Universität Augsburg Fakultät für Angewandte Informatik Institut für Geographie Climate change feedbacks und Tipping points: Verstärkungs- und Dämpfungsmechanismen im Klimasystem Hauptseminar Klimavariabilität (WS 12/13) Leitung: Andreas Philipp Kraus, Luca 1144077 Geographie, B.Sc. [email protected] Abgabetermin: 27.11.2012 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................IV Tabellenverzeichnis .............................................................................................................V 1 Rückkopplungen und Kippelemente sowie ihre Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Klimas und deren Prognose ..................................................................... 1 2 Der Strahlungshaushalt als Angriffspunkt für Rückkopplungen .................................. 2 3 Schnelle Rückkopplungen ........................................................................................... 6 4 5 3.1 Wasserdampfrückkopplung ................................................................................. 6 3.2 Eis-Albedo-Rückkopplung ................................................................................... 6 3.3 Wolken-Strahlung-Rückkopplung ........................................................................ 7 3.4 Temperaturgradientenrückkopplung ................................................................... 8 Langsame Rückkopplungen ........................................................................................ 9 4.1 Biosphäre ............................................................................................................ 9 4.2 Boden-Emissionen ............................................................................................ 10 4.3 Ozeanisches Kohlenstoffbudget........................................................................ 11 4.4 Ozeanischer Temperaturpuffer ......................................................................... 11 Kippelemente............................................................................................................. 12 5.1 Marines Methanhydrat ....................................................................................... 12 5.2 Mariner Sauerstoffgehalt ................................................................................... 13 5.3 Thermohaline Zirkulation ................................................................................... 13 5.4 ENSO ................................................................................................................ 15 5.5 Indischer Sommermonsun ................................................................................ 18 5.6 Westafrikanischer Monsun ................................................................................ 18 5.7 Amazonas-Regenwald ...................................................................................... 19 5.8 Boreale Nadelwälder ......................................................................................... 20 5.9 Meereis .............................................................................................................. 20 5.10 Antarktischer Eisschild ...................................................................................... 22 5.11 Grönländischer Eisschild ................................................................................... 22 5.12 Arktisches Ozon ................................................................................................ 23 5.13 Permafrost ......................................................................................................... 23 II 5.14 6 Tundra ............................................................................................................... 24 Fazit ........................................................................................................................... 24 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 26 III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Übersicht über den globalen Strahlungshaushalt ......................................... 3 Abbildung 2: Absorptionsbanden wichtiger Treibhausgase ................................................ 4 Abbildung 3: Abkühlung und Erwärmung der Atmosphäre durch Strahlung sowie Temperaturprofil der Atmosphäre mit der Höhe .................................................................. 5 Abbildung 4: Manipulation der Solarstrahlung durch Wolken ............................................. 8 Abbildung 5: Temperatur- und Druckverhältnisse bei stabilem Methanhydrat……………12 Abbildung 6: Globaler Verlauf der Thermohalinen Zirkulation ......................................... 14 Abbildung 7: Schema der Walkerzirkulation .................................................................... 15 Abbildung 8: Schema der Zirkulation bei El Niño .............................................................. 15 Abbildung 9: Auswirkungen von El Niño auf Lokalklimate ................................................ 15 Abbildung 10: Ozeanoberflächentemperatur bei La Nina, Walkerzirkulation und El Niño ........................................................................................................................................... 15 Abbildung 11: Die Kryosphäre mit ihren Komponenten, deren Größe und Reaktionszeiten ......................................................................................................................................... 215 Abbildung 12: Verstärkung der Störung durch eine Verdopplung der Kohlenstoffdioxidkonzentration durch Rückkopplungen ................................................. 15 IV Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Die Albedo ausgewählter Oberflächen in Prozent ............................................. 7 V 1 Rückkopplungen und Kippelemente sowie ihre Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Klimas und deren Prognose Rückkopplungen sind Prozesse, bei der eine Veränderung im System eine Reaktion hervorruft, die stärker bzw. höher im energetischen Umsatz ist als die Veränderung selbst. Sie werden in positive und negative Rückkopplungen unterteilt. Eine Rückkopplung ist als positiv definiert, wenn sie zu Wechselwirkungsprozessen führt, die eine andauernde Verstärkung der ursprünglichen Störung zur Folge haben. Dies wird als Selbstverstärkungseffekt bezeichnet. Im Gegensatz dazu besteht eine negative Rückkopplung, wenn die Anomalie zu Reaktionen im System führt, die die Anomalie wieder neutralisieren. In diesem Fall liegt ein Selbstregulierungseffekt vor. (Hupfer & Kuttler 2006) Im Falle der vorliegenden Arbeit werden Rückkopplungen im Klimasystem behandelt. Insbesondere werden positive Rückkopplungen behandelt, da diese essentiell für die Entwicklung des zukünftigen Klimas und dessen Prognose sind und auch häufiger vorkommen als negative. Für die Prognose des Klimas ist auch nicht zu vernachlässigen, dass es unterschiedlich lange dauert, bis sich die Rückkopplungen soweit aufgebaut haben, sodass deren Wirkung spürbar wird. Roedel (2011) unterteilt Rückkopplungsmechanismen in „langsam“ und „schnell“. Dazu wird die Zeitspanne herangezogen, die von den Ozeanen benötigt wird, um eine Temperaturveränderung an der Oberfläche an den ganzen Wasserkörper weiterzugeben. Diese Zeitspanne beträgt mehrere Jahrhunderte und ist deshalb so interessant, weil die Ozeane die Temperaturveränderung der Atmosphäre, solange sie sie nicht vollständig umgesetzt haben, abschwächen. Erst danach stellt sich ein neuer Gleichgewichtszustand ein. Folglich gelten Rückkopplungen, die schneller spürbar werden, als die Ozeane reagieren können als schnell. Dazu zählen vor allem Veränderungen in der Atmosphäre. Langsame Rückkopplungen sind noch träger als die Ozeane, die Zeitspanne bis zur Entfaltung der Wirkung kann mehrere tausend Jahre betragen. Ein Beispiel ist die wechselseitige Beeinflussung von CO2-Konzentration und Biosphäre. (Roedel 2011) In Klimaprognosen werden nur Rückkopplungen mit einbezogen, deren Wirkung schon in der Zeitspanne einsetzt, für die die Prognose erstellt wird. Dafür muss natürlich erst einmal bekannt sein, wie schnell eine Rückkopplung ist, was nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht immer der Fall ist. Insbesondere für die Klimapolitik relevant ist die Richtung der Rückkopplung. Es könnten sich Bestrebungen ergeben, negative Rückkopplungen gezielt zu starten um die Wirkung positiver Rückkopplungen abzuschwächen. 