Fragen und Antworten Frage 1: Wie reagieren die verschiedenen Gesteine unter Druckverhältnissen bei 1.200 Metern unter der Erde auf den Einfluss von CO2? In 1.200 m Tiefe sind regional bzw. lokal verschiedene Gesteinsarten anzutreffen. Sofern sich die Frage insbesondere auf die Gesteine des Aquifers bzw. des tiefsten Abdeckhorizonts bezieht, ist in Bezug auf den Aquifer das Verhalten des Gesteins weniger relevant, da das reaktionsträge CO2 nicht oder kaum mit dem umliegenden Gestein reagiert. In Abhängigkeit von der Gesteinszusammensetzung sind mittel- bis langfristig Mineralumwandlungen (z. T Anlösungen karbonatischer Bestandteile, aber vorwiegend Verfestigung des umliegenden Gesteins) zu erwarten, die zu einer natürlichen Erhöhung der Speichersicherheit führen. Frage 2: CO2 ist im flüssigen Aggregatzustand inkompressibel. Wohin werden die verdrängten Substanzen im Erdreich (z. B. flüssige Sole) ausweichen? Kommt es zu Vermengungen mit anderen grundwasserführenden Schichten? Die beantragten Erkundungsarbeiten dienen dazu, diese Frage konkret beantworten zu können. Dabei soll festgestellt werden, wie groß das Salzwasserreservoir ist, wie es begrenzt wird, welche Drücke dort herrschen und welchen Chemismus die Gesteinsschichten und das Lagerstättenwasser aufweisen. Für die Einschätzung, welche Menge CO2 in die Struktur verpresst werden kann, wird ein geologisches Modell erstellt. In den meisten Fällen besitzen die einzelnen salzwassergefüllten Schichten (Buntsandstein, Zechstein, Rotliegendes) unterschiedliche Druckgradienten. Dies deutet darauf hin, dass ein Austausch zwischen diesen einzelnen Schichten gar nicht oder nur zu einem geringen Teil in geologischen Zeiträumen (mehrere 100.000 bis mehrere Millionen Jahre) stattfindet. Eine Vermengung von Sole mit dem Grundwasser der Süßwasserhorizonte muss zum Schutz des Grundwassers zur Trinkwasserversorgung vermieden werden. Gesetzliche Regelungen hierfür sind im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und im Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) verankert. In großen Teilen Brandenburgs bildet der Rupelton, der sich in ca. 200 m Tiefe befindet und im Allgemeinen eine Mächtigkeit von 100 - 200 m aufweist, eine abdichtende Wirkung, die Grenze zwischen Süß- und Salzwasser. Aus dem Betrieb von Erdgasspeichern sind diese Prozesse hinreichend bekannt. Frage 3: Ist davon auszugehen, dass geologische Erkundungen im Umkreis von 10 km um die Einpressstellen genügen, um die geologischen Verhältnisse im Einflussgebiet der Verpressungsanlagen ausreichend zu eruieren? Die Grenzen des Erkundungsgebietes beschränken sich nicht auf den angegebenen Umkreis. Die horizontale Erstreckung der notwendigen geologischen Erkundungen richtet sich nach der Menge des zu verpressenden CO 2 und nach der Größe des Aquifers. Solche Strukturen können einen Durchmesser von 10 km oder auch mehr haben. Exakt beantwortet werden kann diese Frage erst, wenn eine Detailerkundung zur potenziellen Speicherformation vorliegt, die die wichtigsten Parameter der Formation geklärt hat, und im Anschluss daran eine bestimmte Tonnage benannt worden ist, die in die Formation verpresst werden soll. Erst dann lässt sich das „Einflussgebiet“ definieren. 