Solares Bauen-Organische PV made in Germany

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ORGANISCHE PV MADE
IN GERMANY
DER DEUTSCHE PAVILLON AUF DER EXPO 2015 IN MAILAND:
NACHHALTIGE FLURLANDSCHAFT UND ORGANISCHE PHOTOVOLTAIK
Copyright: Schmidhuber, Milla & Partner
EXPO-Pavillon präsentiert
Potentiale der OPV-Technologie
Bild 1: Seitenansicht Deutscher Pavillon: Oberdeck, Solar Trees und Membrandächer
F
eeding the Planet, Energy for Life“
lautet das Thema der EXPO 2015, die
von Mai bis Oktober 2015 in Mailand
stattfindet. Unter dem Motto „Fields
of Ideas“ präsentiert sich Deutschland
dort als modern interpretierte, lebendige „Flurlandschaft“, voller Ideen für die
nachhaltige Ernährung und Energieproduktion Heute und in der Zukunft.
Das zentrale Gestaltungselement des
Pavillons sind stilisierte Pflanzen, die als
„Ideen-Keimlinge“ aus dem Gebäude
auf die offene Oberflächenlandschaft
empor wachsen und sich zum futuristischen Schatten- und Energie spendenden Blätterdach entfalten. Die organisch
fließende Formensprache der Architektur, der wirtschaftliche Umgang mit
Raum und Materialien, sowie die schlanke und vor allem intelligent verwendete
Technologie, fließen als architektonischkonstruktives Gesamtkonzept ganzheitlich zusammen und bilden auch inhaltlich eine Einheit mit der im Erdgeschoss
des Pavillons gezeigten Ausstellung und
Show.
Bessere Integration der OPV in
das architektonische Konzept
Organische Photovoltaik (OPV) eignet
sich bereits heute für funktional-ästhetische Anwendungen an Gebäude- oder
Skulpturenflächen, die bisher nicht aktiv
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2|2015 April-Mai
genutzt werden. Die Produktion sauberer Energie erzeugt Mehrwert, der sich
– genau betrachtet – bereits heute wirtschaftlich rechnen kann. Mit der in Italien
präsentierten neuen Möglichkeit der Integration der Zellen in die Formensprache
der Architektur erweitern sich die Vorteile der OPV im Vergleich mit klassischen
PV-Modulen auch in gestalterischer Hinsicht:
OPV kann auf Flächen und geometrischen Strukturen verbaut werden,
die bisher nicht aktiv genutzt werden.
Die Oberflächen sind wetterbeständig und nicht hitze- oder kälteempfindlich.
Die Installationen neigen nicht zu
Kurzschlüssen.
Die Energieproduktion ist bei Dämmerlicht oder schlechtem Wetter
höher als bei Dünnschicht- oder
Siliziummodulen (ca. 30 % in der
Optimalposition und bei voller Sonne im Vergleich zu den klassischen
Technologien).
Farbliche Vielfalt eröffnet ästhetische Gestaltungsmöglichkeiten.
Neue, individuell formbare bzw.
flexible Stahl-Netz-Tragestrukturen
eröffnen Formenvielfalt in der Anwendung.
„Die
filigran-ästhetisch-integrierte
OPV-Technologie im Deutschen Pavillon, bzw. in den daraus hervorsprießenden Keimlingen, ist neben dem architektonischen und inhaltlichen Konzept
ein regenerativ-energetisches Highlight
des deutschen Auftritts auf der EXPO in
Mailand 2015“, sagt Hermann Issa von
Belectric. Damit präsentiert sich die noch
junge Technologie in all ihrer Flexibilität
und Ästhetik.
Der Pavillon ist das erste große internationale Architekturprojekt, in dem die
Technologie auf neue Weise zum Einsatz
kommt. Im Gegensatz zu herkömmlichen
Solarmodulen werden die flexiblen, folienintegrierten OPV-Module (Solarte)
kreativ in den innovativen Entwurf der
sich an der Oberfläche, bzw. auf dem
Oberdeck entfaltenden baumartigen
Strukturen integriert. Diese Produktlinie
der Belectric OPV eröffnet ästhetisch,
ökologisch sowie ökonomisch neue Möglichkeiten für die Integration energetisch
aktiver Komponenten in der Architektur,
die von der neuen Entwicklung leichter
Seil-Netztragwerke gefördert werden. Ein
Dach eines Keimlings mit der Fläche von
25 x 11 Metern wiegt gerade einmal 70
bis 90 Kilogramm (Netz und Module). Der
produzierte Strom der Keimlinge wird an
einer Stelle zusammengeführt und in
einem Lithiumionen Akku gespeichert.
