bzh-newsletter - BZH Gmbh – Deutsches Beratungszentrum für

Werbung
BZH-NEWSLETTER
Seite 1 von 4
02. Oktober 2012
8. Ausgabe 2012
Besserer Schutz vor Gefahren durch Tattoofarben
Für Sie gelesen – Mycobacterium chelonae Ausbruch durch kontaminierte Tattootinte
bei Stammkunden eines Tattoostudios
Outbreak of Mycobacterium chelonae Infection Associated with Tattoo Ink — Kennedy
B.S., Bedard B., Younge M., et al. September 2012: N Engl J Med 2012; 367: 1020-1024.
Das Tattoogeschäft ist in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Nach Schätzungen lassen
sich in den westlichen Industrienationen 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung tätowieren und die
Nachfrage steigt rasant. Vor allem junge Männer und Frauen sind empfänglich für diese Form
des Körperschmuckes. Die weite Verbreitung der Tattoos auch bei Stars aus Hollywood, aus
der Musikbranche oder dem Fußball erweckt den Eindruck, dass diese heute als sicher angesehen werden.
Doch trifft dies auch zu? Erst vor kurzem publizierte die Lebensmittelüberwachungs- und
Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten (FDA) einen Ausbruch mit M.
chelonae bei 19 Stammkunden eines Tattoostudios in New York. Die nähere Untersuchung
ergab, dass nicht die Hygiene im Tattoostudio mangelhaft war, sondern die dort verwendete
Tattootinte. Was viele Kunden oft nicht wissen: Noch immer gibt es erhebliche Sicherheitsund Gesetzeslücken bei der Herstellung und Zulassung von Tattootinten und -pigmenten.
Quelle: FDA - For Consumers. Tattoo
inks pose health risks
(http://www.fda.gov/). Das Photo zeigt
rote Papeln auf tätowierter Haut durch
nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM).
Photo von Matthew J. Mahlberg, M.D.,
Dermatology Associates of Colorado,
Englewood, Colo.
BZH GmbH · Deutsches Beratungszentrum für Hygiene · Schnewlinstr. 10 · D-79098 Freiburg/Brsg. · T +49 761 202 678 -0 · F +49 761 202 678 -11 · [email protected]
www.bzh-freiburg.de · Zert. nach DIN EN ISO 9001: 2008 · Amtsgericht Freiburg HRB 5923 · Sitz der Gesellschaft: Freiburg · Umsatzsteuer-Ident-Nummer DE 201 386 562
Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau, Bankleitzahl 680 501 01, Konto-Nummer 100 190 50 · IBAN: DE77 6805 0101 0010 0190 50 · BIC/SWIFT-Code: FRSPDE66
BZH-NEWSLETTER
Seite 2 von 4
Epidemiologische, medizinische und mikrobiologische Untersuchung des Ausbruchs
Anfang Januar 2012 meldete ein Dermatologe an die FDA eine Infektion eines Patienten mit
M. Chelonae, der Kunde eines Tattoostudios in New York war. Dieser hatte sich 3 Monate
zuvor dort tätowieren lassen. Die Untersuchung ergab, dass es sich nicht um einen Einzelfall
handelte. Zwischen Oktober und Dezember 2011 entwickelten sich bei 19 Stammkunden, 13
Männern und 6 Frauen im Alter von 18 bis 48 Jahren, innerhalb von 3 Wochen nach der Tätowierung papulöse Erytheme im Bereich der Tattoos. Im November 2011 erreichte die Inzidenz ihr Maximum mit 65%.
Bei 17 Patienten zeigten sich mikrobiologische Auffälligkeiten in den Hautbiopsaten. Bei 14
Patienten wurde M. chelonae isoliert, darunter 11 Isolate, die sich im genetischen Fingerabdruck (PFGE Analyse) identisch mit einem Isolat aus einer noch verschlossenen Vormischung
einer grauen Tattootinte erwiesen. 18 Patienten wurden daraufhin mit Makrolidantibiotika therapiert, worauf sich ihr Zustand besserte.
