10. Magnetismus und magnetische Krafte Autoren: K. Andres, D. Zhang Version: 2.4.1998 (LATEXVersion) 7.4.1998 (AK) Dieser Versuch beschaftigt sich mit Magnetfeldern und ihrer Kraftwirkung. Sie werden Magnetfelder kennenlernen, die durch elektrische Strome in Leitern verursacht werden und solche, die mikroskopischen Ursprungs sind (Ferromagnetismus). Sie werden die Felder mit einer Hall-Sonde messen und ihre Kraftwirkung kennenlernen. Die Kraftwirkung der Magnetfelder ist z.B. die Grundlage fur magnetische Spannfutter. Die Kraftwirkung macht auch massive Konstruktionen bei groeren Magnetspulen und Elektromagneten notwendig. Literaturhinweise Dransfeld, Kienle, Physik II, Oldenbourg Verlag Ch. Kittel, Einfuhrung in die Festkorperphysik, Oldenbourg Verlag H. Zijlstra, Experimental Methods in Magnetism, North Holland Grundbegrie Folgende Begrie sollten Sie zu Beginn des Versuches kennen: Magnetisierendes Feld H~ Magnetfeld B~ Ferromagnet Hall-Sonde Feld einer Spule Kraft im Spalt eines Eisenjoches 10.1 Grundlagen 10.1.1 H und B Felder Sie werden im folgenden mit H~ und B~ Feldern konfrontiert werden. Dies fuhrt oft zur Verwirrung. Meist wird das Feld einer Spule als H~ Feld bezeichnet und das Feld innerhalb des Spaltes eines Eisenjoches als B~ Feld. In ihrer Wirkung unterscheiden 140 10.1 Grundlagen 141 sich diese Felder naturlich nicht. Wir nden aber einen Unterschied im Ursprung. Das H~ Feld wird von einem elektrischen Strom in einem Leiter verursacht, wahrend beim B~ Feld noch die Magnetisierung der Materie (also z.B. des Eisens) dazukommt. Sie werden (sollten) einwenden, da man die Magnetisierung ja auch auf (mikroskopische) Kreisstrome zuruckfuhren kann. Allerdings wissen wir uber diese Strome viel weniger, so da ein makroskopischer Standpunkt durchaus sinnvoll erscheint. Wir vernachlassigen also die Ursachen und betrachten die Magnetisierung als eigenes makroskopisches Phanomen. Bei der Entstehung der Maxwell-Gleichungen1 war dieser Standpunkt im ubrigen der einzig mogliche. Wir arbeiten also mit dem magnetisierenden Feld H~ und dem Magnetfeld B~ , welches sich zusammensetzt aus dem magnetisierenden Feld und der Magnetisierung. Im Vakuum, also ohne magnetisierte Materie, gibt es folglich auch aus dieser Sicht keinen Unterschied zwischen B und H . Etwas komplizierter wird das Ganze jedoch durch unser Masystem (SI). Wir benotigen die Induktionskonstante 0 zur Umrechnung, welche in diesem Sinne eine Masystemkonstante ist: B~ = 0H~ (im Vakuum): (10.1) In Materie fuhrt das H~ Feld zur Magnetisierung M~ und das B~ Feld ist: ~ B~ = 0 H~ + M~ = 0 H~ + H~ = 0H: (10.2) ist die magnetische Suszeptibilitat und ist die Permeabilitatskonstante . Fur den im Versuch verwendeten Ferromagneten ist die sog. Anfangspermeabilitat 1500. Wir haben hier den einfachsten Fall betrachtet bei dem nur eine Proportionalitatskonstante ist. Wir wollen uns an dieser Stelle nicht mit Tensoren und Nichtlinearitaten belasten. Ein Beispiel fur nichtlineares Verhalten konnen wir in Bild 10.12 erkennen. 