Der Begriff „Jagd“ – eine Differenzierung R. Winkelmayer K. Hackländer P. Kampits Sonderdruck aus der Jagdzeitschrift WEIDWERK 9, 10 und 11/2008 Der Begriff „Jagd“ – eine Differenzierung Die Jagd, also das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen jagdbarer Tiere durch Jagdausübungsberechtigte (MEYERS, 2008), ist eine jahrtausendealte Betätigung des Menschen. Während es in den Anfängen noch sehr viel Mut, Ausdauer, Kraft und List erforderte, um ein Wildtier zu erbeuten, hat der Mensch im Laufe der Zeit eine Reihe von technischen Möglichkeiten entwickelt, um sich Wildtiere anzueignen. Immer wieder führte dies in der Geschichte der Menschheit dazu, dass die Art und Weise der Aneignung im Widerspruch zu ethischen Werten stand und daher reglementiert wurde. Daraus entwickelte sich die sogenannte Weidgerechtigkeit, die als „jagdliches Moralgesetz“ bezeichnet werden kann (BIEGER und HOFFER, 1941). Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer und Univ.-Prof. Dr. Klaus Hackländer, Präambel von Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Kampits Sonderdruck aus der Jagdzeitschrift WEIDWERK 9, 10 und 11/2008 Präambel Die Befürwortung und die Kritik an der Jagd sind nahezu ebenso alt wie das Jagen selbst. Freilich hat sich die Jagd weitgehend von jenen urzeitlichen Formen des Jagens wegentwickelt, in denen das Jagen von Wildtieren als Lebensnotwendigkeit für den Menschen gegeben war. ORTEGA Y GASSET hat in seinen „Meditationen über die Jagd“ (1953) darauf hingewiesen, dass für den sogenannten Steinzeitmenschen die Jagd zur Lebensform wurde, „dass das Sein des Menschen zuerst darin bestand, dass er Jäger war.“ Gewiss, seither ist diese Lebensnotwendigkeit verschwunden und hat damit zu einem Jagdbegriff geführt, der weitgehend mit Luxus, Sport, Tötung, Instrumentalisierung und nicht selten mit Missachtung des Tieres verbunden ist. Das seit einiger Zeit erwachte Interesse an einem veränderten Umgehen mit Tieren hat nicht nur zu einem zunehmenden Interesse an tierethischen Überlegungen geführt und selbstverständlich auch nicht vor dem Phänomen Jagd Halt gemacht. Freilich gilt das Interesse der Tierschützer und Tierethiker in erster Linie den Jagd Kurz, in allem Ernst gesagt: ’s gibt nichts Dümmers als die Jagd. FERDINAND RAIMUND Die Jäger sind die ältesten Tierschützer der Welt und keine Hobbymörder. BASILIUS VON STREITHOFEN Jägerei ist eine Nebenform menschlicher Geisteskrankheit. THEODOR HEUSS Zum guten Jäger gehört eine Unruhe im Gewissen angesichts des Todes, den er den bezaubernden Tieren bringt. ORTEGA Y GASSET 2 Massentierhaltungen, den Pelztierfarmen und den Tierversuchen. Die Polemik von beiden Seiten lässt an Härte nichts zu wünschen übrig, Hardliner auf Seiten der Tierschützer, die auch nicht vor gewaltsamen Aktionen zurückschrecken, und handfeste ökonomische Interessen der Produzenten und ihrer Lobbies stehen einander unversöhnlich gegenüber, wobei in letzter Zeit eben auch die Jagd nicht ungeschoren blieb. Wo die einen die Jagd als legalisierte Tierquälerei bezeichnen und die Jäger für Heuchler im grünen Loden halten, betonen die anderen die eminente Bedeutung der Jagd und der Hege im Hinblick auf die Erhaltung eines ökologischen Gleichgewichts und bezeichnen die Jagd nahezu als einen angewandten Naturschutz. Dies wird wiederum von den Gegnern bestritten, die in dieser Hege nur eine Sicherung für eine größere Ausbeute erblicken und deren ökologische Bedeutung infrage stellen. Jäger wären in diesem Sinn keinesfalls Naturschützer, sondern allenfalls Hirsch-, Reh- und Fasanenschützer, denen das Wohl übriger Tierarten und der Ökologie schlichtweg kaum am Herzen liegt. Die grundsätzliche Frage nach dem moralischen Status des Tieres gilt es freilich zu differenzieren. Ist die Jagd und das damit verbundene Töten von Tieren in einer ähnlichen Weise zu sehen wie das Töten im Hinblick auf die kommerzielle Nutzung von Tieren für unsere Ernährung, welcher Unterschied besteht auch zu Tötungsvorgängen im Laufe der in der Forschung angestellten Tierversuche? Besteht hinsichtlich des moralischen Status des Tieres ein erheblicher Unterschied zwischen Wildtieren und Nutztieren? Diese Grundsatzfrage nach dem moralischen Status von Tieren ist für jede Tierethik aber auch für ethische Grundsätze des Jagens von entscheidender Bedeutung. Die Tierrechtsbewegung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, nähert sich dieser Frage von verschiedenen ethischen Seiten, wobei das Problem eines intrinsischen Wertes (Existenzwert) des Tieres im Mittelpunkt der Diskussion steht. Eingebettet in eine ökologische Ethik im Allgemeinen, wird dabei die Frage nach dem moralischen Status der Tiere ver- schiedentlich akzentuiert: Die Frage, ob Tiere als Sachen oder Personen aufzufassen sind, wogt seit dem Beginn der Neuzeit hin und her, wobei die Tradition des christlichen Denkens und des biblischen Auftrages des „Dominium terrae“ (aus der Theologie: Herrschaft über die Erde) für eine Grundhaltung verantwortlich gemacht wurde, die alle Natur unter die Herrschaft des Menschen gestellt hatte. Dass dieser Herrschaftsauftrag auch als Hege- und Pflegeauftrag interpretiert werden kann, hat sich erst relativ spät durchgesetzt, wobei es in der Geschichte christlichen Denkens von Franz v. Assisi bis zu Albert Schweitzer natürlich immer wieder Außenseiterpositionen gegeben hat und sich in der letzten Zeit aus theologischer Sicht auch die Bezeichnung „Mitgeschöpf“ durchzusetzen beginnt. Innerhalb der Tierethik selbst finden sich selbstverständlich die verschiedensten Positionen. Neben den anthropozentrischen (Mensch im Mittelpunkt) Argumenten, die den Tierschutz aus der Perspektive des damit verbundenen Interesses des Menschen betrachtet, sind es vor allem der Pathozentrismus (tierethischer Ansatz, der allen empfindungsfähigen Wesen einen moralischen Eigenwert zuspricht) und der Biozentrismus (allen Lebewesen – Pflanzen, Tieren sowie Menschen – wird unabhängig von ihren Empfindungsfähigkeiten ein eigenständiger Wert zugesprochen), die den Eigenwert des nichtmenschlichen Lebens in den Mittelpunkt rücken. Angeregt durch PETER SINGERS utilitaristische Position, vertreten in „Animal liberation“ (1975) und basierend auf dem utilitaristischen Prinzip der Vermehrung von Lust und der Verminderung von Unlust und Leid entwickelt SINGER eine Position des Anti-Anthropozentrismus, den er als ungerechtfertigten Speziezismus (Ungleichbehandlung von Lebewesen aufgrund ihrer Art) kennzeichnet und der schließlich in der heftig diskutierten These mündet, dass nämlich der intrinsische Wert des Lebens eines gesunden Schimpansen höher einzuschätzen wäre als der eines behinderten Säuglings oder eines dementen alten Menschen. TOM REAGAN (1982) wiederum hebt die Problematik des intrinsischen Wertes tierischen Lebens über die Ebene der © WEIDWERK 2008 © WEIDWERK 2008 Foto Helmut Ctverak Leidensfähigkeit hinaus und betont eine intrinsische Werthaftigkeit von höheren Säugetieren, die auch über Ziele, Wünsche und Zukunftsvorstellungen verfügen. Neben einem anthropozentrischen Argument werden vor allem die pathozentrische (die Leidensfähigkeit der Tiere im Mittelpunkt) und die physiozentrische (der Eigenwert der Natur im Mittelpunkt) Ebene heftig diskutiert, wobei die beiden ersten Positionen für das Phänomen der Jagd, die entweder den Zugang zum Tier aus einer anthropozentrischen Ebene oder aus einer solchen der Leidensfähigkeit und damit dem Eigenwert des Tieres aus der Perspektive der Jagd untersuchen, am Wichtigsten erscheinen. Sie fordern letztlich beide einen respektvollen Umgang mit den nichtmenschlichen Lebewesen und zumindest Schmerzvermeidung bei einer Tötung. Sobald das Töten von Tieren als grundsätzlich moralisch akzeptabel erscheint, stellt sich für beide ethische Grundhaltungen natürlich die Frage nach dem Ziel dieser Tötung sowie auch nach der Art und Weise, wie diese Tötung erfolgt. Sehen wir von der Nutztierhaltung und den damit verbundenen Problemen ab, so stellt sich die Frage, inwieweit die mit der Jagd verbundene Tötungsabsicht ethischmoralisch vertretbar sein kann. Aus der Sicht einer radikalen pathozentrischen Position wäre jedwede Tötung von Tieren – auch aus der Motivation des Mitleids – zu vermeiden, wobei allerdings das Problem ungelöst bleibt, wie mit dem Schutz von jagdbaren Tieren vor Raubtieren