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30. Januar 2014
Aktuelle KRINKO-Empfehlung: Teil I - Wie soll in der Neonatologie gescreent werden?
Praktische Umsetzung sowie krankenhaushygienische und infektionspräventive Konsequenzen des mikrobiellen
Kolonisationsscreenings bei intensivmedizinisch behandelten Früh- und Neugeborenen.
Epidemiologisches Bulletin Nr. 42; 21. Oktober 2013
I Allgemeines
Am 21.10.2013 hat das Robert Koch-Institut (RKI) eine neue Empfehlung zu infektionspräventiven
Konsequenzen des mikrobiellen Kolonisationsscreenings bei intensivmedizinisch behandelten
Früh- und Neugeborenen herausgegeben. Diese stellt eine Ergänzung der KRINKO-Empfehlung zur
Prävention nosokomialer Infektionen bei neonatologischen Intensivpflegepatienten mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 g aus dem Jahr 2007 dar. Anlass war die offenbar zunehmende Anzahl von Infektions- und (Kolonisations)-Ausbrüchen durch bakterielle Infektionserreger mit speziellen Resistenzen
und Multiresistenzen (MRE) in neonatologischen Intensivpflegestationen (NICU).
Diese Empfehlung richtet sich primär an neonatologische Intensivmediziner und das Pflegepersonal
von NICUs, dezidiert auch an die Pränatalmediziner, Geburtshelfer und die Krankenhausadministration
von Kliniken mit NICUs sowie an pädiatrische Infektiologen, Mikrobiologen, Krankenhaushygieniker und
Hygienefachpersonal.
Im Jahr 2011 gab die KRINKO zudem Hinweise zur Multiresistenz gegenüber Antibiotika bei gramnegativen Infektionserregern im Hinblick auf Maßnahmen zur Vermeidung der Weiterverbreitung und 2012
eine Empfehlung zu Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Infektionserregern (MRGN).
Das mikrobiologische Screening in der Neonatologie verfolgt a) individualmedizinische, b) infektionsepidemiologische (populationsbezogene) und infektionspräventive Ziele:
a) Bei der empirischen oder kalkulierten Therapie des intensivmedizinisch behandelten
Früh- und Neugeborenen mit Verdacht auf eine systemische Infektion sollte die Kolonisation des Kindes mit Infektionserregern berücksichtigt werden, die gegen das antibiotische Standardregime der Abteilung resistent sind. Wenn mehrere Frühgeborene einer
NICU mit bestimmten MRE kolonisiert sind, muss ggf. die empirische Therapiestrategie
der Abteilung angepasst werden.
b) Schon die zeitnahe Erfassung einer Kolonisation mit potentiellen Erregern nosokomialer Infektionen in der jeweiligen Patientenpopulation hat große Wichtigkeit (nicht erst
das (nach § 6 Abs. 3 IfSG) meldepflichtige Auftreten von zwei oder mehr Infektionen).
Bereits die nosokomiale Übertragung von und die Kolonisation mit bestimmten potenziellen Infektionserregern muss beurteilt werden.
Die Anwendbarkeit der KRINKO-Definition von MRGN aus dem Jahr 2012 ist für die Neonatologie
und Pädiatrie limitiert da:
1.) Die in der Neonatologie vergleichsweise häufig in Kombination, z. B. mit Betalaktam-Antibiotika eingesetzten Aminoglykoside in der Definition nicht berücksichtigt wurden, 2.) Colistin, Tigecyclin oder
Fluorochinolone nicht oder nur sehr eingeschränkt verwendbar sind.
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Eine Ergänzung der MRGN Definition stellt daher neben den Kategorien 3MRGN und 4MRGN die Einführung der Kategorie 2MRGN NeoPäd für gramnegative Isolate von neonatologischen oder pädiatrischen Patienten mit Resistenz gegenüber 2 Antibiotika-Klassen außer Fluorochinolonen dar. Tabelle 1
gibt eine orientierende Übersicht.
Hinweise zum Ablauf des mikrobiologischen Screenings
 Wöchentliche Durchführung eines mikrobiologischen Kolonisationsscreenings für intensivmedizinisch behandelte Früh- und Neugeborene möglichst vor dem Auftreten einer Infektion (Kat.II)
(bei Verdacht einer/eines nosokomialen Transmission/Infektionsausbruch ggf. kürzeres Intervall).
 Aus epidemiologischen und infektionspräventiven Gründen kann es sinnvoll sein, alle Patienten einer NICU einzubeziehen (nicht nur die Frühgeborenen < 1500 g). Dies sollte in Absprache mit dem Krankenhaushygieniker und der Hygienekommission vor Ort entschieden werden.
 Zusätzliches Screening bei Patientenübernahme anderer NICUs/ Intensivabteilungen
 Für den Routineablauf ist die Erstellung einer Screening-Liste der zu screenenden (potentiellen) Erreger zur zeitnahen Identifikation sinnvoll. Diese kann in Abhängigkeit mit der lokalen
Epidemiologie und Absprache erweitert/aktualisiert werden.
Cave: Auf NICUs sollten auch dann bestimmte kolonisierende Bakterienspezies (z. B. Serratien) durch das Screening identifiziert werden, wenn sie keine speziellen Resistenzen oder Multiresistenzen aufweisen
Relevante Erreger:
 Neben den Erregern mit speziellen Resistenzen/Multiresistenzen aus denen eine Infektion hervorgegangen ist (Screeningliste aktualisieren), verdienen die Erreger ein besonderes Augenmerk, die einer besonderen Pathogenität mit hohem Risiko nosokomialer Ausbrüche unterliegen oder Konsequenzen für die Antibiotikatherapie nach sich ziehen.
