THOMAS REIS klassische chinesische medizin dipl. akupunkteur SBO-TCM wiesenstrasse 11• 8008 zürich tel 076 463 3115 [email protected] www.qi-hai.ch Krebsdiäten Kaum ein Thema ist so umstritten, wie die Möglichkeit der Bekämpfung von Krebs über eine Ernährungsumstellung bzw. eine Diät. Es gibt eine Reihe von Diätempfehlungen bei Krebs, nicht alle sind sinnvoll. Einige dieser Kostformen schwächen den Körper durch eine einseitige Ernährung. Diäten sind bei Krebs aber nicht völlig sinnlos, spielt doch die Ernährung bei der Entstehung von Krebs erwiesenermassen eine Rolle. Eine direkte Antikrebswirkung auf einen manifesten Tumor konnte aber noch mit keiner Diät nachgewiesen werden. Es sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass mit diesen Diäten, der Körper und damit auch das Immunsystem nicht geschwächt wird. Neuere Studien zeigen ausserdem, dass die Einnahme von so genannt schützenden Nahrungsergänzungsmitteln (z.B. Antioxidantien wie Beta-Karotin, Mineralstoffe) nicht in jedem Fall unbedenklich sind. Die nachfolgende Aufstellung ist ein Versuch, die am häufigsten angewendeten oder im Internet zu findenden Diäten, die als „Krebsdiäten“ gehandelt werden, kurz zu charakterisieren. Sie kann aber nicht vollständig sein, da immer wieder neue Varianten auftauchen. 1. Bedenkliche Diäten • Die Breuss-Diät fusst auf der Theorie, dass Krebs nur von festen Stoffen lebe und folglich durch eine Saftkur über 42 Tage ausgehungert werden könne. Die Erfahrung zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr wird neben einer massiven Gewichtsabnahme auch das Immunsystem geschwächt, und nach Beendigung der Diät kann ein beschleunigtes Tumorwachstum eintreten. Grundsätzlich ist Mangel- und Unterernährung kein geeignetes Mittel in der Krebstherapie. • Der Gerson-Diät liegt die Vorstellung zu Grunde, Krebs sei Folge einer inneren Vergiftung. Die Diät selbst besteht aus Obst, Gemüse und Getreide – und aus frisch gepressten Kalbslebersäften. Ausserdem sind alle vier Stunden, auch nachts, Kaffee-Einläufe zu machen. Die Betroffenen werden also am Schlafen gehindert und durch die Schadstoffe aus der Kalbsleber vermutlich auch vermehrt belastet. Es wurden zwar Heilungserfolge behauptet, doch sie hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. • Die makrobiotische Diät nach Kushi-Ohsawa kann vor allem dann problematisch sein, wenn sie streng nach Buch und nicht auf Grund individueller Beratung durchgeführt wird. Sie geht von einer inneren Vergiftung als Krebsursache aus. Durch eine Folge von zehn Diätstufen, die auf Getreide basieren und von Stufe zu Stufe immer weniger Variation zulassen, soll der Patient gesunden. Besonders nachteilig kann sich bei dieser Diät eine möglicherweise strenge Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr auswirken. • Die Burger-Diät dagegen erlaubt alles, was schmeckt und gut riecht. Krebs gilt hier als Folge der Nahrungszubereitung durch Hitze, weswegen nichts gekocht und gebraten werden darf. Insbesondere im Fall von Seite 1 Fleisch und Eiern, ist diese Diät sicher nicht unbedenklich – insbesondere wenn das Immunsystem durch den Krebs und/oder Therapien geschwächt ist. Neben der Infektionsgefahr können Mangelzustände auftreten, da nicht alles in rohem Zustand verdaubar ist - besonders während Chemo- und/oder Strahlentherapien. • Diät nach Leupold/Ohler: Leupold glaubte, die Ursache der Krebsentstehung liege im KohlenhydratStoffwechsel. Also empfahl er eine Diät, die sehr wenig Kohlenhydrate (Zucker, Getreide und Getreideprodukte) enthält. Parallel dazu gab er den Patienten Insulin, ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel senkt. Diese Diät führte zu einer erheblichen Unterzuckerung