1 Weiterhin entspricht die Größenordnung der Rückkopplungsmechanismen mindestens derer der ursprünglichen Störung, kann aber auch deutlich darüber hinaus gehen. Daraus folgt, dass bereits kleinere Veränderungen im Klimasystem, wie zum Beispiel die erhöhte Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre, massive Folgen für dieses haben können. (Roedel 2011) Rückkopplungen beeinflussen nicht nur das aktuelle Klima, sondern auch seine Empfindlichkeit gegenüber Störungen. Diese wird als Klimasensivität bezeichnet und gibt an, wie groß die Temperaturveränderung durch eine Änderung eines Antriebes ist. Ohne Rückkopplungen würde eine Änderung eines Antriebs von 1W/m² zu einer Temperaturveränderung von 0,3°C führen. Mit den Rückkopplungen sind es 0,75°C. (Barry & Chorley 2010) Neben den Rückkopplungen werden auch Kippelemente in der vorliegenden Arbeit behandelt. Unter diesem Begriff versteht man in diesem Zusammenhang Bestandteile des Klimasystems, die sich durch äußere Einflüsse, z.B. durch Landnutzungsänderungen, sprunghaft und in einem Maße verändern, welches weitaus größere Dimensionen annehmen kann, als der eigentliche Auslöser. Kippelemente sind also die Entitäten, an denen die Rückkopplungen ansetzen. Der Arktische Eisschild ist ein Beispiel für ein Kippelement. Die zugehörige Rückkopplung ist die Eis-AlbedoRückkopplung. Nach dem Anstoßen eines Kippelements setzt eine Transitionsphase ein, die keinen linearen Verlauf zeigt und an deren Ende sich ein neues Gleichgewicht einstellt. Diese Entwicklung ist meist nicht reversibel. (Podbregar et. al. 2009) Neben einem Gleichgewicht im eigentlichen Sinn, kann sich auch eine Bi-Stabilität ausbilden. Dabei springt das System zwischen zwei Zuständen hin und her. Ein Beispiel dafür ist der Indische Monsun, der zwischen sehr aktiven und sehr schwachen Phasen pendeln wird, sollte er angestoßen werden. (Latif 2009) Lenton et. al. (2008) verwendet zur Klassifizierung der Kippelemente die Größe TE, welche für „ethical time“ steht. Diese bezeichnet die Zeitspanne, die für menschliche Entscheidungen relevant ist. Kippelemente die ihre Wirkung erst nach Ablauf dieser Zeitspanne entfalten, sollen also nicht mehr in die Entscheidungen der Klimapolitik mit ein bezogen werden. Für TE werden 1000 Jahre angenommen, da dies in der Vergangenheit die maximale Existenzdauer von Kulturen, Nationalstaaten bzw. politischen Einheiten war. 2 Der Strahlungshaushalt Rückkopplungen als Angriffspunkt für Nahezu alle Rückkopplungen beeinflussen den Strahlungshaushalt der Erde. Auch viele der Kippelemente setzen dort an bzw. hängen selbst von diesem ab. Daher soll zum besseren Verständnis der einzelnen Prozesse der Strahlungshaushalt näher erläutert werden. Eine zusammenfassende Darstellung findet sich auf Abbildung 1. 2 Abbildung 1: Übersicht über den globalen Strahlungshaushalt (Roedel 2011) Der Strahlungshaushalt wird unter anderem davon bestimmt, wie die beteiligten Festkörper ausstrahlen. Dies wird durch das Stefan-Boltzman-Gesetz beschrieben. Es besagt, dass jeder Körper, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt von 0 Kelvin bzw. −273,15°C liegt, Wärmestrahlung abgibt. Die Menge der abgegebenen Strahlung pro Flächeneinheit kann über die Gleichung des Stefan-Boltzmann-Gesetzes errechnet werden. F=εxσxT F gibt die Strahlungsleistung an, 4 ε ist das relative Emissionsvermögen (0≥ ε ≤1), σ ist eine Naturkonstante und T die absolute Temperatur des Körpers. Die Gleichung besagt also, dass die Ausstrahlung eines Körpers von der vierten Potenz seiner Temperatur abhängt. Im Übrigen können Körper im selben Maß absorbieren wie sie emittieren (Roedel 2011) Die Ausstrahlung eines Körpers besteht aus Wellen unterschiedlicher Länge. Jedoch besteht jeweils ein Maximum bei einer bestimmten Wellenlänge. Diese kann mit Hilfe des Wien´schen Verschiebungsgesetzes ermittelt werden. λ=W T λ entspricht der Wellenlänge der maximalen Ausstrahlung, W ist eine Konstante die 2897,8 µm beträgt. T ist die absolute Temperatur des Körpers in Kelvin. 3 Die Gleichung drückt aus, dass die Wellenlänge der maximalen Ausstrahlung eines Körpers ebenfalls von dessen Temperatur abhängt. Je heißer ein Körper desto kurzwelliger ist seine Strahlung. Dies ist essentiell, da daraus der Treibhauseffekt resultiert. Wellen unterschiedlicher Länge können die Atmosphäre unterschiedlich gut passieren. (Tatum o.J.) Die kurzwellige Strahlung der heißen Sonne gelangt in viel größerem Ausmaß hindurch, als die langwellige Strahlung der kühleren Erde. Durch den teilweisen Verbleib der langwelligen Strahlung herrschen auf der Erde höhere Temperaturen, als das Gleichgewicht zwischen Ein- und Ausstrahlung eigentlich ergeben würde. Überdies ist die Sonnenstrahlung die Energiequelle für den Strahlungshaushalt bzw. für beinahe alle Prozesse auf der Erde. Die Strahlung trifft mit 1367 W/m² zunächst auf die Atmosphäre, dort wird sie entweder reflektiert, absorbiert oder gestreut. Der gestreute Anteil der Strahlung erhellt als diffuse Himmelsstrahlung die Erdoberfläche. Die absorbierte Strahlung führt zur Erwärmung der Atmosphäre und damit zu langwelliger Wärmeausstrahlung. Der Teil der Strahlung, der auf der Erdoberfläche ankommt, wird entweder von dieser absorbiert oder wieder reflektiert. Die reflektierte Strahlung wird teilweise wieder in der Atmosphäre absorbiert oder reflektiert. Der dort reflektierte Anteil wird als Gegenstrahlung bezeichnet. Der absorbierte Anteil erwärmt die Erdoberfläche. Dadurch kann diese langwellige Wärmestrahlung abgeben, welche von den in der Atmosphäre enthaltenen Gasen wie CO2, Methan oder Wasserdampf reflektiert wird. Die verschiedenen Gase können jeweils Strahlung mit einer bestimmten Wellenlänge besonders gut absorbieren. Welche Bereiche dies sind zeigt Abbildung 2. Abbildung 2: Absorptionsbanden wichtiger Treibhausgase (Latif 2009) 4 Die Bereiche der optimalen Absorption werden als Absorptionsbanden bezeichnet. Auffällig ist, dass Wasserdampf die breitesten Absorptionsbanden aufweist. Kohlendioxid hat zwar nur schmale Absorptionsbanden, diese fallen aber teilweise in die durchlässigen Fenster der Wasserdampfabsorption. Daneben wird die kurzwellige Strahlung des sichtbaren Lichts weniger gut von den Gasen absorbiert, als die langwellige Wärmestrahlung, die von der Erdoberfläche emittiert wird. Aus diesem Unterschied resultiert der natürliche Treibhauseffekt. Daraus folgt, dass eine Veränderung im Gasgemenge der Atmosphäre eine Veränderung des Klimas bewirken kann. Zur Verdeutlichung: eine Verdopplung der CO2-Konzentration entspricht vom Energiegewinn her betrachtet, einer Erhöhung der Strahlung um 4W/m². Daraus folgt auch die immense Erwärmung, die durch CO2 möglich ist. Nach Schätzung wird diese 2-4,5°C bis zum Jahr 2100 ausmachen. Dies würde einen Anstieg des Meeresspiegels um 20-50cm ausmachen. (Barry & Chorley 2010) Abbildung 3: Abkühlung und Erwärmung der Atmosphäre durch Strahlung sowie Temperaturprofil der Atmosphäre mit der Höhe (Roedel 2011) Weiterhin soll der Begriff der Strahlungskühlung eingeführt werden. Dieser bezeichnet die Abkühlung eines Mediums durch seine Ausstrahlung. Abbildung 3 zeigt die Erwärmung, bzw. Abkühlung der Atmosphäre durch Strahlung sowie das daraus resultierende Temperaturprofil mit der Höhe. Auf der Ordinate ist die Höhe aufgetragen, auf der Abszisse die Veränderung der Temperatur pro Tag, bzw. die absolute Temperatur auf dem rechten Teil der Grafik. Ausschlaggebend für die Strahlungskühlung ist der Wasserdampfgehalt der Luft. Dieser ist wiederum stark von der Temperatur abhängig. Daraus resultiert das Maximum zwischen 6 und 10 Kilometern Höhe. Ist der Wasserdampfgehalt hoch, wird Strahlung schon nach kurzer Strecke wieder absorbiert. Zu einem späteren Zeitpunkt reemittieren die Wassermoleküle die Strahlung wieder. Je weniger dicht die Atmosphäre und je geringer der Wasserdampfgehalt, desto länger ist 5 die Strecke bis zum nächsten Molekül. Am oberen Rand der Atmosphäre kann die Strahlung dann ungehindert in den Weltraum gelangen. Anders ausgedrückt, kann bis zu einer Höhe von 8 Kilometern (in den mittleren Breiten) kaum Strahlung im Spektralbereich der Wasserdampfabsorption entweichen. In größeren Höhen kann auch Strahlung in diesem Bereich entweichen. Dieses Höhenprofil ist insbesondere für die Erläuterung der Temperaturgradientenrückkopplung unter Punkt 3.4 von Bedeutung. 