gruner gruppe

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GRUNER GRUPPE
MAILING.
26
MAILING. 26
INHALT
NEST – MODULARE TESTPLATTFORM 10
4
Entwicklung nachhaltiger Gebäudetechnologien
Interview mit Prof. Dr. Arno Schlüter, ETH Zürich
«THE CIRCLE AT ZURICH AIRPORT» 6
Grossprojekt setzt neue Massstäbe
LABOR- UND BÜROGEBÄUDE ACTELION 8
Design und Forschung elegant kombiniert
MEHR PLATZ BEI PLANZER 10
Erweiterungsbau verdoppelt Kapazität
AUF INTERNATIONALEM PARKETT ZU HAUSE 12
Mit Erfahrung und kulturellem Fingerspitzengefühl
ABWASSERPUMPANLAGE NORD-JEDDAH 13
76 m tiefe Schlitzwände mit höchster Präzision erstellt
MEHR POWER DURCH MEHR SPEICHER 19
14
Doppeltes Speichervolumen durch geringe
Staumauererhöhung
NACHHALTIGKEIT BEI GRUNER 16
Interview mit Pierre Güntert, Teamleiter Nachhaltiges Bauen
SCHWEIZWEIT ERSTES HYBRIDKRAFTWERK 18
Angebot und Nachfrage intelligent gesteuert
WOHNÜBERBAUUNG STÖCKACKER SÜD 19
Innovative Gebäudetechnik für 2000-Watt-Areal
SOLAR DECATHLON EUROPE 2014 20
Erfolgreiche Nachwuchsförderung
HÖCHSTER TURM DER SCHWEIZ 21
Interdisziplinarität am Grossprojekt Roche-Turm
SKYLINE PARKING 24
Vertikales Parken in 60 Sekunden
RATHAUS TROGEN 26
Historisches Gebäude optimiert und modernisiert
BIEL WESTAST 28
Bauen in innerstädtischer Umgebung
UNTERFÜHRUNG BUSTRASSEE SUMPF 29
Drei Bauweisen für eine Baugrube
PROJEKT DER SUPERLATIVE 30
Brandschutzmandat Toni-Areal
NEUAUFTRÄGE 33
Querschnitt durch aktuelles Portfolio
STANDPUNKT 34
Schweizer Ingenieurkultur gefährdet?
IMPRESSUM
MAILING. der Gruner Gruppe, Ausgabe 26/2014, erscheint einmal jährlich
Adresse Gruner AG, Gellertstrasse 55, CH-4020 Basel Autoren Mitarbeitende der Gruner Gruppe Redaktion Sabine Rempert, Marketing,
Kommunikation, Gruner AG Gestaltung Brenneisen Theiss Communications, Basel Fotos Friedel Ammann, Basel, Ralph Bensberg, Zürich,
Lilli Kehl, Basel, Manfred Richter, Reinach
30
EDITORIAL
LIEBE LESERIN
LIEBER LESER
Als Planungsgruppe tragen wir wesentlich zur Gestaltung
der unbebauten und bebauten Umwelt von morgen bei.
In enger Zusammenarbeit mit Bauherren, Architekten und
Fachplanern entwickeln wir nachhaltige Lösungen für Bauvorhaben. Dabei hält uns der kon­tinuierliche Wissenstransfer mit Bildungs- und Forschungsinstitutionen am Puls der
Entwicklung. So zum Beispiel im Rahmen des Projektes
NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies).
Das modular aufgebaute Gebäude erlaubt, neue Konzepte
und Technologien effizient und unter realen Bedingungen
zu prüfen. In der Zusammenarbeit mit der ETH Zürich bringen
wir unser profundes Praxis- und Simulationswissen in die
Planung des Moduls HiLo ein, das den extremen Leichtbau
zum Thema hat. Wie wichtig die Kombination von Praxiswissen und angewandter Forschung ist, zeigt das Interview
mit Professor Dr. Arno Schlüter (Institut für Technologie in
der Architektur, ETH).
Dass wir für jede Anforderung eine nachhaltige Lösung finden,
beweisen die ausgewählten Bauprojekte auf den folgenden
Seiten. Zu unserem Portfolio zählen Projekte aller Dimen­
sionen. Und jedes davon gehen wir mit Engagement und
Freude an.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine abwechslungs­
reiche Lektüre.
Flavio Casanova
CEO Gruner Gruppe
Gruner aus Sicht des CEO
GRUNER MAILING. 26 3
AN DER
ZUKUNFT BAUEN
Ein Grossteil des schweizerischen Energiebedarfs wird durch
Gebäude verursacht und Jahr für Jahr werden zehn Tonnen
Baumaterialien pro Person verbaut. Innovationen sind
gefragt. Das Projekt NEST ermöglicht, solche praxisnah und
kosteneffizient zu testen.
Die Entwicklung innovativer Konzepte ist in
der Baubranche besonders schwierig. Einer­
seits sind sie mit hohen Investitionskosten
verbunden, die über lange Zeiträume amorti­
siert werden müssen. Andererseits besteht
eine hohe Regeldichte.
Innovationen von morgen heute erleben
Als «Zukunftslabor zum Leben und Arbeiten»
bietet NEST die Möglichkeit, zukunftsträchtige Bau- und Gebäudetechnologien unter
realen Bedingungen bauen, bewohnen, nutzen und wissenschaftlich begleiten zu lassen.
NEST wird als Wohnhaus, Büro- und Konferenzgebäude genutzt. Neuartige Materialien
und Komponenten sowie innovative Systeme
können so unter Alltagsbedingungen auf Herz
und Nieren getestet und weiterentwickelt
werden.
Innovationsthemen
Die experimentellen Wohn- und Arbeitsbereiche sind thematisch ausgerichtet, um gezielte Entwicklungsschwerpunkte zu setzen
und Ideenwettbewerbe zu lancieren:
–Leichtbauweise – Flexibilität und
Ressourcenschonung
–Modulares Bauen – kompakt für urbane
Verdichtung
–Glasarchitektur – Glas als Zukunftsbaustoff
–Natürliches Bauen – nachhaltige
Lebensqualität
–Digitales Wohnen – intelligente Technik
–Büro der Zukunft – für kreatives und
vernetztes Arbeiten
–Solares Fitness/Wellness – Erholung
ohne Energieverbrauch
© Empa/Gramazio & Kohler
Um die Innovationsentwicklung zu fördern,
braucht es Möglichkeiten, neue Konzepte
und Technologien in einem praxisnahen Umfeld zu prüfen. Genau hier knüpft das Projekt
NEST (Next Evolution in Sustainable Building
Technologies) an. Es handelt sich dabei um
eine modulare Forschungs- und Technologie­
transferplattform, welche die Empa* und ihr
Schwesterinstitut, die Eawag**, mit Unterstützung der ETH Zürich und der öffentlichen
Hand realisieren. Beteiligt sind ebenso Fach­
hochschulen, in- und ausländische Universitäten sowie führende Branchenplayer. Auch
die Gruner Gruppe bringt ihr langjähriges
Praxiswissen mit ein.
Plug-and-Play
NEST besteht aus einem zentralen «Rückgrat» für die tragenden Strukturen und für
die Versorgung mit Wasser, Strom und anderen Medien des Demonstrationsgebäudes.
An diese Struktur lassen sich rund 50 austauschbare Wohn- und Arbeitsmodule in einer
Art Baukastensystem «andocken», wo­durch
NEST sich stetig wechselnden Anforderungen anpassen kann und verschiedene Bau­
innovationen langfristig getestet werden können.
4
GRUNER MAILING. 26
Engagement der Gruner Gruppe
Eines der konstruktiv ambitioniertesten Projekte entsteht auf der obersten Plattform: das
HiLo-Modul der ETH Zürich, welches sich
dem extremen Leichtbau widmet. Federfüh­
rend sind Arno Schlüter und Philippe Block
vom Institut für Technologie in der Architektur (ITA). Das zweistöckige «Penthouse der
Zukunft» ist als Plus-Energie-Modul ausgelegt, die bautechnischen Lösungen für Dach
und Böden werden völlig neu konzipiert.
Die Gruner Gruppe bringt ihr profundes Praxisund Simulationswissen in das Modul ein und
arbeitet bei der gebäudetechnischen Planung
eng mit den Forschenden zusammen. Getreu
ihrer Unternehmensvision: Innovativ für die
Welt von morgen.
Interview mit Prof. Dr. Arno Schlüter (ETH ITA) und Manuel Frey (Gruner AG)
tionellen Holzschalungen kaum Material
benötigt, da alle Elemente wiederverwendet
werden können. Die adaptive Solarfassade
mit Dünnschicht-PV-Zellen ist auf einem
Drahtnetz aufgebracht, jedes einzelne Modul
wiegt nur wenige hundert Gramm.
Manuel Frey (links) und Prof. Dr. Arno Schlüter im Gespräch.
Wie kam es zu der Idee einer engen
Zusammenarbeit zwischen Forschung
und Partnern aus der Praxis?
Schlüter: Der Impuls kam von uns an der
ETH. Wir haben bereits in vorherigen Projekten zwischen Forschung und Anwendung
zusammengearbeitet. Mit dem HiLoModul haben wir die einzigartige Chance,
Ergebnisse aus der Forschung in einem
realen Gebäude umzusetzen. Hierfür brauchen wir Praxispartner, die unsere Ideen
verstehen und helfen können, sie optimal
umzusetzen.
Was ist einzigartig an der Zusammenarbeit im Projekt HiLo?
Schlüter: Hervorzuheben ist die enge Verzahnung zwischen unserer angewandten
Forschung und dem Praxiswissen der Planer.
So erhalten wir schnelles Feedback zu
Umsetzung und Detaillierung unserer Ideen.
HiLo muss am Ende ein funktionierendes
Wohnmodul sein, in dem man leben und
sich wohlfühlen kann.
Frey: Durch die intensive Zusammenarbeit
können bereits in frühen Planungsphasen
Weichen für die effiziente und effektive
Umsetzung hoch innovativer System- und
Anlagenkomponenten gestellt werden. Dadurch wird ermöglicht, Forschungsideen
rasch in der Praxis umzusetzen und in der
Realität zu testen.
Was sind die Highlights Ihres Moduls?
Schlüter: Der Fokus bei HiLo liegt auf extre­
mem Leichtbau: Die Deckenschale wiegt
wesentlich weniger als ein konventionelles
Dach und braucht so weniger Beton und
Stahl, die beide in der Herstellung viel Energie benötigen und Emissionen verursachen.
Die Decke wird mit einem Kabelnetz und
eingelegten Textilien geschalt, ein neues
Verfahren, welches im Vergleich zu konven-
Wieso ist gerade Ihr ETH-Bereich
prädestiniert?
Schlüter: Am Institut für Technologie in der
Architektur (ITA) kommen alle relevanten
Kenntnisse und Fähigkeiten für hoch innovative Bauprojekte zusammen. In diesem
Projekt arbeiten die Professuren von Philippe
Block und mir zusammen, um integrierte,
synergetische Lösungen zu entwickeln,
beispielsweise für unser Deckensystem.
Herr Frey, Ihre Abteilung unterstützt das
Projekt bei der Gebäudetechnik­planung
und mit Simulationen. Wie profitiert
Gruner von der Mitwirkung in diesem
Zukunftsprojekt?
Frey: Die Mitarbeit an Pilot- und Forschungsprojekten ausserhalb üblicher Denkschemata
stärkt unsere Innovationskraft und Wett­
bewerbsfähigkeit. Sie ermöglicht unseren
Mitarbeitenden, am Puls von Entwicklungen
in der Baubranche zu bleiben. Gruner unterstützt gerne junge Architekten und Inge­
nieure an den Schweizer Hochschulen und
setzt damit den Firmengrundsatz «Innovativ
für die Welt von morgen» aktiv um. Für
Gruner bietet die Zusammenarbeit mit Hoch­
schulen bei Innovationsprojekten eine
inspirierende Erweiterung des Blickwinkels.
*Empa: Eidgenössische technische Materialprüfungsanstalt
**E awag: Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz
nest.empa.ch
GRUNER MAILING. 26 5
Stephan Rutner
Dipl. Architekt FH
Senior Projektleiter
Gruner AG, Basel
«THE CIRCLE»
© Flughafen Zürich AG
SETZT NEUE MASSSTÄBE
KENNZAHLEN
Grosses braucht die Besten. Deshalb haben sich die ausge­
wiesensten Fachleute zu einem Team zusammengeschlossen,
um gemeinsam das Jahrhundertprojekt in der Schweiz,
«The Circle at Zurich Airport», zu stemmen. Zusammen mit
S+B Baumanagement AG gründete Gruner die Planungsfirma
under construction ag.
Eigentümer/Entwickler
Flughafen Zürich AG
Co-Investor
Swiss Life AG
Architekt
Riken Yamamoto + Field Shop
Eröffnung
Das Projektteam S+B Baumanagement AG
und Gruner AG wurde von der Flughafen Zürich AG mit der Generalplanung des Gross­
projekts «The Circle» beauftragt. Die zwei
erfahrenen Unternehmen konnten die Bauherrschaft in einem mehrstufigen Auswahlverfahren von ihrer Leistungsfähigkeit überzeugen.
Geballte Kompetenz
In der neu gegründeten under construction ag
wird ein Team hoch qualifizierter Fachleute
von S+B Baumanagement AG und Gruner AG
das Projekt planen. Dabei zeichnet Gruner für
die gesamte Palette von Bauspezialisten, welche für ein Projekt in dieser Grösse notwendig
6
GRUNER MAILING. 26
sind, ver­antwortlich. Das umfasst Fachleute
aus den Bereichen Architektur/Generalplanung, Haus­technik, Bauingenieurwe­sen, Bau­
physik sowie Si­cherheit und Brandschutz.
Der Teufel steckt im Detail
Die Bauphase wird mehr als fünf Jahre dauern und von allen beteiligten Fachleuten und
Spezialisten ihr ganzes Know-how und Engagement fordern. Per Ende September 2014
wurde das Bauprojekt der Bauherrschaft zur
Ausführung übergeben.
