GRAFIK 21. Januar 2010 DIE ZEIT Nr. 4 32 NR. Erschütterter Planet Stärke und Häufigkeit ab. In unterschiedlich entwickelten Ländern führen Beben ähnlicher Stärke zu sehr ungleichen Opferzahlen (man vergleiche etwa das Haiti-Beben mit jenem von Kalifornien 1989). Sie sind sehr selten, doch von den großen Erdbebenkatastrophen seit 1900 forderten jene mit Stärke sieben oder mehr die meisten Toten. tinente haben Wissenschaftler des Global Seismic Hazard Assessment Program (GSHAP) ausgerechnet: Welche maximale Erschütterung droht wo? Und zwar mit mehr als zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit binnen 50 Jahren? So entstand die Weltkarte der Bebengefährdung. Das Risiko, das von solchen Erschütterungen ausgeht, hängt nicht nur von Jedes Jahr wird die Erdkruste millionenfach erschüttert. Nur 20 000 bis 30 000 Erdbeben im Jahr können die Seismologen registrieren und lokalisieren – immerhin noch rund 50 Beben täglich. Die meisten schweren Erschütterungen ereignen sich unter dem Meer. Nur in Ausnahmefällen sind Menschen davon betroffen. Für die einzelnen Kon- Nord a Eura sisch e Pla tte ema: Erdbeben me rik a ni s c he te at Pl Anatolische Platte 3 1 2 5 Phillippinische Platte 6 Karibische Platte Indis 4 ch- Au st ra lis c he Pl at te Weltweite Gefährdung Katastrophen Kontinentalplatten Erschütterung, die mit zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit binnen 50 Jahren eintreten wird schwach stark auseinanderstrebend aufeinanderstoßend zerstörerisch Folgenschwerste Beben der vergangenen Jahre (nach Zahl der Todesopfer) Beben in Gefahrenzonen 1 KALIFORNIEN 1989 2 JAPAN 1995 3 TÜRKEI 1999 4 INDONESIEN 2004 5 CHINA 2008 HAITI 2010 6 STÄRKE: 6,9 / OPFER: 63 STÄRKE: 6,9 / OPFER: 5502 STÄRKE: 7,6 / OPFER: 17 118 STÄRKE: 9,1 / OPFER: 227 898 STÄRKE: 7,9 / OPFER: 87 587 STÄRKE: 7,0 / OPFER: 200 000* Quer durch Kalifornien verläuft der San-Andreas-Graben . Hier schrammen die P und die Nordamerikanische Platte 3 Zentimeter pro Jahr aneinander vorbei. Immer wieder verkanten sie sich. Seit 1906 ein Beben der Stärke 8 San Francisco zerstörte (und 3000 Menschen tötete), fürchten die USBürger das nächste »Big One« . Beim Beben von Loma Prieta am 17. Oktober 1989 starben zwar »nur« 63 Menschen, doch verursachte es Milliardenschäden an Brücken, Highways und Häusern Gleich drei tektonische Platten tr unter der japanischen Hauptinsel Honshu aufeinander, wobei sich eine unter eine andere schiebt (Subduktion). In nur 300 Kilometern Entfernung ist Tokyo stark bedroht. Das Beben von 1995 verwüstete vor allem die Stadt Kobe westlich davon. Es war das Erdbeben, das bisher weltweit den Quer durch die Türkei zieht sich eine mehr als tausend Kilometer lange Linie, an der entlang immer wieder in geringer Tiefe die Erde bebt (Nordanatolische Verwerfungszone). Mit 2,5 Zentimetern pro Jahr schiebt sich hier die Anatolische Platte an der Schwarzmeerplatte entlang nach Westen. Mit den Katastrophen von Düzce und Izmit erreichten die Beben im Jahr 1999 den bisher am weitesten westlich gelegenen Punkt, nur noch Der Tsunami von Weihnachten 2004 (Foto aus Phuket, Thailand) war die zweitschwerste Naturkatastrophe nach 1900, gemessen an der Opferzahl. Ausgelöst wurde er durch ein Seebeben vor der indonesischen Insel Sumatra. Es ereignete sich im Sunda-Graben. Hier taucht die Indo-Australische Platte pro Jahr 5,5 Zentimeter weit unter die Eurasische Platte im Norden (schiefe Subduktion). Mehr als 200 Nachbeben der Stärke 5 und mehr wurden registriert Beim verheerenden Beben in der Provinz Sichuan entluden sich tektonische Spannungen, die zwischen der Indischen und der Eurasischen Platte entstehen: Indien bewegt sich mit rund 4,5 Zentimetern pro Jahr nach Norden. So wurde über Jahrmillionen der Himalaya aufgetürmt. China traf auch das folgenschwerste Beben des 20. Jahrhunderts: 1976 starben in der Küstenregion um Tangshan nach o ziellen Angaben 255 000 Menschen, andere Schätzungen gehen von mehr als doppelt so vielen Opfern aus Haiti liegt am Nordrand der Karibischen Platte, die sich mit jährlich 2 Zentimetern relativ zur Nordamerikanischen Platte nach Osten bewegt (Seitenverschiebung). Seit einem vergleichbaren Beben 1751 schien sich der Untergrund verhakt zu haben. Im verheerenden Beben vom 12. Januar, dessen Zentrum in geringer Tiefe lag, entlud sich die aufgestaute Spannung schlagartig. Und traf ein armes Land ohne jeglichen Schutz (*geschätzt) größten nanziellen Schaden anrichtete: geschätzte 100 Milliarden US-Dollar 80 Kilometer von Istanbul entfernt. Seismologen fürchten: Das nächste Starkbeben wird der Stadt noch näher kommen ILLUSTRATION: Anne Gerdes, DIE ZEIT; Deutsches Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) RECHERCHE: Magdalena Hamm, Stefan Schmitt QUELLEN: GFZ, Geological Society of America, GSHAP, Munich RE, U. S. Geological Survey FOTOS: Getty Images Bilanz des Schreckens Anzahl schwerer Beben, nach Stärke geordnet ( ), und Schätzung der Erdbebentoten eines Jahres ( ) Unten: Auswahl einzelner Beben mit hohen Opferzahlen Stärke: Magnitude 6 bis 6,9 Magnitude 7 bis 7,9 Magnitude 8 bis 9,9 82 364 33 819 819 150 100 50 0 10 096 21 357 22 662 52 056 228 802 88 011 228 802 200 Anzahl der Beben 35 Die der letzten Grafiken: 26 552 31 Lawinen 1987 1988 Armenien 25 000 Tote, Stärke 6,8 1989 1 2 2 1 1990 1991 Iran 40 000 Tote, Stärke 7,4 1992 Indonesien 2500 Tote, Stärke 7,5 1993 1994 Indien 9748 Tote, Stärke 6,2 1995 2 1 1996 1 1997 1998 Afghanistan 4000 Tote, Stärke 6,6 1 1999 3 2000 1 2001 1 2002 Indien 20 085 Tote, Stärke 7,6 2003 2 2004 4 Iran 31 000 Tote, Stärke 6,6 1 2005 2 2006 4 2007 Indonesien Pakistan 86 000 Tote, 5749 Tote, Stärke 6,3 Stärke 7,6 30 1 2008 5 2009 2010 6 Internet-Betrug 29 Burj Dubai Alle Grafiken im Internet: www.zeit.de/gr