10.1.2 Erzeugung von Magnetfeldern Wir konnen Magnetfelder durch elektrische Strome erzeugen. Meist ist dazu der Leiter zu einer Spule gewickelt. Fur den einfachsten Fall einer einzigen kreisformigen Leiterschleife mit Radius R in der x; y-Ebene (der Ursprung entspreche dem Kreismittelpunkt) erhalten wir fur die Feldkomponente in z-Richtung Hz = 12 JR2 (R2 +1z2)3=2 ; (10.3) wenn J der Strom ist, der durch den Leiter iet. Wir sehen sofort, da das Feld fur z R in etwa mit 1=z3 abnimmt. Das Feld innerhalb einer langen Spule ist (10.4) H = N l J ; wobei N die Windungszahl und l die Lange der Spule ist. 1 Die Maxwell-Gleichungen beschreiben vollstandig elektrische und magnetische Felder. 142 10. Magnetismus und magnetische Krafte Zur Erzeugung von Magnetfeldern konnen wir auch die Magnetisierung der Materie nutzen. Sie alle kennen ja Permanentmagnete. Dies sind sog. harte Ferromagnete , deren Magnetisierung sich nur durch hohe auere Felder andern lat. Andererseits konnen wir naturlich Ferromagnete zur Verstarkung unserer Spulen nach Gleichung 10.2 nutzen. Beim Abschalten des Stromes soll die Magnetisierung moglichst verschwinden, d.h. hier soll die Magnetisierung proportional dem aueren Feld sein. Dies ist der Fall in sog. weichen Ferromagneten . Die entscheidende Groe bei der Unterscheidung zwischen harten und weichen Ferromagneten ist die Restmagnetisierung nach Abschalten des magnetisierendes Feldes H~ . Man spricht auch von magnetischer Remanenz . Sie soll gro sein fur Permanentmagnete und moglichst klein fur Spulenkerne. In diesem Versuch verwenden wir ein Eisenjoch mit Spalt. Das Feld im Spalt (berechnet fur einen ferromagnetischen Torus, siehe Abschnitt 10.4) ist J N : Ba = 0 (l= )+d (10.5) d ist die Weite des Spaltes. 10.1.3 Messung von Magnetfeldern Auf eine bewegte Ladung q wirkt in einem Magnetfeld, welches senkrecht zur bewegungsrichtung steht, eine Kraft K . Diese Kraft wirkt sowohl senkrecht zur Bewegungsrichtung, als auch senkrecht zum Magnetfeld. Man bezeichnet sie als Lorentzkraft KLor = q (~v B~ ): (10.6) Betrachten wir die in Bild 10.1 dargestellte Anordnung, so verstehen wir leicht, da in diesem Fall im stromdurchossenen Leiter die Ladungen auf eine Seite des Leiters \gedrangt" werden, wodurch wir eine Spannung senkrecht zur Stromrichtung messen konnen. Dies ist der Hall-Eekt . Mit dem Hall-Eekt wird also im Prinzip die Lorentzkraft auf Ladungstrager im Magnetfeld, welche die Hallspannung VH erzeugt, gemessen. Bild 10.1: Prinzip der Hall-Sonde. 10.1 Grundlagen 143 Es gilt VH = 0 nJ eH d = nJ eB d (10.7) wobei B = 0H die Vakuuminduktion, n die Ladungstragerdichte, e die Elementarladung und d die Dicke des Leiterplattchens ist. Gemessen wird im Instrument die Hallspannung VH bei konstantem Strom J , welche proportional zum Feld H oder zur Vakuuminduktion B = 0H ist. Das Gerat ist geeicht in Tesla (Vakuuminduktion). Ein Feld von 107=(4) (A/m) erzeugt eine Vakuuminduktion von 1 Tesla: 7 104 A/m 1 T = 0 10 A/m oder 1 mT = 0 4 4 mit 0 = 410,7 AVms ) = Induktionskonstante Unser Gerat hat 4 Messbereiche (2, 20, 200 und 2000 mT), welche durch Tastendruck wahlbar sind. Der Schiebeschalter an der Stecksonde darf nicht auf Stellung x10 stehen! 