Von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Störung (ADS) spricht man, wenn ein Kind länger als sechs Monate sowohl im Kindergarten oder in der Schule (Gruppensituationen) als auch zu Hause durch ausgeprägt unaufmerksames und impulsives Verhalten aufgefallen ist. Kommen motorische Unruhe und übermäßiger Bewegungsdrang (Hyperaktivität) hinzu, dann wird von einer ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung) gesprochen. Nationale ADS / ADHS-Studien gehen in der Altersgruppe von 5-18 Jahren von einer Häufigkeit von 2,5% - 6% aus. Als Ursache des AD(H)S wird heute vielfach eine Stoffwechselstörung angesehen, die zu einer Dysregulation von Neurotransmittersystemen führt und eine geordnete Informationsverarbeitung im Gehirn behindert. Vor allem die dopaminerge Signaltransduktion ist betroffen. Psychostimulantien wie das Dopamin-agonistisch wirkende Ritalin (Methylphenidat), Amphetaminsaft oder Captagon (Fenetyllin) können die neuronale Aktivität normalisieren. Ritalin wirkt in ca. 70% der Fälle, wobei allerdings z.T. ernstzunehmende Nebenwirkungen zu berücksichtigten sind. Neben einer zweifellos vorhandenen genetischen Disposition wird die Rolle verschiedener Umweltfaktoren kontrovers beurteilt. Gesichert ist ein gehäuftes Vorkommen von Mikronährstoffdefiziten bei AD(H)S. Eine Supplementierung vor allem von Zink und Vitamin B6, ggf. auch Magnesium, Niacin, Thiamin, Vitamin C und Omega-3-Fettsäuren können die Symptomatik erheblich verbessern. Ursache der Mineralstoffdefizite ist eine häufig eine Störung des Häm-Stoffwechsels, eine Kryptopyrrolurie. Eine Mehrheit der betroffenen Kinder scheint auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten unterschiedlichster Art aufzuweisen. Eine Eliminationsdiät ist daher häufig erfolgreich. Vorgestellt wird ein diagnostisches Stufenkonzept, das die wichtigsten Triggerfaktoren berücksichtigt. Stufe 1 Kryptopyrrolurie Kryptopyrrolurie (KPU) bezeichnet eine genetisch bedingte, enzymatische Störung des HämStoffwechsels, bei der ein Hämopyrrol-Lactamcomplex in erhöhter Konzentration mit dem Urin ausgeschieden wird. KPU findet sich gehäuft bei Patienten mit psychiatrischen Krankheitsbildern (z.B. Schizophrenie) und AD(H)S. Ca. 30 - 40% der AD(H)S-Patienten zeigen vermehrte Ausscheidung von Pyrrolen im Urin. Die KPU führt zu einer Verarmung des Organismus an Zink und Vitamin B6, weil Pyrrole im Blut unlösliche Chelat-Verbindungen mit Vitamin B6 und Zink eingehen. Häufig werden parallel dazu erhöhte Kupfer- und von der Norm abweichende Histaminserumkonzentrationen gefunden. Die Behandlung einer KPU ist effizient durch die simultane Substitution von Zink und Vitamin B6 (Pyridoxalphosphat) möglich, eine adjuvante Ergänzung von Magnesium, B-Vitaminen und anderen synergistisch wirkenden Inhaltsstoffen ist sinnvoll. Häufige körperliche Symtome bei Vitamin B6- und Zinkmangel Erhöhte Infektneigung Wundheilungsstörungen Haarausfall Trophische Störungen [brüchige Nägel, struppiges Haar, rissige Haut, Striae] weiße Flecken auf gerillten Fingernägeln schlechte Zähne Knochenschmerzen Gelenk-, Muskelschmerzen Neurologische und psychotische Symptome stark stressempfindlich* unter Stress: Angstzustände, Depressionen, Schlafstörungen Starke emotionale Schwankungen auffallend verschlechterte Handschrift Schlechtes Kurzzeit- oder Namensgedächtnis originell und kreativ * Stress führt zu einer vermehrten Pyrrolausscheidung im Urin und wirkt daher manifestationsfördernd Die Diagnosestellung einer KPU erfolgt über den Nachweis der Pyrrol-Ausscheidung im Spontanoder Morgenurin. Beim Probenversand sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass