Inhibition of Dendrite Excitation Propagation in CNS

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Inhibition of Dendrite Excitation Propagation in CNS
Wolfgang Herzberg
5.7.2016
Seit 20 Jahren wissen wir, dass dendritische Erregungsausbreitungen – sowohl orthograd als auch
retrograd – von K+ Ionen Kanal Ansammlungen gehemmt werden können (1). Bis heute aber gibt es
dafür keine überzeugende Erklärung. Unter Einführung schwingender Magnetfelder, die wir als
Hirnströme messen können, soll ein in sich schlüssiges Modell erstellt werden.
Vorab muss verstanden sein, dass ein Membranareal, das ausschließlich mit spannungsabhängigen K+
Ionen Kanälen besetzt ist, nicht im üblichen Sinne erregbar ist. Würde eine dendritische Na+ Ionen
Kanal gestützte Erregungswelle auf ein derartiges Areal zulaufen, würde das depolarisierende
Magnetfeld der Erregungswelle die gerade noch kritisch depolarisierbaren K+ Ionen Kanäle im
Randbereich des Areals öffnen und dann in der durch K+ Ionen Export erzeugten Hyperpolarisation
enden. Solange das K+ Ionen Kanal Areal den Dendriten nicht geschlossen umgreift, kann die
Erregungswelle aber das Areal ungehindert umgehen. So besehen könnte das K+ Ionen Kanal Areal
eine Erregungswelle nicht modulieren sondern lediglich im Falle der geschlossen zirkulären
Anordnung zum Stehen bringen – und das dann auch immer.
Darum soll zunächst erklärt werden, wie ein Mechanismus aussehen muss, der es ermöglicht, dass
eine umschriebene Ansammlung von spannungsabhängigen K+ Ionen Kanälen den Fluss der
Erregungsausbreitung wie ein Wasserhahn stufenlos drosseln oder gar zum Stehen bringen kann.
Abb.1 Querschnitt eines Dendriten. Die Breite der Strichführung entspricht der Membran. Der rote Abschnitt bezeichnet das Feld der
spannungsabhängigen K+ Ionen Kanäle. Der grüne Abschnitt ist mit spannungsabhängigen Na+ Ionen Kanälen besetzt.
Dazu betrachten wir einen beliebigen Dendritenquerschnitt (Abb.1), der mit einem umschriebenen K+
Ionen Kanal Feld besetzt ist. Dieser Querschnitt gerät nun in den Wirkungsbereich eines planen
Magnetfeldes (Abb.2). Das Magnetfeld erzeugt Induktionsspannungen, deren wirksame Vektorgröße
von der magnetischen Feldstärke und der Dicke der Dendritenmembran abhängig ist. Da das
Magnetfeld schwingt, ändern sich Größe und Richtung des wirksamen Induktionsspannungsvektors
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in der Zeit. Als „wirksam“ wird derjenige Spannungsvektor bezeichnet, der über die Dicke (5nm?)der
Dendritenmembran hinweg senkrecht wirkt. Legen wir in unserem Modell fest, dass das
Membranruhepotential (MRP) -50 mV beträgt und der spannungsabhängige K+ Ionen Kanal bei -40
mV öffnet. Wenn der wirksame Spannungsvektor in der Feldschwingung max. 10 mV erreicht, dann
öffnet er im Schwingungsmaximum den K+ Ionen Kanal, indem die Richtung des Vektors das Innere
des Dendriten positiver und die extrazelluläre Umgebung negativer macht (rechter Vektorpfeil in
Abb.2).
Abb.2 Der Dendritenquerschnitt gerät unter den Einfluss eines schwingenden Magnetfeldes. Die Feldebene wird durch den waagerechten
schwarzen Strich bezeichnet. Das Magnetfeld erzeugt Induktionsspannungen, deren Vektoren (Pfeile mit + ) immer senkrecht zur
Feldebene ausgerichtet sind. Die Amplituden der Schwingung werden mit den beiden gegensätzlichen Pfeilen symbolisiert.