3 Schnelle Rückkopplungen 3.1 Wasserdampfrückkopplung Grundsätzlich gilt, dass die Feuchtekapazität von Luft mit zunehmender Temperatur steigt. Zudem führt eine Erwärmung zu erhöhten Verdunstungsraten (vorausgesetzt, es ist genügend Feuchtigkeit verfügbar). Eine Erwärmung der Atmosphäre führt also zu mehr Wasserdampf in der Luft. Nun ist Wasserdampf eines der wirksamsten Treibhausgase. Das H2O-Mokeül besitzt starke Absorptionsbanden im Infrarotbereich. Ein höherer Wasserdampfgehalt der Luft führt also zu einem verstärkten Treibhauseffekt und damit zu einer weiteren Erwärmung der Troposphäre. Die Wasserdampfrückkopplung ist eine der wenigen, die bereits gut genug erforscht wurde, um Aussagen über deren Wirkung machen zu können. Tatsächlich zeigen Modelle, in denen die Wasserdampfrückkopplung eingearbeitet ist, eine doppelt so hohe Klimaerwärmung also solche, die mit festen Feuchtewerten arbeiten. (Houghton 2009) In absoluten Zahlen wird bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration von einer zusätzlichen Wärmeaufnahme von 3,7W/m² angenommen. Die Wasserdampfrückkopplung sorgt für einen weiteren Energiegewinn von 1,9W/m². Bei dieser intensiven Verstärkung, kann die Wasserdampfrückkopplung als die wichtigste angesehen werden. Zudem ist eine schnelle Änderung (schon innerhalb eines Tages) der Luftfeuchte möglich. Die Rückkopplung kann also sehr schnell ausgelöst werden, auch wenn einzelne Temperaturspitzen nicht dazu in der Lage sind. (Roedel 2011) 3.2 Eis-Albedo-Rückkopplung Der Effekt der Eis-Albedo-Rückkopplung beruht darauf, dass die Albedo von Wasser von dessen Aggregatszustand abhängt. „Albedo“ bezeichnet das Verhältnis zwischen einfallender und reflektierter Strahlung. Die planetare Albedo kann sich zumindest lokal sehr schnell ändern. Ein Schneefall als Beispiel lässt die Albedo innerhalb von Stunden ansteigen. (Barry & Chorley 2010) Wie in Tabelle 1 nachzulesen ist, ist die Albedo von Eis und Schnee höher als jene von flüssigem Wasser (zumindest bei steilem Strahlungseinfall), Gestein, Wald oder Boden. Schmelzen das Eis und der Schnee durch eine erhöhte Wärmezufuhr, werden eben diese Oberflächen mit einer niedrigen Albedo freigelegt. Diese absorbieren mehr 6 Strahlung und erwärmen sich dadurch stärker als das Eis oder der Schnee. Die Erwärmung führt wiederum zu verstärktem Abschmelzen und damit zu erneuter Freilegung von dunklen Flächen. Die Rückkopplung funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Schmilzt durch verringerte Wärmezufuhr weniger Eis, bleibt eine größere Fläche mit hoher Albedo zurück. Dadurch erhöht sich die Reflektion der einfallenden Strahlung in das Weltall, die Erdoberfläche erwärmt sich weniger und mehr Eis überdauert den Sommer. (Hupfer & Kuttler 2006) Die Eis-Albedo-Rückkopplung zählt zu den am besten erforschten und quantifizierbaren Rückkopplungen. Bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration führt sie zu einer zusätzlichen Energieaufnahme von +0,3W/m². (Roedel 2011) Tabelle 1: Die Albedo ausgewählter Oberflächen in Prozent (nach Schönwiese 2008) Oberfläche Neuschnee Altschnee Gletscher Meereis Wasser bei hochstehender Sonne Wasser bei tiefstehender Sonne Gestein Tropischer Regenwald Nadelwald Steppe Sandboden Braunerde Albedo in Prozent 75-95 40-70 20-45 30-40 5-10 50-80 10-40 10-20 5-12 20-30 20-40 5-10 3.3 Wolken-Strahlung-Rückkopplung Bei dieser Rückkopplung ist noch nicht mit Sicherheit geklärt, welche Größenordnung sie hat und auch die Richtung ist noch nicht bekannt. Wolken wirken in zweierlei Hinsicht auf den Strahlungshaushalt ein. Zum einen streuen sie solare Einstrahlung zurück ins Weltall, was die Energiezufuhr reduziert. Zum anderen absorbieren und reemittieren sie die terrestrische Infrarot-Abstrahlung, halten also Wärmeenergie zurück. Je nach dem welcher Effekt stärker ausgeprägt ist, fällt also der Einfluss auf den Strahlungshaushalt anders aus. Das Verhalten der Wolken hängt stark von ihrer Temperatur und ihrer Höhe ab. Zudem spielen ihre optischen Eigenschaften, also wie stark Strahlungen mit bestimmten Wellenlängen reflektiert, bzw. absorbiert werden, eine wichtige Rolle. Die optischen Eigenschaften werden davon bestimmt, in welchem Aggregatszustand und in welcher Menge Wasser in der Wolke vorliegt. Zudem spielen die Dicke der Wolke und Größe der einzelnen Partikel eine Rolle. Im Übrigen können Aerosole als Kondensationskeime zur Bildung von größeren Tropfen beitragen, welche die planetare Albedo erhöhen. 7 Im Allgemeinen reflektieren tiefe Wolken stärker, tragen also eher zu einer Abkühlung der Atmosphäre und der Erde bei. Hohe Wolken isolieren dagegen stärker. Abbildung 4 zeigt den Einfluss von Wolken auf den Strahlungshaushalt in der Zeitspanne von März 2000 Februar 2001. Über Trockengebieten wie der Sahara oder Australien ergibt sich ein erhöhter Strahlungseintrag. Das gleiche gilt für die Polargebiete. Eine Verringerung der Einstrahlung ergibt sich über den Polarmeeren und für einige Zonen in Küstennähe der großen Kontinente. Abbildung 4: Manipulation der Solarstrahlung durch Wolken (Houghton 2009) Houghton (2009) listet die Ergebnisse von Modellen auf, die für die Veränderung der globalen Temperatur auf der Basis von unterschiedlichen Annahmen für die Veränderung von Treibhausgasen und Wolken erstellt wurden. Die Spannbreite reicht von einer Erwärmung um 4°C bis zu einer Abkühlung um -32°C. Schon eine Temperaturveränderung um wenige Grad kann bereits tiefgreifende Folgen haben. Deshalb ist es auch so wichtig, Rückkopplungen quantifizieren zu können, um das zukünftige Klima vorherzusagen. 3.4 Temperaturgradientenrückkopplung Der vertikale Temperaturgradient der Atmosphäre steht im Zusammenhang mit einem der wenigen negativen Rückkopplungsmechanismen. Von dem Gradienten hängt ab, in welchem Verhältnis die Bodentemperatur und die Höhe, in der die Atmosphäre für Infrarot-Strahlung transparent wird, zueinander stehen. Zudem ist der Temperaturgradient ausschlaggebend für die Stabilität der Schichtung. Bei dem aktuellen 8 Zustand der Atmosphäre kommt es in der Troposphäre zum Austausch der Luftmassen durch Konvektion. Darüber ist die Schichtung dagegen stabil, da die Stratosphäre wärmer ist als die Tropopause und daher kaum Konvektion stattfinden kann. Folglich kann auch kaum Wasserdampf und damit auch keine latente Wärme in die Stratosphäre gelangen. Für die Entwicklung des Temperaturgradienten im Laufe einer Klimaerwärmung wären zwei Szenarien möglich: Im ersten Fall ändert sich der Temperaturgradient bei einer Klimaänderung nicht. Die Änderung der Temperatur in der Höhe zT (in der die Atmosphäre für die Infrarotabstrahlung der Erdoberfläche transparent wird) entspricht also der Änderung der Temperatur am Boden. An der Stabilität der Schichtung ändert sich nichts. Durch eine Anhebung von zT kann jedoch weniger Infrarot-Strahlung in das Weltall entweichen. Im zweiten Fall verändert sich die Temperatur in der Höhe zT nicht parallel zu jener am Boden. Infolgedessen verändert sich der Temperaturgradient. Der Zusammenhang