 VRE Routinescreening erst beim Auftreten mindestens einer invasiven Infektion
 Bei gehäuften Patienten-Transmissionen bestimmter Erreger sind Umgebungsuntersuchungen
zur Ausbreitungskontrolle erforderlich.
Gruppe I
Bakterielle Isolate mit speziellen
Resistenzen
und Multiresistenzen
2MRGN NeoPäd,
3MRGN oder 4MRGN
MRSA
Gruppe II
Bakterienspezies, um die das
Screening ggf. nach
interner Absprache mit dem Krankenhaushygieniker
und der Mikrobiologie erweitert
werden sollte, wenn
es bei einem Patienten zu einer
invasiven Infektion
durch ein solches Isolat gekommen
ist.
Acinetobacter spp.
(ohne MRGN-Eigenschaften)
Klebsiella pneumoniae
(ohne MRGN-Eigenschaften)
S. aureus
(Methicillin-sensibel)
Gruppe III
Bakterienspezies mit besonderer
Pathogenität,
mit besonders hohem Risiko von
nosokomialen
Infektionsausbrüchen oder mit
Konsequenzen
für die antibiotische Therapie
Serratia marcescens
P. aeruginosa
Enterobacter spp.*
Tab 1.: Beispielhafte Zusammenstellung von besonders relevanten Erregern des Kolonisationsscreenings bei intensivmedizinisch
behandelten Früh- und Neugeborenen
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* Auch ohne MRGN-Eigenschaften haben Enterobacter-Isolate häufig eine chromosomal kodierte AmpC-Betalaktamase in ihrem
genetischen Repertoire, die unter einem entsprechenden Selektionsdruck aktiviert werden kann. Hier geht es somit nicht um
krankenhaushygienische Aspekte, sondern eine angemessene Antibiotikatherapie bei systemischen Infektionen.
Kennzeichnung der Proben, Transport, Probeentnahmeort
 Anzugeben sind: Patienten- und Einsenderdaten, Lokalisation, Probeentnahmezeitpunkt, Art
des Materials (Screeningmaterial oder spezifisches Infektionsverdachts-Material)
 Relevante Bakterien können aus Abstrichen mit gewöhnlichen Abstrichtupfern gewonnen und
problemlos angezüchtet werden.
 Transport zeitnah ggf. Zwischenlagerung bei Raumtemperatur.
 Analabstrich und Rachenabstrich als Screeningmaterial geeignet (MRSA zusätzlich aus beiden
Nasenvorhöfen)
 Bei Komplikationen (bspw. Verlängerter Krankenhausaufenthalt, multiple Infektionen) sind weitere Probeentnahmelokalisationen einzusenden (bspw. Wundabstriche, Trachealsekret)
Befundmitteilung und klinische Bewertung nach §23 IfSG
 Eine „monatliche Übermittlung der Listen mit den zu erfassenden Krankheitserregern mit
speziellen Resistenzen und Multiresistenzen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b in Verbindung mit §
23 Abs. 4 IfSG)“ von Seiten des diagnostischen Labors an die Kliniker.
 BZH-Tipp: Davon unabhängig sollte sichergestellt sein, dass der behandelnde Kliniker
auch bei kurzfristig auftretenden Häufungen entweder informiert wird bzw. diese selbst
erkennen kann. Dazu kann ein regelmäßiger, strukturierter Informationsaustausch zwischen behandelndem Kliniker, Krankenhaushygieniker und Mikrobiologen z B. in Form
einer regelmäßigen infektiologischen Visite dienen.
 Erreger-Klassifizierung im schriftlichen Befund (bspw. 2MRGN NeoPäd, 3MRGN)
 Zum effizienten Umgang (Dokumentation & Bewertung) mit der Vielzahl anfallender, wichtiger
Daten aus mikrobiologischen Screenings ist der Einsatz zeitgemäßer Datenbanksysteme erforderlich.
Asservierung und Typisierung
 Um einen potentiell auftretenden Mehraufwand bei vermehrten Typisierungsverfahren (zwecks
Prüfung der Klonalität) auf Seiten des diagnostischen Labors zu begrenzen, erscheint das Einfrieren klinischer Isolate für 6 Monate sinnvoll.
Kernaussagen



Nach wie vor stellt die Sepsis in der Neonatologie eine der wichtigsten Ursachen für Mortalität,
Verweildauer auf der Intensivstation und Langzeitfolgen dar.
Auch die Erfassung einer Kolonisation mit potentiellen Erregern nosokomialer Infektionen in
der Neonatologie ist von Wichtigkeit.
Bei Kindern führen Resistenzen gegenüber 2 Antibiotika-Klassen auch bei erhaltener Wirksamkeit
von Fluorochinolonen zur Einstufung in die Kategorie 2MRGN „NeoPäd”. Durch ein regelmäßiges
Befundscreening auf auffällige Resistenzen aber auch unabhängig davon auf auffällige Erreger soll
sichergestellt werden, dass der behandelnde Kliniker auch bei kurzfristig auftretenden Häufungen
entweder informiert wird bzw. diese selbst erkennen kann. Dazu kann ein regelmäßiger strukturierter Informationsaustausch zwischen behandelndem Kliniker, Krankenhaushygieniker und Mikrobiologen z B. in Form einer infektiologischen Visite dienen.
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