Im Moment der Depolarisation der K+ Ionen Kanäle besitzen die Innenseite der Kanäle eine Spannung
von -45 mV und die Außenseite von -5 mV. Damit ist das Gleichgewichtspotential für den [K+] Ionen
Konzentrationsgradienten weit von dem aktuellen Membranpotential (-40 mV) entfernt. Da wir aber
insbesondere die extrazelluläre [K+] Ionen Konzentration nicht kennen, können wir über die Größe
des Gleichgewichtspotentials keine quantitativen Aussagen treffen. In jedem Fall aber kommt es zu
einem Export von K+ Ionen. Da die externe magnetische Feldschwingung nach einer Zeit von T/4 (T =
Schwingungsdauer) die Induktionsspannung auf zero absenkt, bleibt für den dynamischen Vorgang
des K+ Ionen Exportes nicht viel Zeit. Die spannungsabhängigen und outwardly rectifying K+ Ionen
Kanäle müssen darum vom schnellen Typ sein. Das in T/4 exportierte [K+] Ionen Kontingent hängt
somit
1. von der Größe und Dichte des K+ Ionen Kanal Feldes ab,
2. von der Schwingungsdauer des externen Magnetfeldes: je größer (T) desto größer das
Kontingent,
3. und von der Größe der magnetischen Feldstärkenamplitude.
Die durch den K+ Ionen Export erzeugte Hyperpolarisation hängt zudem von der Größe des
Dendritenquerschnittes ab.
Soweit die Abläufe an den K+ Ionen Kanälen.
Nun lassen wir eine Erregungsfront auf die Hyperpolarisation des K+ Ionen Feldes zulaufen. Dieser
Erregungsfront eilt eine magnetische Depolarisationsfront voraus, die ein magnetisches
Summationsfeld ist, welches aus allen sich synchron öffnenden Na+ Ionen Kanälen gespeist wird. Je
größer die Dichte der Na+ Ionen Kanäle und die Höhe des MRP sind, desto größer wird das
Summationsfeld und damit seine Reichweite sein. Vom Herzstreifenpräparat kennt man diese
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magnetische Depolarisationswelle als extrinsic potentials. Der depolarisierende
Induktionsspannungsvektor wirkt senkrecht zur Zellmembran, da das Magnetfeld der offenen Na+
Ionen Kanäle immer in der Membranebene liegt. Nehmen wir weiter an, dass die Na+ Ionen Kanäle
ebenfalls bei -40 mV kritisch depolarisiert werden, dann muss die kritische noch wirksame
Induktionsspannung 10 mV betragen, um einen Na+ Ionen Kanal zu öffnen (bei einem MRP von -50
mV).
Nehmen wir jetzt an, dass die Hyperpolarisation im Dendritenquerschnitt auf Höhe des K+ IonenKanal-Feldes -60 mV beträgt. In diesem Abschnitt der Hyperpolarisation müsste dann die
depolarisierende Induktionsspannung der Erregungswelle 20 mV erreichen, um die nächsten Na+
Ionen Kanäle in der Umgebung des K+ Ionen-Kanal-Feldes noch depolarisieren zu können.
Die Feldstärke einer vorauseilenden magnetischen Depolarisationswelle nimmt mit dem Faktor 1/d2
ab, wenn (d) der Abstand zu den erzeugenden Na+ Ionen Kanälen ist. Wenn sich also die
depolarisierende Induktionsspannung verdoppeln muss (von 10 mV auf 20 mV), dann reduziert sich
(d10) um den Faktor (1/√2) zu (d10/√2) = (d20). Die magnetische Depolarisationswelle, die bei Erreichen
der Hyperpolarisationszone gerade noch die Depolarisation der Na+ Ionen Kanäle ermöglicht, kann
also nicht mehr soweit ausgreifen wie zuvor – nur noch mit einem Abstand, der um den Faktor (1/√2)
geringer ist. Damit werden nun aber auch weniger Na+ Ionen Kanäle zeitgleich depolarisiert – in
grober erster Schätzung um den Faktor (1/√2) weniger (eine mathematische Erfassung der
dynamischen Depolarisationsvorgänge ist wesentlich komplexer!). Damit wird die magnetische
Depolarisationswelle zwangsläufig kleiner und greift noch kürzer aus, wird wiederum noch
schwächer – die dendritische Erregungswelle wird ausgebremst, verlangsamt. Die messbaren
Amplituden der magnetischen Summationsfelder werden kleiner. Diese dürfen aber im Experiment
nicht mit Aktionspotentialen (AP) verwechselt werden. Ein AP ist streng genommen eine Funktion
des Membranpotentials (MP) in der Zeit [f: MP(t)]. Bildlich gesprochen „fährt die magnetische
Depolarisationswelle mit Schwung in die intradendritische Hyperpolarisationszone hinein, wird
ausgebremst und hat genug Schwung mit gebracht, diese zu überwinden – oder auch nicht“. Ob sie
es schafft oder nicht, hängt von einer Vielzahl wirkender Faktoren ab; aber nur wenige davon sind
funktionell variabel – in erster Linie die Feldstärke des schwingenden externen Magnetfeldes. Da die
Größe der wirksamen Induktionsspannung mit der Magnetfeldstärke korreliert, entscheidet sie, wie
groß die „Bremswirkung“ der Hyperpolarisationszone wird. Die Zusammenhänge sind komplex und
sollen unten weiter erörtert werden.