der Patienten. Ernährungsexperten warnen davor. • Fastenkuren werden immer wieder empfohlen, um den Körper zu entschlacken und dem Krebs die Basis zu entziehen. Diese Idee geht von falschen Vorstellungen aus, wie sich Krebszellen entwickeln. Wir wissen heute, dass Krebszellen die lokalen Stoffwechselvorgänge um den Tumor herum, zu ihren Gunsten beeinflussen können. Mit einer Fastenkur kann die Krebszelle nicht ausgehungert werden. Eine Fastenkur bewirkt durch die Aktivierung der Reserven aus dem Fettgewebe kurzfristig ein energetisch gutes Gefühl. Sie stellt jedoch – insbesondere wenn sie über längere Zeit durchgeführt wird – eine Verminderung der Energie und der Vitalstoffe dar, die der Körper auch für sein Immunsystem braucht. Aus diesem Grund sind längere Fastenkuren auch als bedenklich anzusehen. Im Gegensatz dazu scheint man mit Fasten eine gewisse Schutzwirkung vor einer Krebserkrankung zu erzielen. Periodische Fastenkuren scheinen die Häufigkeit von Krebs zu reduzieren – sofern sich die Beobachtungen bei Tests mit Mäusen auf den Menschen übertragen lassen und dieser Effekt auch für unterschiedlichste Krebsarten gilt. Die Tests wurden bis jetzt nur mit Burstkrebszellen gemacht. 2. Unbedenkliche Diäten • Die Moerman Diät versteht Krebs als Folge eines Vitaminmangels. Dieses Defizit führe zu einer Gewebsalkalose auf deren Basis schlussendlich gesunde Zellen zu Krebszellen umgewandelt werden. Die Moerman-Diät ist eine laktovegetabile Diät die unter anderem Fleisch, Fisch, Zucker und Wasser verbietet. Dafür werden die nach Moerman „8 essentiellen Substanzen“ nämlich Vitamin A, B, C, E, Jod, Schwefel, Eisen und Zitronensäure zusätzlich zugeführt. Diese Diät richtet kaum einen Schaden an, eine Antikrebswirkung konnte aber nie nachgewiesen werden, obwohl die Diät sogar in einer holländischen Studie überprüft wurde. Die Houtsmuller Diät, die eine leichte Abwandlung der Moerman Diät darstellt ist gleich zu beurteilen. • Die Kousmine-Diät verwendet ebenfalls Vitalstoffe als Ergänzung. Verboten sind Fleisch und Fleischprodukte, Zucker soll durch Honig oder Rohzucker ersetzt werden, Getreide nur in unverarbeiteter Form gegessen werden, sowie viel Obst und rohes oder gekochtes Gemüse. Fett wird in Form kaltgepresster Öle verwendet. Als zweiten Eckpfeiler setzt sie auf „Darmhygiene“ durch Einläufe und Abführmittel. Drittens ging sie davon aus, dass Krebs auf ein gestörtes Säure-Basen-Gleichgewicht zurückzuführen ist. Schlussendlich wird auch eine psychosoziale Betreuung eingesetzt. Die Diät schadet kaum – ausser dass ein Patient in der Chemotherapie unbehandeltes Getreide kaum wird verdauen können und allenfalls Mikroverletzungen der Schleimhaut entstehen, die das Infektionsrisiko erhöhen. • Bei der Budwig-Diät wird im Fettstoffwechsel der entscheidende Faktor für die Krebsentstehung gesehen. Sie kann als Öl-Eiweiss Diät charakterisiert werden. Die Krebszellen sollen dadurch von einem anaeroben Stoffwechsel zurück zu einem aeroben Stoffwechsel geführt werden und dadurch wieder „normal“ werden. Die Diät verzichtet auf Fleisch, Fisch, Butter, konservierte Nahrungsmittel, Margarine, Nudeln,Tiefkühlprodukte und Zucker. Ungesättigte Fettsäuren gelten als günstig, gesättigte als schädlich. Der krebshemmende Effekt von ungesättigten Fettsäuren trifft nach neueren Erkenntnissen aber nur auf Omega-3-Fettsäuren zu, Omega-6Fettsäuren haben dagegen eher eine krebsfördernde Wirkung. Alle diese Effekte sind aber nur in-vitro d.h. nicht im lebenden Organismus nachgewiesen. Die Diät schadet nicht, kritisch ist, dass bei dieser Kost dem Körper in der Regel weit mehr Energie zugeführt wird, als er normalerweise braucht. Falls die hohe Eiweiss und