Kreisläufe geographisch neu

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Sonne, Wind und Teufelskreise
Eine Kurzbetrachtung einiger erdkundlicher Kreisläufe
VON WOLFGANG MOELLER (STRUBB)
Wie viele andere Planeten, so umkreist auch unsere
Erde die Sonne, diesen Fixstern der Milchstraße, der
150 Millionen Kilometer von uns entfernt Licht und
Wärme ausstrahlt. Die elliptische Umlaufbahn
weicht nur wenig (fünf Millionen Kilometer)
von einem Kreis ab. Ein Erdumlauf dauert
365,2422 Sonnentage. Diesen Zeitraum nennt
man das tropische Jahr. Danach wurde das
Kalenderjahr auf 365 Tage festgelegt. Nach
vier Jahren ergeben die übrigbleibenden fünf
Stunden 48 Minuten und 46 Sekunden fast
einen Tag.
Die Erde dreht sich entgegen dem Uhrzeigersinn in 24 Stunden einmal um ihre
eigene Achse (Rotation). Die wandernden
Licht- und Schattenhälften nehmen wir als
Tag und Nacht war. Die Erdachse ist gegenüber der Senkrechten zur Erdbahnebene (Ekliptik) um etwa 23,5 Grad geneigt. Die
Richtung der Erdachse, die in Richtung
zum Himmelsnordpol zeigt, bleibt während
des Umlaufs um die Sonne ständig gleich.
Daraus ergibt sich, daß die Sonnenstrahlen
in verschiedenen geographischen Breiten in unterschiedlichem Einfallswinkel auf die Erdoberfläche auftreffen. Somit entstehen aus dem Zusammenwirken von Umlauf
der Erde um die Sonne (Revolution) und gleichbleibender Neigung und
Richtung der Erdachse (Schiefe der Ekliptik) die Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst, Winter.
Ablenkungskraft
auf dem rotierenden Körper Erde
Die obige Abbildung zeigt Sonnenbahnen, wie sie an verschiedenen
Punkten der Erdkugel zu verschiedenen Jahreszeiten beobachtet werden.
Jeder Betrachter glaubt, oben auf der Erdkugel oder in der Mitte einer
unendlich großen Himmelskugel zu stehen. Nur im Bereich der oberen
Halbkugel, die das Himmelsgewölbe darstellt, ist die Sonne zwischen
Aufgang und Untergang für den Betrachter sichtbar.
Die rotierende Erdkugel bewirkt eine Ablenkung der Strömungsrichtung
von Luft- und Wassermassen (Corioliskraft; frz. Mathematiker und Physiker G.G. Coriolis, 1792-1843): auf der Nordhalbkugel nach rechts, auf der
Südhalbkugel nach links. Deshalb sind auf der Nordhalbkugel die
Windbewegungen in Hochdruckgebieten im Uhrzeigersinn, in Tiefdruckgebieten gegen den Uhrzeigersinn gerichtet.
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Zirkulation der Luft
Wird die bodennahe Luft bei starker
Sonneneinstrahlung erwärmt, so dehnen sich die Luftteilchen aus. Die
Luft wird im Verhältnis zur kühleren Umgebung leichter und
steigt auf. An der Erdoberfläche kommt es zu einer Abnahme
(Mangel) von Luftteilchen – es entsteht am Boden ein
Tiefdruckgebiet. Darüber kommt es zu einer Zunahme
(Überschuß) von Luftteilchen – es entsteht in der Höhe
ein Hochdruckgebiet. Bei Abkühlung der bodennahen Luft vollzieht sich der umgekehrte Vorgang. Die
Druckunterschiede werden durch das Nachströmen der Luftteilchen vom hohen zum tiefen Druck
ausgeglichen. Diese Strömung nennen wir Wind.
Je größer der Druckunterschied ist, desto kräftiger
weht der Wind.