Zunächst aber soll die Verteilung der Na+ Ionen-Kanäle im Dendritensegment der Hyperpolarisation
problematisiert werden. Wenn man die Abbildung 2 nochmals betrachtet, dann kann man sehen,
dass das plane Magnetfeld ja nicht nur das K+ Ionen-Kanal-Feld durchdringt sondern auch das
gegenüber liegende Na+ Ionen-Kanal-Feld. Es durchdringt natürlich auch die seitlichen
Membranabschnitte; aber dort ist es unwirksam, weil die Feldstärke (H) eines Magnetfeldes in einer
Ebene, die senkrecht zur Feldebene steht, auf zero absinkt (Hα = H0 cosα). Die
Seitenwandmembranen werden also durch die Magnetfeldschwingung nicht beeinflusst. Wenn das
externe Magnetfeld nun die K+ Ionen-Kanäle (rot) depolarisiert, dann werden die
gegenüberliegenden Na+ Ionen-Kanäle (grün) zeitgleich hyperpolarisiert, weil der
Induktionsspannungsvektor (Pfeil) seine Richtung beibehält, die Ionen-Kanäle aber spiegelbildlich
zueinander stehen (Abb.3). In diesem ersten Zeitintervall T/4 wird also das gegenüberliegende
(untere) Na+ Ionen-Kanal-Feld nicht nur durch die wachsende intradendritische Hyperpolarisation
behindert sondern zusätzlich auch durch den hyperpolarisierenden Induktionsspannungsvektor,
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während die seitlichen Kanal-Felder ausschließlich durch die intradendritische Hyperpolarisation
beeinflusst werden. Diese Konstellation hat keinen nachteiligen Einfluss auf die Wirkung der
„Hyperpolarisationsbremse“, die die offenen K+ Ionen-Kanäle gerade erzeugen; denn da die
seitlichen Membranabschnitte nicht tangiert werden, ist es funktionell belanglos, dass das
gegenüberliegende Na+ Ionen Kanal Feld zeitgleich zusätzlich hyperpolarisiert ist. Das ändert sich
aber entscheidend, wenn das erste T/4 beendet ist und nun die entgegengesetzte externe
Magnetfeldschwingung beginnt. Für dieses T/2 lange Zeitintervall wird nun das gegenüberliegende
Na+ Ionen-Kanal-Feld depolarisiert und schwächt damit die „Bremswirkung“ der intradendritischen
Hyperpolarisation; denn das Erregungsausbreitungshindernis muss wie eine zirkulär „geschlossene
Barriere“ stehen. Besitzt der Ring eine Lücke, dann wird die Erregung über diesen Spalt das Hindernis
wenig oder gar nicht beeinflusst überwinden. Da der Induktionsspannungsvektor über das
Zeitintervall T/2 hinweg zunächst bei zero beginnt, dann auf das Maximum der Amplitude anwächst
und danach wieder auf zero zurückfällt, wäre die Wirkung der Membrandepolarisation zudem eine
dynamische und damit wäre die effektive Steuerung der Hemmung eine unnötig komplexe. Unnötig
darum, weil es möglich wäre, diese „Lücke in der Barriere“ dauerhaft dadurch zu schließen, indem
dort eine Na+ Ionen Kanal freie Zone eingerichtet wird (Abb.3).