10.1.4 Magnetische Krafte Magnetische Krafte werden verursacht durch elektrische Strome. Diese konnen in Stromleitern ieen, was Krafte zwischen diesen Leitern verursacht (parallele Strome ziehen sich an, antiparallele stossen sich ab) oder auch atomaren Ursprungs sein (z.B. Kreisstrome von Elektronen in Atomen mit nicht vollstandig gefullten Elektronenschalen). Im letzteren Fall sind die Atome magnetisch und besitzen ein magnetisches Moment m ~ . In einem einfachen Bild stellen wir uns Elektronen auf Kreisbahnen vor und konnen schreiben: m ~ = J F~ ; wobei J der Kreisstrom ist und F die Flache (der Vektor F~ steht senkrecht auf der Flache). Bild 10.2: Ein Elektron auf einer Kreisbahn, die die Flache F umschliet. In ferromagnetischen Materialien sind diese atomaren magnetischen Momente, welche meistens auch noch einen Beitrag vom Eigendrehimpuls (Spin) der Elektronen enthalten, praktisch alle gleich orientiert (im sog. magnetisierten Zustand). Zwei gleichsinnig 144 10. Magnetismus und magnetische Krafte Bild 10.3: Zwei Ferromagnete ziehen einander an, wenn sie entsprechend orientiert sind. magnetisierte Stabe von ferromagnetischem Eisen ziehen sich stark an, wenn sie einander nahekommen (Bild 10.3). Dies ist erklarbar, weil die atomaren Kreisstrome im Nord- und Sudpol der Eisenstabe sich zu zwei starken nahe beieinander liegenden parallel ieenden Kreisstromen addieren, welche sich anziehen. Mit dem magnetisierenden Feld H~ , welches von Stromen erzeugt wird, lassen sich die oben erwahnten Kraftwirkungen beschreiben. Jede Stromverteilung erzeugt ein deniertes H~ -Feld (s. Abschnitt 10.4). Eine kurze Spule z.B. erzeugt ein Fernfeld, das demjenigen eines punktformigen magnetischen Moments (oder magnetischen Dipols) im Zentrum der Spule sehr ahnlich ist. Im Innern einer langen Spule ist das Feld dasjenige einer Dipoldichte: Hi = J FV N = J FF l N = J l N wobei J = Strom (in A); F = Flache einer Windung (in m2); N = Windungszahl; l = Lange der Spule (in m). Fur die Kraft zwischen den beiden Spaltachen unseres Eisenjoches gilt angenahert (siehe Glg. 10.19): 2 K = 2Ba FJ; (10.8) 0 wobei FJ die Querschnittsache des Jochs ist. 10.2 Versuchsaufgaben 1. Messen Sie das magnetisierende Feld einer Stromspule (N = 1560 Windungen, l = 3:5 cm, mittlere Querschnittsache F = 21 cm2) auf ihrer Achse, als Funktion vom Abstand r vom Spulenzentrum, mittels einer Hallsonde. Zeigen Sie, da das Feld mit 1=r3 abnimmt, wie erwartet fur einen magnetischen Dipol der Starke J F N. 2. Verwenden Sie dieselbe Spule zur Erregung (d.h. Magnetisierung) des ferromagnetischen Eisenjochs mit variablem Spalt d. Messen Sie fur zwei Spaltbreiten je- 10.3 Versuchsdurchfuhrung 145 weils die Induktion B im Innern des Spalts als Funktion der Erregerstromstarke, wiederum unter Benutzung der Hallsonde. 3. Messen Sie fur dieselben zwei Spaltbreiten den magnetischen Druck mit Hilfe einer Druckmessdose ebenfalls als Funktion der Erregerstromstarke. Vergleichen Sie den gemessenen Druck mit dem von Versuch 2 erwarteten Wert (unter Verwendung von Glg. (10.19) in der Grundlage). 