Der anfängliche Verdacht, dass Leitungswasser das Erregerreservoir darstellt, wurde fallengelassen, da die Tinte im Studio nicht mehr verdünnt wurde. Bei allen Betroffenen wurden bei
der Tätowierung fertige Vormischungen der Tinte appliziert. Darüber hinaus waren Umgebungsuntersuchungen von Wasserhähnen und Trinkwasser negativ und keine organisatorischen Hygienemängel nachzuweisen.
Ursache war die Tinte selbst, die offenbar schon bei der Herstellung kontaminiert worden war.
Ob dies durch allgemeine Hygienemängel, durch kontaminiertes Wasser oder Beimischungen
während Herstellung oder Abfüllung geschah, konnte nicht mehr geklärt werden. Die Tinte
stammte ursprünglich von einer Tattoomesse in Arizona und hatte keine Chargennummer zur
Rückverfolgung des Produktionsprozesses.
M. chelonae - Bedeutung als Infektionserreger durch kosmetische Behandlungen
Mycobacterium chelonae ist ein schnell wachsendes nichttuberkulöses Mykobakterium aus
dem M. fortuitum Komplex. Es kommt natürlicher Weise in der Umwelt vor, im Trinkwasser
und damit auch in Industriewässern. Es ist besonders umwelt- und desinfektionsmittelresistent. Hierbei und auch für das infektiöse Potential spielt seine Fähigkeit zur Biofilmbildung eine
Rolle.
Infektionen durch M. chelonae sind lange bekannt. Zumeist handelt es sich um Einzelfallbeschreibungen lokalisierter Infektionen, seltener um hämatogen streuende Infektionen. Vor al-
BZH GmbH · Deutsches Beratungszentrum für Hygiene · Schnewlinstr. 10 · D-79098 Freiburg/Brsg. · T +49 761 202 678 -0 · F +49 761 202 678 -11 · [email protected]
www.bzh-freiburg.de · Zert. nach DIN EN ISO 9001: 2008 · Amtsgericht Freiburg HRB 5923 · Sitz der Gesellschaft: Freiburg · Umsatzsteuer-Ident-Nummer DE 201 386 562
Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau, Bankleitzahl 680 501 01, Konto-Nummer 100 190 50 · IBAN: DE77 6805 0101 0010 0190 50 · BIC/SWIFT-Code: FRSPDE66
BZH-NEWSLETTER
Seite 3 von 4
lem Haut- und Weichteilinfektionen, wie Abszesse, Empyeme sowie subkutane Infektionen
durch Nadeln und synthetische Materialien sind beschrieben (Hay, 2009). Selten sind Fälle
von Infektionen der Augenhornhaut, des Tränensackes oder von Linsenimplantaten. In den
letzten Jahren mehren sich Berichte von M. chelonae Infektionen nach multiplen s.c. Injektionen, etwa im Zusammenhang mit Mesotherapie und Fettabsaugung. Die Detektion der Infektion ist dadurch erschwert, dass die Symptome leicht mit allergischen Reaktionen verwechselt
werden können und erst die Hautbiopsie und der kulturelle Nachweis des Erregers mit Spezialmedien Klarheit bringt.
Tattoofarben unterliegen keiner Zulassung durch eine Gesundheitsbehörde
Der Ausbruch in New York zeigt, dass es nicht immer nur die „schwarzen Schafe“ unter den
Tattookünstlern sind bzw. deren mangelnde Hygiene in den Studios, in deren Folge es zu gesundheitlichen Komplikationen kommt. Ein großes Problem ist offensichtlich auch der unüberschaubare Markt der Hersteller und Zulieferer von Tattootinten und Pigmenten. Viele Tätowierstudios decken sich mit Farben aus der ganzen Welt ein. Neben professionellen Anbietern
finden sich auf dem Markt auch private Selbstabfüller. Derzeit gibt es zu wenig Schutz vor
gefälschten oder kontaminierten Produkten, denn Tattootinten und Pigmente unterliegen derzeitig keiner Prüfung und brauchen nach derzeitigem Recht keine Zulassung durch eine Gesundheitsbehörde.
