Die Feldmühle Messmethoden des elektrischen Feldes der Erdatmosphäre Torsten Schulz Institut zur Erforschung der Atmosphäre der Erde Dezember 2012 • • • • • • Die Erdatmosphäre Messmethoden für das elektrische Feld Die elektrische Feldmühle Feldmühle eichen & aufstellen Betrachtung der Messergebnisse Literatur Die Erdatmosphäre Die Atmosphäre der Erde besitzt ein permanent aufgebautes elektrisches Feld. Es befindet sich zwischen der gut elektrisch leitenden Ionosphäre und der Erdoberfläche. Die Stärke des Feldes ist abhängig von der Luft als Dielektrikum des übergroßen Kugelkondensators. Die Größe und Richtung dieses Feldes gibt Auskunft über den aktuellen Zustand der Atmosphäre. Luftfeuchte und geladene Wolken und besonders Gewitterwolken verändern ständig dieses elektrische Feld. Es ist auch an jedem Ort unterschiedlich. Typische Änderungen des Feldes ermöglichen eine relativ genaue Voraussage von potentiellen Blitzentladungen auf einem engen Raum. Mögliche Einsätze für eine Messung des elektrischen Feldes sind daher Veranstaltungen, die soweit wie möglich weiter betrieben werden sollen, bevor der Blitzschlag höchst wahrscheinlich eintreffen wird. Hohe Springbrunnen werden abgeschaltet, Fußballspiele werden unterbrochen und die Antennen von mobilen TV-Übertragungswagen werden erst dann eingezogen, wenn der Blitz unmittelbar vor seiner Entladung steht. Sobald das elektrische Feld eine Stärke von 25 bis 35 kVm-1 erreicht hat, muss mit einer Entladung gerechnet werden. Während der Entladung bricht das Feld zusammen. Der Kondensator wurde sozusagen überbrückt. Interessant ist, dass es auch ein elektrisches Feld gibt, wenn das Wetter völlig frei von Wolken ist. Dieses Feld wird Schönwetterfeld (fair weather field) genannt. In der Nähe der 1 Erdoberfläche beträgt es etwa 100 bis 130 Vm-1. Woher das Schönwetterfeld kommt, ist nicht ganz geklärt. Die allgemeine Auffassung besagt, dass die Summe aller aktiven Gewitter auf der Erde dieses Feld dauerhaft auflädt. Da der Luftwiderstand relativ gering ist, entlädt sich der beschriebene Kugelkondensator der Erdatmosphäre selbst relativ schnell. Er muss daher immer nachgeladen werden. Nach oben nimmt das Feld ab. Der Mensch bemerkt das Feld nicht. Er ist soweit elektrisch leitend, dass er komplett das Erdpotential annimmt, wodurch kein Potentialunterschied entstehen kann. Sofern man Linien einzeichnet, an denen das elektrische Feld das gleiche Potential hat, sogenannte Äquipotentiallinien, ergibt sich das folgende Bild. Dadurch wird erkennbar, dass au den Spitzen von Bäumen und Häusern diese Linien enger zusammen liegen. Das Feld ist an diesen Stelle am stärksten und dadurch schlägt hier bevorzugt der Blitz ein. Sie werden daher genutzt, um die Fangstangen der Blitzableiter zu montieren. Messmethoden für das elektrische Feld Das elektrische Feld der Atmosphäre ist noch nicht sehr weit erforscht. Neben der Forschung gibt es aber bereits praktische Gründe, dieses Feld zu messen und zu beobachten. Die Messung des Feldes ist nicht ganz einfach. Der einfachste Weg, das Feld zu messen, wäre ein Spannungsmesser in einem Meter Höhe und der Erde zu schalten und die Spannung abzulesen. Wegen des geringen Innenwiderstandes vom Messgerät ist diese Art der Messung leider nicht möglich. 2 Das Elektroskop hingegen hat einen nahezu unendlichen Innenwiderstand. Es basiert auf dem einfachen Effekt, dass sich gleiche Ladungen gegenseitig abstoßen. Ein leichtes Anzeigeelement wird parallel zum elektrischen Leiter drehbar angebracht. Das elektrische Potential treibt beide Leiter auseinander. Der Ausschlag des beweglichen Zeigers ist nicht immer proportional zum angelegten Feld. Das Elektroskop dient eher zur Anzeige, ob eine elektrische Ladung vorhanden ist. Eine genaue Messung ist damit nicht möglich. Da eine direkte Messung nicht funktioniert, wurde versucht über proportionale Werte die Feldstärke zu