10.3 Versuchsdurchfuhrung Achtung! Die Fuhler der Hallsonde sind sehr delikat (und auch teuer!) und mussen sorgfaltig behandelt werden. Sie sind umsteckbar fur die Messung von Langsfeldern (fur Versuch 1) und Querfeldern (fur die Induktionsmessung in Versuch 2). Der Schiebeschalter an der Stecksonde darf nicht in Stellung 10 stehen. 10.3.1 Versuch 1: Messung des Feldes der Erregerspule Dazu ist diese Spule aus dem Eisenjoch auszubauen (linke Flugelmutter losen und Gelenkteil des Jochs nach oben herausziehen) und in die hierfur vorgesehene Vertiefung des Bretts (vorne links) einzusetzen. Sodann die Langsfeldsonde (die vorne rund ist) ins Hallmessgerat stecken und das Gerat seitlich in die hierfur vorgesehene Nut im Brett setzen. Die Abstande der Sonde vom Spulenzentrum konnen auf der cm - Skala abgelesen werden mit der Hilfe der Zwischenkante an der Stecksonde. Messen Sie fur verschiedene Abstande die Felder, und zwar jeweils nur den Unterschied des Feldes fur Strom J = 0 und J = 1 A. Hierdurch wird das Restfeld (z.B. das Erdmagnetfeld ) automatisch subtrahiert. Der Strom von 1 A soll jeweils nicht zu lange ieen, weil die Spule mit diesem Strom bereits warm wird! Die gemessenen B -Werte sind in die beim Versuch ausliegende Graphik ln B gegen ln r einzutragen, in welcher bereits die theoretisch erwartete Kurve fur einen punktformigen magnetischen Dipol eingezeichnet ist. 146 10. Magnetismus und magnetische Krafte 10.3.2 Versuch 2: Messung der Induktion im Spalt des Eisenjochs Bauen Sie die Spule nun wieder ins Eisenjoch ein. Entfernen Sie die Druckmessdose und legen Sie eines der geschlitzten Plattchen (1.1 oder 1.6 mm dick) in den Spalt. Die Hohe des Jochs ist so einzustellen, da die Spaltachen parallel zueinander stehen (hierzu kann die kleine Wasserwaage benutzt werden). Fuhren Sie jetzt vorsichtig die Querfeldhallsonde (mit dem achen Ende) in den Schlitz des Spalts und messen Sie fur ca. 10 Strome zwischen 0 und 1 A die Induktion im Spalt. Einige wenige Mepunkte sollen auch beim anschlieenden Reduzieren des Stroms aufgenommen werden. Tragen Sie die Messwerte in die beim Versuch ausliegende Graphik ein (fur beide Spaltgrossen). 10.3.3 Versuch 3: Messung des magnetischen Drucks Entfernen Sie die Hallsonde und die Abstandsplattchen und montieren Sie die Druckmessdose in den Spalt mit Hilfe der Halteplatte (mit dem rechteckigen Spaltloch) und den vier Flugelschrauben. Die Dose soll einigermaen um die Spaltache zentriert sein. Die Flugelschrauben sind runterzuschrauben und leicht anzuziehen. Legen Sie jetzt eines der ganzen Abstandplattchen (ohne Aussparung fur die Hallsonde) in den Spalt, um die gleichen Spalte wie beim Versuch 2 zu erzeugen (die Dicke der Membran betragt 0.2 mm). Schlieen Sie das Joch, regulieren Sie seine Hohe auf parallele Spaltachen und stellen sie an der Hydraulik durch Herausdrehen der Schraube einen Unterdruck ein. Dies druckt die Druckmembran ganz zusammen. Schalten Sie jetzt Erregerstrome ein und prufen Sie zunachst qualitativ (von Hand), wie die Kraft, mit der sich das Joch schliet, zunimmt. Schalten Sie den Strom wieder ab und senken Sie die Meuhr auf das Joch, bis sie gerade beruhrt und mit. Erhohen Sie jetzt den Druck (durch Reinschrauben der Hydraulikschraube) und prufen Sie, ob die Meuhr sich etwa beim U berdruck \0" bar zu bewegen beginnt. Messen Sie den magnetischen Druck fur Erregerstrome von 0-1 A auf folgende Weise: 1. Schalten Sie einen Erregerstrom ein; 2. Stellen Sie mit der Hydraulikschraube einen Unterdruck ein; 3. Erhohen Sie den Druck und messen Sie, bei welchem Druck sich die Meuhr zu bewegen beginnt. Kriterium: Die Uhr soll sich um 1/100 mm bewegt haben. 