Aufgrund der Komplexität der Architektur und
der damit verbundenen hohen Anforderungen
an Design, Ästhetik und Technik wurde in
Geplant 2018
Grundfläche
40 000 m2
Nutzfläche (vermietbar)
2
180 000 m
Themenmodule
2
37 000 m
Hotel- und Veranstaltungsbereich
2
46 000 m
Headquarters und Büros
2
76 000 m
Parking
18 000 m2
Im März 2012 wurde die Baubewilligung für das grösste Hochbauprojekt
der Schweiz erteilt: «The Circle» beim
Flughafen Zürich. Im Jahr 2015 folgt
der Spatenstich und ab 2018 soll diese
aussergewöhnliche Kleinstadt mit den
Synergien einer Grossstadt eröffnet
werden.
einem für Bauprojekte eher unüblichen, sehr
hohen Detaillierungsgrad geplant. So wurden
beispielsweise weit über einhundert Details
bereits im Massstab 1:10 bzw. 1:5 erarbeitet
und koordiniert.
Nach Abgabe des Bauprojektes gilt es, für die
komplexe Fassade (Closed Cavity = zweischalig, technisch belüfteter Fassadenaufbau)
bis Ende 2014 die Ausschreibung zu erstellen. Das Team, bestehend aus Architekten,
Fassadenplanern und Spezialisten (Bauphysik), arbeitet derzeit unter Hochdruck an der
Erstellung der notwendigen Leitdetails und
Leistungsverzeichnisse. Die Fassadenfläche
beträgt immerhin rund 90 000 m2, was rund
13 Fussballfeldern entspricht.
Parallel zur Fassadenausschreibung wird das
Generalplanerteam an weiteren Studien und
Varianten zu verschiedenen Teilbereichen im
Projekt arbeiten.
Ein Grossprojekt stellt
grosse Herausforderungen
«The Circle» ist für die Bauherrschaft, die Ar­
chitekten und die ausführenden Baufachleute
eine einzigartige Herausforderung. under con­
struction ag übernimmt die gesamte Planung
und Koordination sämtlicher Aufgaben mit
allen beteiligten Spezialisten und garantiert
die sorgfältige und effiziente Abwicklung des
Projekts.
«The Circle» hat eine eigenständige und star­
ke architektonische Identität. Die Architektur
wurde in Teamarbeit mit dem japanischen
Architekten Riken Yamamoto in Zürich weiter­
entwickelt. Die Zusammenarbeit verlangt von
beiden Seiten (Designarchitekt RY/Gene­ral­
planer) einen feinfühligen Umgang in Hinsicht auf den Anspruch einer hochstehenden
Architektur und deren Umsetzbarkeit, technisch sowie auch baurechtlich. Die zentrale
Aufgabe ist es, das Design und die Qualität
des Projektes mit den standortbedingten Ge­
Zürich ein Dienstleistungszentrum mit rund
180 000 m2 Nutzfläche. Von Hotels und Restaurants über Hauptsitz- oder Büroflächen bis
zu Event- und Weiterbildungsangeboten bietet «The Circle» einen durchdachten Angebotsmix an einem erstklassigen Standort in
Gehdistanz zu den Terminals am Flughafen
Zürich.
setzen und Normen (CH) und den Regeln der
Baukunst in Einklang zu bringen.
Durch die räumliche Zusammenarbeit mit den
Lead-Design-Architekten aus Japan – welche
mit dem Generalplanerteam vor Ort zusam­
menarbeiten – ist der Informationsaustausch
mit Riken Yamamoto in Japan sichergestellt.
Unterstützend hierzu wurden im Verlaufe
des Bauprojektes auch mehrere Workshops
(ca. zweimonatlich) – an denen Riken Yamamoto persönlich teilnahm – durchgeführt.
Bei diesem Projekt darf durchaus von einem
Grossprojekt gesprochen werden. Im Grunde
handelt es sich bei «The Circle» um einen
eigenständigen Stadtteil.
Die Projektgrösse ist auch für die Gruner
Gruppe das «Highlight» in ihrer bisherigen
Firmengeschichte. Es handelt sich um ein
nicht alltägliches Projekt, welches zumindest
in der Schweiz «seinesgleichen» sucht und
eine grosse Herausforderung und Verantwor­
tung für alle Projektbeteiligten bedeutet.
Schweizweit einmalig
Mit diesem zurzeit grössten Hochbauprojekt in der Schweiz entsteht am Flughafen
GRUNER MAILING. 26 7
Hans Bill
Hochbauzeichner
Senior Bauleiter
Gruner AG, Basel
DESIGN UND FORSCHUNG
ELEGANT KOMBINIERT
Die erfolgreiche Realisation
eines komplexen Gebäudes
bedingt eine ausgewogene
Koordination der gestalteri­
schen Ansprüche der Design­
architekten mit den funktio­
nalen und wirtschaftlichen
Vorgaben der Bauherrschaft.
Ein gutes Beispiel dafür ist
das neue Labor- und Büroge­
bäude von Actelion.
Seit der Gründung von Actelion Pharmaceu­
ticals Ltd. im Jahr 1997 begleitet Gruner deren Bauprojekte als Generalplaner. So auch
beim neuen Labor- und Bürogebäude H89/
G06, das von Herzog & de Meuron entworfen wurde. In der Verantwortung der General­
planung lag unter anderem die Koordination
zwischen den architektonischen und den funk­
tionell bauplanerischen Aspekten.
Architektur und Funktion im Einklang
Die über die Fassaden auskragenden Geschossplatten sind ein markantes visuelles
Merkmal dieses Gebäudes, das durch die
feinen Horizontallinien der Geschossplatten
eine subtile Gliederung erfährt. Die raumhoch
verglasten Fassaden lassen den Innenraum
fliessend in den Aussenbereich übergehen.
Die umlaufenden Balkone bieten die Möglichkeit für kurze Pausen im Freien und dienen gleichzeitig der einfachen Reinigung der
Fassade. Als statischer Sonnenschutz reduzieren sie in Kombination mit der Verjüngung
des Gebäudes nach oben die solaren Lasten.
Im Gebäudeinnern fällt die wellenförmige
Sichtbetondecke auf. In ihr ist die komplexe
Haustechnik untergebracht, die so von aussen nicht erkennbar ist. An den Kopfenden
aller oberirdischen Geschosse befinden sich
Kommunikationszonen. Sie sind mit elegant
geschwungenen Wendeltreppen untereinan­
der verbunden.
Anspruchsvolle Tragkonstruktion
Für die technische Ausführung der architektonischen Ansprüche mussten wir nach flexiblen Lösungen suchen. Insbesondere das
komplexe Tragwerk stellte höchste Anforderungen an alle Projektpartner.
8
GRUNER MAILING. 26
Von der Vision zum Meilenstein
Als Generalplaner sind wir auch zuständig für die Ausführungsarchitektur. Dabei sehen wir uns manchmal
mit Ideen konfrontiert, für deren Umsetzung noch keine
Erfahrungswerte existieren oder die bis ans Limit des
Machbaren gehen. Hier sind vor allem unsere Projektleiter als Schnittstelle zwischen Bauherr, Architekt und
Ausführenden gefordert.
Kreative Zusammenarbeit
Eine fundierte Beratung ist das A und O. Wir zeigen zum
Beispiel auf, warum etwas technisch nicht umsetzbar
ist, und unterbreiten einen realisierbaren Vorschlag.
Im Falle des Labor- und Bürogebäudes haben wir zum
Beispiel anhand eines detaillierten 1:1-Mock-ups
(10 × 10 m) die nötigen Optimierungen mit dem Bauherren und dem Baubegleiter von Herzog & de Meuron
besprochen.
In zahlreichen Diskussionen näherten wir uns Schritt
für Schritt dem Ziel: der technischen Ausführbarkeit der
hohen architektonischen Ansprüche unter Berücksich­
tigung der Funktionalität und der Wirtschaftlichkeit.
Innovative Lösungen
Solche Entwicklungsprozesse verlaufen nicht immer
reibungslos. Aber in der kreativen Auseinandersetzung
entstehen innovative Lösungen. Wie für die unglaublich
schön geschwungenen Wendel­treppen im Laborgebäude, die mir sehr gut ge­fallen. Dass wir uns immer
wieder intensiv und kons­truktiv mit Visionen auseinandersetzen, macht uns letztendlich zum idealen Partner
für architek­tonisch anspruchsvolle Bauprojekte.
H89
Laborgebäude
84 390 m3 umbauter Raum
Gebäude total 23 252 m2 GF
54 Labore
G06
Bürogebäude
54 880 m3 umbauter Raum
Gebäude total 14 924 m2 GF
210 Büroarbeitsplätze
Die Tragstruktur und die Fassade wurden
nach funktionalen Abhängigkeiten zu Statik
und Haustechnik konzipiert. Dies wird durch
die wellenförmigen Deckenquerschnitte erkennbar, welche den Kräfte- und Momentenverlauf der horizontalen und vertikalen
Kräfte aufnehmen. Der verstärkte Deckenquerschnitt im Bereich der Stützen gewährleistet die Lasteneinleitung der bis zu 3.25 m
auskragenden Geschoss­p latten sowie die
Abfangung der versetzten Stützen. Eine besondere Herausforderung stellte die Ausformung der Geometrie der Decken und der
Wendeltreppen dar. Diese speziellen Formen
der Betonschalungen sind mit vorgefertigten
Elementen einer Zimmerei erstellt worden.
Weiterer attraktiver Blickfang
Die Zusammenarbeit im Team, mit dem Bau­
herren und den Architekten gestaltete sich
in diesem Projekt sehr erfreulich. Zudem wur­
den wir innerhalb der Gruner Gruppe in den
Bereichen Tiefbau, Vermessung, Tragwerks­
planung, Umwelt, Sicherheit, Brandschutz,
Verkehr, Bauphysik und Gebäudetechnik kom­
petent unterstützt. Das Labor- und Bürogebäude ist ein weiterer Blickfang im neuen
Actelion Center.
GRUNER MAILING. 26 9
Sandro Brunella
dipl. Bauing. ETH
Abteilungsleiter Tragwerke
Gruner AG, Basel
MEHR PLATZ
BEI PLANZER
Das Logistikunternehmen Planzer ist auf Expansionskurs. Nur acht Jahre
nach Eröffnung des Logistikzentrums in Pratteln wurden die Kapazitäten
durch einen Erweiterungsbau mehr als verdoppelt. Das Ingenieurteam
von Gruner wurde erneut mit der Tragwerksplanung beauftragt.
Da wird der Mensch zum Zwerg: 51 Andockstellen für
Lastwagen, zwei zusätzliche Gleisanschlüsse, 14 190 m2
Umschlagfläche, 2280 m2 Bürofläche sowie ein 22 m hohes Hochregallager mit Platz für 27 000 Europaletten.
Der neue Erweiterungsbau der Planzer Transport AG ver­
doppelt das Gebäudevolumen des im Jahr 2006 eröffneten Logistikzentrums. Anfang September 2014 wurde der 8-stöckige Logistikanbau im Beisein von 270
geladenen Gästen feierlich eingeweiht.
10
GRUNER MAILING. 26
Ganz im Sinne der Bauherrin
Ein Projekt dieser Grössenordnung ist planungsintensiv.
Für die Bauingenieure von Gruner begann die Planung vor
rund sechs Jahren. Gefragt war Flexibilität bei gleichzeitiger Präzision der Abläufe. Dem Team ist es gelungen,
auch auf kurzfristige Änderungswünsche des Kunden und
der Architekten einzugehen. Stets konnten wir intern ge­
nügend Ressourcen aufbringen, um den Bauablauf reibungslos zu bewerkstelligen.
Ein entscheidender Punkt für die Bauherrin war, dass der
Betrieb des bestehenden Logistikgebäudes nicht tangiert wurde. Um die ankommenden und wegfahrenden
Lastwagen der Planzer Transport AG um die Baustelle
herumzuleiten, wurden vorgängig zwei Rampen errichtet.
Durch diese in Sichtbetonbauweise errichteten Überfüh­
rungsbauwerke sind die beiden Logistikgebäude heute
untereinander erschlossen.
Hochregallager als Herausforderung
Vor eine schwierige Aufgabe stellte uns das Herzstück
des Gebäudes, das Hochregallager. Normalerweise steht
ein Hochregallager aufgrund der Sensitivität gegenüber
differenziellen Setzungen direkt auf dem Boden. In Pratteln aber steht es im ersten Obergeschoss. Das vollauto­
matisch bewirtschaftete Hochregallager darf sich wegen
der sensiblen Fördertechnik nicht verziehen. Dank einer
exakten Berechnung der statischen Verformung unter
Berücksichtigung sämtlicher Langzeiteinflüsse konnten
wir garantieren, dass der Toleranzwert der Verformungen
von l/1000 eingehalten wird. Für eine Stahlbetonflachdecke mit einer Spannweite von 8 m und Nutzlasten von
40 kN/m2 ging das an die Grenze der Machbarkeit. Eine
ähnliche Lösung ist in der Schweiz nur ganz selten anzu-
Bodenbelastung
40 kN/m
Erweiterungsbau:
Länge
2
treffen. Besonders an diesem Beispiel zeigte sich, wie gut
die Zusammenarbeit funktioniert hat. Das Konzept konn­
te nur in enger Absprache mit der Bauherrschaft und dem
Regalplaner erarbeitet werden. Die Erfahrung aus Pratteln wird uns bei ähnlichen Projekten zugutekommen.
155 m
63 m
34 m
Eine mutige Einsparung
Die Planzer Transport AG kann nun ihren Kunden Lagerfläche für die unterschiedlichsten Bedürfnisse anbieten.
Im Lagergebäude gibt es sowohl eine Tiefkühlzone wie
auch Zellen mit Temperaturen zwischen 2 und 8 °C.
Breite
Dass gute Beratung der Bauherrschaft bares Geld bringen
kann, zeigte sich bei der umlaufenden Lastwagenrampe.
Im Zuge der Rohbauarbeiten schlugen wir vor, entgegen
dem Usus auf eine geplante Flüssigkunststoffabdichtung
zu verzichten und die rohe Betonplatte als Fahrbahn zu
nutzen. Um trotz fehlendem Oberflächenschutz die Qua­
lität dieses Gebäudebereichs sicherzustellen, wurde mit
der Bauherrin eine jährliche Begehung im Rahmen eines
Wartungsplans vereinbart. Unter dem Strich kommt diese
Variante günstiger zu stehen.
