Psychologie aktuell: Wie das Gehirn kommuniziert 26-02-12 Wie das Gehirn kommuniziert Einen wichtigen Mechanismus, wie die menschlichen Gehirnhälften miteinander kommunizieren, entdeckte nun ein Forscherteam aus Berlin und der Universität Bern. Die gewonnenen Ergebnisse, die in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Science vorgestellt werden, führen zu neuen Einblicken in die Nervenzellkommunikation des Gehirns, die auch bei Schlaganfall eine Rolle spielen könnten. Die Nervenzellen beider Gehirnzellen müssen miteinander kommunizieren, damit der Körper bestimmte Funktionen ausführen kann. Foto: Philipp Mergenthaler Die Forschergruppe um Matthew Larkum beschäftigt sich mit Mechanismen im Gehirn, die die Aktivitäten der Neuronen in der Großhirnrinde kontrollieren. Foto: Jürgen Lösel Auf dem Weg zum Gehirn kreuzen sich die Nervenbahnen im menschlichen Körper. Dies hat zur Folge, dass die Reize in der gegenüberliegenden Hirnhälfte verarbeitet werden. Also berührt uns zum Beispiel jemand an der rechten Hand, kommt diese Berührung in unserer linken Hirnhälfte an. Trotzdem müssen beide Hirnhälften ihre Aktivitäten abstimmen. Da einige Funktionen, wie zum Beispiel Sprache, dominant nur in einer Hemisphäre ausgeprägt sind, müssen deren Signale immer der anderen Hirnhälfte mitgeteilt werden. Noch offensichtlicher ist dies bei alltäglichen Aufgaben wie der Koordination der Hände oder der Füße, die eine sehr präzise Kommunikation der beiden Gehirnhälften nötig macht. Die Signale, die die Hirnhälften erreichen, werden dabei via einer massiven Nervenbahn, dem sogenannten Balken, von der einen Hemisphäre der Großhirnrinde zur anderen gesendet. Die Forschergruppe um Matthew Larkum vom Exzellenzcluster NeuroCure an der Charité Universitätsmedizin Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin erforscht Mechanismen im Gehirn, die die Aktivitäten von Neuronen in der Großhirnrinde kontrollieren. In ihrer aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Bern konzentrierten sich die Neurowissenschaftler dabei auf die Verarbeitung von Tastempfindungen. Hierzu benutzten Larkum und sein Team eine Reihe von Methoden wie beispielsweise intrazelluläre Messungen einzelner Nervenzellen im intakten Gehirn und verschiedene Bild-gebende Verfahren während der sensorischen Stimulation der Hinterpfote einer Ratte. Seite 1 von 2 Psychologie aktuell: Wie das Gehirn kommuniziert Dabei fanden die Forscher jetzt heraus, dass die Reizung der rechten und linken Pfote der Ratte eine relativ langsame, fast halbsekundenlange anhaltende hemmende Wirkung auf die Aktivität der Nervenzellen hat. Das ist sehr langsam , stellt Larkum fest. Normalerweise erfolgt die Signalübertragung um ein Vielfaches schneller. Daher wollten wir wissen, welche Nervenschaltung diesem Mechanismus zu Grunde liegt und die zellulären Kommunikationswege identifizieren , erklärt er weiter. Dies gelang ihnen mit Hilfe einer neuen Technologie, der sogenannten Optogenetik, die es ermöglicht spezifische Nerven mit Licht zu stimulieren. So konnten die Forscher zeigen, dass Nervenfasern, die aus der gegenüberliegenden Hemisphäre kommen, eine spezielle Gruppe von lokalen hemmenden Nervenzellen aktivieren. Diese Nervenzellen wiederum aktivieren langsam wirkende Rezeptoren, die zu einer geringeren Aktivität in den anderen Nervenzellen derselben Hemisphäre führen. Vor allem für die Schlaganfallforschung könnte dies ein weiterer, kleiner Baustein bei der Entwicklung neuer Therapien sein, da dieser Mechanismus hier eine wichtig Rolle spielt. Doch nicht nur bei Schlaganfallschäden ist die Kommunikation der beiden Hemisphären in der Großhirnrinde entscheidend, sondern auch für eine Reihe kognitiver Fähigkeiten, weshalb die Ergebnisse der Studie noch weitreichende Auswirkungen haben könnten. NeuroCure ist ein im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördertes Exzellenzcluster an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Im Fokus des interdisziplinären Forschungsverbundes steht die Übertragung (Translation) neurowissenschaftlicher Erkenntnisse der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Ein besseres Verständnis von Krankheitsmechanismen trägt dazu bei, wirksame Therapien für neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Epilepsie zu entwickeln. Neben der Charité sind die Humboldt-Universität zu Berlin, die Freie Universität Berlin, das Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC), das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und das Deutsches Rheumaforschungszentrum (DRFZ) Partner von NeuroCure. idw-online.de/de/news464889 Seite 2 von 2