Bedingt durch die unterschiedliche Sonneneinstrahlung kommt es zu unterschiedlich temperierten Luftmassen und somit zu Windgürteln auf
der Erde. Die Luftmassen, die von den Strömungen der die Erde umziehenden Windgürtel verfrachtet werden, bestimmen das Klima in einzelnen
Erdräumen (Polargürtel, mittlere Breiten, Subtropengürtel, Tropengürtel). Diese breitenabhängig charakteristische atmosphärische Zirkulation bestimmt
die Ausdehnung der jeweiligen Klimazonen. Die
ungleiche Verteilung von Wasser- und Landmassen
bedingt, daß Klimagrenzen nicht immer breitenparallel verlaufen.
Temperaturen, Winde und Luftdruck
Anteil an der Erdoberfläche: 71% Wasser, 29% Land
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Die Wetterkarte zeigt ein kräftiges atlantisches Tiefdruckgebiet mit
seinem Kern südlich Island
rechts: METEOSAT-Aufnahme eines Tiefs über Nordwest-Europa
Aufsteigende feuchte Luftmassen kühlen in höheren
Luftschichten ab; es kommt zu Kondensation und Wolkenbildung. Wird der Sättigungspunkt überschritten, gibt
die Luft die Feuchtigkeit als Niederschlag ab. Auf den
Wetterablauf in Europa hat u.a. das Island-Tief (Zyklone)
einen großen Einfluß. Angetrieben von dem kräftigen
Westwind (dem sogenannten „Jet-Stream“, Schwungrad
unseres Wettergeschehens) führt es warme und kalte
Luftmassen mit sich, die beim Aufeinandertreffen und
Verwirbeln starke Wolken- und Niederschlagbildung zur
Folge haben.
Auch hier zeigt sich ein immer wiederkehrender Ablauf: dringt warme Luft gegen kalte vor, so entsteht an der
Grenze eine Warmfront. Die (leichtere) warme Luft gleitet
auf die (schwerere) kältere auf. An
der Aufgleitfläche kommt es zur
Wolkenbildung, der Himmel
trübt sich ein. Zuerst erscheinen in ca. 8 Kilometern Höhe
hakenförmige Federwolken
(Cirren), die sich zu Schleierwolken verdichten. Nun
bilden sich bei sinkendem Kondensationsniveau
mittelhohe
Schichtwolken, die die
Sonne nur noch
schwach
durchschimmern lassen.
Bald sinkt die
Wo l k e n g r e n z e
unter einen Kilometer Höhe,
aus dichten
und dunklen Regenwolken
f ä l l t
gleich-
mäßiger, langandauernder Regen. Hat die Warmluft hinter
der abziehenden Kaltluft der Erdoberfläche erreicht, hört
dieser Landregen auf. Die Bewölkung lockert auf, doch ist
die Sicht aufgrund der feuchten Warmluft mäßig.
Auf der Rückseite des Tiefs, an der Kaltfront, schiebt
sich die schwere Kaltluft steil aufgerichtet gegen die
Warmluft vor. Es bilden sich Haufenwolken (CumulusWolken), aus denen großtropfige Regen-, Graupel- oder
Schneeschauer fallen. Dazwischen zeigt sich ein kräftig
blauer Himmel.
Eine extreme Variante solch einer Zyklone sind die
Hurrikane (in Asien: Taifune), von denen wir in unseren
Breiten gottlob verschont sind, da sie sich nur über
Meeresgebieten
mit mindestens
25 Grad Wassertemperatur
bilden.
Durch die
s t a r k e
Sonneneinstrahlung bilden sich
Dampfmassen,
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die von der Erdrotation in Bewegung gebracht werden
und immer mehr die feuchtheiße Luft nach sich ziehen.
Im Umkreis von 50 Kilometern erreicht der Wind bis 400
km/h. Oft entstehen sie vor der afrikanischen Westküste,
wandern im Passatgürtel westwärts, ziehen über die
Karibik und Südost-USA ihre zerstörerische Bahn, schwächen sich über dem kühleren Kontinent ab und gelangen
im Rahmen der atmosphärischen Zirkulation schließlich
zu uns als mehr oder weniger starke Tiefs.
oben: Hurricane Roslyn 1986
unten: Schnittdarstellung des „Auges“ eines Hurrikans
Tornados sind kleinräumige Wirbelstürme
über Landmassen, die
auf schmale Schneisen begrenzt sind, jedoch große Zerstörungen hinterlassen.
