Schlafbezogene Atmungsstörungen

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Das Schlafapnoe-Syndrom – ein Risiko für das Herzkreislaufsystem.
Atmungsstörungen wie Schnarchen oder Atempausen während des Schlafes sind vielen
Menschen aus dem Alltag bekannt und weit verbreitet. Erst in der jüngeren Geschichte der
Medizin fiel auf, dass zumindest die Atempausen, die sogenannten Apnoen, die Betroffenen
stark beeinträchtigen können. Man spricht dann von einem Schlafapnoe-Syndrom. Faktoren
wie Übergewicht, regelmäßiger abendlicher Konsum von Alkohol oder die Einnahme von
Schlaftabletten begünstigen die Entstehung eines Schlafapnoe-Syndroms. Hierbei kollabiert
während des Einatmens der weiche Gaumen am Zungengrund und verschließt dadurch die
Atemwege. Der Betroffene atmet dann mit Hilfe der Zwerchfell- und Thoraxmuskulatur
gegen diesen Verschluss an und sorgt so für einen Unterdruck im Brustraum. Durch den
reduzierten Atemantrieb während des Schlafes führen diese Apnoen häufig zu einer
Sauerstoffarmut im Blut, die im Wachzustand durch absichtliches Atemanhalten gar nicht
erreichbar wäre. Schließlich löst der Sauerstoffmangel eine kombinierte Stress- und
Weckreaktion aus, die zur Anspannung der Rachenmuskulatur führt und damit zum
Wiedereinsetzen der Atmung.
Obstruktives Schlafapnoe Syndrom
Zunge
Offene Atemwege
Kollaps des weichen Gaumens
Diese Weckreaktion „reißt“ die Schlafenden aus der Tiefschlafphase heraus in ein niedrigeres
Schlafstadium. Beim ausgeprägten Schlafapnoe-Syndrom wiederholt sich dieses Szenario
nicht selten bis zu siebzig mal pro Stunde. Dadurch wird der Tiefschlaf stark beeinträchtigt
oder sogar gänzlich verhindert. Die subjektiven Folgen dieses gestörten Schlafes sind dann
Tagesmüdigkeit Konzentrationsmangel und Sekundenschlaf.
Da die Schlafapnoe weit verbreitet ist, hat diese Erkrankung auch eine volkswirtschaftliche
Relevanz, deren Schadensgröße europaweit auf ca. 25 Mrd. Euro geschätzt wird. Neben den
negativen gesundheitlichen Folgen (s.u.) wird eine Großzahl von Unfällen im Straßenverkehr
durch die Schlafapnoe bedingte Tagesmüdigkeit ausgelöst. Ein Besorgnis erregendes
Risikokollektiv sind z.B. LKW-Fahrer. Durch den berufsbedingten Bewegungsmangel
kommt es häufig zur stammbetonten Fettleibigkeit, die wiederum ein Schlafapnoesyndrom
begünstigt. Dieses führt dann tagsüber zum Sekundenschlaf mit der Gefahr eines Unfalles.
Die erhöhte Tagesschläfrigkeit ist mit 15-20% die häufigste Unfallursache im Transportwesen
und übertrifft damit die durch Alkohol und Drogen ausgelösten Unfälle. Andere Erhebungen
lassen sogar vermuten, dass von den jährlich 230.000 Verkehrsunfällen in Deutschland ca
60.000 durch schlafbezogene Atmungsstörungen begünstigt wurden. Damit erhöht ein
obstruktives Schlafapnoesyndrom das Risiko für einen Verkehrsunfall um das 2-8 fache.
Neuere epidemiologische Daten zeigen, dass durch eine effektive Therapie (s.u.) des
Schlafapnoe-Syndroms eine 5-fache Reduktion der Unfallhäufigkeit pro 100.000 gefahrene
km erreicht werden kann.
Gesundheitliche Folgen des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms:
Heute ist durch umfangreiche Studien bekannt, dass das Schlafapnoe Syndrom
gesundheitliche Folgeschäden nach sich zieht. Durch die ständigen Stressreaktionen während
der Nacht kommt es zu einem auch tagsüber andauernden körperlichen Stresszustand, der
anhand einer gesteigerten Sympathikusaktivität messbar ist (s. Grafik).
Sympatikusaktivitat tagsüber bei einem Schlafapnoe -Patienten (OSA) im Vergleich zu
einem Gesunden (Normal).
Aus: Somers VK et al., Acta Physiol Scand. 2003
Dieser Dauerstress wirkt sich negativ auf das Herzkreislaufsystem aus. In Zusammenarbeit
mit dem Schlaflabor des Marienhospitals in Herne konnten wir bei 540 Schlafapnoe-Patienten
einen unabhängigen Einfluss des Schlafapnoe-Syndroms auf die Höhe des Blutdruckes
tagsüber, auf die Herzfrequenz, sowie auf die Häufigkeit der behandlungsbedürftigen
manifesten Bluthochdruckerkrankungen feststellen. Heute vermutet man, dass das
Schlafapnoe-Syndrom eine der häufigsten Ursachen für den schlecht einstellbaren
Bluthochdruck ist. Aber nicht nur der Blutdruck wird negativ beeinflusst. Es zeigte sich
ebenfalls ein signifikanter, negativer Einfluss auf die Blutfette. Das sogenannte „gute
Cholesterin“ – das HDL – und die Triglyceride verschlechterten sich in Abhängigkeit der
Schwere des Schlafapnoe-Syndroms.
Gutes Cholesterin(HDL) und Triglyceride verschlechtern sich in Abhängigkeit von der
Schwere des Schlafapnoe-Syndroms. (AHI = Häufigkeit von Apnoen und Hypopnoen /
Stunde).
