Antrag LANDTAG RHEINLAND

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LANDTAG RHEINLAND-PFALZ
14. W a h l p e r i o d e
Drucksache 14/
31. 10. 2002
Antrag
der Fraktionen der SPD und FDP
Präimplantationsdiagnostik
Der Landtag stellt fest:
I.
In der Auseinandersetzung mit den biomedizinischen Möglichkeiten hat die PID
(Präimplantationsdiagnostik) eine zentrale Position eingenommen.
Die Diskussion um eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland
wird kontrovers geführt. Den Hoffnungen auf die Erfüllung des Kinderwunsches bei
risikobelasteten Ehepaaren durch die Präimplantationsdiagnostik stehen die Befürchtungen auf ein Eingreifen in die menschliche Natur gegenüber.
Der rheinland-pfälzische Landtag hat sich durch die Stellungnahme der BioethikKommission des Landes Rheinland-Pfalz zur Präimplantationsdiagnostik, durch das
Symposium zur Bioethik und mit der Anhörung zur Präimplantationsdiagnostik im
Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung mit den komplexen Fragestellungen und Betrachtungsweisen der Präimplantationsdiagnostik intensiv auseinander gesetzt. Der starken Betroffenheit von Frauen durch die Präimplantationsdiagnostik wurde durch die Anhörung zur Präimplantationsdiagnostik im Ausschuss für
Gleichstellung und Frauenförderung Rechnung getragen.
II.
Die Präimplantationsdiagnostik ist eine vorgeburtliche Diagnose-Methode, die nur
im Rahmen einer extrakorporalen Befruchtung wie der In-vitro-Fertilisation (IVF)
vorgenommen werden kann.
Die In-vitro-Fertilisation bildet den Kern der assistierten Fortpflanzungsmedizin und
ist in Deutschland zugelassen. Die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik in
Deutschland ist hingegen umstritten.
Methoden zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nicht zu einer
flächendeckenden Technik zur Erweiterung des vermeintlich vollkommenen Lebens
werden.
Der Anspruch behinderter Menschen auf Integration und Gleichstellung und die Anstrengungen unserer Gesellschaft, diesen Anspruch umzusetzen, bleiben von der
Fragestellung der Präimplantationsdiagnostik unberührt. Stark beeinträchtigtes und
behindertes Leben darf von unserer Gesellschaft nicht als das Ergebnis einer fahrlässig
handelnden Medizin oder leichtfertig handelnder Eltern angesehen werden.
III.
Mit dem Embryonenschutzgesetz wurde 1990 der gesetzliche Rahmen für die Grenzen
und Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung in Deutschland geschaffen. Für das
Embryonenschutzgesetz ist die Zielsetzung der Herbeiführung einer Schwangerschaft die unabdingbare Voraussetzung für die Vornahme einer künstlichen Befruchtung. Von dieser Zielsetzung darf nicht abgewichen werden.
Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. November 2002 – Vorabdruck verteilt am 31. Oktober 2002
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Für den Einsatz der assistierten Fortpflanzungsmedizin ist der Wunsch eines Paares
nach einem genetisch von ihm abstammenden Kind handlungsleitend. Diesem
Wunsch muss respektvoll und unterstützend begegnet werden. Das Grundgesetz
regelt in seinen Artikeln 2 und 6 die Freiheit zur Familiengründung sowie zur
Familienerweiterung.
Das Embryonenschutzgesetz schließt mit seiner klar formulierten Zielsetzung, dass
das Recht auf Selbstbestimmung über die eigene Fortpflanzung gewährleistet sein
soll, an dieses Grundrecht an und unterstützt eindeutig diesen Wunsch.
Eine Beurteilung, ob der Verzicht auf leibliche Elternschaft als schwere oder geringfügige Belastung anzusehen ist, sollte nicht vorgenommen werden.
IV.
Mit dem Fortschritt der medizinischen Wissenschaften wurde auch die pränatale
Diagnostik weiterentwickelt. Die pränatale Diagnostik (PND) ist als eine vom
Gesetzgeber zugelassene Diagnoseform wesentlicher Bestandteil der pränatalen
Medizin.
Sie umfasst alle die diagnostischen Maßnahmen, durch die morphologische, funktionelle, chromosomale und molekulare Störungen erkannt oder ausgeschlossen
werden können. Pränatale genetische Diagnostik erfolgt vielfach über invasive Verfahren. Invasive Verfahren sind immer mit einem gesundheitlichen Risiko für die
Schwangere und das ungeborene Kind und insbesondere mit der Gefahr der Auslösung einer Fehlgeburt verbunden.