2 Frage 4: In welchem Radius um die Einpressanlagen wird sich das CO2 verbreiten? Die horizontale Ausbreitung hängt von der Größe und Ausbildung der geologischen Struktur und von der Menge des zu verpressenden CO 2 ab. Genauere Aussagen lassen sich erst nach der geologischen Erkundung und anschließenden Modellierung treffen. Frage 5: Kann man aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass es in Brandenburg Gebiete gibt, welche über einer Fläche von 100 km² vollständig geologisch erschlossen sind (mit besonderer Beachtung der Einpressgebiete Neutrebbin und Beeskow)? Sofern die Frage, ob Gebiete in Brandenburg „vollständig geologisch erschlossen“ sind, darauf abzielt, ob diese „vollständig geologisch erkundet“ sind, so kann man dazu die Aussage treffen, dass es weltweit keine einzige Struktur gibt, die „vollständig geologisch erkundet“ ist. Allerdings liegen aus früheren Erkundungsprogrammen – insbesondere auf Kohlenwasserstoffe – gute Kenntnisse zur Geologie des Untergrundes vor, die in die Bewertung der potenziellen Speicher einfließen. Die Anforderungen an die Erkundung einer als potentieller CO 2-Speicher in Betracht kommenden Struktur sind in der EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid geregelt. Anhang 1 der Richtlinie enthält umfangreiche Kriterien für die Charakterisierung des potenziellen Speicherkomplexes und der umliegenden Gebiete. Der Nachweis der geologischen Voraussetzungen für eine potenzielle CO2Speicherung bedarf in jedem Falle einer umfassenden Erkundung mittels modernster Messverfahren. Frage 6: Ist es tolerabel, andere, ungeklärte Substanzen (5%/Jahr/Einpressstelle), in das Erdreich zu verpressen? Gemäß der EU-Richtlinie dürfen Abfälle oder andere zu entsorgende Stoffe nicht hinzugefügt werden. Die zufällig anfallenden Stoffe oder zur Überwachung hinzugefügten Spurenstoffe dürfen die Integrität der Speicherstätte und der Infrastruktur nicht nachteilig beeinflussen, kein erhebliches Risiko für Umwelt und menschliche Gesundheit darstellen und nicht gegen sonstige gemeinschaftsrechtliche Vorgaben verstoßen. Die Auswirkungen von Nebenbestandteilen im Rauchgas werden derzeit genauer erforscht. Es kann davon ausgegangen werden, dass das im Untergrund zu speichernde CO2 keine anderen oder höheren Konzentrationen an Nebenbestandteilen haben wird als das bisher in die Atmosphäre ausgeschiedene Rauchgas. Frage 7: Können geologische Verwerfungen dazu führen, dass Leckagen entstehen? Geologische Störungszonen können Wegsamkeiten für Fluide (CO 2 bzw. Sole) darstellen. Je tiefer die Gesteinsschichten liegen, desto höher ist der Überlagerungsdruck. Bei Bruchzonen auf Grund von Kompression wird beim Aneinanderreiben von Gesteinspaketen an den Störungszonen das Gestein fein zermahlen. Das führt – neben dem hohen Überlagerungsdruck – zu einer Abdichtung der Störungszone. Nur in druckentlasteten Störungszonen, die z. B. durch Aufwölbung von Antiklinalstrukturen entstanden sind, kann es zum Aufstieg salinarer Wässer kommen. Die Untersuchung der Dichtigkeit ist eine der wichtigsten Erkundungsaufgaben, die ein zukünftiger Speicherbetreiber durchzuführen hat. Eine Leckage über geologische Störungen kann auf diesem Weg ausgeschlossen werden. 3 Frage 8: Welche Tonnagen dürfen Ihrer Meinung nach als Leckage toleriert werden? Im Genehmigungsverfahren für einen CO2-Speicher ist eine Risikobewertung vorzunehmen, in der u. a. potenzielle Leckagewege und -umfang sowie deren Folgen und Risiken abzuschätzen sind. Eine pauschale Angabe einer bei der Leckage tolerierbaren Tonnage ist nicht möglich. Eine Toleranzgrenze wurde gesetzlich bisher nicht festgelegt. Frage 9: Können geologische Verwerfungen durch die Einpressung von hohen Tonnagen CO2 im Erdreich entstehen? Die Entstehung von Rissen im Deckgebirge ist möglich. Die geologische Erkundung dient aber u. a. dazu, die unbedenklichen Einpressdrücke festzulegen. Bei der Erkundung von geeigneten Strukturen für