Speck, Dreimann, Wiehagen, Petersen

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DiE Täter
Speck, Dreimann, Wiehagen, Petersen
Die Täter
Adolf Speck (1911–1946)
SS-Oberscharführer Adolf Speck bewachte zusammen mit
Heinrich Wiehagen am 20./21. April 1945 die sowjetischen
Häftlinge auf dem ehemaligen Schulhof, bevor sie in das
Gebäude geführt wurden. Er sagte im ersten Curio-HausProzess aus, Häftlinge hätten ihm bei einem Fluchtversuch
Salz ins Gesicht gestreut. Er hätte daraufhin einen Häftling
erschossen, Heinrich Wiehagen zwei weitere. Sieben seien
entkommen. Er und Wiehagen hätten diese dann bis in die
Morgenstunden gesucht.
Adolf Speck, geboren in Kiel, war von Beruf Arbeiter. Er absolvierte 1939 eine Ausbildung beim Polizeibataillon in Itzehoe und
trat 1940 in die SS ein. Er wurde zunächst an der Ostfront und
in den Niederlanden eingesetzt. 1943 kam er als Wachmann ins
KZ Neuengamme. Ab Sommer 1943 war Speck Kommandoführer
im Klinkerwerk und ab Dezember 1943 der Fertigungsstelle.
Er galt als gewalttätiger Antreiber und Kontrolleur. Er war mit
Lagerkommandant Max Pauly befreundet.
Nachdem Speck im Mai 1945 eine Gruppe von 250 Häftlingen
nach Flensburg gebracht hatte, meldete er sich dort bei der
Schutzpolizei und tarnte sich als Polizist. Speck wurde im Mai
1946 im ersten Curio-Haus-Prozess zum Tode verurteilt und am
6. Oktober 1946 in Hameln hingerichtet.
Die Täter
Adolf Speck
Adolf Speck, 1945.
Diese erkennungsdienstlichen Fotos von Adolf Speck
nahmen die britischen Ermittlungsbehörden nach seiner
Festnahme auf.
The National Archives, Kew/London, WO 309-935
Die Täter
Adolf Speck
Bericht des ehemaligen Häftlings Willi Lenz über
Adolf Speck, nicht datiert.
„Speck hat den Fluch der gesamten Häftlinge auf sich gezogen.
Wo ein Russe hungernd durchs Lager schleicht und sich
irgendwo eine Steckrübe stiehlt, um sich zu ‚sättigen‘, Speck
greift hin, der Russe muß sich bücken und bekommt so lange
Schläge, bis er zusammenbricht. Dann gibt’s noch Fußtritte
obendrein. Nicht immer ist Speck seiner Sache sicher, ob er
so handeln darf. Aber er fühlt sich als uneingeschränkter
Gernegroß, als Herr und bleibt damit nichts weiter als eine
Bestie in Menschengestalt, verachtet und im Stillen umlauert
von allen Häftlingen. Doch leider sind wir wehrlos diesem
Höllensatan gegenüber, er hat Tote auf dem Gewissen und hat
doch kein Gewissen. Wir Häftlinge erinnern uns unserer Peiniger
genau. Am hinteren Ausgang des Lagers ist Speck sein Revier.
Hier kontrolliert er jeden Häftling wie ein Luchs, nichts entgeht
ihm. An seiner Wachbude schlägt er die Häftlinge zusammen.
[…]
Sein Tun ist dem Lagerführer oder Kommandanten nie bekannt
geworden. Speck macht keine Meldung zur Bestrafung, er
straft selbst. Und die Strafe fällt meist immer schwerer aus.
Abends rennt er wie ein Verrückter in den Blocks herum, wenn
er Dienst hat und sucht Opfer. Er muß schlagen, es liegt ihm im
Blut. Er ist nicht zufrieden, wenn ein Tag ohne Schläge ausgeht,
Das Feigste an ihm ist, daß er sich nicht große, kräftige Leute
aussucht, sondern immer die ‚Muselmänner‘, die Kraftlosen. Er
fürchtet sicher die Starken, die ja ohnehin wenig genug noch
sind.“
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Häftlingsbericht 591
Die Täter
Adolf Speck
Bericht des ehemaligen Häftlings Wassili Bukrejew
über Adolf Speck, 15.8.1945.