4. Vergleichen Sie diesen Druck mit dem nach folgender Gleichung (s. Grundlage) berechneten: 2 p = 2Ba 0 wobei Ba die in Versuch 2 fur dieselbe Spaltbreite gemessene Induktion ist. Entfernen Sie die Abstandsplattchen und messen Sie den magnetischen Druck nur mit der Messdose im Spalt (d.h. fur eine Spaltbreite von d = 0:2 mm). Dabei soll jedoch nur bis zum Druck 6 bar gemessen werden, weil bei hoheren Drucken die Membrane platzen kann! 10.4 Anhang: Grundlagen 147 10.4 Anhang: Grundlagen 10.4.1 Magnetfelder A hnlich wie das elektrische Feld die Kraftwirkungen zwischen elektrischen Ladungen beschreibt, kann man mit magnetischen Feldern die Kraftwirkung zwischen elektrischen Stromen beschreiben. Parallele Strome ziehen sich an, antiparallele stoen sich ab. Infolge des ersten Eekts beobachtet man in einem Gleichstromleiter bei hohen Stromen eine Erhohung der Stromdichte im Zentrum des Leiters (Pinch - Eekt). Jeder Stromleiter erzeugt ein magnetisierendes Feld (H~ -Feld), dessen Feldlinien Kreise um das Zentrum des Leiters in der Ebene normal zum Leiter beschreiben. Bild 10.4: Feldlinien um einen stromdurchossenen Leiter. H (r) = 2Jr (10.9) Die Feldstarke ist dabei umgekehrt proportional zum Abstand r vom Leiter (Glg. 10.9). Im SI - System liefert Glg. (10.9) direkt das Magnetfeld, welches in Einheiten von A/m gemessen wird. Aus Glg. (10.9) folgt das Dierentialgesetz: H ~ Zirkulation von H H~ d~s = J 2r = j ~ rotH = = (10.10) 2 Flache F F 2 r r F !0 wobei j die Stromdichte im Leiter ist. rot ist daher nur innerhalb des Leiters ungleich Null und verschwindet auerhalb des Leiters. Glg. (10.10) ist auch bekannt als das Ampere'sche Gesetz oder als 2. Maxwellgleichung der Elektrodynamik. Die Formel (10.10) erlaubt das einfache Berechnen von - Feldern von symmetrischen Spulenanordnungen, z.B. einer schlanken Toroidspule (Bild 10.5) Wenden wir den Satz von Stokes an auf die Integrationspfade 1, 2 und 3, so wird entlang Pfad 1: Z 1 H~ d~s = Z Z F1 rotH~ dF~ = j dF = 0 somit H = 0 entlang Pfad 1, weil keine Strome die Flache F1 innerhalb Pfad 1 durchstoen; 148 10. Magnetismus und magnetische Krafte Bild 10.5: Zur Berechnung des Feldes einer Toroidspule. Eingezeichnet sind verschiedene Integrationswege (1, 2 und 3). entlang Pfad 2: Z 2 H~ d~s = Z F2 j dF = N J R Das Integral H~ d~s kann man auch wie folgt schreiben: Z H~ d~s = H 2r = H l; wobei l die mittlere Lange der Toroidspule ist. Somit wird das Feld in der Spule H = N l J (10.11) Es ist praktisch homogen und zeigt in die Richtung der lokalen Spulenachse. entlang Pfad 3: Z 3 H~ d~s = Z F3 j dF = 0 weil ebensoviele positive wie negative Strome die Flache F 3 innerhalb des Pfades 3 durchstoen. Formel 10.11 ist auch richtig fur eine lange schlanke Spule, auer an ihren unmittelbaren Enden, wo H nur den halben Wert hat. Das H~ -Feld von beliebigen Spulen (oder Stromverteilungen) kann mit Hilfe des BiotSavartschen Gesetzes J jd~sj sin ' ~ (10.12) dH = 4r2 berechnet werden, welches angibt, wieviel Feld jedes Stromelement J d~s (zum Gesamtfeld im Punkt P beitragt (dH~ steht normal auf der Ebene aufgespannt durch d~s und ~r). Das Biot-Savart Gesetz ist eine integrale Form des Ampere'schen Gesetzes und kann daraus abgeleitet werden. 