Abends wird der gesamte Pavillon damit
beleuchtet.
Teilweise wird OPV auch auf den Fassadenelementen des Pavillons verwendet und in der VIP-Lounge als Laminat
in der Fensterscheibe sichtbar. „Organische Photovoltaik, als innovative und
flexibel integrierbare Technologie, bietet im Zusammenspiel mit dem vielfältig einsetzbaren und eleganten Baustoff
Glas ein enormes Spektrum an kreativen architektonischen Einsatzmöglichkeiten. Im Rahmen der Energiewende
und der Nachhaltigkeitsstrategie wird
die architektonische, bauphysikalische
und konstruktive Einbindung von PV-
OPV-Highlight entstand in
Schritten
Dass die Vorteile der jungen OPVTechnologie mit dem Deutschen Pavillon in Mailand so deutlich und mit neuer
Konstruktionsanwendung dem internationalen Publikum präsentiert werden,
stellt eine Chance für die Marktbekanntheit der gedruckten Photovoltaik dar und
inspiriert neue Anwendungsfelder.
Der Deutsche Pavillon zeigt deutlich,
dass die OPV-Technologie ein großes Potential hat, saubere Energie integriert in
architektonischen Konzepten und vor allem mit ästhetischer Optik und vom Materialaufwand her ressourcenschonend zu
produzieren. Dass das so umfangreich in
Mailand gezeigt werden kann, beruht auf
einer Entwicklung, die Schritt für Schritt
vor sich ging. Wesentlich moderiert hat
dies Hermann Issa von Belectric OPV aus
Nürnberg, dem weltweit größten Hersteller von organischer Photovoltaik-Technologie. Alle beteiligten Experten, vor
allem der ausführende Architekt Lennart
Wiechell, Schmidhuber München und die
Firmen Carl-Stahl Lapp Kabel Merck und
auch das Bundeswirtschaftsministerium
und Bundesforschungsministerium, wurden dabei interaktiv einbezogen.
Der Entstehungsprozess
Zunächst wollte man lediglich eine
Beispielanwendung der OPV zeigen. In
Interaktion mit dem Architekt Wiechell
entwickelte Issa dann jedoch die Idee,
die gedruckten Zellen auf eine neue,
flexible und vor allem leichte Art und
Weise in die Pavillonstruktur, konkret in
Bilder BIPV
copyright: Belectric opv Gmbh
die prägende Baum- und Schirmstruktur,
einzubeziehen. Bei der Suche nach Umsetzungsmöglichkeiten trafen die beiden
Experten schließlich auf die Carl Stahl
GmbH aus Süßen in Baden Württemberg,
die mit parametrischer Software und viel
Ideenreichtum eine leichte und auf die
Anforderungen der OPV-Technologie
zugeschnittene, sechseckige Edelstahlseilnetz-Struktur entwickelte, welche als
Tragwerk für die Zellen dient. Die Carl
Stahl GmbH ist ein weltweit tätiger, renommierter Hersteller von membranartigen
Edelstahlseilnetz-Tragwerken.
Farblich entschied sich der Architekt für
blaue Zellen, wobei auch rote oder grüne
möglich gewesen wären. Die Tragstruktur
integriert die Zellen wie eine Membran in
die Struktur der Keimlinge. Damit wird
OPV nicht lediglich appliziert.
Diese neue Form, der auf eine dreieckige Grundstruktur zurückgehenden
Module (Trigon), wie auch die neuartige
mechanische Befestigung mit dem präzise gefertigten Gitternetz, macht OPV
zu einem konstruktiven Bestandteil der
Keimlinge (Solarbäume). Das funktionale
OPV-Gewerk, ist als Impuls und Prototyp für Folgeanwendungen zu verstehen.
Nach der EXPO sollen die Keimlinge in
Deutschland reinstalliert werden. „Ein
Folgeprojekt für eine ähnliche Anwendung ist bereits im Gespräch“, sagt Hermann Issa.
Sie bilden ein futuristisch-markantes,
energieerzeugendes Merkmal des Pavillons, das gleichzeitig den Besuchern
und Mitarbeitern Schatten während der
heißen EXPO-Monate im sommerlichen
Italien spendet. Die Technologie dient
sozusagen der gestalterischen Form
und der Nutzung. „Wir haben hier die
Möglichkeit nicht nur eine existierende
Technologie „aufzusetzen“, sondern bis
hin zum optischen Erscheinungsbild der
Module alles zu gestalten und in das
Gesamtdesign einzugliedern.“, sagt Lennart Wiechell, leitender Architekt und
Managing Partner bei Schmidhuber. Die
Technologie tritt damit hinter die gestalterische Erscheinung des Pavillons. Ein
Aspekt, den Architekten seit Jahren von
der Anwendbarkeit der PV-Technologie
fordern.
