich der Kondensator auf die Spannung U0 auf. Wird der
Schalter geöffnet, soll die Spannung am Kondensator während der gesamten Messung konstant bleiben.
Da es sich hier um ein RC-Glied handelt, wird die Spannung am Kondensator in der kurzen
Zeit des geschlossenen Schalters lediglich annähernd den Wert U0 erreichen:
c)
Rechenbeispiel Messtechnik
Um nun eine einigermaßen genaue Messung durchführen zu können, fordern wir jetzt, den
Schalter so lange geschlossen zu halten, bis die Spannung am Kondensator nur noch um ein
Tausendstel von der Messspannung abweicht:
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
41
Abbildung C-48
U (t ) = U 0 (1 − e − t /τ ) = U 0 ⋅ 0,999 ⇒ t = 7τ
wobei τ = ( RS + Ri ) ⋅ C
Wir müssen demnach die Zeit 7τ warten (bei geschlossenem Schalter), bis die Kondensatoraufladung unserer Anforderung genügt. Nehmen wir als konkretes Beispiel nun die Abtastung
eines Musiksignals, das wegen des Shannon-Theorems mit dem Doppelten der maximal vorkommenden Frequenz, (häufig mit 44 kHz) abgetastet werden muss. Wir fordern weiterhin
einen realistischen Wert für die Breite des Fensters, in dem das Signal abgetastet wird von
1 / 1000 der Abtastperiode ( 23µs ). D.h. dass der Kondensator nur 23ns Zeit hat, sich bis auf
0,999 ⋅U 0 aufzuladen.
Das sind ganz beachtlich kurze Zeiten, wenn man bedenkt, dass "nur" ein Musiksignal mit
maximal 20 kHz aufgenommen werden sollte. Außerdem sind wir mit der Forderung 1 / 1000
(10 Bit)-Auflösung weit weg von handelsüblichen Massenprodukten, die eine 16-BitAuflösung besitzen.
Die Kapazität des Kondensators berechnet sich damit zu C ≤ 54 pF . Das ist ein sehr kleiner
Wert der durchaus schon unbeabsichtigt durch evtl. Schaltungskapazitäten hervorgerufen
werden kann.
Bei geöffnetem Schalter soll der nun aufgeladene Kondensator seine Spannung möglichst
lange halten (Haltemodus), damit der nachgeschaltete Analog-Digital-Wandler Zeit hat, das
Signal zu verarbeiten. Allerdings wird diese Spannung wie bei jedem RC-Glied mit der Zeit
absinken:
Abbildung C-49
Wir wollen wieder davon ausgehen, dass die Spannung am Kondensator nur um ein Promille
abfallen darf. In diesem Bereich ist die Kondensator - Entladekurve annähernd linear. Die
Zeit, in der die Spannung um ein Promille abfallen darf entspricht genau der Samplingperiode
TS . Für die Entladezeitkonstante τ E des RC-Gliedes (bei der die Spannung auf ein e-tel abgefallen ist) gilt damit τ E = 1000 ⋅ TS . Die Samplingperiode war 23µs , der Kondensator ist
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
42
natürlich im Holdkreis derselbe wie Samplekreis. Damit errechnet sich der Entladewiderstand
zu RE > 500 MΩ . Das ist elektronisch sehr schwierig zu realisieren.
Fazit: Der Sample and Holdkreis ist schwierig zu realisieren. Einerseits wird eine schnelle
Aufladung in der Ladephase und andererseits eine lange Haltedauer in der Haltephase verlangt.
Abbildung C-50
Das obige Bild zeigt den Spannungsverlauf der Eingangsspannung und der Spannung am
Kondensator. Jedesmal wenn "gesampelt" wird, springt die Spannung am Kondensator auf die
momentane Signalspannung.
Der Eingang einer realen Sample-and Hold Schaltung lässt sich etwas niederohmiger machen,
indem man mit Operationsverstärkern arbeitet.