10.4 Anhang: Grundlagen Bild 10.6: 149 Zum Biot-Savartschen Gesetz. 10.4.2 Krafte zwischen Magnetfeldern Die Krafte zwischen Stromleitern kommen zustande uber ihre Magnetfelder. Sie lassen sich ableiten entweder aus der Energiedichte der Felder 2 Emag = 0 H2 [Joule/m3; SI] (10.13) oder, aquivalent, aus der Lorentzkraft, welche die Kraft angibt, die ein Stromleiter 2 im Magnetfeld des Stromleiter 1 erfahrt. Bild 10.7: Kraft zwischen zwei stromdurchossenen Leitern. K~ Lor = 0 J2 d~l2 H1 In beiden Fallen erscheint (im SI-System) die Induktionskonstante 0, die auch im h i Induktionsgesetz V = ,0 ddt F~ H~ = , ddt vorkommt. Man nennt B~ = 0 H~ die Induktion des Feldes H und = F B~ dF~ den Induktions- oder Feldu. Wahrend die Einheit von H im SI - System das A/m ist, ist die Einheit fur B das Tesla (=1 Vs/m2). Damit kann man die Energiedichte auch schreiben: Emag = B 2 H R 150 10. Magnetismus und magnetische Krafte Bild 10.8: Induktionsgesetz; durch ein zeitlich sich anderndes Magnetfeld wird eine Spannung induziert. und entsprechend die Lorentzkraft: K~ Lor = J2 d~l2 B~ h i 10.4.3 Magnetisierte Materie Da Materie \magnetisiert" sein und in diesem Zustand selbst Magnetfelder erzeugen kann, ist am oensichtlichsten in ferromagnetischer Materie. Man kann sie sich vorstellen als bestehend aus atomaren magnetischen Dipolen, welche (im vollstandig magnetisierten Zustand) alle in dieselbe Richtung zeigen. In Analogie zum elektrischen Dipol kann man sich einen magnetischen Dipol vorstellen als zwei entgegengesetzte magnetische Ladungen, die durch den Abstand d getrennt sind (Bild 10.9). Bild 10.9: Das Feld eines magnetischen Dipols. Magnetisches Moment m ~ = qm d~ (= magnet. Dipol) Wie skizziert, erzeugt jeder solche atomare Dipol ein charakteristisches H~ -Feld (Dipolfeld). Man kann nun theoretisch zeigen, da gewisse Verteilungen solcher Dipole exakt dasselbe Feld erzeugen wie Kreisstrome. Insbesondere ist das Feld eines Kreisstroms exakt dasselbe wie dasjenige einer konstanten Dichte von Dipolen auf der Kreisache. Der Kreisstrom J erzeugt dabei (im SI-Masystem) ein gesamtes magnetisches Moment der Groe m ~ = J F~ (= Summe der Dipole in der Flache). 10.4 Anhang: Grundlagen Bild 10.10: 151 Zur Vorstellung einer Volumendipoldichte im Inneren einer Spule. Das Feld H = NlJ im Innern einer langen Spule kann man sich deshalb auch vorstellen als herruhrend von einer Volumendipoldichte (Bild 10.10). Dipolmoment pro Windung = J F Dipolmoment von N Windungen = N J F Dipolmoment pro Volumeneinheit = m ~ =V = J F N=(F l) = J N=l = H~ Man nennt M~ = m ~ =V die Magnetisierung (= magnet. Moment pro Volumeneinheit). Man konnte das Feld H~ einer nackten Spule als die Magnetisierung