Abb.3 Der Dendritenquerschnitt gerät unter den Einfluss eines schwingenden Magnetfeldes. Das Magnetfeld wird durch parallele Striche
symbolisiert. Die Feldebene wird durch den waagerechten Charakter der Striche bezeichnet. Das Magnetfeld erzeugt
Induktionsspannungen, deren Vektoren (Pfeile mit + ) immer senkrecht zur Feldebene ausgerichtet sind. In der K+ Ionen Kanal tragenden
Membran (rot) wirkt die Induktionsspannung depolarisierend. In der gegenüberliegenden Membran wirkt dieselbe Induktionsspannung
hyperpolarisierend. Dieser Membranabschnitt trägt nur wenige Na+ Ionen Kanäle oder gar keine (grün gestrichelt). Die Seitenmembranen
tragen Na+ Ionen Kanäle in üblicher Dichte (grün durchgezogen).
Wenn diese Na+ Ionen-Kanal freie Zone tatsächlich existiert, dann wäre die Steuerung der
dendritischen Erregungshemmung nur noch von Frequenz und Amplitude des externen Magnetfeldes
abhängig, da alle weiteren dendritisch bedingten Variablen struktureller Natur sind und damit
konstant blieben.
Da das Hindernis einer dendritischen Hyperpolarisation immer symmetrisch ist, ist es belanglos, ob
eine Depolarisationswelle orthograd oder retrograd verläuft. Nimmt man als ein Beispiel für die
retrograde Hemmung jene K+ Ionen-Kanal-Areale, die jeweils am Fußpunkt der Dendriten positioniert
sind, dann suggeriert das die Vorstellung, dass jene Fußpunktareale immer den retrograden
Erregungstransport einer neuronalen Erregung verhindern. Wenn das aber tatsächlich so ist, dann
müsste ein exakt aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Magnetfeldschwingung und
neuronaler Erregung gegeben sein; denn das K+ Ionen-Kanal-Areal erzeugt seine Hyperpolarisation in
Phase mit der Magnetfeldschwingung. Die dendritische Erregung muss aber zuvor das Hindernis am
Dendritenfußpunkt noch überwunden haben, um die gesamt-neuronale Erregung auslösen zu
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können. Wie aber ist es möglich, dass derselbe Erregungszustand des K+ Ionen-Kanal-Areals zunächst
die dendritische Erregungswelle passieren lässt und vielleicht einen Bruchteil einer Millisekunde
später die retrograde Welle blockiert? Das Phänomen der retrograden Dendritenerregung berührt
noch einen weiteren Mechanismus – den intradendritischen Substrattransport. Dendriten und
Neuriten besitzen Mikrotubuli, die man als unverzichtbare Bauteile einer Gegenstromanlage
betrachten muss. Danach erzeugt eine orthograde Dendritenerregung eine submembranöse, quasi
peristaltische Flüssigkeitswelle in Erregungsrichtung – also zentral gerichtet. Über die Mikrotubuli
erfolgt dann passiv der erforderliche pripherwärts gerichtete Gegenstrom. Damit wäre die
Substratversorgung des Dendriten ermöglicht. Somit hätte die orthograde Dendritenerregung
zusätzlich eine Ernährungsfunktion. Würden sich orthograde und retrograde Erregungen aber
abwechseln, käme ein effektiver Substrattransport wohl zum Erliegen. Daraus ließe sich folgern, dass
der retrograde Erregungsweg immer blockiert werden muss. Dann wäre nur die orthograde Erregung
für den Substrattransport wirksam, was wiederum auch die Substratversorgung streng an die
Leistung des einzelnen Dendriten bindet.