zwischen der Temperatur am Boden und der Temperatur in der Höhe zT löst sich auf. Aktuelle Klimamodellierungen liefern das Ergebnis, dass sich die Temperatur in der Höhe zT stärker verändert als die Temperatur an der Erdoberfläche, also das zweite Szenario eintritt. Durch eine mögliche Klimaveränderung ergibt sich also eine labilere Schichtung der Atmosphäre und damit stärkere Durchmischungsvorgänge, die die Veränderungen wieder ausgleichen. Die Höhe zT verändert ihre Lage nicht, wodurch auch der Strahlungsantrieb stabil bleibt. Der vertikale Temperaturgradient hängt stark vom Freiwerden latenter Wärme ab. Also von Wärme die bei der Aggregatszustandsänderung von Wasser frei wird, bzw. gebunden wird. Dadurch erklärt sich auch der starke Zusammenhang zwischen der Rückkopplung durch den Temperaturgradienten und derer durch Wasserdampf. Tatsächlich lassen sich beide Mechanismen zusammen besser quantifizieren als einer der beiden einzeln. Für die Temperaturgradientenrückkopplung wird eine Verminderung der Energieaufnahme um 0,2-0,8 W/m² erwartet. (Roedel 2011) 4 Langsame Rückkopplungen 4.1 Biosphäre Eine Änderung des Klimas verändert auch die Ausbreitung und Ausprägung von Vegetation, die Vegetation beeinflusst wiederum das Klima. Direkt wird das Klima vor allem lokal durch den Eingriff in den Wasserhaushalt beeinflusst. Im Vergleich zu vegetationsfreien Flächen erhöht sich die potentielle Evapotranspiration durch die vergrößerte Oberfläche. Durch den erhöhten Feuchtegehalt in der Luft kann es zu vermehrtem Niederschlag kommen. Zudem nutzen Pflanzen Wasser und verändern so den Abfluss. Des Weiteren kann sich die Vegetation auf den Strahlungshaushalt 9 auswirken und so das Klima indirekt verändern. Zum einen nehmen Pflanzen CO2 auf, was die Ausprägung des Treibhauseffektes beeinflusst. Zum anderen kann die Albedo erhöht oder gesenkt werden, je nachdem, ob die Vegetation dunkler oder heller ist als die vor bzw. nach der Besiedelung freiliegende Oberfläche. Jedoch ist noch nicht klar, ob sich die Biosphärenrückkopplung dämpfend oder verstärkend auswirkt und welche Größenordnung diese Wirkung hätte. Eine Schätzung wird lediglich für die Zeitspanne abgeben, die es benötigt damit die Wirkung spürbar wird: mehrere tausende Jahre. Damit zählt die Biosphäre zu den sehr langsamen Rückkopplungen. (Roedel 2011) 4.2 Boden-Emissionen Ein wärmeres Klima führt zur Freisetzung von Methan aus Böden. Dies gilt vor allem für die Permafrostgebiete, in denen Stoffwechselprozesse beschleunigt ablaufen können, wenn sie auftauen. Diese werden unter Punkt 5.13 näher behandelt. Weiterhin sind sehr nasse Böden, insbesondere Moore für das Klima von Bedeutung. Weltweit sind 400 Millionen Hektar mit Mooren bedeckt, damit machen sie circa 3% der Landoberfläche aus. Das Milieu in den Mooren ist sowohl nähr- und sauerstoffarm, als auch sauer. Absterbende Biomasse wird dadurch wesentlich langsamer und auf andere Weise zersetzt als in trockeneren Gebieten. Durch die Konservierung von Pflanzenteilen stellen Moore Kohlenstoffsenken dar. Global werden 450-500Gt Kohlenstoff in Mooren gespeichert. (Trepel 2008) Jedoch befinden sich im Moorboden Mikroorganismen, die die Biomasse unter Sauerstoffabschluss verwerten und dabei Methan freisetzen. Dieses steigt im Boden bzw. im Wasser nach oben. Während seines Aufstieges wird das Methan von anderen Mikroorganismen genutzt und zu Kohlendioxid und Wasser umgebaut. So kommt es, dass aus dem Wasser selbst kaum Methan entweichen kann. Jedoch zeigen neuere Forschungen, dass bestimmte Moorpflanzen, speziell Seggen, Methan über ihre Wurzeln aufnehmen und über ihre grünen Pflanzenteile über dem Wasserspiegel direkt an die Atmosphäre abgeben. Auf diese Weise emittiert ein Moor pro Tag und Quadratmeter 0,3g Methan. Dies gilt nicht für Tage, in denen die Mooroberfläche gefroren oder mit Schnee bedeckt ist. Laut Schätzungen gelangen auf diese Weise 95% des gebildeten Methans direkt in die Atmosphäre. Daher scheint es, als könnte durch die Austrocknung von Mooren kaum zusätzliches Methan entweichen. Über Bodenproben soll nun genauer untersucht werden, wie genau der Kohlenstoffkreislauf in den Mooren abläuft. Jedoch ist klar, dass große Mengen Kohlenstoff in der verbleibenden Biomasse gespeichert sind. Fallen die Moore durch eine Klimaerwärmung trocken, würde dieser Kohlenstoff wieder frei werden. Daher gilt nach wie vor, dass der Umgang mit Mooren das Klima beeinflussen kann. (Rüegg 2010) 10 4.3 Ozeanisches Kohlenstoffbudget Die Weltmeere sind die größte Kohlenstoffsenke. Aktuell sind darin 28.000 Gt Kohlenstoff gespeichert. Das ist fünfzig Mal mehr als in der Atmosphäre und zwanzig Mal mehr als in der Biosphäre und in Böden. (Latif 2009) Durch die mit einer Klimaveränderung einhergehenden Temperaturänderung, verändert sich das Verhältnis zwischen Aufnahme und Abgabe von CO2 im Ozeanwasser. Warmes Wasser kann weniger CO2 speichern als kaltes. Folglich führt eine Erwärmung der Ozeane zu einer geringeren Aufnahme bzw. zur Abgabe von CO2 an die Luft. Dort bewirkt es durch die Absorption von langwelliger Wärmestrahlung eine weitere Erwärmung, die wiederum zu einer weiteren Entgasung führen kann. Allerdings ist es möglich, dass trotz wärmerem Wasser mehr Kohlendioxid in den Meeren aufgenommen wird. An der Wasseroberfläche findet ein Stoffaustausch mit der Atmosphäre statt, der zu einem Ausgleich der Konzentrationen tendiert. Ist in der Atmosphäre mehr Kohlendioxid vorhanden als im Ozean, löst sich ein Teil davon im Wasser - vorausgesetzt, die Temperatur und die Ozeanchemie lassen dies noch zu. Durch die zusätzliche Aufnahme von Kohlendioxid kann es zur Versauerung von Ozeanen kommen. Der pH-Wert des Wassers beeinflusst die darin siedelnden Pflanzen und Tiere. Insbesondere Kleintiere, die eine Kalkschale ausbilden leiden darunter. Die Biomasse hat wiederum selbst Einfluss auf das gelöste Kohlendioxid. Tiere stoßen selbst welches aus, Algen verbrauchen es dagegen wieder. (Barry Chorley 2010) 4.4 Ozeanischer Temperaturpuffer Zunächst haben die Ozeane einen Einfluss auf das Klima, weil die Verdunstung aus ihnen die größte Feuchtequelle darstellt. Die Verdunstung führt auch zum Transport von latenter Wärme. Die aus den Ozeanen stammende latente Wärme ist die größte Wärmequelle für die Atmosphäre. Diese wirkt wiederum über Windbewegungen auf die Ozeane ein. Obwohl der Impulsübertrag nur an der Wasseroberfläche stattfinden kann, so sind Windsysteme doch der wichtigste Antrieb für Meeresströmungen. Auch besitzen die Ozeane eine wesentlich höhere Wärmespeicherkapazität, als die Atmosphäre oder die Landoberflächen. Daraus resultiert die träge Temperaturveränderung bei der Veränderung von äußeren Einflüssen. Aufgrund dessen wird auch die Temperaturamplitude von küstennahen Landoberflächen und den darüber liegenden Luftschichten gedämpft. Weiterhin transportieren die Meeresströmungen Wärmeenergie auf globaler Ebene und sorgen so für Temperaturausgleich, was sich im Besonderen auf Lokalklimate auswirkt. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Die Energiezufuhr, die der Nordatlantik zwischen Nordwesteuropa und Island durch den Golfstrom erhält, entspricht derer durch die Solare Einstrahlung. Die Ozeane beeinflussen das Klima also maßgeblich. Rückkopplungseffekte können entstehen, wenn beispielsweise der Energieaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre durch Eisflächen gestört wird oder 11 die Zirkulation modifiziert bzw. gestoppt wird. Zudem kann es zu einem rapiden Anstieg der Temperatur in der Atmosphäre kommen, wenn die Ozeane die Temperaturveränderung nicht mehr schnell genug abfangen können. (Houghton 2009) 5 Kippelemente 5.1 Marines Methanhydrat An den Kontinentalschelfen und in den Sedimenten an den Kontinentalhängen lagern Vorkommen von Methanhydrat, die auf 1.000 10.000PgC geschätzt werden. (1 PgC = 1Gigatonne Kohlenstoff.) Dies entspricht der Kohlenstoffmenge, die in den bekannten Lagerstätten von fossilen Energieträgern enthalten sind. Methanhydrat ist nur unter bestimmten Temperatur- und Druckverhältnissen stabil. Diese Verhältnisse sind ab einer Meerestiefe von 300-700 Metern zu finden. Das genaue Zusammenspiel zwischen Temperatur und dem von der Meerestiefe abhängigen Druck ist auf Abbildung 5 zu sehen. Auf der Ordinate ist die Wassertiefe in Kilometern angegeben. Pro Kilometer Wassersäule nimmt der Druck um 100bar zu. Dazu kommt ein bar Atmosphärendruck. Auf der Abszisse ist die Temperatur in °C aufgetragen. Der Verlauf der Stabilitätsgrenze zeigt, dass bei einer erhöhten Temperatur, Methanhydrat nur noch in größeren Tiefen stabil bleibt. Abbildung 5: Temperatur- und Druckverhältnisse bei stabilem Methanhydrat (Latif 2009) Es wird davon ausgegangen, dass ein Anstieg der globalen Temperatur zur Exhalation des Methans führt, da sich langfristig die Druck- und Temperaturverhältnisse im Bereich der Lagerstätten verändern. Ein kritischer Temperaturwert konnte bisher noch nicht 12 ermittelt werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass der zeitliche Rahmen dieses 5 Kippelementes bei 10³-10 Jahren liegt. Eine Exhalation des Methans hätte gravierende Folgen, da es ein starkes Treibhausgas ist. Gelangt es in die Atmosphäre, kommt es durch den verstärkten Treibhauseffekt zu weiterer Erwärmung und diese wiederum zu weiterem Ausgasen des Methans. Ein weiteres Problem ist, dass ein Verlust des Methanhydrats möglicherweise zur Destabilisierung der Kontinentalhänge führt. Die dadurch ausgelösten Rutschungen können Tsunamis mit weitreichenden Folgen verursachen. (Lenton et. al. 2008) 5.2 Mariner Sauerstoffgehalt In der Erdgeschichte kam es mehrfach zu Massenaussterben in den Ozeanen. Diese wurden durch Sauerstoffmangel, Erwärmung und Versauerung der Ozeane verursacht. Als plausibles Kippelement wird aktuell vor allem der Sauerstoffgehalt gehandelt. Untersucht wird eine positive Rückkopplung zwischen Sauerstoffmangel, dem Verbrauch von Phosphor aus Sedimenten und der ozeanischen Biomasseproduktion. Simulationen kommen zu unterschiedlichen Resultaten, was das Ergebnis der Rückkopplung betrifft. Einige gehen von einer Bistabilität aus, wobei der Ozean zwischen sauerstoffgesättigten und sauerstoffarmen Phasen pendelt. Neben der Temperaturerhöhung wurde auch ein weiterer Faktor anthropogen verstärkt: durch die Landwirtschaft gelangen erhebliche Mengen Phosphor in die Meere. Dies führt zu starken Algenblüten, welche eine stärkere Ansiedelung von Tieren möglich macht. Diese verbrauchen immense Mengen an Sauerstoff. Der Verbrauch kann so hoch sein, dass anoxische Bedingungen herbeigeführt werden. In diesem Fall stirbt die Biomasse ab. Ohne diese Verbraucher kann sich wiederum Sauerstoff aus der Atmosphäre im Wasser anreichern. Ab einer gewissen Konzentration können dann wieder Algen wachsen, die wiederum Sauerstoff produzieren. Sollte der Phosphorgehalt auf gleichem Niveau oder höher liegen, beginnt der Prozess wieder von vorne. Zu Beginn würde dieser Prozess in den lichtdurchfluteten Flach- und Schelfmeeren greifen. Damit die Tiefsee anoxisch wird, müsste extrem viel Phosphor aus den Sedimenten freiwerden (20% mehr als aktuell). Dieser Vorgang würde 4 10 Jahre in Anspruch nehmen. Die Sauerstoffverarmung und damit das Absterben von Flora und Fauna der Küstengewässer fällt möglicherweise noch in die „ethical time“. (Lenton et. al. 2011) 5.3 Thermohaline Zirkulation Wie der Name bereits impliziert, wird die Thermohaline Zirkulation hauptsächlich von Unterschieden von Wärme- und Salzgehalt angetrieben. Grundsätzlich ist kaltes, salzreiches Wasser dichter als warmes, salzarmes. In Äquatornähe ist die solare Einstrahlung sehr hoch, wodurch viel Wasser verdunstet, das Salz bleibt dabei zurück. Mit der globalen Zirkulation gelangt dieses Wasser in höhere Breiten, wo es seine Wärmeenergie an die Umgebung abgibt. Der Salzgehalt bleibt aber 13 gleich. Wenn das Wasser weit genug nach Norden (bzw. nach Süden auf der Südhemisphäre) gelangt ist, ist es dichter als das umgebende Wasser und sinkt ab. Dieses Absinken wird als Tiefenwasserbildung bezeichnet. Weiterhin wird die Zirkulation von Wind, der Corioliskraft und der Form der Meeresbecken angetrieben bzw. gelenkt. Auf Abbildung 6 ist die Zirkulation in globalem Maßstab zu sehen. Sie tauscht den kompletten globalen Wasservorrat aus. Ein kompletter Zyklusdurchlauf dauert mehrere hundert bis tausend Jahre. Einige Bereiche werden schneller durchmischt als andere, wie z.B. das Tiefseewasser. Die roten Linien in der Grafik kennzeichnen warme Strömungen, die blauen kalte. Die gelben Punkte zeigen die Orte der Tiefenwasserbildung an. Abbildung 6: Globaler Verlauf der Thermohalinen Zirkulation (Latif 2009) Dies ist der aktuelle Zustand der globalen Zirkulation. Allerdings kann diese durch unterschiedliche Prozesse moduliert werden. Insbesondere Temperaturschwankungen können die Druckverhältnisse verändern. Durch höhere Temperaturen in den hohen Breiten schmelzen die dortigen Eismassen. Gelangt das Schmelzwasser in die Ozeane führt dies zu ihrem Aussüßen, was eine Verlangsamung oder auch einen Stillstand der Zirkulation verursachen kann. Umgekehrt kann eine verstärkte Eisakkumulation zu einem höheren Salzgehalt und damit zu einer Beschleunigung der Thermohalinen Zirkulation führen. (Latif 2009) Prinzipiell können drei verschiedene Zustände der Thermohalinen Zirkulation unterschieden werden. Aktuell befindet sie sich im Warmzeitmodus. Dieser ist recht stabil. Auf der Nordhemisphäre befinden sich die Zonen der Tiefenwasserbildung bei Grönland und Labrador. Im Kaltzeitmodus ist diese Zone weiter im Süden, bereits bei Island zu finden. Da die Zirkulation in diesem Modus wesentlich schwächer ist, gelangt weniger Wärmeenergie nach Europa. Zwischen diesen beiden Modi pendelte die Thermohaline Zirkulation im Pleistozän 24 Mal hin und her. Diese Schwankungen werden als Dansgaard-Oeschger-Zyklen bezeichnet. Sie haben eine Periode von ca. 1500 Jahren. Ferner gibt es einen dritten Zustand: Der Kaltzeitliche Stillstandsmodus. Wie oben bereits beschrieben, können größere Schmelzereignisse in den hohen Breiten zu 14 großem Eintrag von Süßwasser in die Ozeane und damit zu einer Abschwächung des Antriebs führen. Ist eines dieser Ereignisse stark genug, kann die Zirkulation sogar völlig zum Erliegen kommen. Auf diese Weise kam es in der Erdgeschichte mehrfach zu starken Abkühlungen am Ende von Kaltzeiten. Diese werden als Heinrich-Ereignisse bezeichnet. Der Kaltzeitliche Stillstandsmodus ist jedoch sehr instabil. Denn wenn nur wenig Wärmeenergie in die hohen Breiten transportiert wird, kann mehr Eis akkumulieren, was wiederum zur Versalzung der Meere beiträgt. Es handelt sich hier also um ein Kippelement, das den ursprünglichen Antrieb kompensiert ober auch überkompensiert. (Huper & Kuttler 2006) Das Kippelement scheint bei einer Zunahme der Frischwasserzufuhr um 0,1-0,5 Sv angestoßen zu werden. Dafür wäre eine globale Erwärmung von 3-5°C notwendig. Bis der nächste Modus erreicht ist dauert es 100 Jahre. Sv ist die Abkürzung für die Einheit 6 Sverdrup. Ein Sverdrup entspricht einem Durchfluss pro Sekunde von 10 m³. (Lenton et. al. 2011) 5.4 ENSO Abbildung 7: Schema der Walkerzirkulation Abbildung 8: Schema der Zirkulation bei El Niño (Roedel 2011) (Roedel 2011) Die El Niño Southern Oscillation zählt zu den Fernwirkungen bzw. Telekonnektionen. Diese werden durch Zirkulationsprozesse in der Atmosphäre und in den Ozeanen ausgelöst. Die Zirkulation wird wiederum durch Druck- und Temperaturgradienten angetrieben. El Niño stellt eine Umkehrung der Walkerzirkulation dar, welche ein zonaler Ausläufer der Hadleyzirkulation ist und auf Abbildung 7 schematisiert wird. Bei der normalen Walkerzirkulation ist die Meeresoberflächentemperatur in Südostasien hoch, was zu aufsteigenden Luftmassen führt. An der Westküste Südamerikas ist die Oberflächentemperatur dagegen geringer, die Luftmassen sinken ab. Durch die