© Planzer Transport AG
Höhe
Das Beispiel zeigt, dass sich dank offenen Gesprächen
neue Lösungen ergeben. Der Projekterfolg basierte da­
rauf, dass Bauherren, Architekten und die am Projekt be­
teiligten Partner am gleichen Strick zogen und sowohl die
interne als auch die externe Teamarbeit funktioniert hat.
GRUNER MAILING. 26 11
Martin Brotzer
dipl. Bauing. ETH
Mitglied der Gruppenleitung, Leiter International
Gruner AG, Basel
AUF DEM INTERNATIONALEN PARKETT
ZU HAUSE
Eine erfolgreiche Beratungs- und Planungsleistung für Gross­
projekte in der ganzen Welt erfordert langjährige Erfahrung
in der Zusammenarbeit mit internationalen Teams sowie
kulturelle Sensibilität. Gruner bietet sich als idealer Partner
für internationale Bauvorhaben an.
Für Unternehmen, die bereits international
aufgestellt sind oder sich für ein internationales Bauvorhaben engagieren wollen, sind wir
der richtige Projektpartner. Denn der Aufbau
von ausländischen Produktionsstätten oder
komplexen Hochbauten ist kein leichtes Unterfangen. Andere Randbedingungen und
Projektabläufe, länderspezifische Normen
und Verordnungen sowie sprachliche und
kulturelle Unterschiede erfordern entsprechende Kenntnisse. Indem wir unser Fachwissen, unsere Dienstleistungen sowie unser
von Erfahrung geprägtes kulturelles Fingerspitzengefühl geschickt kombinieren, bieten
wir dem Bauherrn eine optimale Gesamt­
lösung an.
Internationaler Projektquerschnitt
Ob im nahen Europa oder in der fernen Mongolei – wir setzen uns für jedes Projekt mit
grossem Engagement und Freude ein. Mit
Begeisterung projektieren wir aktuell zum
Beispiel ein Kindersportland in St. Corona,
Österreich, je eine Zementfabrik in Nigeria
und Saudi-Arabien, den Ausbau des Volks­
wagenwerkes in Kaluga, Russland, sowie die
Swiss Green Towers in China.
© driendl*architects, Wien
Vielfältiges Leistungsspektrum
Dank unserer langjährigen Erfahrung auf
dem internationalen Parkett kennen wir uns
mit vielen länderspezifischen Gegebenhei-
ten aus. So kann unser Projektmanagement
den Bauherrn bereits von der ersten Studie
an kompetent beraten und unterstützen.
Dies schliesst auch vorgelagerte Abklärungen wie zum Beispiel Baugrunduntersuchungen und Vermessungsarbeiten mit ein. Als
Prüfingenieure und Experten werden wir oft
von den Bauherrn zur Sicherstellung der vertraglich vereinbarten Qualitätsanforderungen
in der Projektierung durch Dritte beigezogen.
Wettbewerb Convention and Exhibition Center in Nanjing, China. Lead driendl*architects, Wien, Österreich.
12
GRUNER MAILING. 26
Volkswagenwerk in Kaluga, Russland.
Mehrwert
Ein günstiger Leistungseinkauf ist nicht ein
Garant für eine günstige Realisierung des
Bauvorhabens. Nebst Termintreue ist die
qualitativ einwandfreie und wirtschaftlich
optimierte Projektierungsumsetzung von
massgebender Kostenrelevanz. Unsere lang­
jährigen Kunden wissen um unsere Qualität
und welchen Mehrwert respektive welche
Kostenminderung wir für ihre Bauvorhaben
generieren können.
Cane Cekerevac
Dr., dipl. Bauing. EPFL
Abteilungsleiter Untertagbau, Geotechnik
Stucky SA, Renens
MIT HÖCHSTER
PRÄZISION
IN DIE TIEFE
Jedes Projekt stellt eine einzigartige Erfahrung dar – das macht unseren Beruf so beson­
ders und weckt Begeisterung. Wir kommen
mit interessanten Leuten aus der ganzen Welt
in Kontakt und erweitern unser Know-how
mit jeder Herausforderung, die wir meistern.
So auch bei diesem Projekt, das wir für Abul­
jadayel, eines der grössten Bauunternehmen
in Saudi-Arabien, ausführen durften. Die Sicherung der 65 m tiefen Baugruben mit
Schlitz­wänden, der aussergewöhnlich grosse
Aushub und die spezielle Betonierung der
Bodenplatte stellten hohe technische und
baulogistische Herausforderungen an alle
Beteiligten.
Die 76.5 m tiefen Schlitzwände wurden mit
höchster Präzision in einem Zug von der Ober­
fläche aus erstellt. Dies war nur mit hoch ent­
wickelten Maschinen, die importiert werden
mussten, und erfahrenen Maschinenführern aus Europa möglich. Danach folgte der
gigan­
tische Aushub von rund 450 000 m3
Sand, Kies und Sandstein. Die 6 m dicke Bodenplatte erforderte wiederum eine spezielle
Bau­
weise: Damit keine Risse entstehen
konnten, wurde sie in neun verschiedene
Segmente aufgeteilt und in drei Schichten
betoniert. Vor jeder Betonierung wurde die
oberste Schicht speziell behandelt. Dank der
exakt gesetzten Schlitzwandabschnitte und
der geringen Durch­lässigkeit des Untergrundes mussten wir übrigens während der
Bauarbeiten nur etwa 10 l Grundwasser pro
Minute abpumpen.
Ein weiteres Highlight
im internationalen
Auftragsportfolio der
Gruner Gruppe war
das Mandat für die
zweittiefste Abwasser­
pumpanlage der Welt in
der saudi-arabischen
Stadt Jeddah.
Ich blicke mit Stolz auf dieses Projekt zurück, das wir im Oktober 2013 nach fast fünf
Jahren Planungs- und Bauzeit erfolgreich ab­
schliessen konnten. Die von Stucky erbrachten Leistungen umfassten die numerische
Modellierung der herrschenden Untergrundverhältnisse, die Ausführungsplanung (Sicherung und Aushub), die Projektierung der
inneren Konstruktion sowie der Bauten auf
den drei Schächten.
Unser Know-how und die Erfahrung aus verschiedenen Projekten im Ausland sind sicher
mit ein Grund, dass wir bereits mit einem
weiteren Projekt in Saudi-Arabien betraut
wurden: dem Abwasserstollen in der Stadt
Mekka.
KENNZAHLEN
Tiefe
65
m
Durchmesser
45
m
450 000
m3
Aushub
GRUNER MAILING. 26 76.5
m
tiefe Schlitzwände
13
Stefan Mützenberg
Dr. sc. nat., dipl. Geologe ETH
Mitglied der Gruppenleitung
Vorsitzender Geschäftsleiter Stucky SA
Stucky SA, Renens
Olivier Vallotton
dipl. Bauing. EPFL
Projektleiter
Stucky SA, Renens
MEHR POWER
DURCH MEHR
SPEICHER
Es muss nicht immer ein Neubau sein. Bereits eine
verhältnismässig geringe Erhöhung einer bestehenden
Staumauer kann das Speichervolumen verdoppeln.
Das Resultat: Nant de Drance – eines der leistungsfä­
higsten Pumpspeicherkraftwerke Europas.
Am Nant de Drance im Kanton Wallis sind die
Bauarbeiten für eines der leistungsstärksten
Pumpspeicherkraftwerke Europas im Gange.
Mit 900 Megawatt Turbinier- und Pump­leis­
tung wird es nach Inbetriebnahme Ende 2018
rund 2.5 Milliarden kWh Spitzenstrom erzeu­
gen. Während der Planungsarbeiten für das
unterirdische Pumpspeicherkraftwerk wurde eine Steigerung der Gesamtleistung von
600 auf 900 Megawatt beschlossen. Diese
Leistungssteigerung erforderte jedoch die
Vergrösserung des Reser­voirvolumens im
Oberwasserbecken Vieux Emosson. Stucky
14
GRUNER MAILING. 26
erhielt das Planungsmandat für die Erhöhung
der Staumauer, damit die an­gesteuerte Leistung erbracht werden kann.
Von der Schwergewichtszur Bogenstaumauer
Im Rahmen der Planungs- und Projektarbeiten erstellte Stucky unter anderem eine digitale 3-D-Modellierung der bestehenden und
der erhöhten Staumauer und beurteilte die
Auswirkungen auf die übrigen Konstruktionen.
Bereits mit einer Erhöhung um 21.6 m auf
76.5 m wird die Verdoppelung des Speicher-
volumens (24.6 Millionen m3) erreicht. Dabei
wird der Dammtyp von einer einfach gekrümmten Schwergewichts- zu einer doppelt
gekrümmten Bogenstaumauer geändert. Um
die korrekte Anschlussgeometrie zu erreichen, musste zuerst der obere Teil der Staumauer abgebrochen werden (15 000 m3). Die
Bauarbeiten schreiten gut voran. Der Abschluss ist auf Frühling 2015 geplant.
nant-de-drance.ch
WASSERKRAFT
MIT ZUKUNFT
Die Energiestrategie 2050 des Bundes setzt unter anderem
auf eine ausgewogene Ausschöpfung der vorhandenen
Potenziale der Wasserkraft. Wie kann sich die Gruner Gruppe
in diese Entwicklung einbringen?
Interview mit Dr. Stefan Mützenberg
Stefan Mützenberg, hat die Schweiz
noch Potenzial für neue Talsperren?
Neue Talsperren werden zurzeit kaum noch
erstellt. Das wirtschaftlich rentable Wasserkraftpotenzial in der Schweiz ist zu einem
grossen Teil ausgeschöpft. Zudem sind die
Anforderungen an Umweltschutz und Erholungsraum höher geworden. Allerdings öffnen sich durch den Gletscherrückzug Geländekammern, die für neue Speicherseen
geeignet sind. Bis diese Projekte ausführungsreif sind, wird es aber noch Jahre
dauern. Aktuell wird vermehrt auf Um- und
Ausbauten gesetzt.
involviert. In den letzten Jahren wurden wir
mit Gutachten zu verschiedensten Stauanlagen sowie mit der Ausarbeitung spezifischer Lösungen zur Nachrüstung von Anlagen mit unzureichender Erdbeben- oder
Hochwassersicherheit beauftragt.
Und wie ist die Lage in Europa und international?
In vielen Regionen der Welt ist das ungenutzte Wasserkraftpotenzial noch enorm
gross. Stucky ist schon seit Langem in inter­
nationale Wasserkraftprojekte involviert –
von Machbarkeitsstudien bis zur Ausführung
«DIE WASSERKRAFT WIRD AUCH IM KÜNFTIGEN MARKT
EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE SPIELEN, DAMIT DIE
HOHE FLEXIBILITÄT UND STETIGE VERFÜGBARKEIT UNSERER
STROMVERSORGUNG GARANTIERT WERDEN KANN.»
KENNZAHLEN
76.5 m
70 000 m3
Neue Staumauerhöhe
Betonvolumen
24.6 Millionen m
3
Neues Stauvolumen
1 2 Millionen m
3
Alleine das Mehr an Volumen
generiert so viel Strom, dass jede Woche
der jährliche Energieverbrauch
von 2500 Haushalten in der
Schweiz gedeckt werden könnte.
Lässt sich mit den bestehenden Anlagen
der steigende Bedarf an Energie decken?
Eine Steigerung der Wasserkraftproduktion
ist mittels Um- und Ausbauten bestehender Anlagen zu einem gewissen Masse
möglich. Zum Beispiel mit dem Einbau von
neuen Turbinen und Generatoren mit höherem Wirkungsgrad. Auch die Erhöhung von
Staumauern schafft eine Leistungssteigerung und mehr Flexibilität in der Stromproduktion. Stucky konnte unter anderem mit der
Erhöhung der Bogenstaumauern Luzzone
im Tessin, Cambambe in Angola und aktuell
Vieux Emosson im Wallis bereits mehrere
solcher anspruchsvollen Projekte zur Ausführung bringen.
Viele Talsperren sind seit Jahrzehnten in
Betrieb. Wie kann ihre Stabilität und Erdbebensicherheit gewährleistet werden?
Die Schweiz hat ein sehr bewährtes Konzept
für die Überwachung von Talsperren. Zudem hat der Bund Richtlinien für den Nachweis der Erdbebensicherheit bei bestehenden Stauanlagen herausgegeben. Stucky
war bei deren Erarbeitung von Anfang an
und zur Bauleitung. Die lange Tradition und
die hohe Qualität der Schweizer Inge­nieur­
dienstleistungen in diesem Bereich sind im
Ausland nach wie vor gefragt.
Die Expertise von Stucky reicht weit zurück. Wie auch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Gruner. Wie kam es dazu?
Unser Firmengründer Alfred Stucky war
von 1916 bis 1927 Bauingenieur und später
Teilhaber im Ingenieurbüro von Heinrich
Eduard Gruner in Basel. In dessen Auftrag
entwickelte er eine neue mathematische
Berechnungsmethode für Bogenstaumauern.
Die Staumauer Montsalvens (1920), ein
Planungsauftrag an das Ingenieurbüro Gruner, war die erste Europas, die mit dieser
neuen, sicheren Methode berechnet wurde.
Bis heute arbeiten unsere Ingenieure in
verschiedenen Gremien mit, damit die Berechnungen von Stauanlagen stets mit den
neuesten technologischen Entwicklungen
und Sicherheitsanforderungen Schritt halten
können.
GRUNER MAILING. 26 15
Pierre Güntert
Dipl. Ing. HTL/FH, Betriebswirtschafter STV
Teamleiter Nachhaltiges Bauen
Gruner AG, Basel
HEUTE WICHTIG,
MORGEN
UMSO MEHR
Nachhaltiges Bauen lässt sich nicht
mehr auf ökologische Belange reduzieren.
Ökonomische und gesellschaftliche
Aspekte sind heute genauso wichtig.
Nachhaltig Bauen heisst verantwor­
tungsvoll und ganzheitlich denken und
handeln.
Pierre Güntert, Sie sind bei der Gruner
Gruppe Teamleiter im Bereich Nachhaltiges Bauen. Sind Sie ein Idealist?
Ja und Nein. Ja, weil ich mich für Nachhaltigkeitsaspekte starkmache, obwohl mein
Tätigkeitsgebiet nicht selten als abgehoben
oder sogar als Kür angesehen wird. Nein,
weil nachhaltiges Bauen in Projekten und
Ausschreibungen zunehmend verlangt wird.