Zurück zu der Frage der retrograden Erregungsblockierung. Wenn die retrograde Dendritenerregung
lückenlos verhindert werden soll, dann muss das Hyperpolarisationshindernis ebenfalls lückenlos
vorhanden sein. Die Modulation des betreffenden K+ Ionen-Kanal-Areals sähe dann so aus, dass das
„steady state“ der Hyperpolarisation in seinen Abhängigkeiten (Typ des spannungsabhängigen K+
Ionen-Kanals, Effizienz der Na+/K+ Ionen-Pumpen, Frequenz und Amplitude des externen
Magnetfeldes) eine in seiner Amplitude schwingende Größe besäße, die aber immer eine
Hyperpolarisation bliebe. So besehen könnten dann dendritische Erregungswellen dieses Hindernis
nur dann überwinden, wenn sie im Moment des Durchganges genügend „Schwung“ gemessen an der
momentanen Stärke der Hyperpolarisation besitzen. Für die retrograde Erregungswelle aber muss
das Hyperpolarisationshindernis immer unüberwindlich bleiben. In der Abbildung 4 ist angedeutet,
wie diese Asymmetrie zustande kommen kann.
Abb.4 Längsschnitt durch einen Dendriten (links im Bild) mit seiner Einmündung in den neuronalen Körper. Die Membranen sind durch
schwarze Linien symbolisiert. Das K+ Ionen-Kanal-Areal ist durch einen roten Strich markiert. Die intradendritische Hyperpolarisation ist
durch die Minus-Zeichen symbolisiert. Die orthograde Erregungswelle wird durch lange fette Pfeile (von links) angezeigt. Die Länge der
Pfeile symbolisiert das kritisch ausgreifende depolarisierende Magnetfeld. Je weiter es ausgreift, desto schneller wird die
Ausbreitungsgeschwindigkeit (je länger der Pfeil). Die retrograde Erregung besitzt vor dem Erreichen des Dendritenabganges ebenfalls eine
hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit. Diese wird aber durch die Membrankrümmung erheblich ausgebremst – je kleiner der
Krümmungsradius desto größer die Bremswirkung. Die retrograde Erregung erreicht die Hyperpolarisationszone als ein schwaches und
langsames Signal, das in der Hyperpolarisation geblockt wird.
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Wie lassen sich K+ Ionen-Kanal-Felder im Dendritenbaum zur gezielten Erregungshemmung
anordnen?
Zunächst muss man sich klar machen, dass nur solche K+ Ionen-Kanal-Felder durch externe
Magnetfelder zur Hyperpolarisation angeregt werden können, die in der Feldebene des externen
Magnetfeldes liegen. Das bedeutet, dass solche Dendriten, deren Achsen senkrecht zur
Magnetfeldebene ausgerichtet sind, von diesem Magnetfeld nicht beeinflusst werden können. Das
eröffnet dem Neuron die Möglichkeit, seine Dendriten von bis zu drei verschiedenen Magnetfeldern,
deren Feldebenen jeweils senkrecht zueinander liegen, regeln zu lassen. Da diese Magnetfelder völlig
unabhängig voneinander agieren können, ließen sich über unterschiedliche Schwingungsfrequenzen
und Phasenverschiebungen höchst variable Hemmungsmuster der dendritischen K+ Ionen-KanalFelder erzeugen.
Ein Anwendungsbeispiel für Neurone, die vermutlich mit nur einer externen Magnetfeldebene
arbeiten, findet sich in den Purkinje-Zellen des Kleinhirns. Das funktionelle Modell dafür muss von
den Purkinje Zellen her verstanden werden (Abb.5).
Abb.5 Grafik eines Kleinhirnsegmentes. Die Ebene, in welcher sich der Dendritenbaum der Purkinje Zelle (8) ausspannt, liegt senkrecht zur
gyralen Längsachse. In der Ebene der gyralen Längsachse erscheint der Dendritenbaum der Purkinje Zelle wie ein schmales Band.
Astrozytärer Kurzstrahler (13). Aus Bucher, Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomiie des Menschen, Verlag Huber Bern, CH,
1968
Der Dendritenbaum der Purkinje Zelle liegt mit seinen spalierbaumartigen Ästen nahezu in einer
Ebene. Diese Ebene wiederum steht immer senkrecht zur Längsachse der Gyri (Abb.6).
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Abb.6 Querschnitt einer Kleinhirnwindung (Mensch). Karmin-Färbung. Vergr. 30mal
Aus Bucher, Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomiie des Menschen, Verlag Huber Bern, CH, 1968
Und in den Gyri eines gesamten Kleinhirnquerschnittes, der senkrecht zu den Längsachsen der Gyri
positioniert ist, liegen wiederum alle Purkinje Zellen mit ihren Ästen in einer einzigen Gesamtebene
(Abb.7).