Ausgleichsströmungen entsteht eine Zirkulation. Der Aufstieg der Luft führt zu deren Abkühlung, ein Teil der Luftfeuchte kondensiert und geht als Niederschlag ab. Die absteigenden Luftmassen können dagegen noch Feuchtigkeit aufnehmen, daher 15 herrschen im Küstenbereich Südamerikas trockene Verhältnisse. Die Winde treiben das Oberflächenwasser des Pazifiks vor sich her. Dadurch staut sich vor Australien und Südostasien warmes Oberflächenwasser. An der Westküste Südamerikas kommt dagegen kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche. Dieser Prozess wird als Upwelling bezeichnet. Durch Verschiebungen in den antreibenden Windsystemen kann sich die Walkerzirkulation umkehren, dann spricht man von einem El Niño. Dieser Zustand ist auf Abbildung 8 zu sehen. Schwächere Umkehrungsphasen von kurzer Dauer sind im Dezember normal. Alle 3-5 Jahre ist die Umkehrung jedoch so ausgeprägt, dass sie bis zu einem Jahr andauert. (Houghton 1997) Der absteigende Ast der Zirkulation befindet sich nun über Südostasien, was dort für trockene Verhältnisse sorgt. In Südamerika befindet sich der aufsteigende Ast, dadurch entstehen dort Starkregenereignisse. El Niño beeinflusst das Klima nicht nur regional, sondern hat auch globale Auswirkungen, welche auf Abbildung 9 dargestellt sind. Während in einigen Teilen, wie zum Beispiel Südafrika und Australien Dürren herrschen, kann es in anderen Bereichen, wie im Westen der USA zu Starkregenereignissen und damit zu Überschwemmungen kommen. Nach einem El Niño-Ereignis stellt sich meist das Gegenstück dazu ein, das als La Nina bezeichnet wird. Dieser Zustand entspricht einer verstärkten und kühleren WalkerZirkulation und hat weniger gravierende Folgen. (Caviedes 2005) Abbildung 9: Auswirkungen von El Niño auf Lokalklimate (Houghton 1997) 16 Abbildung 10 zeigt die Oberflächentemperaturen für die drei Zirkulationsformen. Im Dezember 1998 lag eine La Nina Phase vor. Zu sehen ist hier ein verstärktes Upwelling vor der Westküste Südamerikas. Im Dezember 1996 konnte die normale Walkerzirkulation mit einer moderaten Temperaturverteilung beobachtet werden. Im Dezember 1997 fand ein starkes El Niño-Ereignis statt. Warmes Oberflächenwasser gelangte bis zur Westküste von Süd- und Mittelamerika. Das Feld der wärmsten Temperatur, das sich in allen drei Phasen im Bereich Australiens befindet, ist hier am kleinsten. Abbildung 10: Ozeanoberflächentemperatur bei La Nina, Walkerzirkulation und El Niño (Latif 2009) Durch eine Klimaerwärmung soll El Niño immer häufiger werden und schließlich den Dauerzustand darstellen. Dadurch gäbe es sowohl Auswirkungen auf Meeresströmungen als auch auf zahlreiche Lokalklimate. Dies würde wiederum weitreichende Veränderungen in der Verbreitung und Ausprägung von Flora und Fauna haben, was auch die Nutzung durch den Menschen beeinträchtigen könnte. Jedoch nahm die Häufigkeit der El Niño Ereignisse in den letzten Jahren ab. Daher ist nicht auszuschließen, dass es sich hier um eine langfristige, natürliche Schwankung handelt. Ein Schwellenwert für ein mögliches Kippen der ENSO konnte bisher nicht ausgemacht werden. Jedoch scheint eine globale Erwärmung um 3-6°C den Ausschlag zu geben. Der Übergang zu einem dauerhaften El Niño würde 100 Jahre dauern. (Lenton et. al. 2011) 17 5.5 Indischer Sommermonsun Der Indische Sommermonsun wird von dem Druckgradient zwischen Land- und Ozeanfläche angetrieben. Folglich beeinflusst jede Druckänderung den Monsun. Zusätzlich wird er durch die Feuchte, die er vom Indischen Ozean aufnimmt verstärkt. Eine durch eine erhöhte CO2-Konzentration verursachte Klimaerwärmung, die über den Kontinenten und auf der Nordhalbkugel stärker ausfällt, verstärkt den Monsun und damit auch die Niederschläge über Indien. Das Gegenteil ist bei einer Erhöhung der Albedo im Bereich des indischen Kontinents der Fall. Dies kann entweder durch eine höhere Aerosolkonzentration in der Atmosphäre oder durch anthropogene Landnutzungsänderungen hervorgerufen werden. In Modellen bricht der Monsun gänzlich zusammen, wenn die Albedo 0,5 überschreitet. Der Zusammenbruch des Monsuns führt zu Dürren in Indien und damit zu einer geringeren CO2-Speicherkapazität der Vegetation und Böden. Eine Reaktion des Strömungssystems kann in weniger als einem Jahr erfolgen. Welche globale Erwärmung zum Eintritt der Reaktion nötig ist, ist jedoch nicht bekannt. In den Simulationen kann noch nicht zuverlässig errechnet werden, wie sich der Monsun in Zukunft entwickelt, da nicht alle Parameter komplett erfasst wurden. Dies betrifft vor allem die Landnutzung und die Luftverschmutzung. Das IPCC geht von aus, dass sich der Monsun in diesem Jahrhundert nicht wesentlich verändert. Lediglich eine Abschwächung durch Aerosole bzw. eine Verstärkung der jahreszeitlichen Niederschlagsvariabilität durch einen ausgeprägteren Treibhauseffekt wird bestätigt. Andere Studien zeigen jedoch, dass der Monsun in eine Bistabilität verfällt. Phasen in denen der Monsun chaotisch oszilliert wechseln mit Phasen, in denen kaum Schwankungen vorhanden sind. (Lenton et. al. 2011) 5.6 Westafrikanischer Monsun Der Westafrikanische Monsun wird von der Temperatur der Ozeanoberflächen beeinflusst, insbesondere vom Temperaturgradient zwischen den Hemisphären. Eine Erwärmung würde zur Intensivierung des Gradienten und damit zu einer Verstärkung des Monsuns führen. Diese wiederum würde den Niederschlag in Westafrika erhöhen. Aktuell herrscht jedoch Dürre in der Sahelzone. Diese wird auf die Abkühlung der nordhemisphärischen Ozeane durch Aerosole zurückgeführt. In zwei verschiedenen Simulationen zur Auswirkung der Klimaerwärmung in Westafrika bricht der Westafrikanische Monsun zusammen. Jedoch kommen die Simulationen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die daraus resultierenden Folgen betrifft. In einem Fall führt der Zusammenbruch zu einer Häufung von außergewöhnlich trockenen Jahren bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Im anderen Fall jedoch, würde die Sahelzone mehr Niederschlag erhalten. Verantwortlich für den Effekt soll ein vermehrter Zustrom von 18 feuchter Luft aus Westen sein. Voraussetzung dafür ist eine Erwärmung der Meeresoberfläche im Golf von Guinea um 3°C. Eine erhöhte CO2-Konzentration in der Luft kann die Ansiedelung von Vegetation in der Sahara unterstützen, da die Photosynthese effizienter ablaufen kann. Durch den höheren CO2-Gehalt in der Luft, reicht auch eine kurzzeitigere Öffnung der Stomata um eine ausreichende Menge des Gases aufnehmen zu können. Dies vermindert wiederum den Wasserverlust. Eine Ausbreitung von Grasland auf bis zu 45% der Gesamtfläche der Sahara wird für möglich gehalten. Zudem erfolgt diese sehr rapide. Pro Jahrzehnt können 10% der Sahara mit Vegetation bedeckt werden. Der Schwellenwert liegt bei 100mm Niederschlag bzw. bei einer globalen Erwärmung von 3-5°C. Ein Effekt der „grünen“ Sahara ist die erhöhte CO2-Speicherkapazität. Eine grüne Sahara wäre einer der raren Fälle, in denen der Klimawandel positive Effekte hätte. (Lenton et. al. 2011) 5.7 Der Amazonas-Regenwald Regenwald im Amazonas „recycelt“ einen großen Teil des anfallenden Niederschlags. Auf der großen Oberfläche der dichten Vegetation findet Verdunstung statt, zusätzlich transpirieren die Pflanzen. Die so erzeugte Luftfeuchte geht meist vor Ort als Niederschlag nieder. Es wird angenommen, dass eine Klimaerwärmung von 3-4°C zu einem Rückgang des Regenwaldes führt. Der Grund dafür sind länger El-Niño-Phasen, die im Amazonasbecken für Trockenheit sorgen. Fehlt die Vegetation sinkt die Verdunstungsrate um 20-30%. Zudem verlängern sich die Trockenperioden und die Sommertemperaturen steigen an. Unter diesen Umständen ist eine Erholung der Vegetation kaum möglich. Die Zeitspanne zwischen dem Beginn des Absterbens bis zum Beginn eines neuen Gleichgewichtszustands wird mit circa 50 Jahren angegeben. Jedoch gibt es auch Simulationen, deren Ergebnisse bei höherer Temperatur eine höhere Verdunstung und damit