Exponate zur Sonderausstellung Der atomare Zoo 7. Juli 2006 bis 19. August 2007 verlängert bis 25. Mai 2008 Atomphysik Elementarladung: Das Elektrizitätsatom Gibt es eine kleinste elektrische Ladung – sozusagen das «Atom» der Elektrizität? Robert A. Millikan gelang 1906 mit geladenen Öltröpfchen der Nachweis dieser kleinstmöglichen Ladung – der Elementarladung. Zwischen einem Plattenkondensator zur Schwebe gebracht, konnte er zunächst das Gewicht des Öltröpfchens bestimmen. Aus dem Gewicht und der für den Schwebezustand nötigen Feldstärke liess sich für jedes Öltröpfchen eine Ladung bestimmen. Die so berechneten Ladungen konnten jedoch nicht irgendeinen Wert annehmen, sondern waren jeweils ganzzahlige Vielfache der Elementarladung e. Für diese Entdeckung erhielt Millikan 1923 den Nobelpreis. Im Experiment wird zur Veranschaulichung die Ablenkung eines fallenden geladenen Wassertropfens zwischen zwei Kondensatorplatten gezeigt. Ein Atom – zehnmilliardenfach vergrössert! Atome sind klein – sehr klein, wobei der Atomkern noch viel kleiner ist als die ihn umgebende Hülle. Dieses Modell stellt eine zehnmilliardenfache Vergrösserung dar. Dabei misst der Atomkern, dargestellt durch einen Laserlichtpunkt, gerade mal 1⁄ 20 mm bei einem Meter Hüllendurchmesser! Obwohl der Kern rund 50 000 mal kleiner ist als seine Elektronenhülle, enthält er 99.95% der ganzen Atommasse! Atome verraten ihren Magnetismus (Zeeman-Effekt). Ein angeregtes Natrium-Atom sendet normalerweise streng monochromatisches, also einfarbiges, Licht aus. Legt man jedoch ein äusseres Magnetfeld an, verändern sich die Energiezustände der Elektronen innerhalb des Atoms, was zu verschiedenen, kaum beobachtbaren Wellenlängenverschiebungen des Lichtes führt. Nur mit einem Interferometer, wie bei diesem Versuch, können sie beobachtet werden. 2 Atome kann man abtasten. Eine Wanderung entlang den Gebirgszügen der Atome! Beim Rastertunnelmikroskop wird mit einer kleinen Spitze aus Platin-Iridium-Draht, die nur wenige Atomdurchmesser misst, die Oberfläche einer Probe abgetastet. Und dies berührungsfrei, da bereits bei geringem Abstand zwischen Probe und Spitze ein kleiner Strom fliesst, welcher benutzt wird, um den Abstand der Spitze zur Oberfläche konstant zu halten. So erhält man ein Oberflächenprofil. Kurzlebige Myonen Myonen verursachen beim Durchgang durch einen Block aus fluoreszierendem Kunststoff winzige Lichtblitze. Zerfällt ein Myon zufälligerweise in diesem Block, blitzt es kurz darauf ein zweites Mal. Der zeitliche Abstand zwischen diesen Blitzen ist ein Mass für die Lebensdauer des Myons, die bei 2.2 Mikrosekunden liegt. Wenn Myonen in der Atmosphäre entstehen, brauchen sie aber beinahe 80 Mikrosekunden, bis sie die Erdoberfläche erreichen! Wie kommt es, dass man sie hier unten detektieren kann, wenn sie bloss 2.2 Mikrosekunden «leben»? Die Antwort liegt in der Relativität der Zeit des fast lichtschnellen Myons! Verdünnte Gase leiten den Strom. Die seltsam schöne Leuchterscheinung innerhalb dieses vakuumierbaren Glaskolbens entsteht, wenn freie Elektronen, beschleunigt durch das elektrische Feld, mit genügend hoher Geschwindigkeit auf die Gasmoleküle treffen und ihnen so Energie zuführen. Erst bei geringem Druck haben die Elektronen eine hinreichend grosse Beschleunigungsstrecke. Dadurch wird das Gasgemisch leitend und beginnt zu leuchten. Die grösste Plasmakugel der Welt! 1) Fest, flüssig, gasförmig, dies sind die Aggregatszustände, wie wir sie kennen. 99% der sichtbaren Materie des Universums befinden sich jedoch im vierten Aggregatszustand – dem Plasma. In einem Plasma sind die Atome ionisiert. Das heisst: Elektronen haben sich ganz oder teilweise von den Atomen getrennt und bewegen sich frei. Das Polarlicht, das Leuchten der Sonne, Leuchtstoffröhren, Blitze, aber auch gewöhnliche Flammen sind Plasmen. An der weltweit grössten Plasmakugel lassen sich die Entladungsformen mit der blossen Hand beeinflussen! 