Warum ist dieser Aspekt im Bauwesen
so wichtig?
Die Bauwirtschaft in der Schweiz ist für den
grossen Boden- und Ressourcenverbrauch
sowie für die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ein Grund mehr,
dass nachhaltiges Denken und Handeln bei
Bauvorhaben zum Standard wird.
Das heisst also nicht nur «grün», sondern
«ganzheitlich» denken und handeln?
Der Ursprung des Nachhaltigkeitsgedankens
liegt im Umweltbereich. Die Nachhaltigkeitslabels der 1. Generation wie LEED und
BREEAM haben ihren Fokus in der Ökologie.
Die Labels und Standards der 2. Generation
wie DGNB/SGNI oder SNBS beziehen
16
GRUNER MAILING. 26
jedoch gesellschaftliche, prozessorientierte
und langzeitökonomische Aspekte (LCC) mit
ein. Damit wird dem ganzheitlichen Ansatz
einer nachhaltigen Entwicklung besser
Rechnung getragen.
Wie positioniert sich die Gruner Gruppe
gegenüber nachhaltigem Bauen?
Als eines der grössten und traditionsreichsten Ingenieur- und Planungsunternehmen
in der Schweiz hat die Gruner Gruppe vor
drei Jahren mit dem Aufbau des Bereichs
gezeigt, dass sie sich der Verantwortung für
die Auswirkungen ihres Handelns bewusst
ist. Unsere Vision ist, das Gros der Bau­
vorhaben in nachhaltigere Bahnen lenken
zu können. Hier setzt auch unser interner
Standard an, den wir entwickeln und der in
Zukunft bereits in unsere Grundleistungen
integriert sein wird.
Gruner entwickelt einen eigenen
Qualitätsstandard?
Wir legen grossen Wert auf ein zukunfts­
fähiges Dienstleistungsangebot. Mit der
Anwendung des Gruner Qualitätsstandards
wollen wir ganzheitliche Aspekte in fachli-
Gruner Dienstleistungen
im nachhaltigen Bauen
–Bauherrenunterstützung
Portfolioanalyse, Wettbewerbsvorbereitung, Fachexperte, Bedarfsplanung,
Zieldefinition, Planer Ausschreibung
–Wettbewerbsunterstützung
für Architekten, Generalplaner, Schulung/Sensibilisierung, Erstbeurteilung,
Potenzialanalyse, Optimierungsmassnahmen
–Ganzheitliche Machbarkeitsstudien
Erstbeurteilung, Grob- und Feinanalysen, Szenarien, Energiekonzepte,
Zielvereinbarung Nachhaltigkeit
–Zielformulierungsprozess
Datenmanagement, Moderation,
Workshop, Master-Pflichtenheft
–Erweiterte Nachhaltigkeitsbegleitung
Teamorientiertes Planen, Phasenabschluss, übergeordnete Qualitäts­
sicherung, Projekt-Qualitätsmanagement, Erstbeurteilung, Nachhaltigkeit
im Quartierbereich (SMEO)
–Zertifizierungsbegleitung
Minergie-Eco, 2000-Watt-Areale,
SNBS, DGNB/SGNI u.a.m.
Mehrwert durch den Einsatz
von Nachhaltigkeits-Tools
«NACHHALTIGES BAUEN IST EINE GRUNDPHILOSOPHIE, EIN PRAGMATISCHER ANSATZ,
DER VON DER GANZHEITLICHKEIT
UND DER VERANTWORTLICHKEIT FÜR DAS
EIGENE HANDELN GEPRÄGT IST.»
–Economic Sustainability Indicator – ESI
Nachhaltige Beurteilung von Immobilien mit direkter
Verbindung auf Discounted-Cash-Flow-Methode
(DCF)
–Gutes Innenraumklima – GI
Umfangreiche Messungen und Überprüfung im
Betrieb mit Zertifizierung für gesundes Innenraumklima speziell in sensiblen Bereichen (Altersheime,
Spitäler, Grossraumbüros etc.)
–SIA 112/1 Nachhaltiges Bauen – Hochbau
Checklisten zur Zielvereinbarung Nachhaltigkeit im
Hochbau
–SIA 112/2 Nachhaltiges Bauen – Tiefbau und
Infrastrukturen
Checklisten zur Zielvereinbarung Nachhaltigkeit im
Tiefbau und Infrastrukturen (in Vernehmlassung)
–Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS)
Pierre Güntert
haltigkeitsberaters bereits beim Projektstart
als Teil des Kernteams ausschlaggebend
für den Erfolg. Die grossen Weichen für ein
zukunftsfähiges Projekt werden in den frühen Phasen gestellt. Nachhaltigkeit lässt
sich nicht einfach am Schluss noch «überstülpen».
Pierre Güntert und Roger Minder bilden das Kernteam Nachhaltiges Bauen. Unterstützt werden
sie projektspezifisch durch die weiteren Fachteams der Gruner Gruppe.
cher wie auch in prozessbezogener Hinsicht
in die täglichen Arbeitsabläufe integrieren
und damit gegenüber unseren Mitbewerbern einen Schritt voraus sein.
Mit welchen Tools arbeiten Sie heute?
Wir arbeiten erfolgreich mit einem inhouse
entwickelten Erstbeurteilungsinstrument,
das in sehr frühen Phasen zum Einsatz
kommt. Für die Zielvereinbarung und für die
Qualitätskontrolle arbeiten wir mit Hilfs­
mitteln und Checklisten gemäss SIA112/1,
SNBS, DGNB/SGNI, 2000-Watt-Areale
usw. Mit der «erweiterten Nachhaltigkeitsbegleitung» unterstützen wir den Kunden
auch prozessbezogen. Auf Wunsch bis zur
Zertifizierung.
Inwiefern kann der Bauherr von der
Nachhaltigkeitsbegleitung durch Gruner
profitieren?
Einerseits verfügen wir über ein breites
Know-how der fachspezifischen Kriterien
zur Nachhaltigkeit. Andererseits garantiert
ein richtig aufgegleistes Projekt mit klaren,
im Team erarbeiteten und gegenseitig
getragenen Zielvorgaben einen schlankeren
Planungsprozess. Mit entsprechenden
Qualitätskontrollen im Projektablauf wirkt
das risiko- und kostenmindernd.
Wie sieht die ideale Projektmitarbeit aus?
Enormer Zeitdruck und eine steigende
Komplexität prägen die moderne Projektarbeit. Deshalb ist der Einbezug des Nach­
Welche konkreten Vorteile bietet eine
Zertifizierung dem Kunden?
Sie führt durch stark kontrollierte Massnahmen zu einigen Features bei der Energie­
effizienz, den Betriebskosten, der Umweltbelastung sowohl im Bau als auch im
Betrieb. Nachhaltige Immobilien haben zudem einen höheren Marktwert und können
besser vermietet werden. Damit verringern
sich der Leerstand und das Investment­
risiko. Nicht zuletzt erhält der Kunde einen
Imagegewinn und eine vollständige und
umfangreiche Objektdokumentation.
Nehmen wir an, der Nachhaltigkeitsgedanke würde in alle Bauprojekte einfliessen. Wie sähe die Welt im Jahr 2050 aus?
Es würde sicher weniger gebaut und mehr
Bestehendes unterhalten und umgenutzt.
Der Hauptteil des Materialeinsatzes
stammt aus einem mehrstufigen Recyclingprozess. Gebäude, Quartiere und Städte
wären vermehrt energieautark und generieren ihren Energiebedarf im unmittelbaren
Umfeld selber. Zunehmend würden Gebäude zu Plus-Energie-Quellen und können
überschüssige Energie abgeben. In Zukunft
ist mehr Brainleistung und weniger Ressour­
ceneinsatz gefragt.
GRUNER MAILING. 26 17
Christian Gally
BSc Gebäudetechnik HLK FH
Projektleiter Energieanlagen
Gruner Gruneko AG, Basel
ANGEBOT UND NACHFRAGE
INTELLIGENT GESTEUERT
Im Rahmen der Energiestrategie 2050
des Bundes macht Regio Energie
Solothurn mit dem schweizweit ersten
Hybridkraftwerk einen wegweisen­
den Schritt. Gruner wurde mit der
Vorstudie, der Planung und der Um­
setzung beauftragt.
99.999% aussergewöhnlich hohe
Reinheit des gewonnenen Wasserstoffes.
Mit dem Hybridkraftwerk Aarmatt in Zuchwil werden die unabhängigen Energienetze
Strom, Gas und Fernwärme an einem Ort zu­
sammengeschlossen. Die Zielsetzungen sind
klar formuliert: das Angebot saisonaler Strom­
speichermöglichkeiten, die Umwandlung von
Strom zu Gas sowie der Ausgleich der Prognoseabweichungen beim Stromeinkauf. In
einer Vorstudie haben die Spezialisten von
Gruner innovative technische Lösungen aufgezeigt und analysiert. Mit dem Einsatz von
Wärmezentrale, Blockheizkraftwerk, Elektro­
lyseur (Power-to-Gas) und Speichermöglich­
keiten sollen die Ziele etappenweise bis Ende
2015 erreicht werden.
Kombination von effizienten Technologien
Zur Unterstützung des Fernwärmenetzes
wur­de in einem ersten Schritt eine 6-MWHeizzentrale inklusive dreier Wärmespeicher
erstellt. Sie verfügen über eine Kapazität von
je 5.5 MWh. In einem weiteren Schritt erfolgt
gegenwärtig der Bau des ersten von insgesamt drei geplanten Blockheizkraftwerken
mit 1.2 MW Leistung. Dieses wird Wärme
und Strom gleichzeitig produzieren. Alle Ener­
gieanlagen zusammen bilden eine leistungsstarke Wärmekraftkoppelungsanlage (WKK).
Herzstück des Hybridwerks ist ein PEMElektrolyseur (proton exchange membrane),
der in einem Power-to-Gas-Verfahren den
Die Spezialisten von Gruner
haben unser interdisziplinäres
Projekt­team moderiert und
mit ihm Lösungen erarbeitet,
haben diese plausi­bilisiert,
vertieft und geprüft, was letzt­
lich dazu führte, dass nun alle
drei Energieträger auf ideale
Weise zusammengeführt
werden.
Felix Strässle
Direktor Regio Energie Solothurn
18
GRUNER MAILING. 26
überschüssigen erneuerbaren Strom in Was­
serstoff umwandelt. Die PEM-Variante ist
gegenüber dem herkömmlichen Alkali-Elektrolyseur wesentlich einfacher im Unterhalt.
Weiter sind Massnahmen zur Betriebssicher­
heit (Explosionsschutz) einfacher lösbar. Der
generierte Wasserstoff erreicht mit der gewählten Technologie ohne aufwendige Reinigung eine hohe Reinheit (99.999 Prozent).
Er lässt sich dosiert ins Gasnetz einspeisen
oder im Zwischenspeicher einlagern. Im Kon­
zept angedacht sind weitere Komponenten
wie Methanisierungsanlage, Batteriespeicher
oder
Druckluftspeicher.
Ergänzende
Techno­
logien können Power-to-Heat und
eine Holzvergasungsanlage sein.
Das Pilotprojekt wird sowohl für den Kunden
als auch für Gruner wertvolle Erfahrungswer­
te liefern für künftige Projekte im Rahmen
der Energiestrategie 2050.
hybridwerk.ch
Jan Voigt
Dipl. Ing. Energie-/Umwelttechnik FH
Projektleiter Gebäudetechnik
Gruner Roschi AG, Köniz
VIEL VERANTWORTUNG
IM NEULAND
Die Siedlung Stöckacker Süd in Bern ist eines der ersten zertifi­
zierten 2000-Watt-Areale. Neben sparsamem Umgang mit Energie
sollen auch Abwasser und Biomasse sinnvoll genutzt werden.
Die Gebäude­technik stammt von Gruner.
Soziale Durchmischung soll in der Siedlung
Stöckacker Süd keine leere Floskel bleiben.
Anfang dieses Jahres wurde mit dem Bau der
32 Alterswohnungen, 26 Town-Houses sowie
88 Geschosswohnungen begonnen. Die neue
Überbauung mit ihren total 146 Wohnungen
ersetzt eine sanierungsbedürftige Siedlung
mit 106 Wohnungen aus den 1940er-Jahren.
In der Pflicht für Nachhaltigkeit
Neben sozialen Aspekten legte die Stadt Bern
als Bauherrin auch hohe Anforderungen an
die Ressourcennutzung fest. Die Gebäude
müssen den Standard Minergie ® -P-ECO sowie die Anforderungen der 2000-Watt-Gesellschaft erfüllen. Das Team von Gruner hat
die Gesamtprojektleitung Gebäudetechnik
inne. Neben der Gesamtplanung und der Koor­
dination der beteiligten Fachleute bedeutet
das in diesem Fall auch: Verantwortung für
das Erreichen des Minergie ® -P-ECO-Zertifikats und von Fördergeldern.
Innovative Gebäudetechnik
Nebst der Nutzung von Erdsondenwärme
wird ein Grossteil des Warmwassers mittels Sonnenkollektoren erzeugt. Ausserdem
wird überlegt, das anfallende Biogas aus der
Biomassenanlage zum Betrieb einer Grillstation zu verwenden. Wir sind stolz auf das
Vertrau­en, das der Bauherr mit der Auftragsvergabe in Gruner gesetzt hat.
Die hohe architektonische Qualität hat auch
die Bevölkerung überzeugt: Die Berner Stimm­
berechtigten haben das Projekt mit grossem
Mehr unterstützt. Die ersten Wohnungen
sollen 2016 bezogen werden können.
Stichwort
2000-Watt-Areale
Bis zum Jahr 2050 sollen die Gebäude in der Schweiz nur noch halb
so viel Energie verbrauchen und 80
Prozent weniger CO 2 verursachen
wie heute. Das Zertifikat für 2000Watt-Areale belegt, dass eine
Überbauung schon heute diese
strengen Ziele erfüllt. Das Zertifikat
berücksichtigt zudem die Bereiche
Mobilität, Ver- und Entsorgung sowie Management, Kommunikation
und Kooperation. Das Label wurde
erstmals im September 2012 verliehen. Voraussetzungen sind: ein
klar definierter räumlicher Perimeter,
eine eigene Identität sowie eine
Mindestfläche von 10 000 m2.