„Thumanns zweiter Helfer Speck war der oberste Exekutor
im Lager. Sehr wenige Häftlinge entkamen seiner Folter. Der
berufsmäßige sadistische Henker ergötzte sich an den Leiden
seiner Opfer. Wenn ein von ihm Gequälter nicht schrie und nicht
um Gnade flehte, konnte Speck ihn zu Tode prügeln. Selbst wenn
er – was selten vorkam – keinen Schuldigen vor sich hatte,
unterzog der perverse Sadist den ersten Besten einer Folter,
sei es, daß er nicht ehrerbietig genug gewesen war, sei es, daß
er die Mütze nicht schnell genug gezogen hatte, als er an Speck
vorbeiging.“
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Häftlingsbericht 164
Die Täter
Adolf Speck
Der ehemalige Häftling Wassili Kirilenko berichtete
1997 in einem Interview über Adolf Speck.
„[Speck] war Kommandoführer, der sehr mit diesen Häftlingen
seinen Spott getrieben hat. Er hat Spaß daran gehabt, Menschen
zu schlagen. Ich führe ein solches Beispiel an. Wenn wir und
er gegangen sind, haben wir uns bemüht, ihm nicht unter die
Augen zu kommen. Er hatte einen Beobachtungsturm in einer
Werksabteilung. Er hat uns dort beobachtet. […] Er hat auf das
Gesicht mit einem Rohrstock geschlagen, wenn jemand vom Weg
abgebogen ist. […] Wenn jemand sein Gesicht abgewendet hat, so
hat er eine kurze Reitpeitsche herausgenommen. Ich habe es mir
gemerkt.“
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Häftlingsbericht 1277
Die Täter
Wilhelm Dreimann (1904–1946)
Der Rapportführer Wilhelm Dreimann holte die Kinder und
ihre Betreuer zusammen mit Dr. Alfred Trzebinski, Heinrich
Wiehagen und Adolf Speck im Krankenrevier IVa des KZ
Neuengamme ab. Dreimann sagte im ersten Curio-Haus-Prozess
aus, er habe eine Transportliste mit dem Ziel Theresienstadt
erhalten und die Kinder und ihre Betreuer hätten bei der
Gestapo in Hamburg abgeliefert werden sollen. Auch ehemalige
Häftlinge berichteten von dem angeblichen Transportziel
Theresienstadt. Wahrscheinlich dienten diese falschen Angaben
zur Verschleierung des tatsächlichen Planes, die Kinder und ihre
Betreuer zu ermorden. Dreimann erhängte die erwachsenen
Häftlinge mit Unterstützung von Wiehagen und Frahm. Nach
der Aussage von Frahm erhängte er zumindest auch die ersten
beiden Kinder.
Dreimann wurde in Osdorf (heute ein Stadtteil von Hamburg)
geboren. Da er als Holzbildhauer in Detmold nicht genügend
verdiente, bewarb er sich 1939 bei der Landespolizei und
wurde 1940 - nach Angaben seiner Frau gegen seinen Wunsch
- zur KZ-Bewachung nach Neuengamme versetzt. Im Lager
führte er eine große Zahl an Exekutionen eigenhändig durch.
Von Häftlingen wurde er „Henker von Neuengamme“ genannt.
Dreimann wurde im Mai 1946 im ersten Curio-Haus-Prozess zum
Tode verurteilt und am 8. Oktober 1946 in Hameln hingerichtet.
Die Täter
Wilhelm Dreimann
Wilhelm Dreimann in der Uniform der Waffen-SS, 1.8.1941.
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Sammlung Günther Schwarberg, 981-703
DiE Täter
Wilhelm Dreimann
Wilhelm Dreimann (links) mit zwei SS-Männern
wahrscheinlich an einem Fenster der Rapportführerbaracke am Eingang zum Häftlingslager
des KZ Neuengamme, vermutlich 1944.
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, 1981- 741
Die Täter
Wilhelm Dreimann
Gnadengesuch von Elisabeth Dreimann, 8.5.1946.
„Ich, Lisbeth Dreimann, die Ehefrau des am 4.05.1946 vom
Obersten Militärgericht in Hamburg verurteilten ehemaligen
Rapportführers Willy Dreimann bitte hiermit um Gnade für
meinen Mann.