1) Plasma Sphere by Bill Parker 3 Kernphysik Teilchen-Spuren im Nebel Schon mal ein Myon gesehen? Nun, sehen kann man die elektrisch geladenen Teilchen in der Diffusions-Nebelkammer zwar nicht direkt, doch immerhin hinterlassen Alpha- und Beta-Teilchen, Protonen, Myonen, Elektronen und Positronen ihre Spuren in Form eines deutlich sichtbaren Kondensations-Streifens. Die durchfliegenden Teilchen ionisieren längs ihrer Bahn die Luft, an den verbleibenden Ionen kondensiert sich dann der übersättigte Alkoholdampf. Schöner könnte ein Teilchen-Zoo nicht sein! Das Myonen-Teleskop Das Myon ist ein instabiles Elementarteilchen, das dem Elektron gleicht, jedoch eine deutlich höhere Masse aufweist. Es entsteht durch die Kollision kosmischer Strahlung mit unserer Atmosphäre. Beim Durchqueren von zwei Szintillationsplatten aus speziellem Kunststoff erzeugen die Myonen in beiden Platten einen kurzen Lichtblitz. Wenn in beiden Platten im gleichen Bruchteil einer Mikrosekunde ein Zählimpuls registriert wird, darf man annehmen, er stamme vom gleichen Teilchen. Damit ist auch die ungefähre Richtung bestimmt, aus der das Myon gekommen sein muss. Gefügige Kathodenstrahlen Atomphysik im Wohnzimmer! Fast 100 Jahre lang diente die Fernsehröhre als bildgebendes Verfahren. Bereits Thomas Edison – der Erfinder der Glühlampe – entdeckte 1883 die Glühemission, d.h. dass glühende Metalle Elektronen aussenden. Erst Anfang des 20. Jh. erkannte man, dass Elektronen und Betastrahlung das Gleiche ist. Mit einem einfachen Dauermagneten lässt sich der Elektronenstrahl nach Belieben ablenken. 4 Radioaktivität – überall Tagtäglich sind wir von natürlichen radioaktiven Quellen umgeben. An dieser Station können verschiedene natürliche Stoffe auf ihre Radioaktivität geprüft werden. Kaum zu glauben, dass der menschliche Körper beinahe 1⁄ 6 der jährlichen Strahlendosis über das unentbehrliche Kalium aufnimmt! Ebenfalls verblüffend: Der stärkste Strahler, mit dem die Besucher(innnen) in dieser Ausstellung in Berührung kommen, ist uranhaltiges Gestein aus dem Tessin. So kam Rutherford auf den Kern. Dieses historisch wichtige Experiment macht den Aufprall von Alphastrahlen sichtbar! Trifft ein Alphateilchen auf eine dünne Zink-Sulfid-Schicht, entsteht ein schwacher Lichtblitz. Dieser ist durch das Mikroskop beobachtbar, allerdings braucht es einige Minuten, bis sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben! Alphateilchen lassen Funken springen. Ionisierende Strahlung von Alphateilchen (= Heliumkerne) aus einer Americium-Quelle macht die Luft elektrisch leitfähig. Gelangen die Strahlen auf ein Hochspannungsgitter, springen dort Funken über. Doch bereits ein Zeitungspapier zwischen Quelle und Gitter schirmt die Strahlung ab, sodass es zu keinen Funkenüberschlägen mehr kommt. Atomkerne sind schwer zu treffen. Nachdem J.J. Thomson um 1896 das Elektron entdeckt hatte, glaubte man, dass sich Elektronen und Protonen in einem Atom (ähnlich wie in einem Pudding) gleichmässig verteilten. 1909 beobachtete E. Rutherford jedoch, dass beim Beschuss einer dünnen Goldfolie mit Alphateilchen (= Heliumkerne), eines von 8000 Teilchen in seiner Richtung stark abgelenkt wird. Dies lässt sich nur damit erklären, dass alle schweren positiven Ladungsträger (Protonen) des Atoms sich auf einen unglaublich kleinen Raum im Atomkern konzentrieren. Kommt ein Alphateilchen (ebenfalls positiv geladen) einem (positiven) Atomkern sehr nahe, wird es durch die abstossende Wirkung stark abgelenkt, manchmal sogar rückwärts geschleudert. 