Tagungsbericht Gestalten und Erkennen Kompetenzbildung in den künstlerischen Fächern und Fachbereichen der Schule Matthias Enghuber, M.A. Auftaktveranstaltung des interdisziplinären Promotionskollegs der Hanns-Seidel-Stiftung am 04.04.2011 im Konferenzzentrum München Datei eingestellt am 04.05.2011 unter www.hss.de/download/110404_TB_Promotionskolleg.pdf Empfohlene Zitierweise Beim Zitieren empfehlen wir hinter den Titel des Beitrags das Datum der Einstellung und nach der URL-Angabe das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse anzugeben. [Vorname Name: Titel. Untertitel (Datum der Einstellung). In: http://www.hss.de/...pdf (Datum Ihres letzten Besuches).] Im Rahmen seiner Begrüßung zum Promotionskolleg „Gestalten und Erkennen Kompetenzbildung in den künstlerischen Fächern und Fachbereichen der Schule“ dankte der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair Sebastian Wagner und Erich Mayer für die musikalische Umrahmung des Abends. Die „ganzheitliche Bildung“ des Menschen stellte Dr. h.c. mult. Zehetmair als zentrale Aufgabe der Bildungseinrichtungen dar und äußerte den Wunsch, von dieser Veranstaltung möge eine bildungspolitische Botschaft ausgehen. „Eine einseitige Ausrichtung auf Naturwissenschaften bedeutet einen Verlust an Substanz“, so Zehetmair. Die vielfältig gestiegenen Anforderungen an junge Menschen beim Eintritt in ihr Berufsleben und weit darüber hinaus, schaffen die Notwendigkeit, Bildung auf ein breites Fundament zu stellen. Der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung plädierte für eine Stärkung des föderalen Bildungssystems der Bundesrepublik Deutschland. Die andauernden Strukturdebatten um das bayerische Bildungssystem fordern alle Teilhaber. Es geht dabei ganz wesentlich um die Inhalte der Bildung und um verbindliche Bildungsstandards der Länder. Als eine gemeinsame Aufgabe stellte Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair die Weiterentwicklung der Bildungspolitik heraus. Dabei ist ein positiver Wettbewerb notwendig – staatlich wie außerstaatlich. Die Kulturnation Deutschland wird ganz wesentlich von den Bildungsaspekten geprägt, die über das rein technische hinaus gehen. Kulturelle Bildung ist unverzichtbar! In diesem Zusammenhang begrüßte Dr. h.c. mult. Zehetmair die Schwerpunktsetzung des bayerischen KMK-Vorsitzes 2012 auf der kulturellen Bildung. Zusammen mit den beiden größten bayerischen Universitäten, der LudwigMaximilians-Universität München und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung möchte die Hanns-Seidel-Stiftung im Rahmen des Promotionskollegs „Gestalten und Erkennen“ der kulturellen Bildung ein breiteres Fundament und ein größeres Forum verschaffen. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair lobte die Kooperation des Instituts für Begabtenförderung und der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der HannsSeidel-Stiftung, sowie den Initiatoren und Betreuern des Projekts, den Professoren Jahraus und Pöppel vom Humanwissenschaftlichen Zentrum der LMU (HWZ) München und Professor Liebau vom Interdisziplinären Zentrum Ästhetische Bildung an der FAU Erlangen-Nürnberg. Diesen, wie auch der Mitarbeiterin des HWZs, Susanne Piccone und Dr. Ernst Wagner, dem Koordinator zwischen den beiden Universitäten, dankte Dr. h.c. mult. Zehetmair für ihr Engagement. Neben dem Wunsch, der kulturellen Bildung wieder breiteren Raum zu verschaffen, sei auch auf den ganz praktischen Nutzen dieses Promotionskollegs hingewiesen: Die Neuausrichtung der Lehrpläne in allen deutschen Ländern erfordern auch ausformulierte Kompetenzmodelle, die in den jeweiligen Fachbereichen auch Akzeptanz finden können. Vor allem im musikalisch-künstlerischen Bereich aber fehlen diese Vorarbeiten bis dato. Somit soll von dem heute gestarteten Promotionskolleg eine Grundlagenforschung, wie auch eine angewandte Forschung ausgehen, die für die weitere Entwicklung der musischen Fächer die notwendige Basis liefert. Prof. Dr. Ernst Pöppel wies in seinem Vortrag „Gestalten und Erkennen – eine interdisziplinäre Herausforderung“ auf einen naturwissenschaftlichen Zugang zum Forschungskomplex der kulturellen Bildung hin. Die Verbindung aus Kunst und Wissenschaft hat das Potential, beides zu ergänzen und zu befruchten. Dabei nannte er drei Aspekte der Bildung: Um wahrhaft als „gebildet“ bezeichnet werden zu können, sollte der Mensch Spezialist eines Fachgebietes sein, über Orientierungswissen (Wissen um die Qualität der Anderen und Toleranz ihnen gegenüber) verfügen und nicht zuletzt den Mut besitzen, etwas Neues zu machen. Zwei Bereiche der interdisziplinären Arbeit