KENNZAHLEN
Gebäude
3
Wohnungen
146
Heizung
100% Erdsonden und
Wärmepumpe
Immobilien Stadt Bern
Warmwasser
stoeckackersued.ch
2000watt.ch
50% Solarkollektoren
27% Biogas
23% Erdsonden
und Wärmepumpe
Strom
1
00% Ökostrom
GRUNER MAILING. 26 19
Manuel Frey
B. Eng. Gebäudeklimatik
Projektleiter Bauklimatik, Simulationen
Gruner Roschi AG, Köniz
MY ROOM
OUR ROOM
YOUR ROOM
Zum ersten Mal hatte sich ein Schweizer
Team für die Teilnahme am Wettbewerb
«Solar Decathlon Europe» qualifiziert.
Mit seinem innovativen Architektur- und
Gebäudetechnikkonzept «smart sharing»
erreichte das Team «Lucerne-Suisse» in
der Gesamtwertung den 5. Platz.
Das Team «Lucerne-Suisse» vor seinem Prototyp your+, der im Kleinen
repräsentiert, was für das Grosse angedacht ist: Sharing!
Raumtyp III
your room
(öffentlicher Bereich)
Raumtyp I
my room
© Markus Käch, Hochschule Luzern
(Privatbereich)
Raumtyp II
our room
© Markus Käch, Hochschule Luzern
© Markus Käch, Hochschule Luzern
(halb öffentlicher Bereich)
Die drei entwickelten Raumtypen als
Grundlage des Prinzips «smart sharing».
«Entwickeln Sie ein architektonisch und tech­
nisch innovatives, energieeffizientes Solarhaus mit grossem Wohnkomfort.» Dies war die
Aufgabenstellung an die 20 internationalen
Hochschulteams, die sich für die Teilnahme am
«Solar Decathlon Europe 2014» qualifizieren
konnten. Das Team «Lucerne-Suisse» konnte mit seinem Gebäudetechnikkonzept des
Prototyps your+ überzeugen. Studierende der
Hochschule Luzern – Technik & Architektur
entwarfen einen Wettbewerbsprototypen,
der innovative Bautechnologie mit dem klugen Sharing-Gedanken verbindet.
Zusammenarbeit nicht
mehr wegzudenken
Der Solar Decathlon ist ein anspruchsvoller
universitärer Wettbewerb im Bereich des nach­
haltigen Bauens. Er wird jedes Jahr alternierend in Europa und Amerika ausgetragen. Die
20
GRUNER MAILING. 26
Gruner Gruppe ist seit Jahren Partner der
Hochschule Luzern. Als Sponsor und Unterstützer des Teams «Lucerne-Suisse» freuen
wir uns auch über die in der Einzelbewertung
erreichten Spitzenplätze und gratulieren dem
Team zum Wettbewerbserfolg mit seinem
zukunftsweisenden Projekt. Am Prototyp
your+ hat das Team eindrücklich demonstriert, wie wichtig interdisziplinäre Zu­sammenarbeit für Innovationen für morgen ist.
Der Prototyp your+ ist nun auf dem Campus
der Hochschule Luzern aufgebaut und steht
offen für alle Interessierten. Vision und Konzeptideen sind auf der Website solardecathlon.ch dokumentiert und illustriert. Ein Blick
darauf lohnt sich.
KENNZAHLEN
5.
Platzierung des Teams «Lucerne-Suisse»
35
Studierende im Kernteam
30 000
aufgewendete Stunden des Kernteams
1 0
beteiligte Fachrichtungen insgesamt
Gebäudetechnik, Bautechnik, Wirtschaftsingenieure, Departement Design + Kunst,
Departement Musik
80 000
Besucher des Solar Decathlon Europe
2014
solardecathlon.ch
Laurent Pitteloud
dipl. Bauing. ETH
Abteilungsleiter Geotechnik
Gruner AG, Basel
René Iten
dipl. Elektrotechniker HF/Wirtschaftstechniker FH
Mitglied der Geschäftsleitung
Gruner Kiwi AG, Dübendorf/Basel
René Kress
BSc Forst- und Umweltwissenschaften
Projektleiter Umwelt
Gruner AG, Basel
GELEBTE INTERDISZIPLINARITÄT
AM GROSSPROJEKT
Anfang Februar 2011 haben die
Bauarbeiten für das Bürohoch­
haus Bau 1 des Pharmakonzerns
F. Hoffmann-La Roche AG in Basel
begonnen. Nach Fertigstellung des
Rohbaus im November 2014 wird
der Roche-Turm mit 178 m das
höchste Gebäude der Schweiz sein.
Die Gruner Gruppe wirkt bei
diesem Projekt bereits seit Beginn
erfolgreich mit.
Über 9000 Mitarbeitende von Roche arbeiten
am Standort Basel /Kaiseraugst sowie an verschiedenen Aussenstellen. Rund 2000 von
ihnen werden im Jahr 2015 im Bau 1 auf 35
Stockwerken attraktive Büro­arbeitsplätze mit
hohem Standard beziehen können. Im RocheTurm, von Herzog & de Meuron entworfen,
sind weiter ein grosses Auditorium mit 500
Sitzplätzen, Kommunikationszonen, ein Mitar­
beiterrestaurant, eine Cafeteria mit Aussen­
terrasse sowie eine Topfloor-Cafeteria geplant. Im Rahmen des Projektes erhielt Gruner
das Planungsmandat für die Baugrube und
die Fundation, den Abbruch vom Bestand,
die Beweissicherung, das Monitoring, die
Erschütterungsüberwachung, die Umwelt­
baubegleitung sowie für die Elektrotechnik
und die Gebäudeautomation. >
Gewicht des Turms
210 000 t
178 m
41
2000
Höhe des Turms
© Herzog & de Meuron
Stockwerke
Büroarbeitsplätze
ca.
GRUNER MAILING. 26 21
GEOTECHNIK
Roche baut auf Gruner
Die 20 Meter tiefe Baugrube grenzte an drei
Seiten direkt an die bestehenden Labor- und
Bürobauten. Aufgrund des anstehenden Grund­
wassers und der zu schützenden Nachbargebäude sah das Baugrubenkonzept eine
wasserdichte, überschnittene Bohrpfahlwand
vor, die von bis zu vier Ankerlagern zurückge­
halten wurde. Dabei konnten wir nach einer
intensiven Versuchsphase im Vorfeld der Bau­
ausführung mit der optimalen Lösung rund
200 Anker einsparen. Innerhalb der Baugrube
wurde das Grundwasser mittels Filterbrunnen
abgesenkt.
Nur wenige Millimeter Setzung
Ebenfalls im Vorfeld haben wir aufwendige
Verformungsberechnungen mittels FE-Methode angestellt. Ziel war, die Beeinflussung
der Baugrubenherstellung auf die 62 m hohe
Nachbarbebauung, Bau 52, abschätzen zu
können. Die Berechnungsergebnisse zeigten
zum Teil unzulässige Mitnahmesetzungen, die
erst durch Zusatzmassnahmen auf ein akzep­
tables Mass zurückgeführt werden konnten.
Feinstzementinjektionen, die in mehreren
Durchgängen ausgeführt wurden, in Kombination mit dem Konzept einer verformungsarmen Baugrubenwand, führten zu einem
sehr positiven Ergebnis: Der Bau 52 setzte
sich nur um wenige Millimeter und erfuhr
keine Verkantung.
Erdbebensichere Pfahl-Plattenfundation
Nach verschiedenen Variantenstudien entschlossen wir uns im Fundationskonzept für
die kombinierte Pfahl-Plattenfundation (KPP).
Durch Sondierbohrungen, eine komplexe Mo­
dellierung sowie statische Pfahlversuche er­
hielten wir die nötigen Daten, um die Bettungsmoduli für die Boden­platte (Stahlbeton
C30/37, Stärke 1.5–2.5 m) festzulegen und
die Pfähle (Betongüte C30/37, 15–24 m) zu
bemessen. Die KPP nutzt in optimaler Wei­
se die Fundamentplatte und die 143 Grossbohrpfähle aus, um die Hochhausverformung
und die Mitnahmesetzung der Nachbarbebauung gering zu halten. Das optimierte Fun­
dationssystem wurde bisher noch selten in
der Schweiz eingesetzt.
Dank der KPP reagiert der Baugrund steifer
und die Gebäudelast wird sowohl über Bodenpressungen durch die Bodenplatte wie
auch über die Pfähle übernommen. Aussergewöhnlich war der Wunsch des Bauherrn,
das Hochhaus für ein Erdbeben mit einer
Wiederkehrperiode von 2000 Jahren auszulegen, was weit über die üblichen normativen
Anforderungen hinausgeht (üblicherweise
werden 475 Jahre zugrunde gelegt). Deshalb musste die kombinierte Pfahl-Plattenfundation des sehr schlanken Hochhauses
verstärkt werden.
Nichts dem Zufall überlassen
Wir haben bei diesem Projekt konsequent
Versuche vorgezogen, um die daraus gewon­
nenen Erkenntnisse in die Planung mit einzubeziehen. Dank dieses Vorgehens konnten wir Vorteile für den Bauherrn im Bereich
Termine, Kosten und Bauablauf erreichen.
Nach der Fertigstellung des Rohbaus werden alle Messergebnisse zur kombinierten
Pfahl-Plattenfundation vorliegen, die wir bis
zu diesem Zeitpunkt durchführen. Sie werden uns unter anderem wichtige Erkenntnisse für die optimierte Bemessung von wei­
teren Hochhausfundationen in der Basler
Molasse oder ähnlichen Baugrundverhältnissen geben.
«WIR KÖNNEN TAGTÄGLICH MITVERFOLGEN, WIE DER ROCHETURM STOCKWERK FÜR STOCKWERK ZUM HÖCHSTEN GEBÄUDE
DER SCHWEIZ HERANWÄCHST. WERDEN UNSERE PROGNOSEN
ZUM FUNDAMENT DURCH DAS UMFANGREICHE MONITORING
BESTÄTIGT, MACHT UNS DAS AUCH EIN BISSCHEN STOLZ.»
Laurent Pitteloud
220
Pfähle für die überschnittene
Bohrpfahlwand
490
1 43
Anker
© F. Hoffmann-La Roche AG
Grossbohrpfähle mit einem
Durchmesser von 1.2 m und
einer Länge von bis zu 24m
22
GRUNER MAILING. 26
ELEKTROTECHNIK, GEBÄUDEAUTOMATION
Hoher Komfort durch individuelle Raumautomation
Die Planung der Elektrotechnik und der Gebäudeautomation bei grossen Bauvorhaben
wie dem Roche-Turm gestaltet sich sehr
komplex. Zum einen bilden die Grösse des
Objektes respektive der Umfang des Projektes eine Herausforderung. Zum anderen gilt
es, die hohen Ansprüche an die Architektur,
die Technik und die Minergie-Bauweise zu
erfüllen. Die Gebäudeautomation im RocheTurm umfasst viele verschiedene Technologien und weist eine grosse Integrationstiefe
auf. Die Planung erfolgte stets mit Fokus auf
die Bedürfnisse der Endnutzer sowie der
künftigen Investitions- und Betriebskosten.
Dabei suchte das Team von Gruner immer
nach interdisziplinären Lösungen.
Gebäude als System im Fokus
Die Bürolandschaft im Roche-Turm zeichnet
sich durch attraktive Arbeitsplätze mit hohem
Raumkomfort und einer grossen Flexibilität
aus. Unterstützt wird dies durch ein durchgängiges Gebäudeautomationssystem mit
einer individuellen und nutzungsabhängigen
Raumsteuerung respektive -regelung. Jeder
Mitarbeitende wird Licht, Storen und Temperatur von seinem Arbeitsplatz aus mit
beeinflussen können. Um die hohen Anfor-
derungen an die Energieeffizienz, die CO 2 Reduktion sowie an die Nachhaltigkeit zu er­­
füllen, wird der ganze Turm unter anderem mit
LED-Leuchten und Präsenzmeldern aus­ge­
stattet.
Das Leistungsportfolio im Bereich Elektrotechnik und Gebäudeautomation umfasst für
dieses Projekt Variantenstudien, die Entwick­
lung von Konzepten, die Planung der Projekt­
phasen Conceptual Design, Basic Design und
Detail Design, die Begleitung der Ausführung
(Field Engineering) sowie das Spacemanagement im Bereich Elektro mit 3-D-CAD-Tool.
1
0 000
3
400
2
900
2
000
LED-Leuchten
PIR (davon 2700 DALI)
Storenmotoren
© Herzog & de Meuron
neu designte enOceanRaumbedienungs­geräte
plus ca. 500 enOceanTempe­ratursensoren
UMWELTBAUBEGLEITUNG
Von der Planung bis zur Realisierung
Ziel unseres Auftrages ist die Sicherstellung
und die Dokumentation der Umweltauflagen
und der umweltrechtlichen Vorschriften während der Realisierung des Roche-Turms. Dabei ist es uns sehr wichtig, den Bauherrn und
die Unternehmer entsprechend zu beraten
und eng zu begleiten. Der Fokus des Auftrages liegt auf der Lufthygiene. Die Auflagen
der zuständigen Behörde sind aufgrund der
innerstädtischen Lage sehr anspruchsvoll.
Verlangt werden unter anderem ein erhöhter
Staubschutz, der Einsatz von Partikelfiltern auf
Baumaschinen und die Reduktion von Transportemissionen durch den Einsatz von Trans­
portfahrzeugen mit Abgasnorm ≥ Euro-5.
Lufthygiene im Fokus
Gruner konnte bereits in der Planungsphase
mit einem Umweltverträglichkeitsbericht auf
die Relevanz im Bereich Lufthygiene eingehen
und die Bauherrschaft bei der Erfüllung der
ersten Auflagen (Konzeptphase) unterstützen.
Für die Ausführungsphase erarbeiteten wir
zudem Kontrollpläne, erstellten Instruk­tions­
unterlagen und tätigten, nach Rücksprache
mit der Bauherrschaft, Abklärungen mit der
zuständigen amtlichen Fachstelle. Um die
Anliegen der Lufthygiene sinn­voll platzieren
zu können, führten wir vor Baubeginn eine
Schu­lung bei den für die Ausführung des Bauwerks verantwortlichen Personen durch.
