Dr. André Hahn - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

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085. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages, 17.10.2013
REDE von MdL Dr. André Hahn zur Einbringung in 1. Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE
LINKE in Drs 5/12794 "Gesetz zur Sicherung wohnortnaher Schulstandorte und Bildung im
Ländlichen Raum (Sächsisches Schulstandortsicherungsgesetz – SächsSchulSichG)"
Es gilt das gesprochene Wort
(Anrede),
dies ist meine letzte Rede hier im Landtag und dabei möchte ich für meine Fraktion DIE LINKE den
Entwurf für ein Schulstandortsicherungsgesetz in das Parlament einbringen.
Die Staatsminister Frau Kurth und Herr Kupfer versprachen auf ihrer Pressekonferenz am 20.
September, der Öffentlichkeit ein „Maßnahmenkonzept“ vorzustellen, mit dem Schulen im
ländlichen Raum erhalten werden können. Zur Begründung hieß es in der Medieninformation
(Zitat): „Weitere Schließungen von Schulen können nicht mehr die Antwort auf sinkende
Schülerzahlen im Ländlichen Raum sein“.
Diese Position vertreten wir als LINKE hier im Parlament schon seit vielen Jahren. Insofern freuen
wir uns natürlich, wenn die Koalitionsfraktionen nun endlich auch zu dieser Erkenntnis gelangt
sind.
Wer nun jedoch konkrete Maßnahmen erwartet hatte, der sah sich getäuscht. Die dafür
erforderliche Schulgesetznovelle wurde erst für den Beginn der kommenden Legislaturperiode in
Aussicht gestellt. Frühestens zum Beginn des Schuljahres 2015/2016 könnten Schulen im
ländlichen Raum also mit einer rechtsverbindlichen Regelung rechnen.
Bis dahin soll ein Moratorium für Mitwirkungsentzüge gelten, das gestern beschlossen wurde,
wobei aber deutlich war, dass die Auslegung des Beschlusses sowohl innerhalb der Koalition als
auch zwischen Koalition und Staatsregierung durchaus umstritten ist.
Und ob das neue Moratorium bei gerichtlichen Entscheidungen Bestand haben wird, steht völlig in
den Sternen. Aus diesem Grund plädieren wir für eine gesetzliche Regelung, die schnellstmöglich
wirklich Rechtssicherheit schafft.
Danach soll den Schulträgern ermöglicht werden
 an Grundschulen Klassen mit einer Mindestzahl von 10 Schülerinnen und Schülern sowie an
weiterführende Schulen mit 15 Schülerinnen und Schülern bilden zu können,
 einzügige Mittelschulen und zweizügige Gymnasien zu führen sowie
 Schulverbünde zu bilden, um auf diese Weise gemeinsam auch schulstandort- und
schulartüberschreitend Schulen einzurichten bzw. deren Fortbestand zu sichern.
Unsere Schulgesetznovelle greift z.T. alte Forderungen auf, die die Opposition schon seit Jahren
erhebt. Ich erinnere auch an den Volksantrag „Zukunft braucht Schule“ aus dem Jahr 2002. Er
scheiterte damals nur knapp an der für ein Volksbegehren nötigen Zahl von Unterschriften und
war von der CDU heftig bekämpft worden. Zehn Jahre und etliche weitere Schulschließungen hat
es gebraucht, um das Kultusministerium wenigstens dazu zu bringen, darüber nachzudenken, wie
die Schließung weiterer Schulen verhindert werden kann.
Wir können den unverbindlichen Ankündigungen der Kultusministerin jedoch nicht trauen. Schon
einmal war von einem Kultusminister versprochen worden, dass keine Schulen mehr geschlossen
werden würden. Das war 2007 und der Minister hieß Steffen Flath.
Nach 1990 sind hierzulande mehr als 1.000 Schulen geschlossen worden. Es ist wirklich höchste
Zeit, dass das Schulsterben in Sachsen endlich aufhört. Dem dient unser Gesetzentwurf.
(Anrede)
Dies ist nun meine letzte Rede hier im Sächsischen Landtag. Daher erlaube ich mir noch einige
persönliche Anmerkungen. Für mich schließt sich mehrfach ein Kreis. Anfang 1991 kam ich als
wissenschaftlicher Mitarbeiter der damaligen Fraktion LINKE Liste/PDS aus Berlin hierher nach
Sachsen.
Ich habe diesen Schritt nie bereut und in der Folgezeit durchaus auch viel Glück gehabt.
Bei all jenen, die mich auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben, bei meinen Kollegen und
Mitarbeiter, möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Dies gilt natürlich auch für
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung ein, die uns alle unsere Arbeit
erleichtern.