5 Kernphysik Warum Teilchenbeschleuniger gigantisch sind. Alphateilchen (Helium-Kerne) sind im Vergleich zu Elektronen schwer – 7200 mal schwerer. In unserem Versuch zwingt ein beachtlich starker Magnet das Alphateilchen auf eine gekrümmte Bahn, welche fortgeführt einen Durchmesser von 1.2 Meter hätte. Im Gegensatz zu diesem Experiment ist die Teilchenenergie in Beschleunigern wie am CERN millionenfach höher! Nur dank supraleitender Magnete und 10 000 mal grösseren Kreisen bleiben die Teilchen im Beschleuniger auf ihrer Bahn. Wie bremst man schnelle Elektronen? Betastrahlung entsteht beim Zerfall radioaktiver Kerne durch Aussenden von Elektronen. Diese werden beim Durchgang durch Materie unterschiedlich stark abgebremst bzw. absorbiert. Mehrere Stoffe wie Holz, Leder, Plexiglas, Metall usw. lassen sich auf ihre Absorptionsfähigkeit untersuchen. Elektronen und Antielektronen im Magnetfeld Unterschiedlicher könnten Zwillinge nicht sein! Eine radioaktive Probe sendet Elektronen aus, welche durch einen Magneten abgelenkt werden können. Eine andere Probe emittiert Positronen, Antiteilchen des Elektrons. Mit demselben Magneten werden sie in die andere Richtung abgelenkt. Wenn Materie auf Antimaterie trifft. Begegnet ein Elektron (Materie-Teilchen) seinem Gegenstück, dem Positron (Antimaterie-Teilchen), lösen sich beide schlagartig auf. Die dabei entstehende Energie in Form von Gammastrahlung entspricht exakt den verschwundenen Massen (E = mc2) und strahlt in genau entgegengesetzter Richtung ab. Die Anzahl dieser «Vernichtungen» (Annihilationen) kann man messen, indem man mit zwei einander gegenüberliegenden Detektoren gleichzeitig eintreffende Gamma-Impulse zählt. Der PositronenEmissions-Tomograph (PET), ein bildgebendes Verfahren in der Medizin, funktioniert nach diesem Prinzip. 6 Harte Gamma-Quanten Gammastrahlen sind wie die Röntgenstrahlen durchdringend. Zum Abschirmen benötigt man bedeutend dickere Schichten als bei Alpha- oder Beta-Strahlen. Materialien, die chemische Stoffe mit hoher Ordnungszahl enthalten (z.B. Blei), sind besonders zur Abschirmung geeignet. Atomkerne hinterlassen ihren Fingerabdruck. Mit Hilfe eines Germaniumkristalles können Gammastrahler aus der Umgebung detektiert werden. Solche Geräte wurden nach dem Unglück von Tschernobyl zur Identifizierung radioaktiver Strahlung nicht natürlichen Ursprungs in der Schweiz eingesetzt. 7 Kernphysik Halbwertszeit: Zufall und doch Gesetz Wann genau ein bestimmter Atomkern einer Probe zerfällt, kann niemand mit Sicherheit sagen! Doch lassen sich Wahrscheinlichkeiten angeben, innerhalb welcher Zeitspanne die Hälfte der Probe «zerfallen» müsste. Bei diesem Experiment wird der Zerfallsverlauf von Radon 220, welches eine Halbwertszeit von 55 sec besitzt, gemessen. Jede Anzeigesäule zeigt die Anzahl der zerfallenen Kerne innerhalb von 15 sec an. Nach ca. einer Minute wird sich die Anzahl halbiert haben, nach zwei Minuten wird noch ein Viertel gemessen, usw. Röntgenquanten absorbiert und gestreut Unterschiedliche Materialien lassen sich hier auf ihre Absorptions- und Streuungseigenschaften von Röntgenstrahlen untersuchen. Je höher die Ordnungszahl eines chemischen Elementes, desto besser ist die Absorptionsfähigkeit. Calcium (Z=20) absorbiert viel stärker als Wasserstoff (Z=1) und Kohlenstoff (Z=6). Deswegen unterscheiden sich auf dem Röntgenbild Knochen gut von Weichgewebe. Neben Absorption durch Photoeffekt kommt es beim Auftreffen von Röntgenstrahlung auf Materie in vermindertem Mass auch zur Streuung (Comptoneffekt). Ein Photon wird hier nicht vollständig absorbiert, sondern breitet sich mit geringerer Energie als vorher in einer anderen Richtung aus. Es wird also gestreut. Mit Röntgenstrahlung testen Mittels Röntgenstrahlen lassen sich chemische Zusammensetzungen analysieren. Die Strahlung schlägt gebundene Elektronen aus der Probe, wodurch Elektronen aus höheren Energieniveaus nachrutschen können. Dabei wird Röntgenstrahlung mit präziser Energie freigesetzt. Die Fluoreszenzlinien sind elementspezifisch, da jedes Element andere Bindungsenergien der Elektronen besitzt und somit beim Nachrutschen der Elektronen andere Energiedifferenzen frei werden. Dieses Experiment wird von Betreuern vorgeführt. Neutronen im Strassenbau Neutronen ermöglichen die Untersuchung dicker Materialschichten, ohne das Objekt zu beschädigen! Neutronen werden hauptsächlich von Wasserstoff-Atomen abgebremst, weil diese annähernd gleiche Massen wie die Neutronen besitzen. Die Zahl der abgebremsten Neutronen entspricht dem Wasser(stoff)-Gehalt einer Probe. Mit einer Neutronensonde werden verschiedene Materialien wie Wasser, Erde, Holz oder Paraffin auf ihren «Feuchtigkeitsgehalt» untersucht. Zusätzlich zeigen die Betreuer bei einer Vorführung, dass Neutronen Silber radioaktiv machen. 