des Vakuums bezeichnen. Normalerweise bezeichnet man jedoch als Magnetisierung nur das Zusatzfeld von magnetisierbarer Materie, mit welcher die Spule gefullt ist. Das Magnetfeld insbesondere einer kurzen Spule in groerem Abstand r von ihrem Zentrum ist identisch mit dem Feld eines gleich starken Dipols im Zentrum der Spule. Fur das Feld auf der Achse des Dipols gilt Hz = 21 mr3z (10.14) mit mz = J N F (J = Strom, N = Windungszahl, F = mittlere Windungsache) und fur das Feld in seiner A quatorialebene Hx;y = , 41 mr3z In para- oder diamagnetischer Materie ist die Magnetisierung proportional zum aueren angelegten Feld: M = H Die (dimensionslose) Suszeptibilitat ist positiv fur paramagnetische und negativ fur diamagnetische Materie. Sie ist (bei Zimmertemperatur) meist klein ( 104 , 10,7 ). Eine Ausnahme sind ferromagnetische Materialien, wo sehr gro werden kann (bis 105!), weil hier bereits existierende Domanen von hoher Magnetisierung durch ein aueres Feld lediglich noch ausgerichtet werden mussen. Es lassen sich also hohe innere Felder mit relativ kleinen aueren Feldern steuern, was den Ferromagnetismus fur Anwendungen attraktiv macht. 152 10. Magnetismus und magnetische Krafte Die Induktion B in magnetisierbarer Materie ist die Summe aus der Vakuuminduktion und dem Beitrag von der Magnetisierung: B = 0 (H + M ) = 0H (1 + ) = 0 H; = 1 + Man nennt die Permeabilitat. Zu beachten ist, da diese Beziehung nur fur lange schlanke Stabe gilt, welche in ihrer Langsrichtung magnetisiert sind. Fur andere Geometrien erzeugt die Magnetisierung nicht nur ein inneres Zusatzfeld M , sondern auch ein aueres Streufeld (das sogenannte Entmagnetisierungsfeld ). Es ist dem angelegten aueren Feld entgegengerichtet und schwacht es daher. Es ist besonders gro fur Scheiben, die quer zu ihrer Flache magnetisiert sind. Fur toroidale Geometrie verschwindet es vollstandig. Interessant ist der ferromagnetische Torus, welcher von einer Feldspule umwickelt ist und welcher einen Spalt der Breite d enthalt (Bild 10.11). Bild 10.11: Ein ferromagnetischer Torus mit einem Spalt der Breite d. Dann entsteht eine hohe Induktion B~ i im Innern des Ferromagneten, welche sich im Spalt fortsetzen mu, da das B~ -Feld quellenfrei ist (divB~ = 0). Bei genugend kleinem Spalt kann man das Streufeld vernachlassigen und es gilt Bi = Ba. Nach wie vor gilt fur das H~ -Feld das Ampere'sche Gesetz. Der Satz von Stokes, angewandt auf den gestrichelten Pfad, ergibt Z Z H~ d~s H l + H d = j dF = N J (10.15) = i a Im Innern des Ferromagneten ist Bi = 0Hi , und im Spalt gilt Ba = 0Ha. Unter Verwendung von Bi = Ba ergibt das Einsetzen in 10.15: Ba l + Ba d = N J 0 0 oder J N Ba = 0 (l= (10.16) )+d Glg. (10.16) gilt, solange noch nicht zu stark von H abhangt, d.h. fur Induktionen nicht zu nahe an der Sattigungsinduktion. Das Eisenjoch der Versuchsanordnung besteht aus gesintertem reinen Eisen (sog. Magneteisen), hat eine Anfangspermeabilitat 10.4 Anhang: Grundlagen 153 = 1500 und seine Lange l ist 34 cm. Es ist ein sog. \weicher" Ferromagnet mit einer Sattigungsinduktion von etwa 2 Tesla, dessen Induktion B = B (H ) eine weitgehend reversible Funktion