die Verpressung von CO 2 werden mittels Bohrungen Gesteinsproben (Bohrkerne) entnommen. Diese werden untersucht, um den kritischen Druck festzustellen, bei dem das Gestein aufbricht (sogenannter FracDruck). Im Genehmigungsverfahren für Gasspeicherprojekte wird ein nicht zu überschreitender maximaler Lagerstättendruck (mit einer Sicherheitsmarge zum Frac-Druck) behördlich vorgegeben. Analog wird auch bei einer beabsichtigten CO2Speicherung verfahren werden. Frage 10: Wie werden die Einpressbohrungen abgedichtet? Technologien zur Abdichtung geologischer Gasspeicher sind erprobt und seit bereits 40 Jahren in der industriellen Anwendung. Die Einpressbohrungen bestehen aus gasdicht verbundenen (meist verschweißten) Stahlrohren, welche in das Gestein einzementiert werden. Vor Beginn einer möglichen Verpressung von CO2 werden Stahlgüte und Dicke der Rohre sowie die Art des CO2-resistenten Zementes, die derzeit entwickelt werden, festgelegt. Die Materialauswahl wird so erfolgen, dass unter Einhaltung von vorgegebenen Sicherheitsbeiwerten alle Betriebszustände sicher beherrscht werden können. Außerdem wird eine regelmäßige Überwachung stattfinden. Frage 11: Kann Ihre Pilotanlage mit 60.000 t CO2 /Jahr, als Modell für zehnmal größere Verpressungsvolumina verwendet werden? Ja, das Forschungsprojekt CO2SINK in Ketzin kann als Modell für Speicherprojekte im industriellen Maßstab verwendet werden. Es sind grundsätzlich keine anderen physikalischen oder chemischen Sachverhalte zu erwarten; gleichwohl erfordert jeder potenzielle Standort eine individuelle geologische Erkundung. Frage 12: Ist es zu verantworten, in einem Umkreis von 100 km um die Verpressungsstellen, Atomkraftwerke zu errichten? Zu dieser rein hypothetischen Frage liegen hier keine Kenntnisse vor. Im Übrigen wäre dies im Rahmen von Standortuntersuchungen vor der Errichtung von Atomkraftwerken durch den Investor und die zuständigen Aufsichtsbehörden zu prüfen. 4 Frage 13: Ist es aus heutiger Sicht verantwortungsvoll die CCS-Technologie in Größenordnungen von 2,7 Mio. Tonnen/Jahr/Einpressstelle in die Erde zu verpressen? Seit mehr als zehn Jahren wird CO2 in großen Mengen im Untergrund verpresst. Bei der Stromerzeugung wird die Abscheidung und geologische Speicherung von Kohlendioxid als Brückentechnologie betrachtet, die zur Abschwächung des Klimawandels beitragen soll. Die CCS-Technologie befindet sich im Forschungs- und Entwicklungsstadium, daher ist es wichtig, dass so bald wie möglich im großtechnischen Maßstab Demonstrationsprojekte realisiert werden. Frage 14: Welche chemische Reaktion ist in den Aquiferen zu erwarten? Dazu wird auf Frage 1 verwiesen. Die ersten Reaktionen werden nicht chemischer, sondern physikalischer Art sein. Insbesondere ist die Lösung von CO2 im salinen Formationswasser zu erwarten. Dadurch sinkt das gesättigte Wasser in der Formation ab, wodurch ein weiterer natürlicher Sicherheitsmechanismus bei der Speicherung entsteht. Frage 15: Kommt es durch die Nutzung saliner Aquifere für die CO2-Endlagerung zur Benachteiligung anderer geologischer Anlagen und Vorhaben (z. B. Geothermieanlagen)? Für die Verpressung von CO2 sind Gesteinsformationen ab einer Tiefe von 1.000 m vorgesehen. Somit entsteht für die oberflächennahe Geothermie zur Wärmeversorgung (50 – 100 m Tiefe) keine Nutzungskonkurrenz. Für die geothermische Nutzung zur Stromerzeugung sind in Brandenburg Tiefen von 4.000 – 6.000 m unter Gelände interessant, da erst in diesen Tiefen das Salzwasser heiß genug ist, um daraus Strom zu gewinnen. Die Horizonte für die Tiefengeothermie liegen in Brandenburg