N ATU R Interesse statt Angst Spinnen beobachten Spinnen sind für viele Menschen abstossend. Manche leiden sogar unter Arachnophobie, einer krankhaften Angst vor Spinnen. Linderung bringen kann eine intensive Auseinandersetzung mit Spinnen und mit den eigenen Ängsten. Das Entdecken von Spinnen als Teil unserer Natur kann ein erster kleiner Schritt weg von der Angst sein. (rz) Wer zugeschaut hat, wie eine Radnetzspinne ihr Fangnetz herstellt, wie sich eine Springspinne an ein ahnungsloses Beutetier anpirscht oder wie eine Wolfspinne die ganze Schar ihrer Nachkommen auf dem Rücken herumträgt, wird sich einer gewissen Faszination nicht entziehen können. Es gibt sogar Spinnen, die ganz einfach schön sind. Vor dieser Erkenntnis müssen viele Menschen allerdings grosse Hürden überwinden und sich erst ernsthaft mit Spinnen befassen. Der lateinische Name für Spinne ist Arachnida. Spinnen-Wissenschaftler nennt man Arachnologen. manchmal nach der Begattung gefressen. Ob eine Spinne nachtaktiv oder tagaktiv ist, lässt sich an ihrer Färbung erkennen. Ist sie grau, schwarz oder braun nuanciert, handelt es sich um eine nachtaktive Spinne, ist sie eher bunt, ist es eine tagaktive. Hervorragende Sinnesorgane Die Spinne und die Fliege können keinen Kompromiss schliessen. Aus Jamaika Spinnen Gliederfüsser Im Spätsommer klettern junge Baldachinspinnen bis an die Spitze von Gräsern und Zweigen. Aus ihren Spinndrüsen tritt ein langer Faden aus. Den ergreifen sie und lassen sich vom Wind wie ein Löwenzahnsamen mit Fallschirm davontragen. Oft ist die Luft erfüllt mit feinen Spinnfäden. Das nennt man Altweibersommer, denn der Flugfaden, den die Spinnen produzieren und auf dem sie durch die Luft schweben, erinnert an das weisse Haar alter Frauen. Spinnen sind keine Insekten, sondern gehören zu den Gliederfüssern. In der Schweiz gibt es knapp 100 verschiedene Arten Spinnen. Sie haben vor ihrem Mund meist keine Fühler wie andere Gliederfüsser, sondern Greifzangen. Zu den Gliedertieren gehören unter anderem Skorpione, Weberknechte, in der Schweiz Zimmermann genannt, Milben und die echten Spinnen. Spinnen haben vier Beinpaare, also acht Beine, die je aus sieben Gliedern bestehen. Bei der Fortpflanzung überträgt das Männchen seine Samen in die Geschlechtsöffnung des Weibchens. Da die Männchen oft sehr viel kleiner sind als die Weibchen, werden diese 60 September 2016 Spinnen können monatelang ohne Nahrung auskommen. Das verdanken sie ihrem niedrigen Stoffwechselumsatz. Bei einer Temperatur von minus vier Grad verfallen sie in eine Kältestarre, erst ab minus sieben Grad sterben die meisten Spinnenarten ab. Die Kreuzspinne hält es bis minus 20 Grad aus, wie sie das schafft, ist noch nicht erforscht. Spinnentiere haben ein Strickleiternervensystem. Als Augen haben Spinnentiere im Unterschied zu den Insekten keine Facettenaugen, sondern mehrere Punktaugen, von denen einige sehr leistungsstark sein können. Spinnen können riechen und schmecken. So können sie ungeniessbare Nahrung erkennen und sich gegenseitig identifizieren. Viele Sinnesorgane liegen auf ihren Tastorganen, den Pedialpen. Der paarige Pedipalpus ist ein Merkmal der Spinnentiere. Dabei handelt es sich um eine umgewandelte Extremität im Kopfbereich der Tiere. Darüber hinaus tragen sie auch auf den Beinen Sinneshärchen, mit denen sie sogar die Richtung von Schwingungen wahrnehmen können, beispielsweise in ihrem Netz. Die gewöhnlichen Spinnen lähmen oder töten ihre Beutetiere, meist Insekten, durch einen Biss mit ihren Kieferklauen. Dabei wird ein Gift abgesondert, das je nach Spinnenart unterschiedlich stark ist. Im Prinzip sind also alle Spinnenarten auch Giftspinnen. Spinnennetze Viele Spinnenarten fangen fliegende Insekten in ihrem Netz. Im Hinterleib besitzen die meis- NAT UR Aufgelesen Auf Schlafplatzsuche Im kleinen Ort Genesee, westlich von Denver gelegen, staunte eine junge Frau nicht schlecht, als sie mit ihrem Auto zur Arbeit fahren wollte. In ihrem Auto entdeckte sie einen grossen Schwarzbär. Äusserlich war ihr Subaru völlig unbeschädigt, im Innenraum hatte