Die umfassende Beratung und Aufklärung der Schwangeren hat auch im Sinne einer
verstärkten Autonomie für Patientinnen und Patienten (Grundsatz des „Informed
consent“) in der pränatalen Medizin einen wichtigen Platz eingenommen.
Für die schwangere Frau und ihren Partner stellen die Ergebnisse der Pränataldiagnostik einen Informationsgewinn dar. Die weitere Entscheidung aus diesem Informationsgewinn für oder gegen eine Fortführung der Schwangerschaft kann nur im
Einzelfall von den Beteiligten herbeigeführt werden. Die medizinisch-ethische Beratung und Aufklärung sind hierbei von immenser Bedeutung. Für die verantwortungsvoll ausgeführte Pränataldiagnostik ist die Einhaltung des vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer vorgesehenen Beratungsumfangs unverzichtbar.
V.
Bei der Präimplantationsdiagnostik werden die zu untersuchenden Embryonen im
Labor gezeugt und sie befinden sich zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung außerhalb
des Mutterleibes. Mit Hilfe zyto- und molekulargenetischer Untersuchungen können
hierbei schon sehr früh Veränderungen im Erbgut untersucht und erkannt werden.
Bislang wird die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland nicht angewandt.
Die Präimplantationsdiagnostik darf auch kein allgemein zugängliches Risiko-Screening sein. Die Präimplantationsdiagnostik darf nur bei Paaren Anwendung finden,
die ein hohes genetisches Risiko für ein Kind mit einer schwerwiegenden erblichen
Erkrankung aufweisen.
Aus der Sicht vieler Pränatal- und Geburtsmedizinerinnen und -mediziner ist die
Präimplantationsdiagnostik für Paare mit einem hohen genetischen Risiko der Pränataldiagnostik vorzuziehen. Somit kann die Präimplantationsdiagnostik in Einzelfällen die spätere Pränataldiagnostik ersetzen und damit in wesentlichem Umfang
physische und psychische Beeinträchtigungen für die Frau vermeiden.
Analog zur Pränataldiagnostik darf die Präimplantationsdiagnostik nur im Zusammenhang mit ausführlichen Beratungs- und Aufklärungsgesprächen vorgenommen
werden. Die mögliche Konfliktsituation für eine Frau bzw. das Paar wird dabei
keinesfalls aufgehoben.
Der im Rahmen der medizinischen Indikation vorausgesetzte existenzielle Konflikt,
mit dem die Schwangere für den Fall der Geburt eines Kindes mit einer schwerwiegenden Erkrankung oder Behinderung konfrontiert würde, wird gewissermaßen
antizipiert und kann so vor dem Transfer des Embryos Berücksichtigung finden.
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Die Entscheidung eines Paares für die Präimplantationsdiagnostik ist eine individuelle
Entscheidung, die das Paar in Kenntnis seiner eigenen seelischen und physischen
Grenzen fällt. Die Gesellschaft muss durch geeignete Aufklärung und Beratung den
betroffenen Paaren die größtmögliche Unterstützung gewähren. Diese Aufklärung
und Beratung darf in keiner Weise einseitig Druck auf die Paare ausüben.
Der Landtag begrüßt:
die Arbeit der Bioethik-Kommission, durch die eine kritische und differenzierte Begleitung der Diskussionsprozesse zu wesentlichen ethischen, medizinischen und
rechtlichen Fragestellungen vorgenommen wurde.
Er begrüßt insbesondere die Einschätzung der Bioethik-Kommission, derzufolge die
Präimplantationsdiagnostik die von den Eltern gewünschte Herbeiführung einer
Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes zum Ziel hat und somit nicht gegen
das Embryonenschutzgesetz verstößt.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
die Diskussion zur Präimplantationsdiagnostik sowohl in Anlehnung an die Ergebnisse der rheinland-pfälzischen Bioethik-Kommission als auch unter Berücksichtigung neuer Aspekte weiter zu führen. Dies mit dem Ziel, für die Präimplantationsdiagnostik Rechtssicherheit zu schaffen.
Die Beratungsleistungen sind für die Paare, die Pränataldiagnostik in Anspruch
nehmen, als auch für die Paare, die genetisch besonders belastet sind, sicherzustellen.
Für die Fraktion der SPD:
Jochen Hartloff
Für die Fraktion der FDP:
Werner Kuhn
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