> KARRIERE Wie werde ich CTO? Antworten von Didier Lexa, CTO und Executive Vice President, Getrag Gruppe 36 DER F&E MANAGER > DER F&E MANAGER: Welche Grundqualifikation ist für eine F&E-Karriere notwendig? Aus meiner Sicht steht vor der Qualifikation die Begeisterung für Technik. Denn nur, wenn man mit Leidenschaft arbeitet, findet man die bestmögliche Lösung. Natürlich ist eine gute technische Ausbildung von Vorteil. Eine konkrete Fachrichtung möchte ich jedoch nicht empfehlen, denn aus meiner Erfahrung heraus wird immer mehr interdisziplinär gearbeitet. Wichtig ist, eine ausgewogene Balance zwischen Kreativität und systematischem und analytischem Denken zu besitzen. > Sollte man im Laufe seiner F&E-Ausbildung auch in andere Ressorts wie Produktion, Vertrieb u. Ä. wechseln? Forschung und Entwicklung ist ein Knotenpunkt im Unternehmen. Es gibt viele interdisziplinäre Schnittstellen zu Marketing und Vertrieb sowie zur Produktion und der Qualitätssicherung. Erfahrungen in diesen Bereichen können daher sehr nützlich sein und das Verständnis für deren Anforderungen schärfen. > Über welche Schlüsselqualifikationen muss ein CTO verfügen? Ohne ein gutes Auffassungsvermögen, um technische Zusammenhänge zu erkennen, geht es nicht. Ein guter CTO muss die Gesamtübersicht behalten, sie geht immer vor Detailsicht. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist Kundenorientierung, denn am Kunden vorbei kann ein Unternehmen nicht entwickeln. Wirtschaftliches Denken und Durchsetzungsvermögen machen einen starken CTO ebenso aus wie Begeisterungsfähigkeit für die tägliche Arbeit. > Welche Managementkompetenzen sind ganz besonders gefragt? Ein Spitzenmanager braucht eine hohe Sozialkompetenz. Motivationsfähigkeit und Offenheit für neue Ideen sowie Teamfähigkeit sind sicherlich auch Kernkompetenzen. Und ein guter Manager muss die Solidarität und Loyalität der Mitarbeiter gewinnen können. > Wie wichtig ist eine internationale Ausbildung? Grundsätzlich ist eine solide Grundausbildung wichtiger als eine internationale Ausbildung, denn ohne Handwerkszeug ist Internationalität nichts wert. Eine internationale Ausbildung ist jedoch von Vorteil, um unterschiedliche Kulturen, Denkweisen und Arbeitsmethoden kennenzulernen, diese zu verstehen und mit ihnen umgehen zu können. Respekt, Vertrauen und Toleranz gegenüber allen Mitmenschen sind jedoch in jedem Fall Voraussetzung für eine Karriere. > Erfordert die Führung von vielen Entwicklern besondere Qualifikationen bzw. Tools? Komplexe Entwicklungen lassen sich nur mit einer gut funktionierenden Organisation bewältigen: Man darf nie mit dem Erreichten zufrieden sein. Neben der Organisation ist darauf zu achten, dass sowohl man selbst als auch die Mitarbeiter den technologischen Fortschritt vorantreiben bzw. begleiten. Tools beziehungsweise Werkzeugkästen sind sicher auch von großer Bedeutung. Dies gilt jedoch für alle Berufe. > Wie kann man die Führung von Entwicklern lernen? Es gibt sicherlich kein Patentrezept, jedoch sollte man zuhören können und seine Mitarbeiter ständig fordern und fördern. Wichtig ist auch die Freiheit, ihr Arbeitsumfeld selbst gestalten zu können. Fehler müssen erlaubt sein, denn aus Fehlern lernt man. > Über wie viel technisches Wissen müssen Sie als CTO verfügen? Ein CTO «kann» und «soll» sicherlich nicht alles im Detail wissen, sondern stets das gesamte Bild vor Augen haben. Er muss jedoch erkennen können, wenn technische Lösungen auf «wackeligen Füßen» stehen. Wichtig ist es, technische Entscheidungen nachvollziehen zu können, zu hinterfragen, zu tragen. Technisches Wissen allein ist sicherlich nicht ausreichend. Offenheit für neue Lösungen ist genauso wichtig wie Entscheidungsfähigkeit. Dies funktioniert nur, wenn man eine gute Mischung von Kompetenzträgern hat. > Welcher Weg führt am schnellsten in die F&E-Leitung? Ich glaube nicht, dass die Frage nach einem schnellen Weg relevant ist. Es gibt auch keinen idealen oder geraden Weg dazu. Man soll jedoch sehr früh erkennen, ob man sich in einem unsicheren Umfeld (fehlende Informationen, ungenaue oder oftmals sehr ambitionierte Kundenanforderungen, offene Zukunftsperspektive…) wohlfühlt. Die Begeisterung für vorausschauende Entwicklungen von Lösungen, gekoppelt mit gutem Menschenverstand und Neugier, aber auch eine Portion «Madness» können nicht schaden, den Weg zur F&E-Leitung anzugehen. Didier Lexa ist CTO und Executive Vice President der Getrag Gruppe. Der Franzose studierte Elektromechanik in Lyon und absolvierte seinen Master an der Graduate School of Business Administration in Zürich. Nach diversen Stationen in der Entwicklung bei ZF in Friedrichshafen, General Motors in Luxemburg, USA und bei der ZF Getriebe GmbH in Saarbrücken wechselte er 1997 zu Valeo nach Paris. Dort verantwortete er zuletzt die Entwicklung und das Produktmarketing «Transmission Systems» für Pkws und Nutzfahrzeuge. Seit 2011 ist der passionierte Bergsportler in seiner heutigen Position bei der Getrag Gruppe tätig. DER F&E MANAGER 37