der Bär die komplette Innenausstattung inklusive Dachhimmel herausgerissen. Die herbeigerufene Polizei befreite das Tier. Vermutet wird, dass eine geöffnete Dose Limonade den Bären angelockt hat. Der Kriminalschriftsteller ist eine Spinne, die die Fliege bereits hat, bevor sie das Netz um sie herum webt. ten Spinnen einen also deutlich älter als Spinnapparat mit viedie Saurier. Spinnen in der len Spinndrüsen. Aus ihnen bekommt die Schweiz sind nützliche Helfer in der NaSpinne die nötigen Sir Arthur Conan Doyle, 1859 bis 1930 tur. Obwohl es hier Fäden zum Weben. Giftspinnen gibt, muss Die Form der Netze sind verschieden: Radnetze, Trichternetze, man sich nicht fürchten. Nur die Bisse von 20 Röhrennetze, Baldachinnetze und Fadennetze. bis 30 Arten aller Spinnen in der Schweiz verursachen Symptome wie Schmerz oder JuckDie Seide ist ein Protein, das in den Warzen zu Fäden gesponnen wird und sich erst an der reiz. Nur bei grösseren Exemplaren sind die Luft verfestigt. Nicht alle Seidenfäden sind Kieferzangen lang genug, um die menschligleich. Radialfäden und der Rahmen sind che Haut zu durchdringen. Spinnen beissen besonders fest und erhalten die Grundstruktur den Menschen zudem nur, wenn sie sich bedes Netzes. Die Fäden der Fangspirale sind droht fühlen und nicht fliehen können. hochelastisch und damit in der Lage, Stösse beispielsweise durch gefangene Insekten Angst oder Ekel vor Spinnen sind kein abzufedern. Jede Spinnenart baut ein artspe- Naturgesetz. Es gibt Völker, die keine Angst zifisches Netz, eine komplexe Fähigkeit, die vor Spinnen haben, und sogar solche, angeboren ist. Es gibt aber auch Spinnen, denen Spinnen heilig sind. Fachleute sind die ohne Netz auf Beutefang gehen. Man un- der Meinung, Spinnenangst sei unbewusst terscheidet hier Lauerjäger und Jagdspinnen. anerzogen. Wenn die Mutter mit Abscheu Letztere gehen aktiv auf Beutesuche. Spring- reagiert, wird das Kind Spinnen als etwas Ekliges wahrnehmen. Zeigen Bezugspersospinnen gehören zu den Jagdspinnen. nen Interesse für Spinnen, ist die Chance kleiner, dass Kinder eine Arachnophobie entwiKeine Angst vor Giftspinnen ckeln. Die meisten einheimischen Arten werden etwa ein Jahr alt. Eine Vogelspinne wurde in Gefangenschaft 27 Jahre alt. In der Natur wurde eine Falltürspinne in Australien 27 Jahre lang beobachtet. Einige Arten können ein Alter von über 30 Jahren erreichen. Die ältesten versteinerten Spinnen, die entdeckt wurden, sind 400 Millionen Jahre alt, Spinnenführer Der Kosmos Spinnenführer, Heiko Bellmann, Kosmos, 2016, 432 S., ISBN: 978-3-440-148952, CHF 35.90 Rückkehr der Fischadler Zwölf junge Fischadler aus Norwegen und Deutschland sind in den Kanton Freiburg gebracht worden. Jetzt werden die Jungvögel im Gefängnis Bellechasse grossgezogen. Dieser spezielle Standort wurde ausgewählt, weil er Ruhe bietet und aus Sicherheitsgründen für die Öffentlichkeit verboten ist. Der Verein «Nos oiseaux» will die Fischadler wieder in der Schweiz ansiedeln. Aus diesem Grund sollen während fünf Jahren Jungadler ins Land geholt werden. Bereits letztes Jahr sind erste Fischadler in der Schweiz ausgesetzt worden. Paarungsgeräusche Lautes, anhaltendes Schnaufen und verdächtige Geräusche haben einen Mann in Erlangen so irritiert, dass er die Polizei rief. Die Beamten durchsuchten das Anwesen und bald waren die Verursacher entdeckt. Unter der Treppe beim Hauseingang trafen die Polizisten auf zwei Igel, die sich paarten. Gestört durch die Taschenlampe ergriffen die Tiere die Flucht. Dass der Paarungsakt bei Igeln stundenlang und geräuschvoll abläuft, ist nicht ungewöhnlich. 11 Millionen Jahre alt Nördlich von Hamburg hat eine Gruppe von Hobby-Paläontologen einen sensationellen Fund gemacht. In einer Kiesgruppe entdeckten sie ein schätzungsweise elf Millionen Jahre altes Robben-Skelett. Gemäss Informationen des Grabungsteams ist das Tier etwa 1,7 Meter lang und dürfte zu einer Art gehört haben, die den heute lebenden Robben ähnelt, so aber nicht mehr vorkommt. Weltweit gibt es bisher kaum vergleichbare Funde aus dieser Zeit. September 2016 61