In den U.S.A. sind Tattootinten rechtlich den Kosmetika gleichgestellt und werden von der
FDA überwacht. Eine einheitliche europäische Gesetzgebung gibt es derzeitig nicht. In
Deutschland werden Tätowiermittel nach den Vorschriften des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und der Tätowiermittel-Verordnung (TätoV,
2009) überwacht.
In dieser Verordnung werden Kennzeichnungsregeln und Mitteilungspflichten formuliert. Es
werden auch verbotene Pigmente und Farben in einer Negativliste aufgeführt und Zertifikate
über die Freiheit von CMR Stoffen eingefordert (kanzerogenen primären aromatischen Amine,
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH und PAK und N-Nitrosamine). An den
mikrobiologischen Status von Tattootinten werden jedoch keine spezifischen Anforderungen
gestellt. Dies hat zur Folge, dass viele Produkte nicht die eigentlich für Injektionen in die Haut
zu fordernde Sterilität aufweisen.
Zwar kann angenommen werden, dass diese Tinten grundsätzlich eher keimarm sind und mikrobiologisch relativ stabil, da die meisten Tattootinten Pigmentmischungen für technische
Zwecke wie z.B. Autolacke und Drucke sind und Alkohole und Konservierungsstoffe enthalten. Doch steril produziert werden sie in aller Regel nicht und eine weitere Kontamination wäh-
BZH GmbH · Deutsches Beratungszentrum für Hygiene · Schnewlinstr. 10 · D-79098 Freiburg/Brsg. · T +49 761 202 678 -0 · F +49 761 202 678 -11 · [email protected]
www.bzh-freiburg.de · Zert. nach DIN EN ISO 9001: 2008 · Amtsgericht Freiburg HRB 5923 · Sitz der Gesellschaft: Freiburg · Umsatzsteuer-Ident-Nummer DE 201 386 562
Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau, Bankleitzahl 680 501 01, Konto-Nummer 100 190 50 · IBAN: DE77 6805 0101 0010 0190 50 · BIC/SWIFT-Code: FRSPDE66
BZH-NEWSLETTER
Seite 4 von 4
rend der Abpackung kann nicht ausgeschlossen werden. Zudem besteht das Risiko einer Rekontamination bei wiederholter Entnahme aus Vorratspackungen in manchen Tattoostudios.
Verbesserung erwünscht
Hier könnten ein Sterilisationsschritt bei der Produktion sowie die Prüfung der Ausgangsprodukte mehr Sicherheit bringen. Auch sollten Einzeldosisbehältnisse oder andere sichere Verfahren zum Schutz der Tattootinte vor Rekontamination in den Studios eingesetzt werden.
Der Gesetzgeber ist aufgerufen, die Herstellung von Tattoostoffen in einen besseren gesetzlichen Rahmen zu stellen.
Ihr BZH-Team
BZH GmbH - Deutsches Beratungszentrum für Hygiene
Schnewlinstraße 10
D-79098 Freiburg/Breisgau
T +49 761 202 678 -0
F +49 761 202 678 -11
[email protected]
Weitere Informationen zu den BZH-Leistungen und unserem Fortbildungsangebot finden Sie auf der
BZH-Homepage unter www.bzh-freiburg.de
BZH GmbH · Deutsches Beratungszentrum für Hygiene · Schnewlinstr. 10 · D-79098 Freiburg/Brsg. · T +49 761 202 678 -0 · F +49 761 202 678 -11 · [email protected]
www.bzh-freiburg.de · Zert. nach DIN EN ISO 9001: 2008 · Amtsgericht Freiburg HRB 5923 · Sitz der Gesellschaft: Freiburg · Umsatzsteuer-Ident-Nummer DE 201 386 562
Sparkasse Freiburg - Nördlicher Breisgau, Bankleitzahl 680 501 01, Konto-Nummer 100 190 50 · IBAN: DE77 6805 0101 0010 0190 50 · BIC/SWIFT-Code: FRSPDE66
Herunterladen