keinen Rückgang des Regenwaldes nahelegen. Unsicherheitsfaktoren für die Simulation stellen die Häufigkeit von Feuern und die anthropogene Umwandlung der Flächen dar. Tatsächlich wird der Landnutzung das Potential zugesprochen, den Regenwald an den kritischen Schwellenwert bringen zu können, nach dessen Überschreitung er sich nicht mehr erholen kann. Der klimatische Schwellenwert liegt bei 1100mm Niederschlag pro Jahr. (Lenton et. al. 2011) In den allen Wäldern der Erde werden 45% des terrestrischen Kohlenstoffs gespeichert. Pro Jahr nehmen sie ca. 2,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf. Dieser kann durch eine massive Störung von Vegetation und Böden wieder freigesetzt werden. Die globale Entwaldung (also in allen Vegetationszonen) trägt momentan 20% zur Emission von Treibhausgasen bei. Der Kohlenstoff aus der Vegetation wird frei, wenn diese verrottet oder verbrannt wird. Die Emission aus den Böden erfolgt insbesondere bei der späteren Bewirtschaftung. Der Treibhausgasausstoß ist vor allem in den tropischen Bereichen 19 ausgeprägt. In den 1990ern wurde durch Abholzung und Landnutzungsänderungen 1,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr ausgestoßen. Allerdings führt Abholzung allein noch nicht zu großskaligen Kohlenstoffemissionen. Wird das Holz zu Produkten verarbeitet und verrotten nicht, bleibt der Kohlenstoff gebunden. Doch gerade Brandrodung lässt große Mengen Kohlendioxid auf einen Schlag frei werden. Wird die Entwaldung weiterhin im gleichen Maßstab und auf die gleiche Art fortgesetzt, können bis zum Jahr 2100 87-130 Gt Kohlenstoffdioxid freigesetzt werden. (Gorte &Sheikh 2010) 5.8 Boreale Nadelwälder Das Ökosystem der Borealen Nadelwälder wird maßgeblich von drei Faktoren geprägt: Permafrost, Feuer und der speziellen Anpassung der Bäume. Bei einer dauerhaften Erwärmung der Wälder würde dieses System im Sommer unter Wasserstress und erhöhten Temperaturen leiden. Die angegriffene Vegetation reproduziert sich nur noch langsam und ist anfälliger für Schädlinge, Krankheiten und für Feuer. Zusammen führen die Effekte zum Rückgang der Borealen Wälder. An ihre Stelle treten offene Grasländer. Die Grasgesellschaften besitzen jedoch weniger Oberfläche als die Wälder. Dadurch kommt es zu geringeren potentiellen Evapotranspirationsraten. Zudem ist der Boden weniger vor Austrocknung geschützt. Durch die zunehmende Trockenheit können Feuer häufiger auftreten und größere Flächen beeinträchtigen. Dadurch würde der Rückgang der Borealen Nadelwälder weiter beschleunigt. Jedoch gibt es auch Simulationen, in denen eine Erhöhung der Kohlendioxidkonzentration bessere Wachstumsbedingungen schaffen würde. Durch die bessere Verfügbarkeit von Kohlendioxid geht bei der Photosynthese weniger Wasser verloren, da eine kürzere Öffnung der Stomata bereits ausreichend ist. Zudem soll mehr Tauwasser verfügbar sein. Weitere Studien kamen zu dem Ergebnis, das der Boreale Nadelwald ab 3-5°C globaler Erwärmung zurück geht. In den betreffenden Gebieten selbst würde dies eine Erwärmung um ca. 7°C bedeuten, da sich die höheren Breiten stärker erwärmen als die niedrigen. Die Übergangsphase zu einem neuen Gleichgewicht würde ca. 50 Jahre in Anspruch nehmen. (Lenton et. al. 2011) Zu beachten ist weiterhin, dass ca. 80% des Kohlenstoffs der Borealen Nadelwälder im Boden gespeichert sind. Durch Abholzung oder allgemeine anthropogene Nutzung kommt es zur Störung des Bodens, was diesen zur Freisetzung des Kohlenstoffs bewegen kann und eine weitere Rückkopplung zur Folge hätte. (Gorte &Sheikh 2010) 5.9 Meereis Im Falle des Meereises greift die Eis-Albedo-Rückkopplung, da die Wasserfläche unter dem Eis wesentlich dunkler ist als dieses selbst. Dies trifft auf alle in dieser Arbeit folgende Eis-Kippelemente zu und soll im Folgenden nicht mehr eigens erwähnt werden. 20 Abbildung 11 zeigt die Kryosphäre mit ihren Komponenten sowie deren Ausmaße und Reaktionszeiten. Abbildung 11: Die Kryosphäre mit ihren Komponenten, deren Größe und Reaktionszeiten (Latif 2009) 6 Global wird eine Fläche von 19-27 x 10 Quadratkilometern von Meereis bedeckt. Das 6 Volumen beträgt 0,019-0,025 x 10 Kubikkilometer. Damit hat es zwar nur einen geringen Anteil am Gesamteisvolumen, aber einen großen Anteil an der Gesamteisfläche, die ja gerade entscheiden für die Rückkopplung ist. (Latif 2009) Schmilzt das Meereis, führt dies nicht zu einem Anstieg des Meeresspiegels, da das Eis in seinem schwimmenden Zustand genauso viel Wasser verdrängt, wie es selbst Masse enthält. Aufgrund seiner geringen Dicke reagiert das Meereis schnell auf Temperaturveränderungen. Reaktionen sind schon nach Tagen zu erkennen. Der Übergang zu einem neuen Gleichgewichtszustand würde jedoch Jahrzehnte andauern. Ein komplettes Abschmelzen wird ab einer globalen Erwärmung von 0,5-2°C erwartet. (Lenton et. al. 2011) Ein weiterer Klimaeffekt des Meereises ist, dass es den Gasaustausch zwischen dem Ozeanwasser und der Atmosphäre unterbindet. Zudem hat Eis eine isolierende Wirkung, was auch den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre behindert. Tatsächlich ist es über Eisflächen kälter als über offenen Wasserflächen in dem gleichen Gebiet. Durch diesen Effekt verstärkt sich auch der globale Temperaturgradient, was wiederum zu stärkeren Westwinden führt. Auch Impulse durch Luftbewegung können nicht an die Wasseroberfläche weiter gegeben werden. Dies ist auch deswegen interessant, weil Meeresströmungen unter anderem von Wind angetrieben werden. Weiterhin wird die Ozeanzirkulation auch von Dichteunterschieden des Wassers angetrieben. Neben der Temperatur wird die Dichte auch vom Salzgehalt mitbestimmt. Dieser wird wiederum vom Auf- und Abbau von Meereis beeinflusst. Im Mittel besitzt Meerwasser einen Salzgehalt von 34‰, bei Meereis liegt er mit 5‰ wesentlich niedriger. Folglich führt eine erhöhte Eisakkumulation zur Erhöhung des Salzgehalts im Wasser. Dieses wird schwerer und sinkt ab. Die Meereisbildung kann also die Ozeanzirkulation beschleunigen. Dadurch 21 kann mehr Wärmeenergie in die Polregionen transportiert werden. Dieser Energiegewinn wird aber von der erhöhten Albedo abgeschwächt. Aktuell findet eher ein Rückgang des Meereises statt. Insbesondere in der Arktis. Dadurch gelangt vermehrt Süßwasser in die Ozeane, was zu einer Verringerung der Dichte und damit auch des Antriebs führt. Auch ein Zusammenbruch der Zirkulation ist möglich. Dadurch würde weniger Wärmeenergie in höhere Breiten transportiert, wodurch wieder mehr Eis akkumuliert würde. Es handelt sich hier also um einen dämpfenden Rückkopplungsprozess. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass Anomalien überkompensiert werden und das System bei einer Auslenkung zum jeweils anderen Extrem hin tendiert. (Latif 2009) 5.10 Antarktischer Eisschild 6 Der Antarktische Eisschild besitzt eine Fläche von 12,3x10 Quadratkilometern. Mit 6 24,7x10 Kubikkilometern macht er ca. 85% des Gesamteisvolumens aus. Das Abschmelzen des ganzen Schildes würde den Meeresspiegel um 56,6 Meter anheben. Wenn der Eisschild bei seiner Ausbreitung die Küste erreicht, schwimmt er innerhalb von geschützten Buchten auf der Wasserfläche auf. In diesem Zustand wird es als Schelfeis bezeichnet. In ungeschützten Bereichen kalbt das Eis sogleich und wird von den Meeresströmungen abtransportiert. Da das Eis aus Schnee akkumuliert wurde, handelt es sich um Süßwassereis. Schmilzt dieses, versüßt das Meerwasser, was zu einem Antriebsverlust der Ozeanzirkulation führt. Jedoch wird an der Unterseite der Schelfe neues Eis aus Meerwasser gebildet, wobei ein großer Teil des Salzes zurück bleibt. Das Verhalten der Eisschilde beeinflusst also die Ozeanzirkulation. (Latif 2009) Als eigentliches Kippelement gilt der Westantarktische Eisschild. Dieser liegt zu großen Teilen unter der Meeresoberfläche und ist daher besonders anfällig. Durch veränderte Bewegungen des Ozeans kann er vom Festland abgetrennt werden. Auf diese Weise können plötzlich