Abbildung C-51
Genauso lässt sich der Ausgang hochohmiger machen, indem vor der nachfolgenden Messschaltung ein Operationsverstärker (Verstärkungsfaktor 1) eingefügt wird.
d)
Track and Hold
Wegen diesen erforderlichen schnellen Spannungsaufladungen erscheint eine etwas abgewandelte Schaltungstechnik sinnvoller. Bei dieser Schaltung springt der Spannungswert am Kondensator nicht am Samplepunkt auf die Eingangsspannung, sondern er folgt ihr stets bei geKapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
43
schlossenen Schalter. In dem Moment in dem eine Messung durchgeführt werden soll wird
der Schalter geöffnet. D.h. der Kondensator hat nun die gesamte Trackzeit zur Verfügung um
in Ruhe der Eingangsspannung zu folgen:
Abbildung C-52
Die kritische Zeit des Spannungssprungs ist damit unkritisch geworden. Fazit: Die Track and
Hold Schaltung ist wesentlich günstiger zu realisieren als die Sample and Hold Schaltung.
e)
Realer Track and Hold
Bei einer realen Track and Hold Schaltung werden die Spannungen nicht so ideal aussehen
wie in dem vorigen Abschnitt gezeigt. Für das reale Verhalten beim Übergang von Hold zu
Track bzw. von Track zu Hold sind mehrere Mechanismen verantwortlich, die in der nächsten
Abbildung in einem übertriebenen Maßstab aufgezeichnet sind.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
44
Abbildung C-53
Nach Einschalten der Track-Phase wird die Spannung am Kondensator mit einer gewissen
Steigung (Slew-Rate) auf die Signalspannung (FSH) aufgebaut. Sie wird ein wenig "überschwingen" (+0,01%) bis sie sich im Mittel nach einer gewissen Zeit (Acquistion Time) auf
dem Wert der Eingangsspannung befindet. Im weiteren zeitlichen Verlauf ändert sich die Eingangsspannung auf die Spannung FS. Die Kondensatorspannung folgt ihr dabei.
Nach Einschalten der Hold-Phase tut sich einen kleinen Moment gar nichts (Aperture Delay).
D. h. erst mit einer Verzögerung wird die Spannung mit einem "Einschwinger" mit einem
Offset versehen (Pedestal). Dieser Spannungsoffset kommt durch den Einschaltvorgang zustande. Erst nach dieser Zeit (Track to Hold Settling Time) kann gemessen werden. Ändert
sich jetzt das Eingangssignal, so wird diese Änderung durch die Übersprech-Charakteristik
der Schaltung auch von dem Kondensator "gesehen" (Feedthrough). Im weiteren zeitlichen
Verlauf wird die Kondensatorspannung auf den Wert des Eingangssignals abfallen (Droop).
f)
Rechenbeispiel CD-Sampling
Wir wollen wieder das Rechenbeispiel mit der CD aufgreifen. Die Auflösung soll nun die
üblichen 16 Bit betragen. D.h. wir wollen eine Genauigkeit von 1 65536 , die Ladezeit beträgt
danach 11τ . Die uns bei der 44 kHz Abtastung zur Verfügung stehende Taktzeit 23µs soll
jeweils etwa zur Hälfte (10µs ) von der Hold-Phase und Track-Phase genutzt werden. Damit
beträgt die Ladezeitkonstante τ = 0,9 µs und die Kapazität des Kondensators C ≈ 15nF . Dieser Wert ist viel größer als bei der reinen Sample and Hold Schaltung und wesentlich einfacher zu realisieren.
Auch bei der Track-Phase soll mit einer Genauigkeit von 1 65536 gerechnet werden. Die Entladezeitkonstante wird damit zu τ E = 0,7 s und der Entladewiderstand RE = 50 MΩ . Auch
dieser Widerstand ist 10 mal kleiner und lässt sich ohne weiteres realisieren.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
5.
45
Anwendung: das Sampling-Oszilloskop / Boxcar-Integrator
Die Aufgabe eines Sampling-Oszilloskops unterscheidet sich nicht von der eines normalen
Elektronenstrahloszilloskops: Es soll den zeitlichen Spannungsverlauf eines Signals grafisch
darstellen. Der große Unterschied besteht darin, dass bei dem Sampling-Oszilloskop extrem
schnelle periodische oder regellos wiederkehrende Signale dargestellt werden können. Diese
Signale können so schnell sein, dass sie mit einem normalen (Zeitablenkungs)-Oszilloskop
aus verschiedenen Gründen (Verstärker i.A. zu langsam, Intensität am Leuchtschirm zu gering) nicht mehr dargestellt werden können. Das Arbeitsprinzip unterscheidet sich daher von
diesen sog. Echtzeit-Oszillographen.