umgegangen werden soll. Für die Jagd jedenfalls bleibt ein ausschließlich pathozentrisch motivierter Umgang mit den Tieren problematisch. Ein gemilderter Zugang aus einer anthropozentrischen Perspektive, der die Interessen des Menschen in einen einigermaßen zufriedenstellenden Einklang mit einer Anerkennung des moralischen Eigenwertes des Tieres in Einklang brächte, steht jedenfalls noch aus. Eine Jagdethik, die weit über die gesetzlichen Bestimmungen des Jagdrechts hinausgeht und die auf einer Selbstverpflichtung des Jägers beruht und Handlungsnormen gegenüber dem frei lebenden Tier und dem Verhalten des Jägers erstellt, ist Der Begriff „Jagd“ wird seit jeher differenziert gesehen nach wie vor ein Desiderat (etwas dringend Erwünschtes). Dazu bedürfte es zunächst einer in den Teilen 2 und 3 versuchten Begriffsbestimmung der Jagd, die nicht allein in historischer Hinsicht mannigfache Veränderungen erfahren hat. Dass die Jagd ihren Stellenwert innerhalb einer lebensnotwendigen Tätigkeit des Menschen längst eingebüßt hat, ist eine Selbstverständlichkeit. Sogar dort, wo es um lebensbedrohende Aktivitäten von Tieren gehen mag (Tiger, Wölfe, Löwen), die nicht allein die Entfaltung des menschlichen Lebensraumes gefährden, ist der Stellenwert einer Rechtfertigung des Tötens als gering anzusehen. Angriffe lebensbedrohender Art auf den Menschen könnten sogar in Analogie gegenüber menschlichen Angreifern (Notwehr) angesehen werden. Dies gilt im weiteren Sinn auch dort, wo Tiere mit menschlichen Lebensbedingungen konkurrieren (etwa im Fall der Vernichtung von Agrikulturen). Anders verhält es sich dort, wo beispielsweise in der mitteleuropäischen Tradition die Jagd sowohl im ökologischen Zusammenhang wie auch im Hinblick auf das menschliche Lusterlebnis gesehen werden kann. Sowohl die Bedingungen der Jagd als auch ihre Art der Durchführung können, ja müssen sich einer ethischen Beurteilung stellen. Diese ist angesichts der Auswüchse, denen sich die Jägerschaft nicht immer mahnend und einschränkend gegenübergestellt hat, nach wie vor zwiespältig. Die auch in den Teilen 2 und 3 genannte Weidgerechtigkeit sowie die in den diversen Jagdgesetzen genannten Einschränkungen garantieren keineswegs einen ethischen Umgang mit dem gejagten Wild. Die Auswüchse sind bekannt genug: reines Trophäenjagen, Heranzüchten von Wildtieren, um eine möglichst große Abschussziffer zu erreichen, Zucht und Produktion von jagdbarem Wild, serienmäßiges Abschießen von Wild, Gatter und Gehegejagden, Aufstellen von Fallen und Ähnliches fallen eher in den Begriff der „Pseudojagd“ und werden nicht allein von den gegebenen gesetzlichen Bestimmungen des Jagdrechts, sondern auch unter Gesichtspunkten der Ethik zu verurteilen sein. Jagd – und darauf hat ORTEGA Y GASSET mehrfach verwiesen – lässt sich weder unter die Bedingungen eines Erfolgs für den Jäger noch unter die des Erfolgs für das entkommende Tier subsummieren. Beides gehört entscheidend zu einem Grundbegriff der Jagd, deren Ziel ja nicht das Töten und Erlegen, sondern die Betätigung, das Jagen selbst, darstellt. Und wenn ORTEGA Y GASSET gleichzeitig darauf verweist, dass das Entdecken und Aufbringen des Tieres und nicht das Erlegen als wesentlich für die Jagd angesehen werden muss, so befindet er sich auf dem Weg zu jener – vor allem im ethischen Sinn – Synthese zwischen einem wie auch immer zu interpretierenden 3 Lust- und vielleicht auch Urerlebnis des jagenden Menschen und einer Achtung des Wildtieres. Dass die durch mannigfache technische Hilfsmittel errungene Überlegenheit des Menschen von diesem selbst eingebremst werden muss, ist nur eine der geringen Anforderungen, die man an eine jagdliche Ethik zu stellen hat. Es gilt – und dies wird in den folgenden Abschnitten zum Ausdruck kommen, auch eine rechte Mitte zu wahren: eine solche zwischen einem Ausufern der Jagdlust mit allen bekannten Folgeerscheinungen (man will Trophäen und Ausbeute um jeden Preis) und einem Totalverzicht auf die Jagd als eine dem Menschen des 21. Jh. nicht mehr angemessenen Tätigkeit. Die folgenden Abschnitte liefern jedenfalls grundlegende Überlegungen zu einer Jagdethik, die wie jede Ethik nicht allein allgemeine Prinzipien des Verhaltens aufzustellen versucht, sondern sich auch bewusst ist, wie viel in der Selbstverantwortung des Einzelnen liegt. 4 n letzter Zeit häuft sich im deutschsprachigen Raum einmal mehr die gesellschaftliche Kritik an der Jagd. Das Image der Jagd und der Jäger verschlechtert sich durch gewisse Aneignungsformen bzw. „jagdliche Tätigkeiten“, die von der Gesellschaft nicht verstanden oder vielfach sogar abgelehnt werden. Dazu gehören Auswüchse der Jagd, die durch eine Maximierung der Jagdstrecke oder Trophäenstärke gekennzeichnet sind oder bei denen Wildtiere auf eine Weise getötet werden, die im heutigen Wertesystem als verwerflich angesehen wird. Als Reaktion darauf haben ZEILER, 1996, und FORSTNER et al., 2006, Rahmenbedingungen für eine Jagd beschrieben, die diesem aktuellen Wertesystem entsprechen. In hierarchischen Ansätzen werden dabei Prinzipien, Kriterien und Indikatoren einer nachhaltigen Jagd festgelegt; mit dem Ziel, die Bedingungen für die Ausübung der Jagd gesellschaftsfähig zu erhalten. Gerade die Kritik an der Jagd in der Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass es zwingend notwendig ist, nicht nur die Bedingungen für die Ausübung der Jagd, sondern auch die Art der Durchführung zu definieren, um sich von den genannten Auswüchsen inhaltlich deutlich abzugrenzen. Der Begriff „Jagd“ ist im deutschen Sprachgebrauch allgegenwärtig – nicht nur im engeren Sinn, nämlich der Suche, dem Nachstellen und Erbeuten von jagdbarem Wild. Das Wort- und Begriffsfeld „Jagen“ gehört zu den auffälligen und dominierenden Bildern unserer Selbstverständigung und Selbstauslegung. Als Metapher beherrscht die Jagd die Sprache der Zeitungen, der Werbung und die Alltagssprache – sowohl die vulgäre als auch die gebildete (LISSMANN, 2004). Es ist daher wenig verwunderlich, dass der Begriff „Jagd“ im engeren Sinn im deutschsprachigen Raum bislang zu wenig differenziert betrachtet wird. Die deutsche Sprache hat – z. B. im Gegensatz zum Englischen – keine eigenen Begriffe für verschiedene Stufen und Motive menschlicher Tierverfolgung hervorgebracht (KALCHREUTER, 1977; PROSSINAGG, 1997). Warum wir jagen, ist nicht der primäre Gegenstand dieser hier dargestellten Betrachtungen. Es ist aber jedenfalls eine I Tatsache, dass Menschen seit Urzeiten jagen. Und das auch offensichtlich mit gleichbleibender Begeisterung, obwohl die Notwendigkeit hinsichtlich Nahrungsbeschaffung dafür längst – seit der Sesshaftwerdung vor etwa 10.000 Jahren – nicht mehr gegeben ist. Vor dem Hintergrund einerseits der philosophischen und evolutionsbiologischen Betrachtung der Tierrechte und andererseits der in jüngerer Zeit wachsenden Etablierung verschiedenster Nachstellungs- und Tötungsarten von jagdbarem Wild, die oft ausschließlich kommerziell motiviert sind und auch die Zucht bzw. Produktion von jagdbarem Wild nach landwirtschaftlichen bzw. industriellen Methoden als Basis haben, ist eine begriffliche Differenzierung der „Jagd“ erforderlich, um in der Sachdiskussion, der Medienberichterstattung und in der öffentlichen Meinungsbildung eine exaktere Terminologie als bisher im deutschen Sprachgebrauch zur Verfügung zu haben und jagdähnliche Tötungsarten (Pseudojagd) entsprechend klar bezeichnen zu können. Jedenfalls haben aus aktueller Sicht für die Jagd ganz genauso ethische Kriterien zu gelten als für jedes andere menschliche Tun. In dieser Arbeit versuchen wir – den Entwicklungen Rechnung tragend –, die wesentlichen Aspekte einer gesellschafts-fähigen Jagd zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu erfassen und die bislang sehr großzügige Auslegung des Begriffes Jagd wesentlich differenzierter zu sehen und auf den Kern einzugrenzen. Definitionen der Weidgerechtigkeit und der Jagd Wenn definitiv vom Begriff Jagd die Rede ist, wird wohl am häufigsten der spanische Philosoph ORTEGA Y GASSET zitiert. Er fragt sich in seinem Buch „Meditationen über die Jagd“ (ORTEGA Y GASSET, 1953), das ursprünglich nur als Vorwort für ein Jagdbuch des Grafen Yebes gedacht war: „Was für eine verteufelte Beschäftigung ist eigentlich die Jagd?