8 Im Tal der Isotopen Elemente unterscheiden sich durch die Anzahl ihrer Protonen. Von jedem Element gibt es mehrere Isotope, die sich in ihrer Neutronenzahl, und dadurch ihrer Masse, unterscheiden. Ca. 3000 Isotope sind bekannt, die wenigsten jedoch sind stabil. Diese Computerstation ist eine interaktive Nuklidkarte, an der Isotope virtuell zusammengebaut und verändert werden können. Zudem lassen sich die Folgeprodukte des radioaktiven Zerfalls identifizieren. Fachbegriffe kurz und bündig Ist Ihr persönlicher Teilchenzoo mit Myonen, Mesonen, Bosonen, Neutronen, Photonen, Protonen, Neutrinos oder etwa gar Protrinos durcheinandergekommen? Was war schon wieder der Unterschied zwischen Alpha- und Betastrahlung? Kein Problem, die Computerstation mit den wichtigsten Definitionen und Erklärungen aller Begriffe hilft Ihnen schnell und leicht auf die Sprünge. Atomkerne als Mini-Magnete Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen. Häufig besitzen sie einen Eigendrehimpuls (Spin), was dem Atomkern ein magnetisches Moment verleiht. Insofern kann ein Atomkern vom Standpunkt der klassischen Physik aus vereinfacht als ein magnetischer Kreisel angesehen werden. Durch äussere Magnetfelder kann der Kern zu einer Taumelbewegung (Präzession) angeregt werden, welche für jede Kernsorte charakteristisch ist. Dieses charakteristische Schwingungsverhalten macht man sich bei der chemischen Strukturanalyse oder der Kernspintomographie zunutze. In diesem Experiment stellt eine schwarz-weiss segmentierte Kugel modellhaft die Präzessionsbewegungen eines Protons dar. 9 Kernphysik Wenn überschwerer Wasserstoff leuchtet. Nicht sehr hell, dafür aber jahrzehntelang leuchten Tritiumgaslichtquellen ohne äussere Energiezufuhr. Sie werden v.a. für Notfallbeleuchtungen von Schildern, für Zifferblätter und Zeiger von Uhren verwendet. Dabei gibt das leicht radioaktive Tritium Betastrahlung ab, welche eine Phosphor-Schicht zum Leuchten anregt. Heute wird in Armbanduhren jedoch meistens ein nichtradioaktives Leuchtmittel verwendet. So zertrümmert man Atomkerne. Teilchenbeschleuniger dienen der Grundlagenforschung. Man erhofft sich neue Erkenntnisse über spezielle Teilchen (wie das Higgs Boson), Energien (etwa dunkle Energie) oder Materie (z.B. dunkle Materie), aber auch über Fragen wie: «Warum haben Teilchen überhaupt eine Masse?». Am CERN in Genf entsteht zurzeit der weltgrösste Teilchenbeschleuniger (Large Hadron Collider). Das stark vereinfachte Modell eines Teilchenbeschleunigers beschleunigt eine Stahlkugel in mehreren Stufen und lässt sie modellhaft auf Plastikkugeln krachen. 10 Die erklärenden Texte an den Exponaten sind in zwei Ebenen gegliedert: • Zunächst und direkt im Blickfeld eine knappe Beschreibung, worum es beim Versuch überhaupt geht, dann gleich Punkt für Punkt und unterstützt durch eine Darstellung, was zu tun und zu beachten ist. • Wer mehr wissen möchte, findet ebenfalls beim Exponat einen separaten Text mit vertiefenden, aber immer noch allgemein verständlichen und illustrierten Erklärungen. 11 Technoramastrasse 1, CH-8404 Winterthur Telefon +41 (0)52 244 08 44, Fax +41 (0)52 244 08 45 [email protected], www.technorama.ch © Technorama, September 2006 /Änderungen vorbehalten Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr; an allgemeinen Feiertagen auch montags geöffnet.