Ich bin im Dezember 1994 in den Landtag nachgerückt, weil eine Kollegin in den Deutschen
Bundestag gewählt worden war. Nun werde ich selbst wieder nach Berlin gehen.
Meine erste Rede hielt ich zum Thema Bildung, die letzte jetzt auch. Dazwischen lagen ausweislich
der offiziellen Statistik des Landtages mehr als
850 Redebeiträge in Plenardebatten dieses Hohen Hauses.
Mehr als ein Jahrzehnt war ich bildungs- und sportpolitischer Sprecher meiner Fraktion, im letzten
Jahr zeichnete ich für die Innenpolitik zuständig
Ich bin seit mehr als 18 Jahren Mitglied des Präsidiums des Landtags, war zwölf Jahre
Parlamentarischer Geschäftsführer und fünf Jahre Fraktionsvorsitzender der PDS bzw. der LINKEN.
Ich war Mitglied in vier Untersuchungsausschüssen, amtierte dabei auch als
Ausschussvorsitzender, und ich gehöre seit 1996 der Parlamentarischen Kontrollkommission des
Landtags an. Damals wurde ich im Übrigen im 8. Wahlgang gewählt, und wir mussten zuvor erst
den Verfassungsgerichtshof anrufen, bevor deutschlandweit erstmals ein Abgeordneter der PDS in
einem Kontrollgremium für den Geheimdienst mitwirken konnte.
Und nicht zuletzt bin ich seit 1992 aktives Mitglied der Fußballmannschaft des FC Landtag, war
nicht nur 1. Vizepräsident, sondern seit vielen Jahren auch Kapitän und Torschützenkönig der
Landtagself. Wie die „Bild“-Zeitung kürzlich korrekt vermeldete, erzielte ich in 114 Großfeldspielen
beim FC Landtag 116 Treffer, nicht selten nach Vorlagen aus der CDU.
An dieser Quote mögen sich in Zukunft nun Jüngere die Zähne ausbeißen. Ihnen und der gesamten
Mannschaft wünsche ich natürlich viel Erfolg.
Apropos beißen. In meiner langen Amtszeit als Parlamentarischer Geschäftsführer bin ich von den
Medien nicht selten als „Wadenbeißer“ tituliert worden. Anfangs fand ich das nicht besonders
nett, aber mehr und mehr habe ich dadurch eher geehrt gefühlt. Es ist nun mal nicht die Aufgabe
der Opposition, gegenüber der Regierung und den sie tragenden Fraktionen besonders nett zu
sein. Jede funktionierende Demokratie braucht eine starke Opposition, und dem habe ich mich
immer verpflichtet gefühlt.
Sollte ich in der politischen Auseinandersetzung dabei das eine oder andere Mal übers Ziel
hinausgeschossen sein, so bitte ich um Absolution, und sollte ich jemanden mal persönlich verletzt
haben, dann entschuldige ich mich an dieser Stelle dafür. Mir ging es immer um die Sache, aber ich
bin ein Freund der klaren Worte, und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern!
Lieber Kolleginnen und Kollegen,
ich habe sehr gern hier im Sächsischen Landtag gearbeitet und bei allen politischen Differenzen
auch parteiübergreifend Menschen kennengelernt, die ich persönlich sehr schätze. Auch dafür bin
ich dankbar, und ich hoffe, dass diese Kontakte auch nach meinem Ausscheiden aus dem Landtag
nicht abreißen.
Gestatten Sie mir deshalb zum Abschluss noch drei Wünsche:
1. Bei aller vorhandenen Konkurrenz zwischen den die Regierung tragenden Fraktionen und der
Opposition sollten wir endlich dazu kommen, dass über Anträge nach ihrem Inhalt und nicht nach
Absender abgestimmt wird. Der Koalition bricht kein Zacken aus der Krone, wenn sie sinnvollen
Anträgen der Opposition zustimmt. Andere Landtage sind hier schon deutlich weiter.
2. Die Politik sollte und die Politik braucht keine Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern haben.
Wenn ich etwas wirklich bedauere, dann ist es die Tatsache, dass wir es in den letzten Jahren nicht
geschafft haben, die direkte Demokratie in Sachsen zu stärken. Ich wünsche mir, dass spätestens
zu Beginn der kommenden Legislaturperiode eine fraktionsübergreifende Initiative gestartet wird,
um die Quoren für Volksanträge und Volksbegehren endlich spürbar abzusenken.
3. und letztens: Ich werde mich nun neuen Herausforderungen in Berlin stellen und dort mit
derselben Leidenschaft und dem gleichen Engagement arbeiten, wie ich es hier im Landtag getan
habe. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den demokratischen Fraktionen werden sich hier im
Parlament weiter für Sachsen einsetzen. Ich wünsche Ihnen dabei im Interesse der Menschen in
diesem Land kluge Entscheidungen und eine glückliche Hand.
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