“, um gleich darauf eine umfassende, rund einhundertfünfzig Buchseiten umfassende Antwort zu liefern. Einige wesentliche Passagen daraus: „Die glückhafte Beschäftigung, die der © WEIDWERK 2008 © WEIDWERK 2008 Foto Karl-Heinz Volkmar normale Mensch am meisten geschätzt hat, ist die Jagd. Nachdem sie ihren Charakter als Lebensnotwendigkeit verloren hat (schon in der jüngeren Steinzeit), wird die Jagd zum Sport erhoben. Durch den Hinweis, dass der Jagdsport fast allgemein den Charakter eines Vorrechts gehabt hat, wird offenbar, wie sehr die Jagd nicht nur Spaß ist, sondern eine zwar vielleicht seltsame, aber doch tief und dauernd im Wesen des Menschen begründete Begierde. Sport ist die Anstrengung, die aus Freude an ihr selbst geleistet wird, und nicht um des Ergebnisses willen, das diese Anstrengung erzielt. Bei der Jagd aus Nützlichkeitsgründen ist das wahre Ziel des Jägers der Tod des Tieres. Alles Übrige ist reines Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Den Sportjäger interessiert primär nicht der Tod des Tieres. Was ihn interessiert ist alles, was er zuvor unternehmen muss, um ihn zu erreichen – und das ist eben: jagen! Man jagt nicht, um zu töten, sondern umgekehrt, man tötet, um gejagt zu haben. Dass die Jagd ein Sport ist, ist für die Jagd nicht entscheidend. Denn es gibt die rein dem Nutzen dienende Jagd, die der Mensch der Altsteinzeit ausübte und die der Wilddieb zu aller Zeit ausübt. Diese nicht sportliche Jagd ist aber nicht weniger Jagd als die andere. Die Jagd lässt sich nicht nach ihren besonderen Zwecken definieren – Nützlichkeit oder Sport. Ebenso wenig lässt sich die Jagd nach ihren einzelnen Vorgängen bzw. nach ihren verschiedenen Techniken definieren. Jede enthält gewisse allgemeine und gemeinsame Voraussetzungen, die zum wahren Wesen der Jagd gehören. Das Töten ist nicht der ausschließliche Zweck der Jagd. Es gibt Jagden, bei denen es darauf ankommt, das Tier lebendig zu jagen und sich seiner zu bemächtigen, ohne es zu töten. Der Mensch hat sich in dem Maße, in dem die Waffe immer wirksamer wurde, Beschränkungen gegenüber dem Tier auferlegt, um diesem seinen Spielraum zu lassen, um Wild und Jäger nicht in ein gar zu großes Missverhältnis zu bringen, wie wenn das Überschreiten einer gewissen Grenze in diesem Verhältnis den wesentlichen Charakter der Jagd zunichte machte und sie in bloße Tötung ausarten ließe. Die Jagd hört dort auf, Jagd zu sein, Fällt eher in den Bereich der „Pseudojagd“: Zucht und Produktion von Wild in Kleingattern und Gehegen, um eine möglichst starke Trophäe zu erzielen ... wo der Mensch seiner ungeheuren technischen, also rationalen Überlegenheit über das Tier seinen freien Lauf lässt. Die Jagd ist ein Geschehen zwischen zwei Tieren, von denen das eine der handelnde und das andere das leidende ist, eines der Jäger und das andere das Gejagte. Wenn das Gejagte auch bei der selben Gelegenheit Jäger wäre, so gäbe es keine Jagd. Dann hätten wir einen Kampf. Der Kampf ist eine reziproke Handlung. Die Jagd ist unabänderlich eine Tätigkeit von oben nach unten (in der zoologischen Hierarchie). Die Jagd endet damit, dass man sich des Wildes, lebendig oder tot, bemächtigt.“ ORTEGA Y GASSET liefert in seinen „Meditationen über die Jagd“ auch eine Definition der Jagd: „Jagd ist das, was ein Tier ausübt, um sich eines anderen, lebendig oder tot, zu bemächtigen, das einer Gattung angehört, die der eigenen vital unterlegen ist. Umgekehrt darf die Überlegenheit des Jägers über das Wild nicht absolut sein, wenn Jagd möglich sein soll. Damit nun wirklich dieses bestimmte Ereignis zustande kommt, das wir Jagd nennen, muss das begehrte Tier seine Chance haben, muss es grundsätzlich auch entwischen können; das heißt, es muss über Mittel von einiger Wirksamkeit verfügen, um der Verfolgung zu entgehen, denn die Jagd ist genau betrachtet die Reihe von Bemühungen und Geschick- lichkeiten, die der Jäger aufwenden muss, um mit ausreichender Häufigkeit über die Gegenwirkungen des gejagten Tieres Herr zu werden. Wenn es dies nicht gäbe, wenn die Unterlegenheit des Tieres absolut wäre, so hätten die jagdlichen Fähigkeiten keine Gelegenheit, sich zu entwickeln, oder, was dasselbe ist, das eigentliche Faktum der Jagd existierte überhaupt nicht. Es ist für die Jagd nicht wesentlich, dass sie erfolgreich ist. Im Gegenteil, wenn die Anstrengungen des Jägers immer und unfehlbar von Erfolg gekrönt wären, dann wäre es keine jagdliche Anstrengung, sondern etwas anderes. Der Möglichkeit oder Chance auf Seiten des Wildes, dem Jäger zu entkommen, entspricht auf Seiten des Jagenden die Möglichkeit, ohne Beute heimzukommen. In der Jagd als Sport ist also ein ganz freier Verzicht des Menschen auf die Überlegenheit seines Menschtums enthalten. In Wirklichkeit ist die Jagd der Wettstreit oder das Aufeinandertreffen zweier Systeme von Instinkten. Dazu ist es notwendig, dass diese Instinkte – nicht nur des Jägers, sondern auch der Beute – frei funktionieren.“ ORTEGA Y GASSET führt weiter aus: „Eine gewisse Seltenheit des Wildes ist für das Jagen wesentlich! Jagdbare Tiere sind immer einigermaßen selten gewesen. Wäre es im Überfluss vorhanden, müsste man es nicht mühsam suchen! Es ist schon 5 6 Aus der Ausstellung „Die Kunst der Jagd – auf der Pirsch in den Sammlungen des NÖ Landesmuseums“ ein Erfolg und ein seltenes Glück, wenn man das Wild zu Gesicht bekommt. Wenn es in unerschöpflicher Menge zur Hand ist, braucht man sich auch keine Gedanken darüber zu machen, ob man beim Töten oder Fangen Erfolg hat. Geht ein Schuss einmal daneben, macht das nichts aus, denn da ist schon die nächste Möglichkeit usw ... Der erste Akt jeglichen Jagens besteht darin, dass man das Tier entdeckt und aufbringt. Bei indigenen [eingeborenen – Anmerkung der Verfasser] Jägervölkern der Gegenwart ist es üblich, dass nicht der Erleger das beste Stück der Beute erhält, sondern der, der es als erster entdeckte und aufbrachte … Als höchste Form der Jagd wird angesehen, wenn ein Jäger allein in den Bergen das Wild sowohl ausmacht, wie verfolgt und erlegt … Wenn das Weidwerk übermäßig künstlich geworden ist und seinen köstlichsten Reiz verloren hat, nämlich die Waldeinsamkeit und die Illusion, sich an Orten zu bewegen, wohin die Zivilisation nicht reicht, so beschränkt sich das Jagen auf reizlose Teilfunktionen: das Bergsteigen und das Zielschießen!“ Der amerikanische Anthropologe MATT CARTMILL widmet dem Thema Jagd ebenfalls umfangreiche Betrachtungen – veröffentlicht in einem Buch (CARTMILL, 1995). Er schreibt: „Es steht außer Frage, dass die jetzige Verfassung der Menschen den gestaltenden Einflüssen einer Lebensweise, zu der die Jagd als ein Hauptbestandteil gehörte, viel zu verdanken hat … Der Begriff der Jagd ist eng: Zur Jagd reicht es nicht, dass man loszieht und einfach das nächst beste Tier tötet; überhaupt kommt dem Töten von Tieren nur in sehr wenigen Fällen der Rang des Jagens zu. Eine erfolgreiche Jagd endet mit der Tötung eines Tieres, aber es muss ein besonderes Tier sein, das auf besondere Weise aus einem bestimmten Grund getötet wird. Vor allen Dingen muss das Opfer ein wildes Tier sein, eines, das nicht zahm ist. Das gejagte Tier muss zudem frei sein – das heißt in der Lage, vor seinem menschlichen Angreifer zu fliehen oder sich gegen ihn zu wehren. Tiger im Zoo zu schießen, zählt nicht als jagen. Die Methoden und Motive des Jägers sind für die Definition des Jagens Art und Weise der Aneignung des Wildes standen zu mancher Zeit im Widerspruch zu ethischen Werten (Carl Rudolf Huber: „Parforcejagd“) ebenfalls wichtig. Bei der Jagd muss Gewalt im Spiel sein. Man darf Elefanten mit vergifteten Pfeilen schießen, aber wenn man vergiftetes Heu auslegt, ist das kein Jagen. Die tödliche Gewalt muss direkt ausgeübt werden, nicht vermittelt über eine Falle. Der Angriff des Jägers auf die Beute muss mit Vorbedacht geschehen, was gewöhnlich eine Zeit des Hetzens, Pirschens oder Ansitzens verlangt. Schließlich muss die Tötung auf Initiative des Jägers erfolgen. Ein Töten von Tieren, das nicht alle diese Kriterien erfüllt, ist kein Jagen, sondern etwas anderes: Fischen, Fallenstellen, Schlachten, Vandalismus, religiöses Opfer, Selbstverteidigung, Schädlingsbekämpfung oder Überfahren mit oder ohne Mordabsicht … Wir definieren das Jagen somit als das bewusste, direkte, gewaltsame Töten ungehinderter wilder Tiere; und wir definieren wilde Tiere in diesem Zusammenhang als solche, die den Menschen scheuen oder angreifen. Die Jagd ist somit per Definitionem eine bewaffnete Konfrontation zwischen Menschsein und Wildsein, zwischen Kultur und Natur. Weil sie ein konfrontatives, vorbedachtes und gewaltsames Töten verlangt, stellt sie so etwas dar wie einen Krieg der Menschheit gegen das Wilde.