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 Treib-Stoff für
das Herz
Calcium ist beteiligt, wenn das Herz schlägt und wenn es wächst. Welche Prozesse genau
dafür verantwortlich sind, haben Wissenschaftler untersucht. Mit dabei der Würzburger
Mediziner Oliver Ritter.
Calcium regelt den Herzschlag und treibt das Herz zum Wachsen an. Doch woher weiß das Herz, wann es
schneller schlagen und wann es wachsen soll? Eine Antwort auf diese Frage haben Forscher inzwischen
gefunden. An den Untersuchungen beteiligt war auch der Würzburger Mediziner Oliver Ritter.
Das Herz:
Rund 70-mal pro Minute schlägt es bei einem gesunden Erwachsenen in Ruhe. Unter Belastung kann sich dieser
Wert mehr als verdoppeln.
Drei bis fünf Liter Blut pumpt es im Normalzustand pro Minute in den Kreislauf; bei trainierten Sportlern können es
allerdings auch bis zu 30 Liter pro Minute sein. Nach einem Infarkt oder, wenn sein Träger an Bluthochdruck
leidet, wächst es und versucht so, einen Sauerstoffmangel auszugleichen – Mediziner sprechen in diesem Fall
von Hypertrophie. Und an all diesen Prozessen ist immer eine Substanz in tragender Funktion beteiligt: Calcium.
Woher weiß das Herz, dass ihm das Calcium in dem einen Fall mitteilen will, dass es wachsen soll, in dem
anderen aber sagt: „Schlag gefälligst etwas schneller“? Antworten auf diese Frage haben Wissenschaftler schon
seit Langem gesucht. Forschern aus Cambridge und Oxford ist es jetzt unter Mitarbeit des Würzburgers Oliver
Ritter gelungen, in zwei kürzlich veröffentlichten Arbeiten die Regulation und die Rolle von Calcium im Herzen
weiter zu klären. Ritter arbeitet als Oberarzt an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums und leitet eine
Arbeitsgruppe, die sich mit der Signalgebung bei Herzschwäche beschäftigt.
Ein Rezeptor an der Zellkernwand nimmt eine Schlüsselrolle ein
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass ein bestimmter Rezeptor – der InsP3-Rezeptor – eine wichtige
Funktion für die unterschiedliche Wirkung des Calciums inne hat. Er sitzt an der Wand der Zellkerne der
Herzmuskelzellen.Wird er durch Wachstumssignale aktiviert, sorgt er dafür, dass im Inneren des Zellkerns die
Calciumkonzentration steigt, was über weitere Schritte zur Folge hat, dass bestimmte Gene aktiv werden, die das
Herzwachstum steuern. Steigt die Belastung des Herzens dauerhaft an, nimmt die Zahl dieser Rezeptoren zu.
„Auf diese Weise kann die calciumabhängige Regulation der Genaktivität bei Hypertrophie von der
calciumregulierten Muskelkontraktion abgekoppelt werden“, erklärt Oliver Ritter.
Die Rolle des Sarkoplasmatischen Retikulums
In einer nachfolgenden Arbeit konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Rezeptorenmenge unter Belastung
nicht nur an der Kernmembran zunimmt. Den gleichen Effekt fanden sie auch an der Membran des so genannten
Sarkoplasmatischen Retikulums (SR) – einem Bestandteil fast aller Zellen des Körpers. In Muskelzellen speichert
das SR Calciumionen. Ein elektrischer Impuls bringt es dazu, diese Ionen auszuschütten, wodurch in der Folge
die Muskelfasern sich zusammenziehen. Treffen keine weiteren elektrischen Impulse mehr an der Muskelfaser
ein, werden die Calciumionen in das SR zurückgepumpt. Das beendet die Kontraktion. Das sarkoplasmatische
Retikulum steuert so die Muskelkontraktion.
Ein Rezeptor beeinflusst den anderen
„Allerdings sind diese Rezeptoren in deutlich geringerer Anzahl in den Membranen des Sarkoplasmatischen
Retikulums anzutreffen, als eine zweite Rezeptorart, die nach klassischem Verständnis für die Calciumfreisetzung
aus dem SR zuständig ist – den Ryanodinrezeptoren“, sagt Ritter. Den Arbeitsgruppen aus Cambridge, Oxford
und Würzburg ist nun jedoch der Nachweis gelungen, dass die InsP3-Rezeptoren bei Stress die
Ryanodinrezeptoren beeinflussen. Dies hat fatale Folgen: „Das Sarkoplasmatische Retikulum verliert permanent
Calcium. Dadurch schwächt sich die Muskelkontraktion ab, weil die Calciumspeicher des Retikulums weniger
gefüllt sind, gleichzeitig nimmt die Anfälligkeit des Herzens für gefährliche Rhythmusstörungen zu“, erklärt Ritter.
Eine Gefahr, die auch von Menschen mit einer Herzmuskelhypertrophie bekannt ist.
Diese neuen Befunde bieten nach Ritters Worten die Chance, neue Substanzen zu entwickeln, die einer
Herzmuskelhypertrophie entgegen wirken oder Rhythmusstörungen verhindern.
Increased InsP3Rs in the junctional sarcoplasmic reticulum augment Ca2+
transients and arrhythmias associated with cardiac hypertrophy. Dagmar Harzheim,
Mehregan Movassagh, Roger S.-Y. Foo, Oliver Ritter, Aslam Tashfeen, Stuart J.
Conway, Martin D. Bootman and H. Llewelyn Roderick, PNAS 2009 Jul
7;106(27):11406-11
Higazi, DR et al. Mol Cell 2009 Feb 27;33(4):472-82
Kontakt
PD Dr. Oliver Ritter, Tel (0931) 201-39033
file:///C|/Users/muellges/Typo3/Herz-und Kreislaufzentrum/Expression Web/herzzentrum/aktuelles/texte/juli2009.htm[07.06.2010 11:25:35]
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