Aus: Börgel et al. Europ. Respir. Jour. 2006
Neben Bluthochdruck und Fettstoffwechsel wird ebenfalls die Glukosetoleranz negativ
beeinflusst, wodurch die Entstehung eines Diabetes Mellitus vom Typ 2 begünstigt wird.
Das Schlafapnoe- Syndrom verstärkt aber nicht nur die kardialen Risikofaktoren.
Durch die andauernde Stressaktivität und die nächtlichen Sauerstoffentsättigungen begünstigt
es auch die Entstehung von Herzinfarkten und lebensgefährlichen Rhythmusstörungen bei
herzkranken Patienten. Leider findet man bei den besonders gefährdeten Patienten mit
fortgeschrittenen Herzerkrankungen häufig schlafbezogene Atmungsstörungen. In einer noch
nicht publizierten Multicenterstudie der deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin, an der sich
auch die Kardiologie des St. Josef Hospitals beteiligte, wurde bei 70 % der Patienten mit
Herzschwäche ein Schlafapnoe-Syndrom festgestellt.
Das kranke Herz muss sich bei den obstruktiven Apnoen gegen den Unterdruck, den diese im
Brustkorb erzeugt, kontrahieren. Bei einem thorakalen Unterdruck von bis zu –80 mmHg
muss es schon bei einem normalen Blutdruck ca. 200 mmHg Druck kompensieren um seinen
Inhalt in das Kreislaufsystem zu pumpen. Dadurch erfährt das Herz eines SchlafapnoePatienten während der Apnoe eine Druckbelastung, wie sie sonst nur bei Blutdruckkrisen
vorkommt. Zusätzlich wird es dann noch durch die Sauerstoffarmut im Blut geschwächt. Man
kann sich leicht vorstellen, dass ein erkranktes, geschwächtes Herz unter dieser Belastung
dekompensieren kann.
Druckbelastung für den Herzmuskel während einer Schlafapnoe
Auswurfdruck in der linken
Herzkammer: 120 mmHg
+ Thorakaler Unterdruck – 80 mmHg
während der schweren Apnoe
= 200 mmHg Wandspannung
Schlafdiagnostik im St. Josef Hospital:
Aufgrund der Bedeutung der schlafbezogenen Atmungsstörungen, besonders bei Patienten
mit Kreislauferkrankungen bieten wir seit kurzem in der Medizinischen Klinik eine
Schlafdiagnostik an. Dabei handelt es sich zum einen um Screening-Geräte, zum anderen um
komplette Polygraphiegeräte (s. Foto). Durch Anlage der Screening-Geräte kann auf einfache
Art eine nächtliche Atmungsstörung entdeckt, bzw. ausgeschlossen werden kann. Ergibt sich
auf diese Weise ein Verdacht, so wird anschließend die aufwendigere, sogenannte.
Polygraphie durchgeführt, mit Hilfe derer dann die genaue Diagnose und der Schweregrad der
Schlafstörung bestimmt werden kann.
Polygraphiesystem zur Schlafdiagnostik.
Fa. SOMNOmedics
Auszug aus einer Polygraphie bei einem Patienten mit Schlafapnoe:
Die blaue Linie zeigt die Atmungskurve mit den Atempausen (blaue/grüne Kästchen). Nach kurzem Abstand
kommt es jeweils zum Sauerstoffmangel im Blut (rote Linie, Rote Kästchen).
Wenn ein behandlungsbedürftiges Schlafapnoesyndrom vorliegt, wird die Vorstellung zur
Anpassung einer nasalen CPAP-Therapie in einem der kooperierenden Schlaflabore
vereinbart (Marienhospital Herne, Bergmannsheil-Klinikum, Bochum).
nCPAP-Therapie (Continuous Positive Airway Pressure):
Die nasale CPAP-Therapie gilt als Goldstandard für die Behandlung des obstruktiven
Schlafapnoe-Syndroms. Dabei wird durch ein Beatmungsgerät mittels einer speziell
angepassten Nasenmaske ein leichter Überdruck erzeugt, gegen den der Patienten nachts
atmet. Dieser Überdruck verhindert das Kollabieren des weichen Gaumens und kann das
Schlafapnoe-Syndrom vollständig beseitigen. Der CPAP-Druck wird im Schlaflabor so
angepasst, dass keine Atempausen mehr stattfinden. Die anfangs beschriebenen Symptome
wie z.B. Tagesmüdigkeit bilden sich häufig schlagartig zurück.
Auch die erhöhte Stressaktivität sinkt ab und als Folge normalisieren sich häufig Blutdruck
und die Herzfrequenz . Selbst die Blutfette bessern sich im Verlauf einer CPAP-Therapie. Die
heutigen nCPAP-Geräte sind mit modernen Nasenmasken versehen und arbeiten so leise, dass
die zuverlässige Nutzung durch den Patienten gewährleistet ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Schlafdiagnostik heute fester Bestandteil
einer internistischen Abteilung sein sollte. Besonders bei Herzkreislauf-Patienten muss ein
Schlafapnoesyndrom wegen der z.T. schwerwiegenden Folgen erkannt und behandelt werden.
Bei erfolgreicher Behandlung durch eine CPAP-Therapie kann es neben der subjektiven
Besserung der Tagesmüdigkeit auch zu einer Verbesserung der Herzkreislauferkrankungen
kommen.
Dr. med. Jan Börgel
Facharzt f. Innere Medizin
Medizinische Klinik 2
Kardiologie und Angiologie
St. Josef Hospital
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