“ In den gängigen Lexika finden sich im Prinzip einander ähnelnde Definitionen der Jagd. So kann man z. B. in MEYERS Lexikon (MEYERS, 2008) folgende Definition finden: „Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen, Fangen jagdbarer Tiere durch Jagdausübungsberechtigte. Heute gelten © WEIDWERK 2008 © WEIDWERK 2008 Der Jagdprüfungsbehelf (STERNATH, Hsg., 2006), das gängige Ausbildungsbuch für Jäger in Österreich, definiert nicht explizit den Begriff Jagd, sondern die „weidgerechte Jagdausübung“, und versteht darunter „nicht nur die Befolgung aller Bestimmungen des Jagdgesetzes, sondern auch die Einhaltung der – regional manchmal unterschiedlichen – jagdlichen Bräuche, ferner die stete Bedachtnahme bezüglich der Auswirkungen jagdlichen Handelns auf das Wild sowie eine den ethischen Grundsätzen entsprechende Einstellung des Jägers zum Mitmenschen und zum Tier. Weidgerechte Jäger jagen ökologisch vertretbar und verwerten ihre Beute sorgfältig und sinnvoll. Weidgerechte Jäger setzen ferme Jagdhunde ein. Gelebter Natur- und Tierschutz stellt für sie eine Selbstverständlichkeit dar.“ Weiters wird die Weidgerechtigkeit definiert: „Weidgerecht jagen heißt: anständig jagen. – Die Weidgerechtigkeit ist die Moral der Jäger. Sie misst mit strengeren Maßstäben und ist flexibler als das geschriebene Gesetz, welches sie ergänzt. Während das Gesetz Übertretungen mit Strafen ahndet, straft die Weidgerechtigkeit mit Ächtung durch die Gemeinschaft der Jäger bzw. durch das Gewissen.“ Zur Erklärung der Weidgerechtigkeit wird als Beispiel die Beinaheausrottung der amerikanischen Bisons herangezogen. „Nach unserer heutigen Auffassung war die Abschlachtung der Bisons allerdings keine Jagd – von Weidgerechtigkeit schon gar keine Spur. Es war zu einfach. Der ‚Erfolg‘ bedurfte weder besonderer Geschicklichkeit noch ausgefeilter Strategien, heute kennzeichnende Merkmale für den weidgerechten Jäger. Wer heute als weidgerechter Jäger gelten will, bei dem muss das Wild schon eine Entkommenschance haben“ (FINK et al., 1994). Die Jagdverbände selbst geben sich mehr oder weniger präzise und weitreichend ausgeführte Leitbilder für eine weidgerechte Jagd vor. So findet sich etwa im LEITBILD DER KÄRNTNER JÄGERSCHAFT (2004) eine Definition der Weidgerechtigkeit, die gut als Beispiel für verschiedene ähnliche Beschreibungen herangezogen werden kann. In diesem Leitbild wird vorweg festgestellt, dass Weidgerechtigkeit mit jagdlicher Ethik gleichzusetzen ist. Das Leitbild der Kärntner Jägerschaft verlangt die Jagdausübung nach den Grundsätzen der Weidgerechtigkeit. Ethische Werte im Sinne des Leitbildes der Kärntner Jägerschaft sind: Verbundenheit mit der Natur; Verantwortung gegenüber der Natur; Respekt vor allen Lebewesen und Bekenntnis zur Erhaltung der Artenvielfalt in Flora und Fauna; Bekenntnis zur Erhaltung wichtiger, noch vorhandener Lebensräume sowie Renaturierung verloren gegangener Biotope; grundsätzliches Bekenntnis zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der jagdbaren Tiere; Bekenntnis zur Freude an jagdlichen Aufgaben und Zielsetzungen; Bemühen um Verständnis der Zusammenhänge innerhalb des ÖkoSystems; Respekt vor ökologischen und Jagdgatter: „Haltung und Mast wie bei landwirtschaftlichen Nutztieren ...“ Foto Wolfgang Radenbach im Allgemeinen die Regeln des Jagdrechts und des Jagdgebrauchs (Weidgerechtigkeit, fachsprachlich oft Waidgerechtigkeit). Wesentlicher Teil des Jagdrechts ist die Hege. Jagdbar sind die im Jagdgesetz so bezeichneten frei lebenden Tiere ... – Jagdarten sind die ‚Suche‘ (auf Hasen, Federwild und Kaninchen), das ‚Pirschen‘ (auf Schalenwild), der ‚Ansitz‘ und der ‚Anstand‘, die ‚Treibjagd‘ (Kesseljagd, Drückjagd und Riegeljagd), die ‚Fangjagd‘ (von Raubwild), das ‚Graben‘ (von Dachs und Fuchs), das ‚Frettieren‘ (von Kaninchen), die ‚Beize‘ (mit Falken, Adlern, Habichten und Sperbern) und die ‚Hüttenjagd‘. – Die Jagdausübung unterliegt aus Gründen des Wildschutzes und der Weidgerechtigkeit vielfachen Beschränkungen. So ist die Verwendung bestimmter automatischer Waffen, künstlicher Lichtquellen, von Schlingen, Giften, die Veranstaltung von Hetzjagden u. a. untersagt. Die Jagd darf nur während der Jagdzeiten ausgeübt werden, die [in Deutschland – Anmerkung der Verfasser] durch Verordnung vom 2. 4. 1977 generell, durch Bestimmungen der Länder in Einzelfällen festgelegt sind.“ Die hier erwähnte „Weidgerechtigkeit” ist durchaus nicht so alt wie vielfach angenommen wird. Der Begriff tauchte zwar schon Ende des 19. Jahrhunderts gelegentlich in der Jagdpresse auf, war aber beispielsweise in MEYERS Konversationslexikon von 1909 (MEYERS, 1909) noch nicht enthalten. Erst nach dem 1. Weltkrieg setzte er sich allmählich durch. Weidgerechtigkeit war aber von Anfang an nicht klar definiert. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn es zahlreiche Deutungsversuche gegeben hat. Der Begriff „Weidgerechtigkeit” wurde im preußischen Jagdgesetz vom 18. Jänner 1934 erstmals in einem Gesetzestext verwendet. Dieses Jagdgesetz war in nahezu unveränderter Form die Grundlage für das am 3. Juli 1934 in Kraft getretene Reichsjagdgesetz. Der Vorläufer des Begriffs „weidgerecht“ war der Ausdruck „weidmännisch“. Unter weidmännisch im ursprünglichen Sinn verstand man aber nicht die Vermeidung von Schmerzen für die Kreatur, sondern den ideellen Erfolg und das fachgerechte Handeln beim Jagen (WINKELMAYER, 1999). 7 8 einer ständigen Formung. Sie müssen gelenkt und gestaltet werden, damit sie wirklich zum Guten führen.“ Zur tierethischen Basis meint ROSENBERGER (2008): „In allen neuen Ansätzen der Tierethik, die über den Empirismus der utilitaristischen Herangehensweise hinausreichen, die also im eigentlichen Sinn ‚ontologische‘ oder ‚transzendentale‘ Ansätze sind, wird dem Tier ein ‚intrinsischer Wert‘, d. h. ein ‚Eigenwert‘ oder auch eine ‚geschöpfliche Würde‘ zuerkannt. Denn das Tier ist ein eigenständiges ‚Subjekt eines Lebens‘, es hat als solches einen Wert, weil es eigene Fähigkeiten und Möglichkeiten besitzt, es ist wertvoll, weil es selbst Wertungen vollziehen kann und bestimmte Dinge für sich als gut betrachtet, andere nicht, und es besitzt in analogem Sinne so etwas wie Freiheit und Autonomie.“ Die Wissenschafterin SIGRID SCHWENK (SCHWENK, 1997) nimmt folgendermaßen zu Jagd und Jagdethik Stellung: „Jagdliche Ethik hat es primär mit den Handlungsnormen gegenüber den dem Jagdrecht unterliegenden frei lebenden Tieren zu tun – im weiteren Sinn auch mit den Handlungsnormen gegenüber der gesamten belebten und unbelebten Umwelt. Jagdliche Ethik hat ebenso den jagenden wie den nicht jagenden Mitmenschen – also die Gesellschaft insgesamt – zu berücksichtigen. Jagdethik und Umweltverträglichkeit der Jagdziele und der Jagdmethoden werden über die Zukunft der Jäger und der Jagd entscheiden … Jagd in unserer Zeit bedeutet: Wild als fundamentale natürliche Ressource zu achten, Sorge zu tragen für die Erhaltung oder Wiederherstellung geeigneter Habitate, Jagd als nachhaltige Bodennutzung und als Ernte nachwachsender Ressourcen zu verstehen … Die nachhaltige Nutzung der Natur als nachwachsende Ressource ist legitim. Die unumstrittene Leidensfähigkeit jeglichen jagdbaren Wildes darf nicht außer Acht gelassen werden … Strikt abzulehnen sind alle Praktiken, bei denen Wild zu ,lebenden Schießscheiben‘ degradiert wird (etwa wenn Wild, z. B. Fasane, Rebhühner, Enten, ausgesetzt wird, um kurz darauf zur Vergrößerung der Strecke erlegt zu werden). Problematisch scheint in diesem Zusammenhang auch eine Reihe von Gatter- oder Gehegejagden zu sein ... Jagd ist somit anzusehen als eine Summation von handwerklichem Können und auf Erfahrung gegründetem Wissen (Jagdwissenschaft – Erfahrungswissenschaft) ... Eine besonders wichtige Stellung im Jagdwesen und damit auch in der Jagdwissenschaft nimmt heute die nicht jagende Bevölkerung ein – denn die Gesellschaft ist es, die entscheidet, ob und wie in Zukunft gejagt werden kann.