Gesünder und erträglicher
Dass die Einhaltung von Umweltauflagen ver­
meintlich im Konflikt mit dem Terminprogramm und den Baukosten steht, ist bekannt.
Für Roche war dies jedoch nie ein Thema.
Wenn immer notwendig, konnten wir mit
vollster Rückendeckung rechnen. Es ist ein
tolles Gefühl, sich bei einem Grossprojekt
wie dem Roche-Turm aktiv für den Umweltschutz und die Lufthygiene einsetzen zu
können. Wir freuen uns, wenn durch unseren
Einsatz die Bauphase für die Mitarbeitenden
von Roche, die Anwohnenden und die Arbeiter erträglicher und gesünder gestaltet
werden kann.
GRUNER MAILING. 26 23
Stefan Nievergelt
dipl. Bauing. ETH, EMBA UZH
Abteilungsleiter konstruktiver Ingenieurbau
Gruner Wepf AG, Zürich
CLEVER
GENUTZTER
PLATZ
Der AutoTower ist das neue Wahrzeichen von
auto züri west in Schlieren. Das vollautomatische
Parkhaus kann bis zu 128 Autos beherbergen.
Gruner steuerte die Bauingenieurleistungen für
das Tragwerk und die Fundation bei.
Parkflächen sind nicht unbedingt das Erste,
was einem beim Stichwort «verdichtetes
Bauen» in den Sinn kommt. Doch knapper
Boden macht auch in diesem Bereich erfinderisch. Der Autohändler auto züri west wollte auf seinem 40 × 80 m grossen Areal in
Schlieren expandieren. Mehr als 100 Autos
fanden auf der Fläche aber nicht Platz. Zudem
suchte das Unternehmen eine Lösung für die
Büroräume, die bislang in Containern untergebracht waren.
Lösung auf 32 × 24 Metern
Mit dem 24 m hohen AutoTower von häfele
schmid architekten ag fand sich eine Lösung,
die durch ihre Cleverness auf allen Ebenen
überzeugt. Zum einen konnte die Kapazität
an Parkplätzen auf dem gesamten Areal verdoppelt werden. Zum anderen beherbergt der
Turm in seinem Sockelgeschoss von 32 m
Durchmesser Büroräume, einen Showroom,
«DIE HOHE KOMPLEXITÄT DIESES
PROJEKTES LIEGT IM PERFEKT
ABGESTIMMTEN ZUSAMMENSPIEL
VON TRAGWERK, MASCHINE UND
MENSCH. DIE VOM MASCHINENBAU VERLANGTEN KLEINEN TOLERANZBEREICHE WAREN FÜR DAS
TRAGWERK EIN MUSS UND FÜR
EIN VOLLUMFÄNGLICH AUTOMATISCH FUNKTIONIERENDES
PARKSYSTEM ESSENZIELL.»
Stefan Nievergelt
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GRUNER MAILING. 26
eine Ein-/Ausfahrbox, eine (in das Parksystem integrierte) Autowaschanlage sowie drei
Boxen zur Fahrzeugaufbereitung. Die Dach­
terras­se des ersten Obergeschosses dient
ebenfalls als Ausstellungsfläche. Alles in allem: viel neuer Raum für das wachsende Un­
ternehmen. Und ein markanter Blickfang für
das Autohaus vor den Toren Zürichs.
Effizient ist neben der Platznutzung auch die
Beförderungstechnik, die von der Skyline
Parking AG stammt. Auf Knopfdruck gelangen die Fahrzeuge automatisch von der Zufahrtsbox im Erdgeschoss auf ihren Stellplatz
und wieder zurück. So können die Autohänd­
ler in höchstens 60 Sekunden das gewünsch­
te Objekt quasi aus dem Regal holen. Die
Autos können in der Waschanlage im Erdgeschoss ebenfalls automatisch gewaschen
werden – eine Nacht würde für alle Fahrzeuge reichen.
Konstruktion und Fundation
Die exzentrische Position des Turms auf dem
Untergeschoss erklärt sich durch das Baurecht: Während auf der Westseite ein Näher­
baurecht besteht, musste auf der Ostseite
der übliche Grenzabstand eingehalten werden. Liftgrube, Liftschacht und die Stahlkon­
struktion mit den Plattformen diktierten die
Form des Bauwerks. Bauform und Nutzung
stellten das Team von Gruner vor anspruchsvolle Aufgaben. Der vieleckige Turm verlangte äusserste Genauigkeit bei Vermessung,
Konstruktion und Endmontage. Der Autolift
mit den ständigen Lastwechseln stellte zusätzlich zur Wind- und Erdbeben­sicherheit
weitreichende Anforderungen an das Tragwerk. Um die Funktionalität des Liftes gewährleisten zu können, musste beim Bau
mit den halben der vom SIA vorgegebenen
Toleranzen gearbeitet werden.
60
Sekunden
So lange dauert
der gesamte
Parkprozess
pro Fahrzeug.
Aufmerksamkeit verlangte auch der Baugrund. Um die Baukosten tief zu halten, wur­
de das Untergeschoss inklusive Liftunterfahrt so klein gehalten wie nur möglich.
Somit kam die Fundation des Tragwerkes
mehrheitlich in den schlecht tragfähigen
Deckschichten zu liegen. Zudem hatte der
tiefer befindliche Limmatschotter eine nur
sehr geringe Mäch­tigkeit. Neben diesen geo­
technischen Rahmenbedingungen waren auch
die vom Maschinenbau geforderten niedrigen Setzungsdifferenzen entscheidend für
die Wahl einer Tiefenfundation mittels 75
Injektionsrammpfählen. Der Grundwasserspiegel liegt – 800 Meter vom Limmatufer
entfernt – relativ hoch, im Durchschnitt einen
halben Meter unter dem Untergeschoss. Bei
Hochwasser steht die Liftunterfahrt bis zu
einem Meter im Wasser. Im Untergeschoss
sind deshalb nur wenige Technik- und Lager­
räume untergebracht.
Präzision gefragt
Der Zeitplan der Realisierung war ehrgeizig.
Vom Spatenstich bis zur Fertigstellung des
Beton- und Stahlbaus waren fünf bis sechs
Monate vorgesehen.
Der Stahlbau wurde just in time zusammen
mit der Fördertechnik und den Parkplattformen aufgerichtet: Wenn jeweils der Stahlbau mit einer Etage fertig war, konnten die
Stellplätze und Stellplatzförderer eingebaut
werden. Nach der obersten Parketage wurde zunächst der Parklift als eigentliches
Herzstück der Anlage montiert. Die Dachkonstruktion mit der Liftüberfahrt konnte auf
dem Parkplatz neben dem Turm komplett
vormontiert und schliesslich mit dem Kran
hochgehoben und platziert werden.
Das knappe Zeitbudget erforderte eine enor­
me Präzision punkto Planung, Fertigung und
Montage. Der Einbau der Fördertechnik und
der Funktionselemente wie Tore, Fahrzeugführung, Sicherheitsbalken usw. musste exakt
auf den Baufortschritt abgestimmt werden.
Dank gutem Zusammenspiel und offener
Kollegialität konnte der AutoTower termingerecht im April 2013 fertiggestellt werden.
Danach folgten noch abschliessende Arbeiten an der Parktechnik. Trotz seiner offenen
Fassade hat der AutoTower auch den ersten
Winter gut überstanden.
GRUNER MAILING. 26 25
Manuel Streule
dipl. Ing. FH
Projektleiter konstruktiver Ingenieurbau
Gruner Wepf AG, St. Gallen
Niederlassung Teufen
Markus Dierauer
dipl. Bauing. FH
Mitglied der Geschäftsleitung
Gruner Wepf AG, St. Gallen
Niederlassung Teufen
OPTIMIERT UND
MODERNISIERT
Historische Gebäude um- und
auszubauen, erfordert gute
Kenntnisse der Bausubstanz,
der Konstruktion und des bau­
physikalischen Verhaltens.
Für den Einbau eines Liftes in
das über 200-jährige Rathaus
in Trogen war Gruner der ideale
Partner.
26
GRUNER MAILING. 26
Herrenhaus – Rathaus – Sitz von Gericht und
Polizei. Das altehrwürdige Haus in Trogen
(Baujahr 1803–1805) könnte über seine Nutzung viele Geschichten erzählen. Seit Dezember 2013 nun ist das Kantonsgericht von
Appenzell Ausserrhoden neuer Hausherr. Im
Rahmen einer vorgängigen Optimierung des
Gebäudes erhielt Gruner vom Hochbauamt
Appenzell Ausserrhoden den nicht alltäglichen Auftrag, einen Lift in das historische Ge­
mäuer einzubauen. Er sollte künftig die sieben Geschosse (UG bis 1. Dachgeschoss)
vertikal erschliessen.
3-D-Vermessung als Planungsbasis
Um- und Ausbau historischer Gebäude stellen an Planer und Ingenieure spezielle Heraus­
forderungen. Oft gestaltet sich bereits die
Grundlagenbeschaffung als schwierig. So auch
beim Rathaus Trogen: Dokumentationen
der Renovationsarbeiten, die über Jahrhunderte ausgeführt worden waren, existierten
nicht; Pläne des Ingenieurs sowie über Materialisierung oder Materialkennwerte fehlten. Wo­rauf sollten wir uns in der Planung
beziehen? Die Bauherrschaft fand die Lösung: eine 3-D- Vermessung des Gebäudes.
Daraus wurden exakte Pläne erstellt, die
uns als Grundlage dienten und die sich bei
der Ausführung als erstaunlich genau herausstellten.
Bausubstanz und Auflagen mit Tücken
Die Bausubstanz des Rathauses konnte anspruchsvoller nicht sein: die Tragwände aus
Bruchsteinmauerwerk; die Decken über dem
Unter- und dem Erdgeschoss massive Bruch­
steinkreuz- und Tonnengewölbekonstruktio-
trogen.ch
Als Architekt muss ich mich auf meine
planenden und ausführenden Projekt­
partner verlassen können. Das Team von
Gruner hat die hohen terminlichen, architektonischen und tech­ni­schen Anforderungen optimal erfüllt.
Thomas Künzle
dipl. Architekt HTL, Gais
nen; die überliegenden Decken massive Voll­
holzdecken. Zudem erhielten wir gewisse
Auflagen der Denkmalpflege. Um die optima­
le Vorgehensweise zu eruieren, war ein intensives Variantenstudium nötig. Es zeigte
sich, dass in zwei Geschossen gemauerte
Kreuzgewölbedecken teilweise oder ganz aus­
gebrochen werden mussten. Ein Gewölbe
ersetzten wir durch eine Stahlbetondecke;
bei einem anderen musste lediglich ein Betonkranz betoniert werden. Um die bestehen­
den Gipsstuckaturen und Sandsteinböden
nicht zu beschädigen, wendeten wir eine
spezielle Spriessung an. Aufgrund von Abfangwänden und der veränderten Druckbogenkonstruktion waren zwei Geschosse kom­
plett zu spriessen. Die Zusammenarbeit mit
der Denkmalpflege gestaltete sich über alle
Bauphasen hinweg sehr intensiv und kons­
truktiv, sodass wir uns im Falle der Stahlbetondecke einigen konnten.
28 Tonnen am Stück versetzt
Für den öffentlichen, hindernisfreien Zugang
zum Gebäude sah der Architekt Thomas Künz­
le eine Kombination von Treppe und Rampe
vor. Aufgrund der speziellen Geometrie und
der hohen Anforderungen an den Sichtbeton
gab es nur einen Weg: Wir liessen die 10 m
lange Rampe mit einem Eigengewicht von
28 t vorfabrizieren und am Stück versetzen.
Gruner war in diesem Projekt für die Statik
von Bau-, Montage- und Endzustand verantwortlich.
Vor Überraschungen nicht gefeit
Während des ganzen Umbaus zeigten die
Projektleiter von Gruner eine hohe Baustellenpräsenz, denn bei historischen Gebäuden
ist immer mit Überraschungen zu rechnen.
Zum Beispiel stellte sich beim Umbau heraus,
dass lokal die Balken der Vollholzdecke komplett durchgefault waren infolge einer undich­
ten Wasserleitung. Und es stellte sich beim
Abbruch der Bruchsteingewölbedecke heraus, dass die Bruchsteine so gut ineinander
eingepasst worden waren, dass diese nur
mit grossem Aufwand auszubrechen waren,
und das Gewölbe auch nach grösseren Ausbrüchen noch immer stabil war.
Die Leistungen des Gruner Teams umfassten
das Vorprojekt inklusive Kostenschätzung, das
Bauprojekt inklusive Submission von Baumeister und Holzbauer sowie die erfolgreiche
Ausführung bis Ende 2013. Zudem erhielt
Gruner den Auftrag für eine vertiefte Erdbebenbeurteilung gemäss SIA 2018, inklusive
Ertüchtigungskonzept und Kostenschätzung.
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der uns
sehr wichtig ist: der wertschätzende und
sorgfältige Umgang mit dem einmaligen historischen Bestand. In diesem Sinne ist es
gelungen, den historischen Bestand weitgehend zu schützen und gleichzeitig den moder­
nen Lift so einzubauen, dass er nicht auffällt.
GRUNER MAILING. 26 27
Laurent Pitteloud
dipl. Bauing. ETH
Abteilungsleiter Geotechnik
Gruner AG, Basel
MITTENDRIN
© Tiefbauamt des Kantons Bern
IN DICHT BESIEDELTER UMGEBUNG
Bauen in innerstädtischer Umgebung nimmt aufgrund
der infrastrukturellen Bedürfnisse zu. Dass hier
unter erschwerten Bedingungen geplant werden muss,
zeigt das komplexe Teilprojekt Westast der Umfah­
rung A5 Biel. Gruner ist mit seinen Spezialisten im
Planungsmandat involviert.
Die steigende Mobilität führt vermehrt zu Engpässen auf Autobahnen in
Agglomerationsgebieten. Gut durchdachte, verkehrsoptimierende Infrastrukturprojekte sind gefragt, wie zum Beispiel die Umfahrung A5 Biel.
Ihr letzter Teilabschnitt Westast stellt durch seine innerstädtische Lage
besondere Anforderungen an die Planung und die Ausführung.