Fettein- Seite 2 nahme vertragen wird, ist die hohe Kalorienzahl ein Vorteil während einer Chemo- bzw. Radiotherapie. Eine direkte Antikrebswirkung wurde nie nachgewiesen. • Die Diät nach Dr. Coy ist eigentlich eine Abwandlung der Budwig Diät, allerdings wird als Eiweissquelle nicht auf Fleisch verzichtet. Dr. Coy hat in Zellkulturen bei Tumoren einen speziellen Zellrezeptor (TKTL-1) beschrieben. Dieser kommt nicht bei allen Tumoren vor, es ist also zuerst ein Test durchzuführen, um zu bestimmen, ob die Krebserkrankung diesen Zellrezeptor exprimiert. Mit der Diät soll durch die Einschränkung von Kohlehydraten ein „Aushungern“ des Tumors erreicht werden. Verdächtig ist, dass dazu teure, extra zu bestellende Diätpräparate angewendet (Tavarlin®) werden müssen. Ein eindeutiger Effekt wurde bis heute in Studien aber nicht gezeigt. Die Diät ist im Moment sehr in Mode und schadet auf jeden Fall nicht. Billiger ist es jedoch, die Budwig Diät anzuwenden und diese allenfalls durch Fleisch zu ergänzen. • Die Bircher-Benner Diät wird ebenfalls bei Krebserkrankungen empfohlen. Sie ist eine laktovegetabile Vollwertkost. Bircher Benner machte die Harnsäure für die Entstehung von Krebs verantwortlich, und ist deshalb ein Anhänger der fleischlosen Ernährung – nicht nur bei Krebserkrankungen. Zuoberst steht bei Bircher Benner das Sonnenlicht. Frische Pflanzen waren deshalb für ihn am wertvollsten, weil sie diese Sonnenenergie am direktesten enthalten. Entsprechend hoch ist der Rohkostanteil der Bircher Benner Diät, die im Grundsatz unbedenklich ist. Aber auch hier gilt, dass Betroffene besonders während schulmedizinischen Therapien, Rohkost häufig nicht gut verwerten können. • Die Diäten nach Zabel oder Windstosser sind sich sehr ähnlich. Sie setzen auf eine beschränkte kalorische Zufuhr und auf eine Vollwertkost mit einem hohen Protein- und einen niedrigen Kohlehydratgehalt. Dabei wird auf ausreichende Zufuhr der Vitamine A, C und E und von Mineralstoffen geachtet. Rohkost spielt eine grosse Rolle, Fleisch wird weitgehend durch Sauermilchprodukte ersetzt, um die Gärungsprozesse im Darm zu regulieren. Im Prinzip eine unbendenkliche Diät allerdings nur bei Übergewicht über längere Zeit zu empfehlen (teilweise nur minimale Kalorienzufuhr). Für den Rohkostteil gelten die schon oben mehrfach erwähnten Einschränkungen während schulmedizinischen Therapien, ausserdem ist der Energiebedarf während einer Chemo-/Strahlentherapie erhöht und diese Diät könnte deshalb in dieser Zeit auch zu einem Mangelzustand führen, insbesondere bei der Variante nach Zabel. • Die Milchsäure-Therapie nach Kuhl ist wiederum eine ovo-lactovegetabile Diät.Viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte sind enthalten.Wichtiger Bestandteil ist der hohe Anteil an michlsäurehaltigen Lebensmitteln und als tierische Eiweissquelle dienen Eier.Verboten sind ausgemahlenes Mehl und daraus hergestellte Produkte sowie raffinierter Zucker inkl. Honig, ausserdem verboten sind Schweinefleisch, Wurstwaren und bestimmte Fische. Hauptprinzip ist das Verbot von denaturierten und isolierten Kohlenhydraten und der hohe Anteil an rechtsdrehenden Milchsäureprodukten. Die Diät ist unbedenklich und relativ ausgeglichen. • Die stoffwechselaktive Kost nach Anemüller-Ries reiht sich ein, in die Gruppe der lacto-vegetabilen Vollwert-Diäten. Auch hier werden viel Rohkost und Vollkornprodukte eingesetzt, ausserdem wird weitgehend auf Fleisch verzichtet. Die Zufuhr von Eiweissen ist eingeschränkt und sie sind in erster Linie pflanzlicher Herkunft. Verboten sind raffinierter Zucker, ausgemahlenes Mehl und Fette tierischer Herkunft. Ungesättigte Fettsäuren werden als günstig angesehen, gesättigte Fettsäuren sollten vermieden werden. 