“ SCHWENK zitiert auch den IUCN-Beschluss, der erstmals in Perth/Australien 1990 gefasst wurde und ausdrückt, dass die ethische, weise und nachhaltige Nutzung von wilden Arten eine alternative und zusätzliche Art der produktiven Landnutzung darstelle und zugleich Naturschutz bedeuten könne, wenn sie in Übereinstimmung mit adäquaten Sicherheitsvorkehrungen vor sich gehe, und unter dem Titel „Methoden des Fangs und/oder des Erlegens von Erd- oder halb-aquatischen Tieren“ wird ausdrücklich festgestellt, dass die nachhaltige Nutzung von Tieren für menschliches Wohlergehen mit der Welt-Naturschutz-Strategie in Einklang stehe. Es müssen die Tiere dabei auch vor Grausamkeiten und vermeidbaren Schmerzen geschützt werden. Die Wildbiologin KAROLINE SCHMIDT (SCHMIDT, 2007) definiert zwar nicht, was sie unter Jagd versteht, charakterisiert Johann Elias Ridinger: „Der Edle Hirsch“, 1768 Aus den Sammlungen des NÖ Landesmuseums kulturellen Werten. Jagdliche Ethik bedeutet für die Kärntner Jägerschaft auch: sich laufend Wissen über die Natur und ihre Zusammenhänge anzueignen; sich weiterzubilden und den jeweiligen Stand des Wissens bestmöglich umzusetzen; Nutzung jagdbarer Tiere auf Basis der Bestandeserhaltung; Definition des Hegebegriffes in Richtung Lebensraumgestaltung bzw. -verbesserung; dass die Pflanzenwelt durch Überhege von Wild nicht gefährdet werden darf; Fütterung grundsätzlich nur in der Notzeit; die fachgerechte und gesetzeskonforme Verwertung des Wildbrets; die regelmäßige Überprüfung der eigenen Schießfertigkeit, der technischen Funktionstüchtigkeit der Jagdwaffen und deren sichere Handhabung; das Bewusstsein um die Leidensfähigkeit des Tieres und die Verantwortung, diesem unnötige Qualen zu ersparen; die Verfügbarkeit ausgebildeter Jagdhunde; die Beachtung aller jagdlich relevanter Vorschriften und Gesetze; Höflichkeit, Toleranz und Respekt gegenüber den Mitjagenden und Jagdnachbarn. Eine interessante theologische Auseinandersetzung mit dem Begriff Weidgerechtigkeit bietet ROSENBERGER (2008). Er ortet prinzipiell ein Vakuum an jagdethischen Reflexionen, das er in einem „Erstversuch“ zu füllen beginnt und hält es in diesem Zusammenhang für eine echte Schande, dass seine theologischen und philosophischen KollegInnen es bisher nicht für nötig gehalten haben, eine Jagdethik zu entwerfen. Jagdliches Tun ist seiner Ansicht nach nicht beliebig oder neutral, sondern enthält Momente, die nur dann für richtig befunden werden können, wenn sie gewisse Kriterien erfüllen. Und genau die Bestimmung solcher Kriterien ist Aufgabe der Ethik. Er stellt auch Überlegungen über das Lustvolle an der Jagd an: „Mehr als viele andere Betätigungen des Menschen scheint es der Jagd eigen zu sein, dass sie im Jagenden starke Emotionen hervorruft und große ,Lust‘ erzeugt. Das ist keineswegs schlecht oder verwerflich, im Gegenteil: Wenn jemand sein Handwerk mit Freude tut, ist das grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings gilt es, die Aspekte der Lust oder Freude ehrlich wahrzunehmen. Denn gerade Emotionen bedürfen im moralisch guten Leben © WEIDWERK 2008 © WEIDWERK 2008 Aus den Sammlungen des NÖ Landesmuseums aber trotzdem sehr gut, worum es dem Jäger eigentlich geht: um die ehrlich erbeutete Trophäe – oder zumindest um den Anschein einer solchen! Sie schreibt: „Perverse Auswüchse in der Züchtung von Trophäen gelten vielen als Argument gegen die Jagd. Freilich, diese Auswüchse gibt es. Hier wie dort. ,Canned hunting‘ – Dosenjagd – nennt man es im Englischen treffend. Auch bei uns werden Hirsche gestopft, damit ein Gstopfter sie ausstopfen kann. Die moralische Entrüstung über einen als freilebendes Wildtier verkauften, jedoch im Gatter gezüchteten Hirsch war groß [Abschuss eines in Österreich gezogenen, handzahmen, höchst kapitalen Hirsches in Bulgarien; Anmerkung der Verfasser]. Betrug! Betrug? Das Geweih war echt. Betrug, weil der Hirsch ganzjährig im Gatter gefüttert worden war? Machen denn drei Monate einen so großen Unterschied? Viele der Hirsche, die in unseren heimischen Revieren von stolzen Jägern als Freilandhirsche erlegt werden, werden drei Viertel des Jahres gefüttert, innerhalb und außerhalb von Umzäunungen, zum Schutz des Waldes, zum Wohl von Wild und Jäger. Linsentrübung im Zielfernrohr? Was die Jäger empört, ist der Verlust der Illusion, wildes Wild zu erlegen, wildes Wild, das die Trophäe ja erst wertvoll, weil ehrlich macht. Es erfordert neben einer Portion Glück auch körperlichen und geistigen Einsatz, um altes und daher überlebensgeschultes Wild zu erlegen. Eine solche Trophäe ist dann ein ehrlicher Ausweis dieser Fähigkeiten. Aber schwindeln wir nicht alle gern?“ Weiters führt sie aus: „Wer sich aber für Arten- und Naturschutz stark macht, sollte rational argumentieren. Weder die Einstellung der Jagd noch eine gut geregelte Bejagung werden großräumig und langfristig Rückgang oder auch Zunahme von Wildtieren beeinflussen können. Im riesigen Gefüge der Natur pfuschen und stümpern wir nur alle ein wenig herum und beruhigen unser Gewissen. Was aber nottut, ist nicht, unsere Position zu halten, sondern die Vor- und Nachteile unserer Entscheidungen und Handlungen für die betroffenen Tierarten zumindest kleinräumig und kurzfristig abzuwägen.“ Auch in diesem Absatz definiert SCHMIDT nicht explizit, was sie unter Jagd versteht, relativiert jedoch den langfristigen Ein- Friedrich Gauermann: „Von einer Hundemeute gehetzte Bären“, 1835 fluss der Jagd auf Wildtierpopulationen und versachlicht so ganz allgemein die Diskussion über die Jagd. Als einer der profundesten Kenner der österreichischen Jagdgeschichte gilt HERMANN PROSSINAGG. Auch er beschäftigte sich intensiv mit der Frage: „Was ist überhaupt ,Jagd‘?“ und führt dazu aus: „In der deutschen Sprache haben wir Schwierigkeiten mit dem Begriff ‚Jagd‘. Obwohl diese Bezeichnung zum sprachlichen Gemeingut zählt , wird der Sinngehalt des Wortes in der breiten Öffentlichkeit fast ausschließlich mit dem Abschuss gleichgesetzt, ohne die weiteren Aufgaben hinzuzuzählen, wie sie sich gegenwärtig im Jagdwesen einbürgern und in der Gesetzgebung gefordert werden. Erst in den letzten Jahren scheinen die erweiterten Funktionen der Jagd in Nachschlagewerken und Wörterbüchern auf. Während der Volks-Brockhaus, Ausgabe 1931, die Jagd nur als ‚weidgerechtes Erlegen des Wildes, auch uralter Sport‘ bezeichnet, werden in Meyers Lexikon, Ausgabe 1994, die ursprünglichen Merkmale der Jagd, nämlich das ‚Aufspüren, Verfolgen und Erlegen von Wild durch Jäger‘ bereits mit dem Satz ergänzt: ‚Durch Abschuss von kranken und schwachen Tieren sowie durch Populationsregulierung wird die Jagd zur Hege‘. Auch im Universallexikon des Compaktverlages München aus dem Jahre 1994 wird die Jagd als ,weidgerechtes Verfolgen, Erlegen, Fangen und Hegen‘ von frei lebendem Wild definiert. Der Jagdhistoriker Kurt Lindner hat noch vor zehn Jahren in der Jagd allein ‚die bewusste Verfolgung des Wildes, in der Regel auf das Töten ausgerichtet‘ und darin etwas ‚spezifisch Menschliches‘ gesehen, weil im Gegensatz zum Tier der Mensch Geräte benutzt, um seine Beute zu fangen oder zu erlegen, während das Tier seine Beute selbst verfolgt oder befällt und zur Deckung des Nahrungsbedarfes tötet. Das deutsche Wort ‚Jagd‘ wird abgeleitet vom ‚Jagen‘, vom ‚Nachjagen‘ (etwa vom Pferd aus) und damit kann man alles und noch viel mehr assoziieren, was dem Uneingeweihten oft Anlass zu Missverständnissen und falschen Auslegungen bietet. 9 Foto Helmut Ctverak Eine nachhaltige Nutzung von Tieren für menschliches Wohlergehen steht mit der Welt-Naturschutz-Strategie in Einklang Die englische Sprache ist hier exakter, weil man mit ‚hunting‘ (die Jagd hinter der Hundemeute), ‚trapping‘ (die Fallenjagd), ‚sport‘ (die Jagd auf Flugwild, wo es auf die Treffsicherheit ankommt) oder ‚stalking‘ (der Abschuss aus dem Verborgenen, etwa von einem Ansitz aus) die eigentliche Tätigkeit korrekter zum Ausdruck bringen kann. Der ausübende Jäger sucht bei der Jagd Spannung und Entspannung und lässt echte Freude daran erkennen. Er sieht sich weder als ‚Wildregulator‘ noch als ‚Samariter‘ der Tierwelt, der nur krankes oder altes Wild erlegt; er will die Erregung des Jagderfolges voll auskosten und dabei seine eigene Findigkeit beim Überlisten des vorsichtigen Wildes auf die Probe stellen, ohne sich vordergründig mit dem Heiligenschein des Naturbewahrers zu ‚schmücken‘. Durch den ansteigenden Wohlstand und den sozialen Aufstieg breiter Bevölkerungsschichten nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Zahl der Jäger und der Jagdkartenbesitzer und damit auch die der ‚revierlosen Jäger‘ stark zu. Das Bestreben, Jagdgelegenheiten zu bekommen, wurde zum Wettstreit, und dabei kamen meist die finanziell potenteren Jäger ‚aus der Stadt‘ und später auch aus dem Ausland als neue Jagdpächter zum Zug, während die bisher Jagdberechtigten, darunter vielfach die Ortsansässigen, das 10 Nachsehen hatten. Durch die Teilung größerer Jagdgebiete in kleinere Reviere konnten mehr Jagdpächter ‚untergebracht‘ werden, die Anzahl der Jagdreviere nahm ständig zu.