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Kreisläufe im Meer
Auch im Bereich der Meere spielen sich Kreisläufe ab. Der um die Erde rotierende Mond bewirkt im Zusammenspiel
mit ihr um einen gemeinsamen Schwerpunkt eine Fliehkraft, dagegen die Anziehung des Mondes – und in geringem
Maße der Sonne – eine Anziehungskraft. Aus der Wirkung dieser beiden Kräfte entstehen die Gezeiten (Ebbe und Flut).
Durch Meereströmungen werden große Wassermassen der Weltmeere über weite Entfernungen verfrachtet. Die
Oberflächenströmungen werden durch beständig wehende Winde ausgelöst. Tiefenströmungen (durchschnittlich 20
bis 30 Seemeilen pro Tag) entstehen durch den Austausch von Wassermassen unterschiedlicher Dichte, wobei die
Dichteunterschiede von Wassertemperatur und Salzgehalt abhängig sind. Warme Meeresströmungen sind polwärts
gerichtet (z. B. Golfstrom, Guineastrom, Brasilstrom), kalte Meeresströmungen äquatorwärts (z. B. Benguelastrom,
Humboldtstrom, Kalifornienstrom).
Die unterschiedliche Zufuhr von Strahlungsenergie der Sonne, die Umdrehung der Erde um ihre Achse und der
Umlauf der Erde um die Sonne sind die Faktoren, die den Zirkulationsmechanismus der Luft- und Meeresströmungen
antreiben.
Die übliche Zirkulation von Meeres- und Luftströmungen wird in einem bisher noch unbekannten Zyklus
unterbrochen, wenn eine Veränderung der Strömungsverhältnisse im Pazifik das El Niño-Phänomen auslöst, welches
schon mehrfach zu dramatischen klimatischen Veränderungen auf mehreren Kontinenten geführt hat (Dürre- bzw.
Regenperioden). Eine weitere Beeinflussung der Meeresströme erfolgt über die zunehmende Süßwasserzufuhr durch
Schmelzen der Eismassen u.a. der Antarktis. Befürchtungen gehen dahin, daß durch die damit verbundene
Veränderung der Salzgehalt- und Dichteverhältnisse die Strömungsstabilität grundlegend verändert werden kann.
Kreisläufe im Erdinneren
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Erdbeben, Vulkanausbrüche und Seebeben sind Auswirkungen eines weiteren Kreislaufes.
Die Erdkruste, auf der wir in Mitteleuropa leben, ist – vergleicht man die
Erde mit einem Ei – nur so dick wie
seine Schale (20 bis 70 Kilometer unter
den Kontinenten, nur sechs bis zehn
Kilometer unter den Ozeanen). Diese
Schale (Lithosphäre) ist im Laufe der
Geschichte in mehrere Schollen zerbrochen, die seither auf der zähflüssigen
Schicht des oberen Erdmantels (Asthenosphäre) herumschwimmen. Alfred
Wegener erkannte als Erster eine Kontinentaldrift, spätere Forschungen resulBewegungsabläufe nach der Theorie der Plattentektonik
tierten in der Theorie der Plattenverschiebung. Es sind Strömungskreisläufe des Magmas, die die aufliegenden Erdschollen mit sich ziehen (Geschwindigkeit: ca. 3 bis 5 cm pro Jahr). Dabei
stoßen diese aufeinander zu oder entfernen sich voneinander. Im ersten Falle werden die Krustenkanten gestaucht,
wobei Gebirge aufgefaltet werden (z. B.
Himalaya) oder unterschoben, wobei
sowohl Stauchung als auch Aufschmelzung in der Tiefe stattfinden. Das Ergebnis sind Gebirge mit starker vulkanischer Aktivität (z. B. südamerikanische
Anden). Dort, wo sich die Platten der
Erdkruste voneinander entfernen, entstehen innerhalb eines Kontinents die
Grabenbrüche (z. B. Ostafrikanischer
Graben), untermeerisch die Mittelozeanischen Rücken, aus denen magmatisches Material an die Oberfläche dringt.