große Mengen Meereis entstehen, die wiederum die Ozeanzirkulation und das Klima beeinflussen können. Der Schwellenwert dafür liegt bei 5-8°C erhöhter lokaler Lufttemperatur. In geringerem Maße spielt auch die Ozeantemperatur eine Rolle. Der Schwellenwert soll bei 3-5°C globaler Erwärmung erreicht werden. Das vollständige Abschmelzen dauert mehr als 300 Jahre und der Meeresspiegel würde dadurch um 5 Meter ansteigen. (Lenton et. al. 2011) 5.11 Grönländischer Eisschild 6 Der Grönländische Eisschild ist der zweitgrößte. Er misst in der Fläche 1,7x10 6 Quadratkilometer und hat ein Volumen von 2,9x10 Kubikkilometer. Läge dieses Wasser in flüssiger Form vor, würde dadurch der Meeresspiegel um 7,3 Meter angehoben. Grönland besitzt nur wenige große, geschützte Buchten. Daher kalbt der Eisschild an der Küste, ohne zuvor ein Schelf gebildet zu haben. Der Schild besitzt nur ein Viertel der 22 Dicke des Antarktischen Schildes. Dieser Umstand führt zusammen mit der höheren Oberflächentemperatur im Sommer dazu, dass sowohl die randnahen, als auch tiefer gelegene Bereiche stärker abschmelzen. Damit ist der Grönländische Eisschild wesentlich anfälliger für Klimaveränderungen. (Latif 2009) Wie bereits erwähnt, ist die Lufttemperatur der ausschlaggebende Faktor. Steigt diese um über 3°C an, wird das Kippelement angestoßen. Dies wird nach Modellen bei einer globalen Erwärmung von 1-2°C der Fall sein. Der Übergang in eine neue stabile Phase ohne den Eisschild - wird mehr als 300 Jahre in Anspruch nehmen. (Lenton et. al. 2011) 5.12 Arktisches Ozon Das Arktische Ozon reagiert sehr schnell. Für messbare Veränderungen reichen bereits einige Monate aus. Zudem wurde dieses Kippelement bereits angestoßen. Durch den verstärkten Treibhauseffekt erwärmt sich die Troposphäre. Die Stratosphäre, in der sich das Ozon befindet kühlt sich dagegen ab. Dadurch werden vermehrt Eiswolken gebildet, welche katalytisch bei dem Abbau von Ozon wirken. Als kritischer Wert wird eine Temperatur der Stratosphäre von 195K angesehen. Jedoch ist nicht gesichert, ob es sich dabei überhaupt um ein Kippelement handelt. Möglicherweise ist der Prozess auch linear und vollständig umkehrbar. In jedem Fall führt ein größerer Abbau von Ozon in der Stratosphäre zu einer erhöhten UV-Einstrahlung an der Erdoberfläche. (Lenton et. al. 2011) 5.13 Permafrost Permafrost kann sich dann ausbilden, wenn die Temperatur mehrere Jahre lang 0°C nicht überschreitet. Besonders günstig sind dafür kontinentale Lagen. Erstens kühlen diese im Winter stärker ab als maritime Bereiche und zweitens sind die Niederschläge gering. Ohne diese kann sich keine geschlossene, isolierende Schneedecke ausbilden. Daher ist der Permafrost in Sibirien besonders ausgeprägt. Er reicht bis in einige hundert Meter Tiefe und dringt bis in die mittleren Breiten vor. Insgesamt sind in den dortigen Permafrostböden circa 400 PgC Methan und Kohlendioxid gespeichert. Auf der gesamten Nordhalbkugel sind es bis zu 1000PgC. Auf der Südhalbkugel sind kaum Permafrostböden zu finden, da in den entsprechenden Breiten kaum Landmasse vorhanden ist. Die Treibhausgase können entweichen, wenn die Böden durch eine dauerhafte Temperaturerhöhung vollständig auftauen. Es wird angenommen, dass dafür weniger als 100 Jahre ausreichend wären. Jedoch zeigen aktuelle Simulationen einen linearen Verlauf der Exhalation. Daher kann der Permafrost nicht per Definition als Kippelement gesehen werden. Zwar vernachlässigten die Simulationen die Rückkopplung durch die Gase, diese wurde aber als nicht stark genug befunden, um global spürbare Auswirkungen zu haben, bzw. einen nicht linearen Verlauf hervorzurufen. (Lenton et. al. 2011) 23 5.14 Tundra Bei fortschreitender Klimaerwärmung erhöht sich die Anzahl der schneefreien Tage im Jahr in den Tundren. Analog verlängert sich die Vegetationsperiode. Dadurch wird es Pflanzen, die normalerweise südlicher angesiedelt sind, ermöglicht sich nach Norden auszubreiten. Innerhalb einiger hundert Jahre werden daher die Bereiche der Tundra ebenso wie jene der Borealen Nadelwälder nach Norden verschoben. Ein „Kippen“ im eigentlichen Sinne ist dieser Prozess jedoch nicht. Auch ist er bei einer Abkühlung des Klimas auch in entgegengesetzter Richtung möglich. Daher kann hier nicht von einem Kippelement gesprochen werden. (Lenton et. al. 2011) 6 Fazit In Modellen wurde errechnet, das eine Verdopplung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu einer globalen Erwärmung von 1,2°C führen würde. Bezieht man jedoch die Rückkopplungen mit ein, die durch die Erwärmung in Gang gesetzt werden, so ergibt sich eine Erwärmung von 1,5-5,5°C. (Rödel 2011) Dieser Effekt beruht vor allem darauf, dass die meisten Rückkopplungen positiv sind. Dies erhöht die Klimasensivität erheblich. Ohne Rückkopplungen würde eine Änderung eines Antriebs von 1W/m² zu einer Temperaturveränderung von 0,3°C führen. Mit den Rückkopplungen sind es 0,75°C pro W/m². Die wenigen negativen Rückkopplungen können eine Klimaerwärmung nur verlangsamen. Ein vollständiger Ausgleich scheint nicht möglich zu sein. (Barry & Chorley 2010) Abbildung 12 zeigt eine Zusammenschau der wichtigsten Rückkopplungen, mit der Spannbreite ihrer möglichen Wirkung. Sie verdeutlicht wie zentral die Erforschung von Rückkopplungen für Klimaprognosen ist. Tatsächlich resultieren die größten Unsicherheiten bei den Prognosen daraus, dass nicht alle Rückkopplungen ausreichend verstanden sind, um die Modelle mit zuverlässigen Daten zu speisen. Wie Abbildung 12 auflistet, kann noch nicht einmal die Richtung von allen Rückkopplungen sicher angegeben werden. Daher kann als Fazit vor allem gelten, dass die Rückkopplungen intensiv erforscht werden müssen, um eine ausreichende Datengrundlage für die Klimapolitik aufbauen zu können 24 Abbildung 12: Verstärkung der Störung durch eine Verdopplung Kohlenstoffdioxidkonzentration durch Rückkopplungen (Roedel 2011) 25 der Literaturverzeichnis Barry R.G., Chorley R.J. (2010): Atmosphere, Weather and Climate. 9. Aufl. Abdingdon Caviedes C.N. (2005): El Niño. Klima macht Geschichte. Darmstadt Gorte R.W., Sheikh P.A. (2010): Deforestation and Climate Change. In: Agronne D.M. [Hrsg.]: Deforestation an Climate Change. New York, S. 1-54 Houghton J.T. (1997): Globale Erwärmung. Fakten, Gefahren und Lösungswege. Berlin Houghton J.T. (2009): Global Warming. The complete briefing. Cambridge Hupfer P., Kuttler W. [Hrsg.] (2006): Witterung und Klima. Eine Einführung in die Meteorologie und Klimatologie, 12. Aufl. Wiesbaden Latif M. (2009): Klimawandel und Klimadynamik. Stuttgart Lenton T., Held H., Kriegler E., Hall J., Lucht W., Rahmstorf S., Schellnhuber H. J., The National Academy of Sciences of the USA [Hrsg.] (2008): Tipping elements in the Earth´s climate system. In: PNAS 105 (6), S. 1786-1793 Podbregar N., Schwank, K, Frater H. (2009): Wetter Klima Klimawandel. Wissen für eine Welt im Umbruch. Berlin Roedel W., Wagner Th. (2011): Physik unserer Umwelt: Die Atmosphäre. 4. Aufl. Heidelberg Schönwiese Ch.-D. (2008): Klimatologie. 3. akt. und verb. Aufl. Stuttgart Tatum J.B. (o.J.): Stellar Atmospheres. o.O. http://de.scribd.com/doc/37250526/Tatum-J-B-Stellar-Atmospheres-1ed-WWW-s (24.11.2012) Trepel M., Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig Holstein [Hrsg.] (2008): Zur Bedeutung von Mooren in der Klimadebatte. Kiel www.schleswigholstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/Service/Impressum/impressum.html (24.11.2012) Rüegg P. (2010): Methan, das aus Pflanzen kommt. In: ETH Life. ethlife.ethz.ch, 28.September 2010. http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/100928_methanmoore_per 26 Eidesstattliche Erklärung Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Quellen angefertigt habe, und dass die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen hat. Alle Ausführungen der Arbeit, die wörtlich oder sinngemäß übernommen wurden, sind als solche gekennzeichnet. Kraus, Luca Dinkelscherben, 27.11.2012