“ (PROSSINAGG, 1997) PROSSINAGG beklagt hier auch, dass bei Wild die „Mast wie bei landwirtschaftlichen Nutztieren“ um sich greift und dass die Häufigkeit des Vorkommens „kapitaler Trophäen“ zum Gütezeichen der Reviere wurde. Über die Jagd als Sport schreibt er: „Die mitteleuropäische Jagdkultur kennt keinen ‚Jagdsport‘, und auch nach den üblichen Merkmalen, welche die Jagd bei uns auszeichnen, ist die Jagd kein ,Sport‘ im Sinne einer spielerischen körperlichen Aktivität, eines Wettkampfes oder eines Vergleichsstrebens um beste Leistungen. Nur der ‚Schießsport‘, wie etwa das Tontaubenschießen, ist auch nach jagdlichem Begriffsverständnis ein echter ‚Sport‘ – hat aber mit Jagd nichts zu tun. Genauso wird auch der ‚Schießsport‘ auf lebende Tiere, von einigen besonders geschickten Schützen auf Flugwild aus Brutanstalten oder auf Zugvögel ausgeübt, nicht nur von Tierschützern, sondern auch vom Großteil der Jägerschaft strikt abgelehnt und nicht als ‚Jagd‘ anerkannt. Jene Schützen, die Spaß daran haben, möglichst viele Vögel, die aus Volieren ausgelassen oder während der Migration gekonnt vom Himmel geholt werden, sollten ihre Schießfertigkeit nicht als ‚Jagd‘ bezeichnen, um nicht die übrigen Jäger, die dieses Vorgehen strikt ablehnen, zu diskreditieren. In den vergangenen Jahrhunderten haben die Angehörigen des Feudaladels das ‚Schießen auf lebende Ziele zur Anhebung der Schießfertigkeit‘, etwa bei Wildfütterungen, auch nicht als ‚Jagd‘, sondern – richtigerweise – als ‚Abschießung‘ bezeichnet. Wer es sich leisten kann, erlegt heute hochkapitales Wild im Ausland, oder er nimmt an Jagdreisen teil, um möglichst viele Trophäen des Großwildes aus aller Welt bei sich ausstellen zu können. Dieses ‚Trophäensammeln‘ von exotischem Wild ist aber nicht ‚Sache der Jägerschaft‘ und hat auch mit der ‚Jagd‘ im engeren Sinn des Wortes nichts zu tun, sondern ist kostspielige Liebhaberei. Jagd als angewandter Trophäenkult: Von den Jägern wird immer noch die Erbeutung starker Trophäen bzw. einer möglichst großen Zahl an Niederwild als wichtigster Maßstab für erfolgreiches Jagen gewertet.“ In dem Buch „Kaiserliche Jagdreviere“ (PROSSINAGG und HAUBENBERGER, 2007) wird nochmals der Begriff „Abschießung“ angeführt und auch von „jagdlicher Belustigung“ gesprochen: „Anlässlich der Hochzeit von Kaiser Leopold I. (1658–1705) im Jahre 1666 mit Margarethe, der erbberechtigten Prinzessin von Spanien, gab es im Wiener Prater eine Prunk- und Schaujagd, derartigen Ausmaßes, wie man sie bis dahin noch nie erlebt hatte. Das ‚Eingestellte Jagen‘, der massenweise Abschuss war beliebt und entsprach dem Zeitgeist. So viel zusammengetriebenes Wild hatte man bis dahin noch nicht gesehen und somit auch noch nie eine derartige ‚jagdliche Belustigung‘, wie man das damals bezeichnete. Als ‚Bild-Berichterstatter‘ wurde der Künstler Melchior Küsell engagiert, um der Nachwelt diese ‚Abschießungen‘ anschaulich zu erhalten.“ © WEIDWERK 2008 Foto Helmut Ctverak Jagd und Gesetz Die Zentralstelle Österr. Landesjagdverbände, ein Zusammenschluss aller neun österreichischen Landesjagdverbände, gibt auf ihrer Website dazu bekannt: „Grundlage des Jagdrechts in Österreich ist das Bundesverfassungsgesetz (B-VG 1920). Nach den Bestimmungen der österreichischen Verfassung ist Jagd ‚Landessache‘. Daher gibt es auch in jedem der 9 Bundesländer ein eigenes Landesjagdgesetz. Ein ‚Bundes-Rahmengesetz‘ für Jagdwesen gibt es in Österreich nicht. Österreichs Jagdwesen stützt sich sohin auf 9 Landesjagdgesetze und 9 dazugehörige Durchführungsverordnungen. In Österreich gibt es ein Reviersystem, das andere Personen als die Inhaber des Jagdausübungsrechts von jagdlichen Tätigkeiten oder Aneignungen im jeweiligen Jagdrevier (Jagdgebiet) ausschließt. Jagdrecht ist in Österreich untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden. Von diesem Grundsatz gibt es keine Ausnahmen. Das Jagdrecht enthält aber nicht zwingend das Recht zur Jagdausübung. Dieses Jagdausübungsrecht hat der Eigentümer von Grund und Boden nur dann, wenn er die sogenannte ‚Eigenjagdberechtigung‘ besitzt. Diese wird ihm in der Regel dann zugesprochen, wenn er einen zusammenhängenden Grundbesitz von mehr als 115 ha (in manchen Bundesländern gelten andere, höhere Mindestgrößen) an Grundfläche aufweisen kann. Er kann dieses Eigenjagdgebiet selbst bejagen, wenn er eine Jagdkarte besitzt, sonst muss er dieses Jagdgebiet verpachten oder verwalten lassen. Grundstücke, die nicht zu Eigenjagden gehören, werden den sogenannten Genossenschaftsjagdgebieten zugerechnet. Jede Gemeinde Österreichs bildet aus allen ‚nicht zu Eigenjagden gehörigen Grundflächen‘ das jeweilige Genossenschaftsjagdgebiet dieser Gemeinde. Solche Genossenschaftsjagdgebiete müssen zwingend verpachtet werden, in all diesen Fällen sind dann die Pächter die Jagdausübungsberechtigten. Die Grundeigentümer erhalten für ihr verpachtetes Jagdrecht Ersatz in Geld. Der Jagdausübungsberechtigte ist der Träger aller Berechtigungen und Verpflichtungen bezüglich der Jagd im jewei- © WEIDWERK 2008 Mit dem Jagdrecht ist die Berechtigung und Verpflichtung verbunden, das Wild unter Rücksichtnahme auf die Land- und Forstwirtschaft zu hegen, damit sich ein artenreicher und gesunder Wildstand entwickeln kann ligen Eigenjagdgebiet oder Genossenschaftsjagdgebiet (Jagdrevier). Ein Jagdgebiet kann von einer Person gepachtet werden. Mehrere Personen können sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen, die den Zweck hat, ein Jagdgebiet zu pachten (Jagdgesellschaft). Wer ein Jagdgebiet pachten will, muss eine gültige Jahresjagdkarte besitzen und schon über einen Zeitraum von mindestens 3 Jahren eine Jagdkarte in Österreich besessen haben. Die Hege hat zum Ziel: einen gesunden und artenreichen Wildstand zu erhalten, dabei aber gleichzeitig auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft Rücksicht zu nehmen. Die Jagdausübung und die Wildhege haben so zu erfolgen, dass die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen nicht gefährdet wird. Die Hege ist sowohl Berechtigung als auch Verpflichtung.“ Auch das Niederösterreichische Jagdgesetz 1974 i. d. g. F. enthält z. B. in seinen allgemeinen Bestimmungen keine Definition des Begriffes Jagd, wohl aber solche über Begriffe, wie Jagdrecht, Hege, Weidgerechtigkeit und Jagdwirtschaft: „§ 1 – Begriff des Jagdrechtes: (1) Das Jagdrecht besteht in der ausschließlichen Befugnis, innerhalb eines bestimmten Jagdgebietes dem Wild nachzustellen, es zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfasst ferner die ausschließliche Befugnis, sich verendetes Wild, Fallwild, Abwurfstangen sowie die Eier des Federwildes anzueignen. (2) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes. § 2 (1) Mit dem Jagdrecht ist die Berechtigung und Verpflichtung verbunden, das Wild unter Rücksichtnahme auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft zu hegen, damit ein artenreicher und gesunder Wildstand sich entwickeln kann und erhalten bleibt. Die Jagdausübung und die Wildhege haben insbesondere so zu erfolgen, dass die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen nicht gefährdet wird. (2) Die Jagd ist in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise und unter Beobachtung der Grundsätze einer geordneten Jagdwirtschaft auszuüben.