Kreislauf der Gesteine
Alle Gesteine, die die Erdkruste aufbauen, ordnen sich in einen großen Kreislauf
ein. Aus der Tiefe des Erdmantels steigt das
Magma auf. In der Erdkruste oder an der
Erdoberfläche kühlt es sich ab. Dabei kristallisieren Minerale aus, es entstehen kristalline
Gesteine. Durch Verwitterung (Temperaturunterschiede, Frostsprengung) werden die miteinander verkitteten Minerale gelockert und
allmählich abgetragen. Das Lockermaterial wird
durch fließendes Wasser, Wind und Gletschereis transportiert und als Lockergestein auf dem
Land oder am Meeresboden abgelagert. Je mehr
Lockergestein sich anhäuft, um so größer wird
der Druck auf die Minerale. Sie verdichten und
erhitzen sich und verkleben miteinander zu
festem Sedimentgestein. Aus den Sedimentgesteinen können sich durch Abtragung erneut
Lockergesteine bilden. Gerät das Sedimentgestein in große Tiefen, entsteht durch Aufschmelzen der Minerale und Kristallisation
wiederum kristallines Gestein. Werden Sedimentgesteine oder kristalline Gesteine in der
Nachbarschaft einer Magmablase durch Erwärmung zum Aufschmelzen der Minerale gebracht, so bilden sich metamorphe Gesteine.
Auch die metamorphen Gesteine können zu
Lockergestein verwittern oder sich durch Aufschmelzen in kristalline Gesteine umwandeln.
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Kreislauf des Wasser
Der Kreislauf des Wassers entsteht aus dem Nebeneinander
und aus dem Übergang ineinander der drei Zustandsformen des Wassers: gasförmig, flüssig und fest. Diese
drei Aggregatzustände werden durch drei Vorgänge
zu einem Kreislauf verbunden: durch Verdunstung, Niederschlag und Abfluß.
Wasser verdunstet an der Oberfläche
der Meere. Als Wasserdampf steigt es in
die Höhe und kondensiert. Zum Teil
regnen sich die Wolken über dem Meer
ab, zum Teil tragen die Wolken und
wasserdampfhaltige Luftmassen (maritime Meeresluft) das Wasser zum Festland. Dort geben die Wolken einen
größeren Teil des Wassers als Niederschlag ab. Die Niederschläge fließen
entweder oberirdische ab, oder sie
versickern in das Grundwasser. Als
Fließwasser kehrt das Wasser wieder
in das Meer zurück. So ist das Meer
das Hauptglied eines großen Kreislaufes des Wassers.
Teufelskreis der Armut
Obwohl die Nahrungsmittelproduktion je Einwohner im Weltdurchschnitt
gestiegen ist und 1,2 Milliarden Menschen von Überernährung geplagt sind,
leiden etwa 1,2 Milliarden der Weltbevölkerung an Hunger, 2,0 Milliarden
sind unzureichend ernährt. Zwischen
der Ernährungssituation und der Nahrungsmittelproduktion gibt es keinen
direkten Zusammenhang. Hauptursache
für den Hunger in der Gegenwart ist die
weitverbreitete Armut, für die nebenstehend zwei Beispiele (von vielen möglichen) dargestellt sind, die die Teufelskreise erklären sollen.
Die Armut verewigt das Bevölkerungswachstum, da sie den Menschen Lebensbedingungen aufzwingt, unter denen es für sie keine Ausbildung, keine
Gesundheitsfürsorge, keine Familienplanung und keinerlei Aussichten zur Verbesserung ihrer Situation gibt.
Kreisläufe
des
Wohlstands,
der Zufriedenheit, einer glücklichen
Gemeinschaft ?
Wenn uns Leser von Idee und Bewegung mittels einer Skizze oder eines
prägnanten Kurztextes hierzu ihre Vorstellungen zuschicken, wird die Redaktion das Zugesandte gern in einer der
nächsten Ausgaben veröffentlichen.
[sbb]
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