Wir, mein Mann und ich, sind seit 1935 verheiratet und haben
eine Tochter von 9 Jahren. Wir haben während unserer Ehezeit
immer ein glückliches Leben geführt, mein Mann war ein guter
und immer treusorgender Familienvater, er hat nur für seine
Familie gelebt, sein Kind war sein alles. Mein Mann hat sich
nie politisch betätigt, war bei uns im Dorfe bei jedermann
beliebt und war immer hilfsbereit. Seine Erziehung in seinem
Elternhaus war streng und als Sohn eines kleinen Arbeiters
ist er von Kindheit an zur Arbeit erzogen worden. In seinem
Beruf als Holzbildhauer war ein schlechtes Vorwärtskommen,
deshalb hat er sich im Jahre 1939 zur Landespolizei gemeldet.
Gegen seinen Wunsch ist er dann zu Beginn des Krieges zur SS
eingezogen worden und soviel ich weiß, hat er immer wieder
versucht, von der SS freizukommen zur Landespolizei, doch sind
seine Gesuche nie weitergeleitet und berücksichtigt worden.
Dies wird in den Verhandlungen gewiß erwiesen sein.
Daß mein Mann die ihm zur Last gelegten Taten begangen haben
soll, kann ich als seine Frau nicht glauben. Er hat sich in seinem
Leben nie was zu Schulden kommen lassen, hat jedes Verbrechen
verabscheut und auch die Judenverfolgung in Deutschland seiner
Zeit nie verstehen können und ist als Christ ein Gegner davon.
Sollten aber trotzdem irgendwelche Taten erwiesen sein, so
kann lediglich der Dienst bei der SS meinen Mann in diese Lage
gebracht haben. Als pflichttreuer Mensch, der als Kind schon
Gehorsam eingeprägt bekommen hat, hat er als Soldat nur
seinen Dienst gekannt. Als Frau habe ich oft gefühlt, wenn mein
Mann auf Urlaub war, daß er mit seinem Dienst nicht zufrieden
war und ihn innerlich etwas bedrückte und er immer wieder
geklagt hat, daß er nicht aus dem Lager dort könnte. Aber sein
Dienst- und Pflichteifer und der Verbot über dienstliche Sachen
zu sprechen, hat ihn hart aber unzufrieden gemacht und wird er
seine Befehle, gegen die er als Soldat ja nicht handeln durfte,
schematisch ausgeführt haben. Anders kann ich seine ihn
belastenden Taten, die doch für ihn schließlich Befehle waren,
mit dem Tode bestraft werden soll, kann ich nicht glauben.
Durch dieses Urteil machen Sie mich und mein Kind fürs ganze
Leben unglücklich, und die Strafe trifft uns Unschuldigen am
härtesten. Wir, mein Kind und ich, bitten um das Leben des
Verurteilten. Wir bitten um Milde für meinen Mann und Vater
und um Aufhebung des Todesurteiles.
Haben Sie Hohes Gericht ein Einsehen mit uns und erfüllen Sie
uns unsere Bitte.“
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Sammlung Günther Schwarberg, 10
Die Täter
Wilhelm Dreimann
Bericht der ehemaligen Häftlinge Michael Müller und
Max Kramer über Wilhelm Dreimann, nicht datiert.
„Unterscharführer Dreimann war mehrere Jahre im Lager
Neuengamme als Blockführer und zuletzt als Rapportführer.
[…] Im Lager Neuengamme war er der Schrecken für die
Häftlinge. Besonderes Vergnügen bereitete ihm, wenn er
mit seinem Fahrrad nach Feierabend oder Sonntag über den
Appellplatz fuhr, mit einem Ochsenziemer bewaffnet und
wahllos auf die dort stehenden Häftlinge einschlug. Besonders
brutal hat er sich gegenüber kranken Häftlingen benommen,
wenn sie sich z. B. von der Baracke nach dem Revier begeben
wollten, schlug er dieselben mit der Reitpeitsche zusammen.
Besonderen Spaß machte es ihm, wenn er die zum Aufhängen
bestimmten Häftlinge zur Hinrichtungsstätte brachte. Aus
reiner Wollust titulierte er die Totgeweihten mit Schimpfworten
wie: Dreckschwein, Kommunistensau, er selbst schlug sie
gewöhnlich noch vorher mit der Reitpeitsche ins Gesicht. Auch
hat er sich hervorgetan bei der Erschießung von 59 russischen
Offizieren, er selbst kam blutüberströmt aus dem Bunker und
brüstete sich damit, er selbst habe 21 davon erschossen. […]
Bei jeder Hinrichtung war Dreimann erster Mann und führend
daran beteiligt. Er war einer der meist gehaßtesten SS-Leute
im Lager.“
Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im
Bundesarchiv
Die Täter
Wilhelm Dreimann
Bericht des ehemaligen Häftlings Ewald
Gondzik über Wilhelm Dreimann, 13.9.1945.