“ 11 Diskussion Die gängigen Jagdrechtsbestimmungen im deutschsprachigen Raum definieren in erster Linie den Begriff des Jagdrechts. Sie sagen aber wenig über die Art des Nachstellens, Verfolgens, Fangens, Erlegens und sich Aneignens von jagdbarem Wild aus, das seinerseits aber wieder genau in den Jagdgesetzen definiert ist. Somit kann zumindest abgeleitet werden, dass das Töten von Haustieren (oder Kreuzungen 12 Foto Unterweger Foto Klaus Schneider Der Wiener Landesjagdverband wird hinsichtlich des Begriffes „Jagd“ konkreter. Er veröffentlicht auf seiner Website Folgendes: „Jagd ist eine der ältesten Formen von Ressourcen-Nutzung, neben dem Sammeln gleichsam die Urform überhaupt. Jedoch haben sich im Laufe der Geschichte sowohl die jagdlichen Rahmenbedingungen als auch die Einstellungen der Gesellschaft zum Thema Jagd tiefgreifend verändert. Das Wiener Landesjagdgesetz definiert Jagd wie folgt: „Die Jagd ist ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Volkswirtschaft und gründet sich auf das Jagdrecht. Das Jagdrecht ist das ausschließliche Recht, in einem bestimmten Jagdgebiete den jagdbaren Tieren nachzustellen, sie zu verfolgen, zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfasst ferner das ausschließliche Recht, sich Fallwild, verendetes Wild, Abwurfstangen sowie Eier des Federwildes im Jagdgebiete anzueignen.“ Auch im österreichischen Bundestierschutzgesetz (BGBL 118/2004) i. d. g. F. kommt der Begriff Jagd vor, wenngleich vor allem hinsichtlich einer Abgrenzung, was nicht als Ausübung der Jagd gilt: „§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für alle Tiere. (4) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für die Ausübung der Jagd und der Fischerei. Nicht als Ausübung der Jagd oder der Fischerei gelten: 1. die Haltung und Ausbildung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd oder der Fischerei eingesetzt werden, 2. die Haltung von Tieren in Gehegen zu anderen als jagdlichen Zwecken, 3. die Haltung von Fischen zu anderen Zwecken als der Fischerei.“ Bei kurz vor der „Jagd“ ausgesetzten Volierenfasanen muss von „lebenden Zielscheiben“ gesprochen werden. – Pseudojagd? Bei gutem, natürlichem Fasanbesatz macht die Jagd ehrliche Freude zwischen Wild- und Haustieren), auch wenn dies jagdähnlich erfolgt, keine Jagd ist. Keine Jagd im Sinne des Jagdgesetzes ist z. B. in Österreich derzeit auch das Töten von Bibern, da diese dem Naturschutzgesetz unterliegen und daher keine jagdbaren Wildtiere sind. In anderen Ländern und theoretisch auch in Österreich kann das Nachstellen von Bibern jedoch Jagd im philosophischen Sinne sein. Andererseits gilt aber z. B. das Töten von ausgesetztem Wild in Form von lebenden Zielscheiben (vor allem Fasane, Wildenten oder Rebhühner aus Aufzuchtvolieren) und das von Gatterwild – auch wenn es erst vor kurzer Zeit ins Jagdgatter 1) eingebracht und vorher als Farmwild 2) gehalten wurde – rein jagdrechtlich uneingeschränkt als Jagd, da diese Vorgangsweisen derzeit gesetzeskonform möglich sind. Seitens der Jagdgesetze ist also keine über die normative Regelung hinausgehende Definition des Begriffes Jagd gegeben und derzeit wohl auch nicht zu erwarten. Auch die Österreichische Tierschutzgesetzgebung definiert nicht, was unter Jagd zu verstehen ist, sondern nur, welche Tierhaltungsformen nicht als Ausübung der Jagd zu sehen sind. Wird Farmwild, dessen Haltung nach dem Tierschutzrecht nicht als Ausübung der Jagd zu sehen ist, in ein Jagdgatter oder in die freie Wildbahn ausgebracht, was nicht selten erfolgt, mutiert es zu jagdbarem Wild (nach dem Jagdgesetz, da das Tierschutzgesetz in diesem Fall nicht mehr anzuwenden ist). Eine Unterscheidung gegenüber jenen Tieren, 1) Def. VO-EG 853/2004: „frei lebendes Wild“ – frei lebende Huf- und Hasentiere sowie andere Landsäugetiere, die für den menschlichen Verzehr gejagt werden und nach dem geltenden Recht des betreffenden Mitgliedstaats als Wild gelten und in einem geschlossenen Gehege unter ähnlichen Bedingungen leben wie frei lebendes Wild. 2) „Farmwild“, Zuchtlaufvögel und andere als die in Nummer 1.2 genannten Landsäugetiere aus Zuchtbetrieben (1.2. „Huftiere“ Haustiere der Gattungen Rind (einschließlich Bubalus und Bison), Schwein, Schaf und Ziege sowie als Haustiere gehaltene Einhufer). © WEIDWERK 2008 © WEIDWERK 2008 in vielfältiger Weise die Grausamkeiten vor allem der Gesellschaftsjagden dokumentiert: ausgesetzte Zuchttiere, durch Fütterung erzeugte Überpopulationen, langsamer Tod angeschossener Tiere: ‚notwendige‘ Jagd? Durch die Jagd sterben jedes Jahr eine Million Tiere in Österreich! Die Mehrheit davon stirbt langsam und auf unglaublich grausame Weise und ein gutes Drittel dieser Tiere wird extra für die Jagd in massenhaltungsähnlichen Einrichtungen gezüchtet und kurz vor dem Abschuss freigesetzt.“ Und weiter ist zu lesen: „Eine Reihe von Jagdgesell- schaften bietet extra gezüchtete Wildschweine zum teuren Abschuss an. Aber um die gezüchteten Tiere nicht etwa aus dem Jagdrevier zu verlieren, treibt und schießt man die Tiere gleich im eingezäunten Gatter.“ Dennoch darf nicht übersehen werden, dass eine Reihe von Personen sich grundlegende Gedanken gemacht hat, was als Jagd zu bezeichnen ist und was nicht, und dies auch publiziert hat. Dies wurde und wird nur bislang zu wenig gelesen bzw. beachtet. Das mag einerseits daran liegen, dass die jeweiligen Definitionen Jagd und Wild waren auch in der Kunst immer wieder ein Thema, z. B. bei Friedrich Gauermann: Ölgemälde „Hirsch, von einem Luchs verfolgt“ (1831) Foto NÖ Landesmuseum die immer in freier Wildbahn gelebt haben, ist rechtlich nicht vorgesehen. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen bezeichnen derzeit die Öffentlichkeit, die Presse, die Tierschutzgruppierungen und die sogenannten Jagdgegner jegliche Tötungsform von Wildtieren durch Jäger undifferenziert als Jagd – nicht einmal die nahe liegende Bezeichnung „Pseudojagd“ wird verwendet. So ist z. B. in der Zeitschrift des Österreichischen Tierschutzvereins (ANONYM, 2008) folgende Schlagzeile zu lesen: „Wiens Nobeljäger deklarieren sich als Lusttöter.“ In der Folge wird berichtet, dass ein Jagdklub nach Tschechien reiste, um dort auf Fasane zu „ballern“, die unmittelbar vorher in Kisten auf einem Lkw herangeschafft wurden. Sobald die Fasane die Kisten verlassen hatten, war die gesamte Gewehrsalve auf sie gerichtet. Die Chance auf ein Überleben war gleich Null – wird weiter berichtet. Typisch für derartige Berichterstattung ist auch der Satz: „Andächtig verweilte die gut betuchte Jägerschaft nach dem Gemetzel vor den Tierleichen und lobte sich der weidgerechten und erfolgreichen Jagd.“ Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Darstellung ist diese Form der „jagdähnlichen Fasanentötung“ aus unserer Sicht abzulehnen und daher auch nicht als Jagd zu bezeichnen, sondern korrekterweise in Anlehnung an die Diktion des Tierschutzrechts als Veranstaltung. Diese Tötungspraxis anzuprangern, ist aus ethischer Sicht absolut legitim. Dass in diesem Zusammenhang allerdings unreflektiert dafür der Begriff „Jagd“ verwendet wird, ist höchst diskussionswürdig und reformbedürftig, und zwar ungeachtet dessen, dass im vorhin zitierten Fall der Begriff „Jagd“ für dieses Geschehen von den Schützen selbst gewählt wurde. Offensichtlich täuschen sich so manche Jäger/Schützen gerne selbst, indem sie für ihr Töten von z. B. zum Abschuss eigens produziertem Flugwild oder für das Abschießen von Schalenwild in völlig überfüllten Jagdgehegen (Jagdgattern) den Begriff Jagd verwenden, statt richtigerweise Veranstaltung. In die gleiche Kerbe schlagen die Tierschutznachrichten (Aktiver Tierschutz Steiermark, 2008), wenn sie unter dem Titel „Die Jagd in Österreich“ berichten: „TierschützerInnen haben letzten Herbst 13 der Jagd nicht vollständig übereinstimmen, andererseits auch daran, dass im deutschen Sprachgebrauch für „jagdähnliche Tötungsformen“ keine definierten Begriffe zur Verfügung stehen (KALCHREUTER, 1977, und PROSSINAGG, 1997). SCHWENK (1994) legt bei ihrer Interpretation dessen, was Jagd in unserer Zeit bedeutet, noch den Schwerpunkt darauf, Wild als fundamentale natürliche Ressource zu achten, Sorge zu tragen für die Erhaltung oder Wiederherstellung geeigneter Habitate, Jagd als nachhaltige Bodennutzung und als Ernte nachwachsender Ressourcen zu verstehen. Wie und auf welche Weise dann tatsächlich „gejagt“ wird, macht sie nicht zum Gegenstand ihrer Betrachtungen. Wohl aber lehnt sie strikt all jene Praktiken ab, bei denen Wild zu „lebenden Schießscheiben“ degradiert wird – etwa wenn z. B. Fasane, Rebhühner oder Enten ausgesetzt werden, um kurz darauf zur Vergrößerung der Strecke erlegt zu werden. Problematisch scheinen ihr auch diverse Gatter- oder Gehegejagden zu sein. ORTEGA Y GASSET (1953) grenzt dagegen sehr genau ab, was er nicht unter Jagd versteht. Es sind dies all die Situationen, in denen jeweils das zu jagende Wild nicht extra aufgespürt werden muss, in denen es zu häufig vorkommt oder keine ent- sprechende Scheu vor dem Menschen – oder Angriffslust gegenüber dem Menschen – hat, in denen es nicht fliehen kann, bei denen die menschliche bzw. technische Überlegenheit des Jägers zu groß ist und bei denen der Jäger nicht unmittelbar handelt. Als höchste Form der Jagd sieht er an, wenn ein Jäger allein in den Bergen das Wild sowohl ausmacht, verfolgt und erlegt. Wie die anderen Handlungen zu benennen sind, die auch das sich Bemächtigen eines Wildtieres oder dessen Tötung zum Ziel haben, sagt er nicht. Er erklärt lediglich, dass dann, „wenn das Weidwerk übermäßig künstlich geworden ist und seinen köstlichsten Reiz verloren hat, nämlich die Waldeinsamkeit und die Illusion, sich an Orten zu bewegen, wohin die Zivilisation nicht reicht, sich das Jagen auf reizlose Teilfunktionen beschränkt: das Bergsteigen und das Zielschießen!