Generelles Projekt Westast
Das generelle Projekt Westast zeichnet sich durch eine sehr hohe trassierungs- und verkehrstechnische Komplexität aus. Denn einerseits führt
die Linienführung durch städtisches Gebiet; andererseits müssen auf
einem sehr beengten Raum ein Voll- und ein Halbanschluss konzipiert
werden. Von 2010 bis 2012 waren wir hier unter anderem mit einem
umfang­reichen Variantenstudium involviert.
Anschluss Bienne Centre
Innerhalb einer starken Ingenieurgemeinschaft konnten wir nun das Planungsmandat für den Anschluss Bienne Centre gewinnen. Das Projekt
umfasst den offenen Vollanschluss im Zentrum von Biel, der die beiden
Tagbautunnel City und Weidteile verbindet. Es ist mit Abstand das aufwendigste und komplexeste Bauwerk des A5-Westastes. Mit den Planungsarbeiten konnten wir bereits Anfang Jahr beginnen; die Inbetriebnahme soll ab dem Jahr 2028 erfolgen.
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GRUNER MAILING. 26
Hohe Anforderungen
an die Geotechnik
Laurent Pitteloud, was macht den Westast so
anspruchsvoll?
Die Baugrundverhältnisse sind äusserst schwierig. Der
Boden ist sehr weich und wir haben einen hohen
Grundwasserstand. Zudem müssen wir die angrenzenden Gebäude sowie die Bahnlinien der SBB und der
BTI (Vorortbahn) berücksichtigen. Auch der Baulärm ist
aufgrund der dichten Besiedelung ein Thema.
Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?
Bevor wir überhaupt mit der Planung beginnen können,
ist eine aufwendige Grundlagenbeschaffung nötig. Es
braucht zahlreiche Besprechungen, denn es gibt viele
Schnittstellen und Abhängigkeiten. Zudem müssen
wir kon­zeptuell und mittels Simulationen die Techniken
eruieren, die den Anforderungen entsprechen.
Gibt es keine Standardlösung?
Die Verhältnisse sind so spezifisch, dass man kaum
auf eine pfannenfertige Lösung zurückgreifen kann. Das
Projekt erfordert in allen Bereichen eine exakt darauf
zugeschnittene Vorgehensweise. Dafür werden wir intern
weitere Kompetenzen involvieren, wie die Bereiche
Akustik, Erschütterungsschutz und Monitoring. Und
natürlich auch die Bereiche Verkehrsplanung, Umweltbaubegleitung und Vermessung, die ohnehin bereits
be­auftragt sind.
Melven Hürlimann
dipl. Bauleiter Tiefbau
Senior Bau- und Projektleiter Tiefbau
Gruner Berchtold Eicher AG, Zug
UNTENDURCH
IM WAHRSTEN SINNE DES WORTES
Bauen in schwierigsten Bauverhältnissen ist heute keine Seltenheit
mehr. Hier sind flexible und nicht alltägliche Lösungen gefragt,
wie zum Beispiel beim Projekt «Bustrassee Unterführung Sumpf».
Was haben Taucher auf einer Baustelle zu
suchen? Das wird sich so mancher gefragt
haben, der die Bauarbeiten an der Unterführung für das neue Bustrassee beobachtet hat.
Aber beginnen wir von vorne. Die Baudirektion des Kantons Zug realisierte in den Jahren 2012 bis 2014 eine neue Busverbindung
zwischen der Gemeinde Cham und der Stadt
Zug. Ein Teilstück bildet die Unterführung zur
Unterquerung der SBB-Linie Zug–Affoltern–
Zürich im Gebiet Sumpf. Wie der Name im­
pliziert, ist das Bauumfeld auf diesem Gebiet
sehr anspruchsvoll. Auch die Bodenverhältnisse waren schwierig. Diese Kombination
erforderte ein variantenreiches Vorgehen.
–Auf der unbebauten Seite wurde die Baugrube konventionell mit Spundwänden und
mit bis zu drei Spriesslagen ausgehoben.
Zwei Sperrwochenenden für die SBB-Linie
Eine besondere Herausforderung waren die
Arbeiten an zwei Wochenenden, an denen die
SBB-Strecke für die Bauarbeiten gesperrt
wurde. Das erforderte eine exakte Planung
und Terminierung, denn eine Verzögerung
hätte massive Kosten generiert. Die Zeit zwi­
schen den Sperrwochenenden haben wir
genutzt, um ein ca. 100 t schweres Brücken­
element auf dem Installationsplatz vorzubereiten. Parallel dazu wurden die restlichen
Spundwände in den Baugrund eingebracht.
Termingerecht konnte das Brückenelement
am zweiten Sperrwochenende mit einem
grossen Mobilkran auf die vorbereiteten
Spundwände, als provisorische Widerlager,
versetzt werden.
Länge
Drei Bauweisen für die Baugrube
Um das Projekt in den vorgegebenen Umge­
bungs- und Rahmenbedingungen realisieren
zu können, wendeten wir drei verschiedene
Bauweisen an:
–Auf der bebauten Seite wurden die eingesetzten «kurzen» gepressten Spundwände
durch eine Jettingsohle als Verbesserung
des weichen Baugrundes gestützt. Der
anschliessend eingebrachte Unterwasser­
beton diente als Spriessplatte. Bei diesem schwierigen Betoneinbau im Grundwasser kamen Bautaucher zum Einsatz.
–Im Bereich der SBB kam die Deckelbauweise zur Ausführung. Dazu wurden während eines Wochenendes 26 m lange
Spundwände in den Baugrund einvibriert.
Anschliessend wurden die Schutzgerüste
beidseitig der Gleise auf vorgefertigte
Konsolen montiert.
231 m
Breite
6.5 m
Lichte Höhe
5 m
Des Rätsels Lösung: Die Bautaucher führten Kontrollarbeiten vor dem Einbringen des Unterwasserbetons durch und verlegten die Bewehrung.
GRUNER MAILING. 26 29
Florent Lushta
Dipl. Ing. FH
Abteilungsleiter Brandschutz, Ingenieurmethoden
Gruner AG, Basel
EIN PROJEKT DER
SUPERLATIVE
Komplexe und innovative Bauvorhaben mit speziel­
len Nutzungen erfordern den frühzeitigen Einbe­
zug erfahrener Brandschutzexperten. Beim Projekt
Toni-Areal war Gruner mit einem umfassenden
Brandschutzmandat von der Umplanungsphase bis
zur Realisierung und zur Inbetriebnahme dabei.
Gruner durfte die Ausführungsplanung, die
Umsetzung des Brandschutzkonzeptes sowie die brandschutztechnische Inbetriebnahme beratend und koordinierend leiten. Aufgrund der anspruchsvollen Kombination aus
Grösse und Komplexität war es in intensiven
Projektphasen, insbesondere während der
Inbetriebnahme, notwendig, dass sich rund
10 Mitarbeitende des Geschäftsbereichs
Brandschutz gleichzeitig engagierten, um die
Projektziele des Brandschutzes zu erreichen.
Spezielle Herausforderungen
an das Planungsteam
Die Integration der bestehenden Tragstruktur mit begrenzter Tragfähigkeit hat das gesamte Planungsteam mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Zum einen musste
das neu erforderliche Tragwerk möglichst
leicht, überwiegend in Stahlbauweise realisiert und somit brandschutztechnisch aufwendig mit Sonderprodukten wie Spritzputz
und Brandschutzanstrich geschützt werden.
Zum anderen galt es, auch beim Innenausbau
Gewicht zu sparen. Das führte dazu, dass die
Neugestaltung überwiegend in einem noch
nie dagewesenen Umfang in Trockenbauwei­
se ausgeführt wurde. Bedingt durch diese
Bauweise war es äusserst anspruchsvoll, die
teilweise konträren Bedürfnisse des Brandschutzes, der Bauphysik und der Akustik in
Einklang zu bringen. So kam im Bereich der
30
GRUNER MAILING. 26
Hörsäle, Musikübungsräume oder Konzertsäle eine Vielzahl von aufwendigen Sonderlösungen zum Einsatz.
Es mussten im Spannungsfeld zwischen
Bauherr, Architekt, Fachplanern und Behörden entsprechend viele Einzelzulassungen
erwirkt werden. Hinzu kam die Konzeption
der Fluchtwege. Alleine der Schulbetrieb
umfasst ca. 5000 Studierende, Dozierende
und Mitarbeitende. Dazu kommen die Nutzer der öffentlich zugänglichen Bereiche sowie der Wohnungen. Eine der grössten Herausforderungen war eine architektonische
Anforderung: Die Brandschutzmassnahmen
sollen so ausgeführt sein, dass sie während
des Normalbetriebs möglichst nicht oder
wenig erkennbar sind.
Besondere Aufgaben erfordern
besondere Lösungen
Neben den festgelegten Anforderungen war
es in diesem Projekt erforderlich, leistungsorientierte innovative Massnahmen – zum
Beispiel bei der Auslegung von Alternativkonzepten im Bereich der Entrauchung – zu
treffen. Der Nachweis dieser Massnahmen
erfolgte mittels moderner Ingenieurmethoden des Brandschutzes. Gruner setzt diese
Methoden ein, um sichere, wirtschaftliche
und ästhetisch ansprechende Lösungen für
den Kunden zu ermöglichen.
Hierbei kamen unter anderem computerbasierte Brandsimulationen zur Beurteilung von
Rauchgasausbreitung im Brandfall sowie zur
Auslegung der Entrauchungsanlage in der
grossen, mehrgeschossigen Kaskade zum
Einsatz.
Weiter wurden im Zuge der Inbetriebnahme
erfolgreich Real-Rauchversuche (Warmrauch­
Von der Industrieanlage
zum Hochschul-Campus
Wer kennt es nicht, das Toni-Joghurt im Glas? Erfunden und
produziert im grössten Milchverarbeitungsbetrieb Europas,
der Toni-Molkerei in Zürich. Seit ihrer Schliessung aus wirtschaftlichen Gründen sind 15 Jahre vergangen. Nach kulturellen Zwischennutzungen und rund sieben Jahren Planungsund Bauzeit hat sich die ehemalige Molkerei zu einem Zentrum
für Bildung und Wissenschaft, Kunst und Kultur gemausert.
Das gesamte Gebäude wurde im Rahmen einer Neugestaltung und Umnutzung durch das Unternehmen Allreal umgebaut und erweitert. Dazu wurde das Gebäude nahezu vollständig entkernt. Das daraus entstandene Toni-Areal, ein
gigantischer Gebäudekomplex, besteht aus einem Hochhaus und einem Flachbau. Entworfen wurde er vom Zürcher
Architekturbüro EM2N. Um den Bedürfnissen der allgemeinen sowie der Hochschulnutzung zu entsprechen, wurden
inklusive Ausstattung insgesamt über 700 Millionen Franken
in das Projekt Toni-Areal investiert.
Auf einer Nutzfläche von über 90 000 m2 sind seit Sommer
2014 zwei Departemente der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) im neuen «Hochschul-Campus»
eingemietet. Dazu kommen 100 Wohnungen, mehrere Konzert- und Kinosäle, Aufnahmestudios, ein Parking, Restaurants, Cafés, ein Kinderhort, Werkstätten und vieles mehr.
Als eine von vielen architektonischen Besonderheiten ist die
mehr­geschossige, sogenannte grosse Kaskade zu erwähnen, welche grosse Gebäudeteile erschliesst und als Begegnungszone dient.
Die Anforderungen an den Brandschutz waren sehr umfangreich
und komplex. Die Gruner Brandschutzspezialisten haben dazu
innovative Lösungsansätze entwickelt und umgesetzt. Dabei konnte
Allreal von der Erfahrung des Gruner Teams aus zahlreichen
Grossprojekten enorm profitieren.
Pascal Petschen
Projektleiter Planung, Allreal Gesamtunternehmung AG
versuche) zur Überprüfung der Wirksamkeit
der Entrauchung im Bereich der zweigeschossigen Bibliothek durchgeführt. Mit unserer patentierten mobilen Rauchversuchs­
einrichtung, welche an einer renommierten
Prüfanstalt kalibriert wurde, konnten Brand­
szenarien unterschiedlicher Grösse dargestellt werden. Die Energiefreisetzungsraten
der Versuchseinheit lassen sich somit auf
reale Brandszenarien übertragen.
Qualitätssicherung Brandschutz
Um sicherzustellen, dass die geplanten
Massnahmen aus dem Brandschutzkonzept
fachgerecht umgesetzt und somit wirksam
werden, war eine Qualitätssicherung Brandschutz unabdingbar.
Im Zuge der Ausführung wurden daher mehr
als 100 Baustellenbegehungen im Sinne von
Real-Rauchversuche mit patentierter mobiler Einrichtung.
brandschutztechnischen Teilabnahmen durch­
geführt. Viele dieser Teilabnahmen wurden
zusätzlich durch die Feuerpolizei und die
Feuerwehr begleitet. Nur so konnte angesichts von Gebäudegrösse und -komplexität
erreicht werden, dass ein brandschutztechnisch einwandfreies Gebäude entsteht.
Erfolgreicher Abschluss und Folgemandat
Dass das komplexe Brandschutzmandat am
Ende erfolgreich abgeschlossen werden konnte, ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Zum einen hat das hoch motivierte
abteilungsübergreifende Projektteam des Ge­
schäftsbereichs Brandschutz hervorragende
Arbeit geleistet. Auch war die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Gruner internen
und externen Fachkräften sehr effektiv. Auf
der anderen Seite war die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, der die Belange des Brandschutzes vorbildlich ernst genommen hat, sowie
der Feuerpolizei und der Feuerwehr sehr
konstruktiv. So konnten wir sowohl proaktiv
als auch zur richtigen Zeit Stossrichtungen
vorgeben und Reibungsverluste an vielen
schwierigen Schnittstellen vermeiden. Am
Ende konnten wir die Konformitätserklärung
über die Umsetzung der Brandschutzmassnahmen ausstellen und somit die Bezugsfreigabe durch die Brandschutzbehörde Zürich erwirken. Obwohl es manchmal recht
intensiv war, haben wir das anspruchsvolle
Mandat mit grosser Freude ausgeführt. Derzeit werden die Vorarbeiten für die Brandschutzbegleitung im Betrieb durch Gruner
getroffen. >
GRUNER MAILING. 26 31
Achim Ernst
Dipl. Chemie Ing. TU
Teamleiter Brandschutz, Brandfallsteuerung
Gruner AG, Basel
Brandschutz bis ins Detail geplant
Als Planer Brandfallsteuerung war ich dafür verantwortlich, dass die definierten Schutzziele mit Hinblick auf
den anlagentechnischen Brandschutz erreicht werden
konnten. Die Leistungen meines Teams umfassten –
grob zusammengefasst – ein Konzept zur Philosophie
der Brandfallsteuerung, die Begleitung der Erstellung
der Brandfallmatrix sowie die Planung, die Begleitung
und die Dokumentation der integralen Tests.