Abb.7 Aus einem Sagittalschnitt durch ein menschliches Kleinhirn. Toluidinblau-Färbung. Vergr. 6mal
Aus Bucher, Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomiie des Menschen, Verlag Huber Bern, CH, 1968
Somit würde ein Magnetfeld, dessen Feldebene mit der Schnittebene (Abb.7) zusammenfiele, alle
darin befindlichen Purkinje Zellen synchron beeinflussen können.
Wie kann ein derartiges Magnetfeld entstehen?
Mit großer Sicherheit darf man behaupten, dass es nicht außerhalb des Kleinhirns produziert wird.
Schon allein wegen der komplexen Magnetfeld-Architektur, die wie ein nach peripher geöffneter
Fächer der Feldebenen aussehen müsste (Abb.9), können die Magnetfelder nur in der Kleinhirnrinde
selbst erzeugt werden. Diejenigen Zellen, die diese Magnetfelder durch eigene periodische
Membranerregungen erzeugen, müssten ebenfalls in der „Spalierbaumebene“ der Purkinje Zellen
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ausgespannt sein. Sie müssten zudem neuronal vernetzt sein, um die Synchronizität ihrer ErregungsSchwingungen erzeugen zu können. Erfüllt werden die genannten Bedingungen von den glialen
protoplasmatischen Kurzstrahlern (Abb.5, Nr.13).
Die protoplasmatischen Kurzstrahler gehören zur Makro-Glia. Sie finden sich in dichten Netzen
sowohl in der Großhirn- als auch Kleinhirnrinde. Der protoplasmatische Charakter passt zu der
Vorstellung, dass dort unter erheblichem Energieumsatz periodische Membranerregungen erzeugt
werden sollen (Abb.8). Auch die Beobachtung, dass die protoplasmatische Ausstattung der Zelle und
die Zahl ihrer Zelläste mit dem Lebensalter abnimmt, ließe sich mit der zunehmenden zerebralen
Ermüdbarkeit im Alter plausibel zur Deckung bringen.
Abb.8 Protoplasmatische Kurzstrahler (Zeichnungen) des Menschen. Rechte Bildhälfte: 85 jähriger Mensch
In der Anatomie des Kleinhirnes fällt auf, dass es anders als das Großhirn nicht in getrennten Hälften
strukturiert ist. Würden die senkrecht zu den Gyri gestellten Magnetfeldebenen rechts-linkssymmetrisch sein, also anisoelektrisch zueinander, dann würden sie sich in der mittigen
Übergangszone durch gegensätzliche Überlagerungen quasi auslöschen (was physikalisch nicht ganz
richtig ist, weil die einzelnen Magnetfelder erhalten bleiben). Daraus darf man die Vermutung
ableiten, dass alle Magnetfelder des Kleinhirns synchron und gleichgerichtet schwingen (Abb.9).
Abb.9 Kleinhirn von hinten-oben betrachtet. Die eingezeichneten Ebenen sollen die möglichen Magnetfeldebenen symbolisieren.
Soweit wären nun alle „Player“ der dendritischen Hemmung genannt. Da wie schon oben erklärt eine
lückenlose retrograde Hemmung bedeutet, dass alle Dendriten der Purkinje Zelle am DendritenFußpunkt ein K+ Ionen Feld besitzen müssen, folgt daraus wiederum zwingend, dass dort auch eine
periodische orthograde Hemmung existieren muss. Die Schwingungsfrequenz der synchronen
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Magnetfelder taktet also den potentiellen Erregungsrhythmus aller Purkinje Zellen, so dass ein
„getaktetes Konzert“ dieser Zellen gewissermaßen eine Art „Partitur“ abspielen kann, die dann in
einen ebenso geordneten Bewegungsablauf mündet. Da viele Bewegungsabläufe zudem periodische
Vorgänge sind, die über agonistisch-antagonistische Muskelkontraktionen gesteuert werden, kann
auch darin die Schwingungsfrequenz der Magnetfelder eine wichtige Funktion besitzen.
Literatur
1. D A Hoffman, J C Magee, C M Colbert, D Johnston: K+ channel regulation of signal
propagation in dendrites of hippocampal pyramidal neurons. Nature 07/1997;
387(6636):869-75
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