ist, im Gegensatz zu \harten" Ferromagneten, welche eine hohe Hysterese aufweisen und nach dem Abschalten des Feldes eine hohe Remanenz zeigen (Bild 10.12). Bild 10.12: Die Hysteresekurven eines harten (Kurve a) und eines weichen (Kurve b) Ferromagneten. Oft ist auch B (H ) dargestellt. Wegen 0 M 0 H sind diese Kurven nur schwer unterscheidbar. Der Abstand d des Spalts ist einstellbar, jedoch ist es nicht der einzige Spalt im Joch. Durch die Lotstellen und vor allem am Gelenk existieren weitere Spaltstellen, so da wir mit einem eektiven Spalt de = d0 + d rechnen mussen, wobei d0 = 0:3 cm. Der Nenner von Glg. (10.16) l +d +d (10.17) 0 kommt einem magnetischen Widerstand gleich. Fur groere Spalte d wird er groer und verringert (bei gleicher Anregung J N ) die Induktion im Spalt. 10.4.4 Krafte zwischen den Polen eines Ferromagneten Wie oben gezeigt, lassen sich im Spalt eines fast geschlossenen ferromagnetischen Kreises hohe Induktionen erzeugen. Diese haben groe Krafte zwischen den Spaltachen, den sog. Polen, des Ferromagneten zur Folge. Man kann sie auf verschiedene Weisen berechnen oder abschatzen. Schwierig ist hierbei die Bestimmung des Streufeldes auerhalb des Spalts (Bild 10.13). Ist der Spalt d klein, so kann man in erster Naherung das Streufeld vernachlassigen. Die Kraft K~ lat sich dann z.B. berechnen aus der d-Abhangigkeit der magnetischen Energie im Spalt: 2 Em = 2Ba F d 0 Ba2 F m K = , @E = @d 2 J 0 (10.18) 154 10. Magnetismus und magnetische Krafte Bild 10.13: Das Magnetfeld im Spalt eines Eisenjochs. Im Versuchsexperiment messen wir diese Kraft in dem wir sie mit einem Druck p = K=FJ in einer dunnen Membrane im Spaltinnern kompensieren. Dieser \magnetische Druck" wird deshalb 2 (10.19) p = FK = 2Ba J 0 Glg.(10.19) ist aber nur richtig im Sattigungsgebiet, wo Ba = const: ist, weil wir bei der Dierentiation (10.17) die d-Abhangigkeit von Ba (Glg. 10.15 und 10.16) vernachlassigt haben. Diese Vernachlassigung (welche den magnetischen Druck kleiner macht), wird teilweise kompensiert durch den Streufeldeekt, welche ihn wieder vergroert. Fur eine Sattigungsinduktion von Ba = 2 Tesla, welche sich theoretisch fur d = 0 erreichen lat, erhalt man den maximalen magnetischen Druck: 2 4T2 A m = 2 106 N = 15:9 105 N = 15:9 bar pmax = 4T = 20 2 1:256 10,6 V s 1:256 m2 m2 Dieser relativ hohe Druck ist z.B. Grundlage magnetischer Spannfutter. Alternativ lat sich das Spaltfeld auch beschreiben durch ktive magnetische Flachenladungen Qm an den Spaltachen. Diese Flachenladungen an den Polen berechnen sich aus der gesamten Dipolstarke des Ferromagneten (Bild 10.14). Qm l = dm = M V Qm = M l V = M F = B F 0 m = QFm = B 0 Die Kraft auf das Element dF ist gegeben durch dK = 0 m dF H2 Der Faktor 12 kommt daher, da das gesamte B~ -Feld je zur Halfte von den positiv und negativ geladenen Flachen herkommt und fur die Kraftwirkung auf ein Ladungselement X 10.4 Anhang: Grundlagen Bild 10.14: 155 Fiktive magnetische Flachenladungen. einer Flache jeweils nur das - Feld der andern Flache verantwortlich ist. Der magnetische Druck wird daher wiederum B B2 = p = ddK m = F 2 20 in U bereinstimmung mit Glg. (10.18).