3. Ernährung um Gesund zu bleiben • Die anthroposophische Kost ist keine Antikrebsdiät und wird in der anthroposophischen Medizin auch nicht so verstanden. Sie lehnt sich im Wesentlichen an die Empfehlungen einer ausgewogenen Vollwertkost an, wobei auf bestimmte Lebensmittel wie Tomaten und Kartoffeln aus weltanschaulichen Gründen verzichtet wird. Seite 3 • Die chinesische 5-Element-Ernährung ist ebenfalls keine Antikrebsdiät. Sie wird als Ernährungssystem verstanden, das den Körper gesund erhält. Tritt eine Krankheit auf, dann werden auf der Basis von konstitutionellen Betrachtungen und Mangelzuständen individuell bestimmte Lebensmittel bevorzugt – dafür ist aber eine Fachperson mit Ausbildung in chinesischer Diätetik aufzusuchen. In der chinesischen Ernährungslehre gilt wie in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), dass ein Energiegleichgewicht und eine körperlich-seelische Harmonie aufrecht zu erhalten ist. Dazu dient eine ausgewogene, schmackhafte Kost und regelmässiges, pünktliches Essen in Ruhe mit Genuss und Konzentration. Die Ernährung ist in der TCM ein Aspekt einer ganzheitlichen Behandlung, zu der andere Methoden kombiniert werden wie Akupunktur, Kräuter, Qi Gong etc. Welche Ernährung ist sinnvoll? In jedem Fall, ob vor-, während oder nach Chemo- und/oder Radiotherapien sind die Grundsätze einer ausgewogenen Ernährung einzuhalten, die eigentlich ausschliesslich aus Frischprodukten (keine Fertiggerichte oder Halbfertigfabrikate) bestehen sollte. Ob und welche der oben charakterisierten Ernährungsformen eingesetzt wird, ist mehr unter dem Aspekt der individuellen Verträglichkeit und Vermeiden von Mangelzuständen zu beurteilen. Während einer Chemo- oder Strahlentherapie ist zu beachten, dass der Körper individuell sehr unterschiedlich reagiert, einen relativ hohen Kalorienbedarf hat, meistens eine reduzierte Verdauungskapazität aufweist und ein erhöhtes Infektionsrisiko hat. Die Ernährung während dieser Zeit muss darauf Rücksicht nehmen und das ist nicht bei allen Diäten gegeben. Interessant ist die Beobachtung, dass alle diese Diäten von ihren Begründern und noch mehr von den nachfolgenden Anhängern als erfolgreich angesehen werden, obwohl sie zum Teil völlig gegensätzliche Konzepte verfolgen (Eiweissreich vs. Eiweissarm, Kohlehydratreduktion vs. Bevorzugung von Kohlehydraten etc.). Fast alle Diäten verfolgen Ideen, die sicher unbestritten sind, wie z.B. der Verzicht auf raffinierten Zucker und Wurstwaren, die Betonung von Kohlehydraten die langsam aufgenommen werden, der Konsum von gesünderen Fetten und eine Betonung von Ballaststoffen, Obst und Gemüse. Dies stellt für die grosse Mehrzahl der Personen einen Wechsel zu einer wesentlich gesünderen Ernährung dar, als was sie normalerweise essen. Bis heute ist es nicht gelungen, eine direkte Antikrebswirkung von Diäten zu beweisen. Einzelfälle sind auf Grund des individuellen Verlaufs und möglichen Spontanrückgängen von Krebs, kein Beweis für eine Wirkung. Krebs ist ein Geschehen das in der Regel Jahre bis Jahrzehnte benötigt um sich zu entwickeln.Wenn ein Krebs so weit fortgeschritt ist, dass er sich als Tumor manifestiert, kann man den Krebs nicht mehr einfach mit einer Ernährungsumstellung zum verschwinden bringen. Die Ernährung spielt jedoch eine grosse Rolle als Begleitung vor, während und nach schulmedizinischen Therapien. Ausserdem ist eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung eine Massnahme um die Entwicklung von Krebs zu vermeiden. Für dieses Thema verweise ich auf meinen Artikel „Ernährung und Krebs“, der ebenfalls auf der Website in den Publikationen zu finden ist. © Thomas Reis, Feb. 2011 Seite 4