somit deutlich tiefer als potenzielle Speicherhorizonte für CO2. Für jedes einzelne Speichervorhaben ist in dem jeweiligen Genehmigungsverfahren zu prüfen, ob Beeinträchtigungen anderer Untergrundnutzungen auftreten können. Frage 16: Ist davon auszugehen, dass alte Bohrungen zur geologischen Ergründung der DDR ausreichend dicht abgeschlossen wurden? Alle Tiefbohrungen sind in einem Kataster aufgeführt. Die durchgeführte Verwahrung der Bohrungen ist unter dem Gesichtspunkt der beabsichtigten Speichernutzung zu beurteilen und gegebenenfalls ihre Integrität herzustellen. Dies ist u. a. Gegenstand der erforderlichen Genehmigungsverfahren. Frage 17: Können aus technischer Sicht alte Bohrlöcher mit einem Bohrdurchmessen von 10 cm bis 25 cm mittels seismischer Messungen detektiert werden? Nein, Bohrungen können nicht mittels derzeit verfügbarer seismischer Messungen detektiert werden. Über alle Tiefbohrungen im Land Brandenburg liegt bei der zuständigen Behörde jedoch ein vollständiges Kataster vor. 5 Frage 18: Ist davon auszugehen, dass die benutzten Aquifere in der Zukunft nicht mehr für die Trinkwasserversorgung zur Verfügung stehen (bei Anwendung entsprechender Technologien zur Entsalzung)? Eine Nutzung der Aquifere mit derart hohen Salzfrachten (200 – 350 g/l) für die Trinkwasserversorgung ist nicht realistisch; Forschungsaktivitäten dazu sind nicht bekannt. Eine Trinkwassergewinnung aus der Nordsee (ca. 3,5 g/l) oder Ostsee (0,3 – 1,7 g/l) und selbst aus dem Toten Meer (27 – 33 g/l) wäre eher zu erwarten. Auch künftig wird die Trinkwasserversorgung so wie bisher über Grundwasser oberhalb der Salzwassergrenze realisiert werden. Frage 19: Ist davon auszugehen, dass das komprimierte Gas CO2 in den salinen Aquiferen einen Auftrieb erfährt, um so in den Kuppelformationen der Gesteinsschichten eigenständig zu verbleiben? Ja, CO2 besitzt eine geringere Dichte als Salzwasser. Wird die Löslichkeitsgrenze des Lagerstättenwassers für CO2 überschritten, bildet sich eine Gaskappe, die sich im höchsten Bereich einer Fallenstruktur (z. B. Kuppelformation) sammelt. Dies geschieht analog zu Erdöl- und Erdgas-Lagerstätten, wo sich die Gaskappe auch über der erdölgefüllten Schicht befindet, welche wiederum von salzwassergefüllten Schichten unterlagert wird. Siehe auch Antwort zu Frage 14. Frage 20: Gibt es Fließbewegungen in den salinen Aquiferen? Es ist von Fließbewegungen in salinen Aquiferen auszugehen. Diese Fließvorgänge sind jedoch extrem langsam und lassen sich nicht mit Fließvorgängen in Flüssen vergleichen. Die für die Erdöl- und Erdgasförderung bzw. -speicherung entwickelten Modelle der Geoströmungstechnik liefern – abhängig von den geologischen Randbedingungen – Aussagen zu Fließbewegungen im Untergrund. In Formationen, die für die CO2-Speicherung in Frage kommen, sind die Fließbewegungen vernachlässigbar. Frage 21: In der Versuchsanlage Ketzin wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt hundertprozentiges reines Industrie-CO2 verpresst. Gibt es über die CO2Verpressungen verwendbare Auswertungen oder Daten? Können Sie uns diese Daten zur Verfügung stellen? In Ketzin wird bisher reines Industrie-CO2 in Lebensmittelqualität aus der Luftzerlegungsanlage der Firma Linde AG verpresst. Der Reinheitsgrad beträgt 99,999 % (100 %-iges CO2 kommt nur im Labormaßstab zum Einsatz). Die Ergebnisse des Forschungsprojektes werden fortlaufend u. a. im Internet veröffentlicht – siehe www.CO2SINK.org. (Quelle: Ministerium für Wirtschaft, Antwort auf die Anfrage der Bürgerinitiative CO2 Endlager stoppen e. V. (i. G.) vom 19. Juni 2009)