Kleine Matrix – grosser Vorteil
Oft wünschen sich Kunden für jeden Raum das optimale
Auslösemuster. Aber stellen Sie sich vor, Sie haben
mehrere Hundert Auslösemuster, die Sie technisch um­
setzen und warten müssen. Dies wird selbst in einem
90 000 m2 grossen Gebäude wie dem Toni-Areal sehr
kompliziert. Deshalb haben wir von Anfang an die Philo­
sophie verfolgt: So einfach und robust wie möglich, nur
so differenziert (und damit kompliziert) wie nötig. Allreal
hat den Vorteil erkannt und wir konnten eine Brandfallmatrix mit «nur» knapp 70 verschiedenen Auslösemustern erarbeiten.
Türen sind komplexer, als man landläufig meint
Eine weitere Herausforderung waren die über 300
brandfallgesteuerten Türen. Sie stellten aufgrund ihrer
Funktionsvielfalt ein komplexes Teilobjekt in diesem
Gebäude dar. Wir mussten uns mit rund 10 verschieden­en
Funktionsmodellen, die unterschiedliche Bedürfnisse
deckten, auseinandersetzen. In Zusammenarbeit mit
dem Fachplaner konnten wir diese Herausforderungen
erfolgreich lösen.
Ich war ca. 1.5 Jahre im Projekt involviert. Während der
intensivsten und sehr spannenden Phase, die ca. 2 Monate dauerte, war ich quasi nonstop auf der Baustelle.
Aber die Zeit war enorm spannend, selbst ich als alter
Hase konnte noch dazulernen und aufgrund des Erfolges
hat sich der Einsatz sowieso gelohnt.
KENNZAHLEN
ca.
20 000 m2
25
70
1 00
2000
300
40 000
70
Grundfläche der Fluchtwege
über
über
über
über
über
ca.
über
32
GRUNER MAILING. 26
Treppenanlagen
Behördensitzungen
brandschutztechnische
Abnahmebegehungen
Räume
brandfallgesteuerte Türen
Brandabschottungen
Entrauchungsanlagen
NEUAUFTRÄGE DER GRUNER GRUPPE
Der Querschnitt neuer Aufträge zeigt die Vielfalt unserer Leistungen.
ENERGIE
GENERALPLANUNG
KONSTRUKTION
Projektbezeichnung
Projektbezeichnung
Projektbezeichnung
3. RHONEKORREKTION –
KNIE VON MARTIGNY
PRIMARSCHULE BETTINGEN –
ERWEITERUNG, SANIERUNG
UND HARMOS-ANPASSUNGEN
ROCHE – HOME FOR IT,
KAISERAUGST
Aufgabe
Projektierung der prioritären Sicherungsmassnahmen im Bereich des Knies von
Martigny im Rahmen der 3. Rhonekorrektion
Auftraggeber
Kanton Wallis, Dienststelle für Strassen,
Verkehr und Flussbau, Sektion Hochwasserschutz Rhone
Projektleiterin
Stéphanie André
Projektbezeichnung
WASSERKRAFTWERK
TSABLARI 2, GEORGIEN
Aufgabe
Projektierung des Wasserkraftwerkes
Tsablari 2 vom Projekt-Review bis zum
Ausführungsprojekt; optional Bauleitung
und Inbetriebnahme
Auftraggeber
Georgian Green Power Ltd
Projektleiter
Sébastien Micheloud
Aufgabe
Generalplanerdienstleistungen
Auftraggeber
Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons
Basel-Stadt, Basel
Projektleiter
Thomas Bertschmann
Projektbezeichnung
ROCHE KAISERAUGST HIT, BD-CC
Aufgabe
Neubau Bürogebäude
Auftraggeber
F. Hoffmann-La Roche AG, Basel
Projektleiter
Dominic Widmer
Projektbezeichnung
MB-MICROTEC,
NIEDERWANGEN
Aufgabe
Umbau/Erweiterung Produktions- und Verwaltungsgebäude, HLKS und Fachkoordination
Auftraggeber
mb-microtec ag, Niederwangen
Projektleiter
Matthias Rudin
Bauherrschaft
F. Hoffmann-La Roche AG, Basel
Projektleiter
Reto Troxler
Projektbezeichnung
Projektbezeichnung
WOHN- UND GESCHÄFTSHAUS,
KORNHAUSGASSE 2, BASEL
Aufgabe
Gesamtkonzept
Auftraggeber
UBS Fund Management (Switzerland) AG,
Basel
NOVARTIS – WSH 2055,
SCHWEIZERHALLE
Aufgabe
Erdbeben- und Dolinenüberprüfung
Auftraggeber
Novartis Pharma Schweizerhalle AG, Basel
Projektleiter
Roland Marty
Projektleiter
Jürg Fink
SICHERHEIT
INFRASTRUKTUR
Projektbezeichnung
GEBÄUDETECHNIK
Aufgabe
Neubau von vier fünfgeschossigen
IT-Bürogebäuden, Tragwerksplanung
HOCHWASSERSCHUTZ WOHLEN,
AUSFÜHRUNG
Aufgabe
Teilausbau Bünz in Wohlen, mit Brückenbauten
Auftraggeber
Kanton Aargau
Projektleiter
Reto Gysin
Projektbezeichnung
GESAMTVERKEHRSKONZEPT
DIETIKON
Aufgabe
Entwicklung eines städtischen Gesamtverkehrskonzeptes für die Stadt Dietikon
Auftraggeber
Stadt Dietikon
Projektleiter
Marco Richner
Projektbezeichnung
GROSS-WASSERKRAFTWERK
LINTHAL
Aufgabe
Brandschutztechnische Begleitung und Beratung beim Neubau des Wasserkraftwerkes
Auftraggeber
Astoris GmbH, Dallenwil
Projektleiter
Sirko Radicke
UMWELT
Projektbezeichnung
ZEB OLTEN–AARAU INTEGRALE
4-SPUR (EPPENBERGTUNNEL)
Aufgabe
Umweltbaubegleitung
Auftraggeber
SBB Infrastruktur, Projekte Region Olten,
Engineering & Bau, Umwelt
Projektleiter
Daniel Scheidegger
GRUNER MAILING. 26 33
Flavio Casanova
dipl. Bauing. ETH
CEO Gruner Gruppe
Gruner AG, Basel
STANDPUNKT
GEFÄHRDET DAS ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNGSWESEN
DIE SCHWEIZER INGENIEURKULTUR?
Die Schweiz steht vor grossen Herausforderungen. Die Infrastruk­
tur muss erweitert oder saniert werden. Zudem stehen wichtige
Fragen im Bereich Energie an. Die Herausforderungen sind insbe­
sondere unter Berücksichtigung knapper Finanzmittel gross.
Inge­nieure erarbeiten Lösungen für diese Fragestellungen und
sichern die Innovationskraft unseres Landes.
Das ist doch wunderbar, werden Sie denken.
Aber das ist es eben nicht. Denn der Beruf
des Ingenieurs hat in den letzten Jahrzehnten an Attraktivität verloren. Dies, obwohl das
Bedürfnis nach seiner Innovationskraft unver­
ändert vorhanden ist. Eigentlich unverständlich angesichts des interessanten, breiten
Einsatzspektrums, das dieser Beruf bietet.
Anderseits gut nachvollziehbar, wenn man die
zwei wesentlichen Entwicklungen im Bau-
34
GRUNER MAILING. 26
wesen betrachtet: Erstens hat sich seit der
Einführung des Vergaberechtes (WTO-Übereinkommen, 1996) die Vergabe der öffent­li­
chen Aufträge verändert. Zweitens haben
sich die Baukultur sowie das Innovationsund Leistungsverhalten der Ingenieur- und
Planungsbüros einem eher unvorteilhaften
Wan­del unterzogen. Drei Thesen sollen
dies unter­streichen.
1
Von hoher Qualität zum Mittelmass
Vor der Einführung des öffentlichen Beschaf­
fungswesens hat die öffentliche Hand die
Planungsleistungsaufträge an ihr bekann­te
Firmen vergeben. Vergabekriterien waren die
Erfahrungswerte der Vergabebehörde bezüglich Qualität der Firma im angefragten
Bereich, das Vertrauen in zur Verfügung stehende Projektleiter sowie die Berücksich­ti­
gung der Kenntnisse der lokalen Planer im
Projektgebiet.
Die heute angewendeten Ausschreibungsme­
chanismen fokussieren weniger die Qualität
als den Preis: Zum einen werden Referenzen
der Schlüsselpersonen und der Firmen, das
Qualitätsmanagementsystem und vieles mehr
beurteilt. Die Qualität der zu erwartenden Er­
gebnisse der offerierten Teams spielt dabei
eine kleine Nebenrolle. Sie kann ja nicht im
Voraus gemessen werden. Zum anderen for­
ciert die gesetzlich festgeschriebene Gleichbehandlung beim Vergabeentscheid den reinen Preiswettbewerb. Der Erfahrungswert mit
den einzelnen Anbietern erhält kaum mehr
Gewicht; die Qualität der Dienstleistung spielt
eine untergeordnete Rolle.
Und zu guter Letzt wählen, da intellektuelle
Dienstleistungen nicht genügend genau beschrieben werden können, die vergebenden
Behörden vermehrt die Variante der Stundenausschreibung. Das Nachsehen haben
erfahrene Fachleute mit einer raschen Auffassungsgabe. Denn aufgrund ihres effizienten Arbeitens können sie logischerweise we­
niger Stunden verrechnen. Das ist noch nicht
alles: In der Regel beziehen diese begabten
Ingenieure ein höheres Salär. Zählt nur der
(zu) tiefe Stundenansatz und nicht die Anzahl
der geleisteten Stunden und die Qua­lität der
Arbeiten, sehen sich die Unternehmen nicht
mehr in der Lage, in diesem Marktumfeld die
besten Spezialisten anzubieten.
2
Von der Innovation zur Demotivation
Vor der Einführung des öffentlichen Beschaf­
fungswesens gehörte es zum guten Ruf eines
Büros, aus freien Stücken Projektideen zu ent­
werfen und diese den Behörden vorzustellen.
Junge Ingenieure und Planer wurden animiert,
Ideen zu generieren und diese gemeinsam
mit ihren Chefs weiterzuentwickeln. Die Be­
hörden nahmen die guten Projektideen auf
und erteilten auf dieser Basis oft Gesamtauf­
träge. Es herrschte eine kooperative Zusammenarbeit.
Das öffentliche Beschaffungswesen lässt die
Erteilung von Direktaufträgen auf Basis von
unaufgeforderten Projektideen nur in wenigen Ausnahmefällen zu. Ingenieure haben
aufgrund der auf Tiefpreise fokussierten
Vergabelogik keine Motivation mehr, aus eigenem Ansporn der Gesellschaft innovative
Ideen zur Verfügung zu stellen.
3
Von der Vielfalt zur Einseitigkeit
Vor der Einführung des öffentlichen Beschaf­
fungswesens besassen Ingenieure vielseitige
Referenzen und konnten Ihre Erfahrungen bei
zahlreichen verschiedenen Projekten einbrin­
gen. Es war keine Seltenheit, dass ein erfah­
rener Ingenieur sich sowohl mit der Planung
und dem Bau von Strassentunnels als auch
von Brücken und von Kläranlagen auskannte.
Mit der Einführung des öffentlichen Beschaf­
fungswesens wurden die hoch qualifizierten
Generalisten zurückgestuft. Bevor ein Auftrag
vergeben wird, werden heute beim Gesamtprojektleiter mindestens drei Referenzprojek­
te des angefragten Objekttyps verlangt. Es
ist nicht nachvollziehbar, warum ein erfahrener Projektleiter eines Staudammprojektes
nicht auch ein Strassenbauprojekt managen
könn­te. Mit dieser Vorgehensweise nehmen
sich die Auslober die Chance, hocherfahrene,
interdis­ziplinär denkende Pro­jektleiter zu mandatieren. Die Schweiz verliert somit ihre hoch­
gelobte Qualität der guten Generalisten und
Projektmanager.
Zurück zur guten Ingenieurkultur
Zusammenfassend kann man festhalten, dass
Qualität, Innovation und Vielseitigkeit verdrängt wurden von einer Tiefpreispolitik und
einer demotivierenden Vergabelogik. Kurzfris­
tig gesehen mag die Philosophie profitabel
sein. Langfristig wird die Gesellschaft die volks­
wirtschaftlichen Folgen tragen müssen.
Die Schweiz hat seit Jahrhunderten einen sehr
guten Ruf für Ingenieure in allen Branchen.
Mit dem Erlass des Gesetzes zum öffentlichen
Beschaffungswesen begann indes die indirekte Gefährdung dieser guten Ingenieur­kul­
tur. Den Erschaffern des Gesetzes mögen die
schädlichen Nebenwirkungen damals nicht
bewusst gewesen sein. Heute wissen wir
alle mehr. Es ist daher höchste Zeit, zu handeln. Denn hervorragende Ausbildungsstätten, Wohlstand und die Erkenntnis, dass ein
Land ohne Rohstoffe gezielt in Infrastruk­tur
investieren muss, bilden ein fruchtbares Um­
feld für Innovation. Um davon profitieren zu
können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt
sein: Intellektuelle Dienstleistungen werden
künftig unter angemessener Berück­sichti­gung
der Qualität und ihres volkswirtschaftlichen
Nutzens vergeben; Ingenieur- und Planungsbüros sowie die Verbände übernehmen ihrerseits Verantwortung, damit der Beruf des
Ingenieurs an Attraktivität gewinnt. Wir dürfen nicht vergessen: Heute gestalten wir die
Umwelt von morgen.
Flavio Casanova
CEO Gruner Gruppe
GRUNER MAILING. 26 35
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