“ Dabei hilft er der Diskussion insofern weiter, als er somit postuliert, dass die Jagd nach seiner Definition aus verschiedenen Teilfunktionen besteht. Fehlt (Fehlen) eine (oder mehrere) wesentliche Teilfunktion(en), dann reduziert sich die Tätigkeit eben wie in dem angeführten Beispiel auf „Bergsteigen“ und „Zielschießen“. In dieselbe Kerbe schlägt auch SCHMIDT (2007), wenn sie davon spricht, dass das Ziel des Jägers wohl die ehrliche Trophäe ist, wenngleich Aus den Sammlungen des NÖ Landesmuseums „Jagd auf Wachteln“ (Aus dem Jagd-Album von Josef Anton Strassgschwandtner) 14 hier auch das Schwindeln, der Selbstbetrug breiten Raum hat. Nach CARTMILL (1995) ist der Begriff Jagd eng auszulegen. Zur Jagd reicht es seiner Meinung nach nicht, dass man loszieht und einfach das nächstbeste Tier tötet. Er definiert das Jagen als das bewusste, direkte, gewaltsame Töten ungehinderter wilder Tiere, wobei wilde Tiere in diesem Zusammenhang solche sind, die den Menschen scheuen oder angreifen. Für ihn ist ein Töten von Tieren, das nicht alle diese Kriterien erfüllt, kein Jagen, sondern etwa anderes: Fischen, Fallenstellen, Schlachten, Vandalismus, religiöses Opfer, Selbstverteidigung, Schädlingsbekämpfung oder Überfahren mit oder ohne Mordabsicht. CARTMILL trennt somit ganz eindeutig und klar die Begriffe. Seine Sichtweise hat wohl, ähnlich wie die weitgehend idente Sichtweise ORTEGA Y GASSETS, weite Zustimmung in Personenkreisen, die sich ernsthaft mit dieser Thematik auseinandersetzen. Seine Diktion für jagdähnliche Tötungsformen konnte sich bislang aber nicht ausreichend durchsetzen. Das mag daran liegen, dass auf der einen Seite der sehr geläufige und vielfach – auch als Metapher – verwendete Begriff „Jagd“ steht und auf der anderen Seite eine Reihe von Begriffen, die etwas mehr Nachdenken erfordert, um die richtige Wortwahl zu finden. CARTMILL war offensichtlich aber das Problem des Tötens von Wildtieren in Gattern oder von ausgesetztem Flugwild nicht bekannt, da er dafür keinen Begriff in seiner Auflistung anführte. Eine Lösung dafür zeigen PROSSINAGG und HAUBENBERGER (2007) auf, die hinsichtlich ihrer Definition von Jagd in keinem Widerspruch zu ORTEGA Y GASSET und CARTMILL stehen, wenn man davon absieht, dass PROSSINAGG (1997) bezüglich der Bezeichnung von Jagd als Sport eine andere Argumentation verfolgt als ORTEGA Y GASSET, was aber die grundsätzliche Übereinstimmung nicht mindert. PROSSINAGG und HAUBENBERGER (2007) zitieren, dass es schon zu Zeiten der Monarchie eine Unterscheidung zwischen Jagd und Abschießung gegeben habe und die sogenannten „eingestellten Treiben“ der Barockzeit als „jagdliche Belustigungen“ bezeichnet worden seien. © WEIDWERK 2008 Schlussfolgerung Was unter „Jagd“ zu verstehen ist, definieren ORTEGA Y GASSET und CARTMILL wohl am treffendsten. Diese beiden Definitionen zu verschmelzen und aktuell zu ergänzen führt sicher zur Definition einer Tätigkeit, die für „vernünftige Menschen“ akzeptabel ist, wobei vernünftig im Sinne der autonomen Humanität zu verstehen ist: Ein Mensch, der dem Leitbild der autonomen Humanität folgt, zeichnet sich dadurch aus, dass er von sich aus – also aufgrund seines spezifischen, lebensgeschichtlich erworbenen Selbststeuerungsvermögens – das aus humanistischer Perspektive objektiv Verantwortliche anstrebt und das Unverantwortliche ablehnt –, und dies selbst dann noch, wenn äußere Zwänge dem entgegenstehen (SCHMIDT-SALOMON 2006). Jagdliches Tun ist eben nicht beliebig oder neutral, sondern enthält Momente, die nur dann für richtig befunden werden können, wenn sie gewisse Kriterien erfüllen (ROSENBERGER, 2008). Da eine Definition der „Jagd“ nie wirklich vollständig und umfassend sein kann, ist es zielführend, deutlich auszudrücken, was sicher nicht unter den Begriff „Jagd“ fällt, auch wenn es von Jagdkarteninhabern betrieben wird. Hier kann man vollends FORSTNER et al. (2006) folgen und festhalten, dass Tätigkeiten, die den Prinzipien einer nachhaltigen Jagd widersprechen, nicht als „Jagd“ bezeichnet werden sollten. Exzessive Steigerungen und perverse Auswüchse dieser genannten Tötungsarten, wie sie z. B. bei Riegeljagden (Treibjagden) auf Schalenwild in überbesetzten Wildgehegen oder bei massenweise eigens für den Zweck des Abschießens ausgesetztem Flugwild (lebenden Zielscheiben) vorkommen, die ausschließlich der Belustigung dienen, sind am treffendsten mit „Abschießbelustigungen“ zu bezeichnen. Mit den Begriffen „Abschießung“ und „Abschießbelustigung“ stehen eindeutige und sich weitgehend selbst erklärende Bezeichnungen von jagdähnlichen Tötungsarten zur Verfügung, die seit ei- © WEIDWERK 2008 LITERATUR AKTIVER TIERSCHUTZ STEIERMARK (2008): Die Jagd in Österreich. Tierschutz-Nachrichten, 02/08, 9. ANONYM (2008): Wiens Nobeljäger deklarieren sich als Lusttöter. Tier & Natur, 1/2008, 4. BIEGER, W., HOFFER, W. (1941): Jagdgeschichte. In BIEGER, W. (Hsg.): Handbuch der deutschen Jagd. Paul Parey, Berlin, 525–529. CARTMILL, M. (1995): Das Bambi-Syndrom. Jagdleidenschaft und Misanthropie in der Kulturgeschichte. Übersetzung von Hans-Ulrich Möhring. Rowolt Enzyklopädie, Hamburg. EBNER, M. (2005): Nachhaltige Jagd. Verlagsanstalt Athesia, Bozen. FINK, M., et al. (1994): Jägerbrauch. Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien. FORSTNER, M., REIMOSER, F., LEXER, W., HECKL, F., HACKL, J. (2006): Nachhaltigkeit der Jagd – Prinzipien, Kriterien und Indikatoren. 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Gustav Klipper Verlag, Stuttgart. nigen Jahrzehnten immer häufiger vorkommen, in vielen Fällen auch gesetzeskonform sein können, aber nicht nur von Tierschützern, sondern auch von vielen Jägern aus ethischen Überlegungen abgelehnt werden. Derartige Ereignisse können auch als Veranstaltungen (Abschieß-Veranstaltungen) oder „Pseudojagd“ bezeichnet werden. Diese Abgrenzung trägt vor allem auch dem Umstand Rechnung, dass Tiere so etwas wie einen Eigenwert haben, zumindest auch Selbstzweck sind und nicht nur instrumentalisiert werden dürfen. Der Begriff Jagd bleibt somit für den Bereich reserviert, der entsprechend der Definitionen von ORTEGA Y GASSET und CARTMILL von weiten Teilen der Bevölkerung auch heute noch akzeptiert werden kann. PROSSINAGG, H. (1997): Die Jagd in der pluaristischen Gesellschaft der Gegenwart. In HÖDL, G., PUCKER, H. (Hsg.): alles jagd ... eine Kulturgeschichte. Land Kärnten, Kulturabteilung, Klagenfurt. PROSSINAGG, H., HAUBENBERGER, G. 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KLAUS HACKLÄNDER ist Vorstand des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung) an der Universität für Bodenkultur Wien UNIV.-PROF. DR. DR. H. C. PETER KAMPITS ist Dekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaften und Vorstand des Instituts für Philosophie an der Universität Wien Anmerkung der Redaktion: In dieser umfangreichen Darstellung werden grundlegende wissenschaftliche Überlegungen zur Jagdethik angestellt, die in ihrer Klarheit und Offenheit richtungweisend erscheinen und erstmals so dargestellt werden. Hans-Friedemann Zedka, Chefredakteur © WEIDWERK 2008 Redaktion WEIDWERK, Wickenburggasse 3, 1080 Wien, Österreich www.weidwerk.at Sonderdruck aus der Jagdzeitschrift WEIDWERK 9, 10 und 11/2008