Spezial- röhrchen verwendet werden, die das Untersuchungsmaterial vor Lichteinwirkung schützen (braune Schutzgefäße). Der Probenversand sollte 48 Stunden nicht überschreiten. Stufe 2 Glutenunverträglichkeit - Provokationsversuche Viele Kinder mit AD(H)S weisen Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf, die auf unterschiedene Ursachen zurückzuführen sein können. Besonders häufig finden sich Reaktionen auf Gluten. Nach unseren Erfahrungen erscheint es sinnvoll zunächst im Stuhl nach Antikörpern gegen Gliadin und Transglutaminase zu suchen. Hierüber lassen sich nicht nur klassische, sondern viel häufiger auftretende silente oder latente Verlaufsformen einer Glutenenteropathie erfassen. Werden Antikörper gefunden, erscheint in jedem Falle eine vorübergehende Elimination von glutenhaltigen Nahrungsmitteln sinnvoll. Erste Hinweise darüber, ob Kohlenhydratunverträglichkeiten eine Rolle spielen, lassen sich über einfache Provokationsversuche erhalten. Führt das Trinken von Milch oder der Verzehr von Fruchtzucker (z.B. in Form von Trockenobst) zu vermehrten Symptomen, sollte eine Diagnosestellung über eine Wasserstoffatemgasanalyse erfolgen (Stufe 3). Viele der pathophysiologischen Zusammenhänge von AD(H)S und Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind bis heute weitgehend ungeklärt. Vermutlich spielt im Falle von Pseudoallergien, IgE- oder IgG4vermittelten Reaktionen das Gewebshormon Histamin als Mediatorsubstanz eine wichtige Rolle. Der Einfluss von Histamin auf das zentrale Nervensystem wird seit Jahren intensiv erforscht, trotzdem sind Veröffentlichungen hierzu selten. Ein Zusammenhang zwischen Histaminmangel oder –überschuss und auftretenden Verhaltensstörungen kann jedoch als gesichert gelten. Mögliche Symtome einer Histapenie (niedrige Histamin- und hohe Kuperspiegel) oder Histadelie (hohe Histaminwerte) sind im Folgenden dargestellt: Histapenie (niedrige Histamin-, hohe Kupferwerte) Symptome der Schizophrenie - - Paranoia, Halluzinationen Gedankenjagen* Depressionen* Histadelie (hohe Histaminwerte) Gedankenablauf gestört Geistesabwesenheit Ängste Depressionen Wahnvorstellungen Zwangshandlungen Schlaflosigkeit Stufe 3 Screening auf Nahrungsmittelallergien, pseudoallergische Reaktionen und Unverträglichkeiten durch IgG4-AK Mit dem Vorscreen B lassen sich Unverträglichkeiten auf ihre Ursachen zurückführen. Erfasst werden neben echten Nahrungsmittelallergien (IgE-vermittelt), pollenassoziierten Reaktionen auch Unverträglichkeiten durch IgG4-Antikörper. Durch Bestimmung der Diaminoxidase-Aktivität finden schließlich auch pseudoallergische Reaktionen Berücksichtigung. Alle genannten Faktoren können u.a. über eine Freisetzung von Histamin die AD(H)S Symptomatik beeinflussen. Stufe 4 Ist die Ursache einer Unverträglichkeit bekannt, können in einem weiteren Schritt die verantwortlichen Lebensmittel identifiziert werden. Hierzu bietet die biovis Nahrungsmittelscreens an, die die wichtigsten 90 Allergene berücksichtigen. Besonders häufige Allergene werden einzeln getestet, der Rest in Form von Allergenpools. Mit Hilfe der Nahrungsmittelscreens werden 90 (IgE) bis 95% (IgG4) der klinisch relevanten Reaktionen erkannt. Lassen sich im Vorscreen (Pollen-Pool) Antikörper gegen Baum- oder Gräserpollen nachweisen, besteht in Stufe 5 die Möglichkeit über ein Inhalationsscreen die verantwortlichen Allergene zu identifizieren. Dr. Burkhard Schütz biovis’ – Institut für naturheilkundliche Diagnostik und Präventionsmedizin GmbH www.biovis.de Justus-Staudt-Straße 2 65555 Limburg/Offheim Experten SEMINAR Frankfurter Consilium, Ralf Kollinger www.ralf-kollinger.de [email protected]