Wie beim Stroboskop wird das schnelle Signal abgetastet und im Zeitbereich gedehnt, so dass
es auf dem Leuchtschirm viel langsamer dargestellt werden kann. Diese sequentielle Abtastung erfolgt, indem Proben (Samples) dem Signal zu verschiedenen Zeitpunkten entnommen
werden. Zwischen den einzelnen Entnahmen kann das Signal beliebig häufig vorkommen. So
wird die Signalform punktweise rekonstruiert. Wichtig ist dabei, dass die Sample-Zeitpunkte
innerhalb des Signals äquidistant sind.
Anhand des vereinfachten Blockschaltbildes eines Sampling-Oszilloskops und der dazugehörigen Zeitverläufe einiger interner Spannungen soll die Arbeitsweise näher erklärt werden.
Am Eingang liegt ein regellos wiederkehrendes Signal, welches stets die exakt gleiche Form
hat, an. Zunächst wird wie bei jedem anderen Oszillographen auch der Triggerpunkt festgelegt
(hier der positive Nulldurchgang).
Abbildung C-54
Zum Triggerzeitpunkt wird im Triggerkreis der Triggerimpuls Á geformt, der das Startsignal
sowohl für die schnelle  als auch für die langsame à Rampenspannung liefert. Die langsame Rampenspannung à wird (verstärkt) benutzt für die Zeitlinie auf dem Schirm. Sie erhöht
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
46
sich bei jedem Auslösen um einen kleinen Betrag. Mit jeder dieser Treppenstufe rückt der
Leuchtpunkt auf dem Leuchtschirm also um einen gleichbleibenden Betrag nach rechts.
Abbildung C-55
Sobald die schnelle Rampenspannung  den Wert der langsamen Rampenspannung erreicht,
wird im Pulsgenerator der Samplingpuls Ä erzeugt. Durch dieses Vorgehen ist gewährleistet,
dass die Samplingpunkte innerhalb des Signals äquidistant sind.
Abgetastet wird nicht das Originalsignal, sondern das um einige Nanosekunden verzögerte
Signal À. Diese Verzögerung ist notwendig, damit die Signallaufzeiten (hervorgerufen durch
Triggerkreis, Pulsgenerator etc.) ausgeglichen werden. Ohne diese künstliche Verzögerung
wäre die Darstellung des vorderen Teils des Signals nicht möglich. Außerdem kann die Triggerschwelle nicht wie hier gezeichnet im positiven Nulldurchgang, sondern im weiteren Verlauf des Signals auf einem positiven Wert liegen. Für so einen Fall muss natürlich die Verzögerung um diesen Triggerzeitpunkt weiter erhöht werden, so dass der Triggerimpuls Á auf
alle Fälle vor dem Auftreten von Signal À erzeugt wird.
Der Samplingpuls Ä öffnet nun für den extrem kurzen Moment seiner Laufzeit das SamplingTor (-Gate), welches die Aufgabe hat, den Augenblickswert des Signals À zu erfassen und
dem Speicher zuzuführen. Dort bleibt dieser Wert die relativ lange Zeit bis zum Auftreten des
nächsten Samplingpulses Ä gespeichert. In dieser Zeit hat der nachgeschaltete Verstärker
genug Zeit diesen Wert zu verstärken. Die so entstandene Spannung wird an die yAblenkplatten des Leuchtschirm gelegt. So wird nach und nach auf dem Schirm das formgetreue Signal in einem gedehnten Zeitmaßstab rekonstruiert.
Sampling-Oszilloskope werden bis weit in den GHz-Bereich eingesetzt. Funktionieren kann
das nur, weil es technisch einfacher zu realisieren ist, nichtlineare Bauelemente wie z.B. den
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Sampling
47
Komparator (Vergleicher), Pulsgenerator oder Sampling-Gate usw. schnellere Signale verarbeiten zu lassen als lineare Bauteile wie die Verstärker.
Nach einem ähnlichen Verfahren abeitet der sog. Boxcar-Integrator. Hier wird das Ergebnis
der Sampling-Messung jedoch nicht auf einem Leuchtschirm dargestellt, sondern als elektrisches Signal zur weiteren Auswertung ausgegeben.
Kapitel C des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik A“ WS 1998 / 99
Herunterladen