messen. Über die Änderung der Feldstärke ist das möglich geworden. Das Prinzip basiert auf der Wilson-Platte. Dabei wird das elektrische Feld, das auf die Elektroden wirkt, periodisch abgedeckt und damit das elektrische Feld für das Messgerät abgeschirmt. Es entsteht durch die permanente Änderung eine Wechselspannung, die proportional zum elektrischen Messfeld ist. Ein Operationsverstärker mit extrem hohem Innenwiderstand sowie eine Gleichrichtung des Signals ermöglichen eine gute Anzeige und Möglichkeiten zur Protokollierung. Ein geeichtes Messgerät dieser Bauweise ist hervorragend für die Messung des elektrischen Feldes der Erdatmosphäre geeignet. Die elektrische Feldmühle Das weit verbreitete Messgerät nach diesem Prinzip ist die elektrische Feldmühle oder Rotationsvoltmeter. Es besteht aus einer in vier Segmente geteilten kreisförmigen Scheibe, deren vier Segmente von einer zweiten rotierenden Scheibe abwechselnd abgedeckt und wieder dem elektrischen Feld ausgesetzt werden. Erst durch die Entwicklung der Elektronik wurde es möglich die recht kleinen Differenzen zu verstärken und anzuzeigen. 3 Üblicher Weise werden die zwei gegenüberliegenden Segmente miteinander verbunden, so dass zwei elektrisch getrennte Elektroden entstehen. Der Spannungsabfall über einen parallel geschalteten Widerstand zur Erde wird gemessen und verstärkt. Dadurch werden zwei Wechselspannungen erzeugt, die in Ihrer Amplitude gleich aber um 180 grad Phasenverschoben sind. Ein nachgeschalteter Differenzverstärker filtert Störfrequenzen, wie beispielsweise das Netzbrummen heraus. Die Störsignale treten auf beiden Elektroden gleich auf und können voneinander subtrahiert werden. Das Messsignal wird anschließend gleich gerichtet. Dazu wird eine Lichtschranke benutzt, die zusätzlich an der Welle der rotierenden Segmentscheibe montiert ist. Nach diesem Signal wird eine der beiden Halbwellen auf die andere Seite geklappt. Ein nachgeschalteter Tiefpass bereitet das Signal weiter auf, das im Ausgangsverstärker auf die anzeigbare Größe verstärkt wird. 4 Die oben gezeigt Schaltung ist stark vereinfacht um möglichst übersichtlich das Prinzip darzustellen. Die von links gesehen ersten zwei Operationsverstärker sichern ein hochohmiges Eingangssignal. Die beiden Signale sind in den Linien a und b im Diagramm dargestellt. Der nachgeschaltete Differenzverstärker erzeugt das Signal c. Mithilfe des Signals von der Lichtschranke d wird eine der Halbwellen umgepolt. Das RC-Glied ebnet die pulsierende Spannung e zur Angezeigten Spannung f. Die zylindrische Feldmühle ist eine Sonderform. Dabei wird ein waagerecht zum elektrischen Feld rotierender Zylinder genutzt. Die elektrisch leitfähige Oberfläche des Zylinders wird in zwei Hälften elektrisch getrennt. Über zwei Abnehmer wird das Signal dem Messverstärker zugeführt und ähnlich wie bei der Segment-Feldmühle verstärkt und aufbereitet. Vorteil dieser Bauform ist, dass sie auf der Spitze von Flugzeugen montiert auch Messungen in verschiedenen Höhen vornehmen kann. Nachteil ist, dass die Polarität des elektrischen Feldes nicht eindeutig bestimmt werden kann. Der Vollständigkeit halber soll hier noch die Vibrationsfeldmühle genannt werden. Sie generiert den Wechselstrom durch eine periodische Abdeckung, wie bei der eingangs erwähnten Wilson-Platte. Diese Systeme haben sich als sehr störanfällig gegen verschiedene Beeinflussungen des elektrischen Feldes erwiesen. Feldmühle eichen und aufstellen Die Feldmühle zeigt eine Spannung an, die dem Wert der Feldstärke proportional ist. Damit die Skala der Voltmessers eine Feldstärke anzeigen kann, muss das Gerät geeicht werden. Das funktioniert am besten im homogenen Feld eine großen Plattenkondensators. Seine Feldstärke lässt sich einfach berechnen und bietet somit gute Vergleichswerte für das Eichen. Die Feldstärke F im homogenen Plattenkondensator ergibt sich aus dem Quotient aus