„Dreimann konnte einfach nicht an einem ausländischen Häftling
vorbeigehen, ohne ihn zu schlagen. Das machte ihm Spaß. Ich
selbst bin im September 1940 von ihm geschlagen worden,
weil angeblich mein Arbeitstempo an einem Sonntag nicht
schnell genug war. Doch das größte Vergnügen – wie er selbst
eingestand – bereiteten ihm die Exekutionen. Seine Augen
strahlten. Er war fast bei jeder Exekution dabei. Im September
1941 war er eigenhändig bei der Exekution der in Neuengamme
eingelieferten 45 russischen Offiziere und Kommissare. Er hat
die 13 russischen und polnischen Krankenschwestern im August
1942 nackt im Bunker erhängt. 1942 war er an den Vergasungen
der sowjetischen Kriegsgefangenen beteiligt. 1944 hat er die
22 Polen und 1945 die 70 holländischen Widerstandskämpfer
erhängen geholfen, an den Einzelexekutionen hat er
teilgenommen, wenn er Dienst hatte.“
The National Archives, Kew/London, WO 309/872
Die Täter
Wilhelm Dreimann
Bericht des ehemaligen Häftlings Paul Stassek
über Wilhelm Dreimann, nicht datiert.
„Dreimann war eine ausgesprochen pathologische Erscheinung.
Er machte sich eine Hauptfreude daraus, Häftlinge bei irgendwelchen Verfehlungen zu überraschen und sie mit in seine
Blockführerstube zu nehmen. Hier schlug er sie mit einem Stock
oder einer Hundepeitsche so, daß durch ihr Schreien ein großer
Teil des Lagers davon Kenntnis erhielt. Es verging im allgemeinen
kein Tag, ohne daß Rapportführer Dreimann schlug. Daran stieß
sich auch keiner mehr, das wußte man, und es fiel nicht weiter auf.
Dreimann war eben ein Faktum, an das man sich gewöhnt hatte.
Es gab keine Hinrichtung, bei der Dreimann nicht aktiv mitwirkte.“
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Häftlingsbericht 995
DiE Täter
Wilhelm Dreimann
Wilhelm Dreimann, 1945.
Diese erkennungsdienstlichen Fotos von
Wilhelm Dreimann nahmen die britischen
Ermittlungsbehörden nach seiner
Festnahme auf.
The National Archives, Kew/London, WO 309-935
Die Täter
Heinrich Wiehagen (1901–1945)
SS-Hauptscharführer Heinrich Wiehagen und Johann Frahm
erhängten gemeinsam mit Wilhelm Dreimann am 20. April 1945
die erwachsenen Häftlinge im Heizungskeller. Später bewachte
Wiehagen mit Adolf Speck die sowjetischen Häftlinge im Lkw
auf dem ehemaligen Schulhof. Nach Aussage Specks erschoss
Wiehagen zwei dieser Häftlinge, als sie flüchten wollten.
Heinrich Wiehagen aus Oberroedinghausen im Sauerland war am
1. Mai 1933 in die NSDAP eingetreten. Bevor er seinen Dienst
im KZ aufnahm, war er Lehrer in Duisburg. Wiehagen gehörte
zur Bewachung auf den Häftlingsschiffen, die am 3. Mai 1945
in der Lübecker Bucht irrtümlich durch die britische Luftwaffe
bombardiert wurden. Er wurde dort von Häftlingen erschlagen,
nachdem er auf andere Häftlinge im Wasser geschossen hatte.
Die Täter
Hans Friedrich Petersen (1897–1967)
SS-Unterscharführer Hans Friedrich Petersen (1897–1967)
wurde in Stuttgart geboren. Petersen war Fahrer in der
Poststelle des KZ Neuengamme und fuhr den Lkw, mit dem am
20. April 1945 die Kinder, ihre Betreuer und die ersten sechs
sowjetischen Häftlinge vom KZ Neuengamme zum Bullenhuser
Damm gebracht wurden. Hans Friedrich Petersen wurde nicht in
den Curio-Haus-Prozessen angeklagt und auch später nicht als
Zeuge vernommen.
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