sind aus der Sicht Prof. Dr. Pöppels als „Klebstoff“ zwischen den Disziplinen wichtig: die Philosophie und die Naturwissenschaften. Eine Reise durch die Theorien der Philosophen der vergangenen Jahrhunderte verdeutlichte, dass es immer der gedanklichen Brücke der kognitiven und ästhetischen Kräfte des Individuums bedarf, um zur seinem Vortrag als ganzheitlich wahrgenommenen Wirklichkeit zu gelangen. Prof. Dr. Eckart Liebau leitete bei „Kompetenz: Eine bildungstheoretische Perspektive“ mit Friedrich Schiller, „Die Teilung der Erde“ ein. Alles, so die Quintessenz, muss seinen Platz haben: die Ökonomie wie auch die Ästhetik. Die ganzheitliche Sicht kann nur derjenige erlangen, der – nach Pestalozzi – die Trias aus Herz-Kopf und Hand in Sich vereint. Kompetenz hat zwei Seiten: die subjektive, in der man sich selbst einrichtet, und die objektive: die Einrichtung der Welt durch Entscheidungen. Zwischen Ich und Welt gibt es einen wichtigen Zusammenhang. Lernen ist, nach all den Debatten, ein sehr individueller Begriff der persönlichen Wissensaneignung. Vollständige Fremdsteuerung ist nicht möglich. Die Zusammensetzung des dies beeinflussenden Umfeldes ist immer verschieden. Dass der Mensch bildungsfähig und -bedürftig ist, ist bekannt. Nicht aber, dass Bildung eine ständige Interaktion zwischen Individuum und Welt ist. Wie kommt es, dass etwas zum Ersten Mal geschieht? - Wenn das Kind etwas zum Ersten mal macht, begibt es sich in eine neue Welt. Das Kind wird ein anderes, in dem es eine andere Welt herstellt. „Bildung ist ein lebenslanger Prozess. Niemand weiß vorher, was dabei heraus kommt. Dies gilt vor allem im Bereich der künstlerischen Bildung“, so Prof. Liebau. Die hierzu seit einigen Jahren anschwellende Debatte hat zum Ziel, allen Kindern einen möglichst breiten Zugang zur künstlerischen Bildung zu ermöglichen, um eine Verbesserung der Bildung insgesamt, wie auch der gesellschaftlichen Prozesse zu erreichen. Die Erkenntnis, dass es ohne diese „Softskills“ nicht geht, greift immer mehr Raum. Das Besondere an ästhetischer Welterfahrung ist, dass sie sich nie ganz fassen lässt. Eine Garantie, dass auf diese Weise allen eine gleichwertige Bildung zu Teil werden kann, gibt es indes nicht. Niemals können alle erreicht werden und selbst bei sehr gutem Unterricht erweisen sich die Möglichkeiten und Zugänge der Kinder zu kulturellen Inhalten als grundverschieden. Auf der elementaren Stufe muss dennoch allen der Zugang ermöglicht werden. Interesse und damit der Grundzugang kann nur ermöglicht, aber nicht eingefordert werden. Nach den beiden Vorträgen folgte die Vorstellung der Stipendiaten: Meike Drescher (Musik) Musikalische Kompetenz – hier der Rhythmus – ist weitgehend unerforscht. Wie erfinden Schüler Rhythmus und wie kann dies auf lebenslanges Lernen übertragen werden? Ein generationsübergreifendes Kompetenzmodell ist das Ziel. Philipp Körner (Sport) Auch für den Bereich der Sportpädagogik sind verbindliche Bildungsstandards unerlässlich. Jungen gelten in letzter Zeit immer häufiger als Bildungsverlierer. Wie kann den Jungen im Sportunterricht hier Selbstsicherheit in der Selbstwahrnehmung vermittelt werden? Gila Kolb (Kunst) Zielorientiertes Zeichnen – Warum wird Zeichnen im Kunstunterricht gelehrt und was passiert vor dem Hintergrund der neuen Medien beim Zeichnen? Michael Schmitt (Theater) Kompetenzbildung im Bereich der theatralen Bildung. Verstehen auf drei Ebenen und Kompetenzbegriff, welche Kompetenzen können im theatralen Bereich vermittelt werden und wie kann das gemessen und dokumentiert werden? Claudia Birkner (Kunst) Wie kann die Kunstbetrachtung in der Schule angewandt werden, um Rezeptionskompetenz zu entwickeln und im Unterricht anzuwenden? Saskia Haberkorn (Sport und Tanz) Tanz im Schulsport – Was lernen die Schülerinnen wirklich und wie lernen sie es und wie kann der Lehrer dies objektiv beurteilen? Aline Lutz (Kunst) Welche Bedeutung haben die künstlerischen Fächer in einer digital geprägten, visuellen – medialen Welt? Stefania Voigt (Deutsch) Medienkompetenz – Unterrichtskonzepte, durch die im Deutschunterricht projektbezogen Medienkompetenz gefördert werden kann. Ganz konkret soll dies über Selbstreflexion beim Konsum von Horrorfilmen erreicht werden. Katrin Zapp (Kunst) Farbkompetenz: Kann man Farbe können? Was gibt es hier im rezeptiven und produktiven Bereich zu lernen und wie ist dies in den Unterricht zu integrieren? Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair wünschte in seinem Schlusswort den Doktoranden, wie auch dem Promotionskolleg Zusammenarbeit. insgesamt viel Erfolg und eine fruchtbare