der Spannung U und dem Plattenabstand d. U F = --d 5 Solch ein Plattenkondensator kann relativ einfach aufgebaut werden. Darin wird die Feldmühle platziert und geeicht. Sofern die elektrische Feldmühle zur Messung des elektrischen Felds der Erde genutzt werden soll, ergibt sich ein zu erwartender Messbereich von 100 Vm-1 bis etwa 35 kVm-1. Der zweite Wert für die Konstruktion des Kondensators ergibt sich aus der Höhe der Feldmühle. Optimal wäre es, wenn das messende Element der Feldmühle, die Segmentscheibe, mit einer Elektrode auf einer Ebene angebracht werden kann. Bei einem Plattenabstand von beispielsweise 50 cm und einer angelegten Spannung von 50 Volt entsteht ein Feld von exakt 100 Vm-1. Um die Linearität des Messungen nachzuweisen sollte die Spannung schrittweise erhöht werden und wiederholt gemessen werden. In einem Diagramm dargestellt sollte die an den Plattenkondensator angelegte Spannung zur angezeigten Spannung (Feldstärke) proportional sein und somit eine Gerade ergeben. Für einen Nachweis der Linearität sollte der gesamte zu erwartende Messbereich zum Eichen genutzt werden. Da die Durchschlagfestigkeit von Luft bei 3,3 kVmm-1 liegt ist ein Entladung zwischen den Elektroden des Kondensators in diesem Beispiel sehr unwahrscheinlich. Der Standort für die Feldmühle muss sorgfältig gewählt werden. Dabei werden Standorte außerhalb von Gebäuden der Montage in geschlossenen Räumen immer bevorzugt. Der gewählte Standort hat eine direkte Auswirkung auf die Messergebnisse der Feldmühle. Generell gelten höher gelegene Standorte als die besten. So ist eine Montage auf dem Flachdach eines Gebäude sehr gut gewählt. Ungünstig sind Standorte am Boden neben anderen Gebäuden oder hohen Bäumen. Natürlich muss auch darauf geachtet werden, dass man einen freien Zugang zur Feldmühle hat, um Wartungen zum Reinigen und Enteisen durchführen zu können. Oft werden die Feldmühlen so montiert, dass die beweglichen Teile der Feldmühle nach unten zeigen. Dadurch sind Witterungseinflüsse von Regen und Schnee minimiert. Auf die Messung hat die Montage ab einer Höhe von 1,5 m kaum noch einen Einfluss. Bei der Installation auf dem Boden sollte noch bedacht werden, dass kein wachsendes Unkraut das Feld beeinflussen kann. Vorzugsweise kann die Stelle unter der Feldmühle mit einer Gehwegplatte bedeckt werden. Auf jedem Fall muss die Feldmühle gut geerdet werden. Entweder mit einem Kreuzerder direkt neben der Feldmühle im Freien oder über den geerdeten Potentialausgleich von Gebäuden. 6 Betrachtung der Messergebnisse 7 Das Schönwetterfeld beträgt etwas über 100 Vm-1 und ist vor Annäherung der Wolke zu messen. Bei weiterer Annäherung der Wolke verstärkt sich dieses Feld. Die positive Ladung am oberen Ende der Wolke macht sich bemerkbar. Der erhöhte Wert der gemessenen Feldstärke setzt ein Achtungszeichen. Sobald die Wolke über der Feldmühle ist, macht sich die Ladung am unteren Ende der Wolke bemerkbar und das angezeigte Feld wird schnell negativ. Die Wahrscheinlichkeit für einen Blitzeinschlag ist jetzt an höchsten. Der Blitz würde das elektrische Feld kurzzeitig zusammenbrechen lassen. Eine sprunghafte Änderung wäre angezeigt. Der Wechsel des Feldes zurück zum positiven Bereich deutet auf eine Entwarnung hin, bis sich das Schönwetterfeld wieder einstellt. Literatur Boltek Corporation, Installation / Operators Guide EFM-100 Atmospheric Electric Field Monitor, EFM100-1000120-050205 Kneifel, Stefan, Messung des elektrostatischen Feldes der Atmosphäre mit einer Feldmühle, Praxisheft 11 und 12 für Amateurfunk und Elektronik in Schule und Freizeit MacGorman, Donald R. / Rust, W. David, The Electrical Nature of Storms, Oxford University Press Oxford, 1998, ISBN: 0-19-507337-1 Wiese, Hendrik / Spychala, Michael / Rath, Janik von / Papenbreer, Philipp / Notaro, Fabian, Vermessung von elektrostatischen Feldern mithilfe einer Feldmühle, 11. August 2009 8