Neben der inspirierenden Demonstration für das internationale Publikum auf
der Weltausstellung tragen die SolarKeimlinge auch während des Betriebs
des Pavillons zur Senkung des externen
Energiebezugs bei und schonen somit
den Ressourcenverbrauch. Insgesamt
werden auf der Flurlandschaft durch die
OPV-Bäume 6.000 kWh Strom/Jahr produziert, also im sechsmonatigen Ausstellungszeitraum in der italienischen Sommerzeit, gut 3.000 kWh.
Bild 2: Blaue Solarzellen in Gitternetzstruktur
rUBriK  SOlArES BAUEN
Elementen in die Gebäudehülle unter
Berücksichtigung der multifunktionalen Eigenschaften des PV-Moduls immer wichtiger“ betont Belectric. „Diese
Technologie bietet in der Architektur die
Chance bestehende Flächen mit neuen
oder zusätzlichen Funktionen zu nutzen“, davon ist Architekt Lennart Wiechell überzeugt. Die Energieproduktion
von OPV liegt bei ca. einem Drittel herkömmlicher Siliziumpaneele, eröffnet
jedoch eine neue gestalterische Vielfalt
und die Nutzung von Gebäudeflächen,
die bisher passiv sind. Der Ertrag kann
allerdings in bestimmten Einsatzbereichen die Produktionskraft von herkömmlichen Modulen erreichen oder
übersteigen. „Ein Vorteil ist der, dass
die organische PV auf 100 Volt laufen
kann (unterhalb der 120 Volt Gleichstrommarke, unter der eine Installation
als ungefährlich gilt) und unanfällig für
Kurzschlüsse und Hitze ist, weil OPVTechnologie verschattungsresistent ist.
Auch die Entsorgung ist unkompliziert“,
kommentiert Hermann Issa.
OPV-Marktpotentiale
„Die Wirtschaftlichkeit muss dreidimensional betrachtet werden“, sagt Hermann Issa. „Der Wirkungsgrad und Preis/
m² berechnet sich anhand verschiedener
Faktoren und Einflüsse: Zum Benefit auf
der Fläche (Flächennutzungsgrad), der
auf den ersten Blick bei klassischen Solartechnologien höher ist, gesellt sich durch
die Verwendbarkeit der Technologie in
allen Geometrien und somit auf mehr,
also größeren und bisher ungenutzten
Flächen, ein höherer Flächenwirkungsgrad, als bei klassischen Materialien oder
Technologien. On Top ergeben sich dadurch in akribischen Situationen heute
schon höhere Erträge als bei klassischen
Technologieanwendungen“ betont Issa.
BIPV im Energiemix
Am Pavillon Projekt in Mailand illustriert sich das große und vor allem kreative Potential der organischen Photovoltaik-Technologie im Bereich der Gebäudeintegration. Sowohl in der Ästhetik
als auch in wirtschaftlichen Vorteilen. Die
bauwerksintegrierte Photovoltaik (BIPV)
ist einer der größten potentiellen Wachstumsmärkte der Photovoltaik. Im Positionspapier „Gebäudeintegrierte Photovoltaiksysteme“ (04.03.2010) des Bundesverband Bausysteme e.V. heißt es:
„Die gebäudeintegrierte Photovoltaik
übernimmt als multifunktionales Bauteil
neben der Stromerzeugung auch architektonische und/oder bauphysikalische
Aufgaben. Diese Multifunktionalität
muss mit höheren Investitionskosten
und aufgrund des Wirkungsgrades, mit
einer geringeren Förderung bezahlt werden. Aufgrund dessen wurde von unserer
Fachgruppe Photovoltaik in Gebäuden
ein Positionspapier veröffentlicht, dass
auf diese Problematik hinweist und eine
eigenständige Kategorie mit spezifischen
Vergütungssätzen von der Politik fordert.
Für die Anwendung solcher gebäudeintegrierten Multifunktionslösungen stehen
in Deutschland rund 3.000 km2 Gebäudeflächen zur Verfügung. Dies entspricht
einer installierbaren Leistung von gut 300
Gigawatt und präsentiert ein Umsatzpotential von ca. 900 Milliarden EURO“ 1)
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interesse an pv
2014
2005
2000
1990
Start eeG
copyright: Belectric opv Gmbh
Solarsiedlung
freiburg
Architektonisches Konzept des
EXPO-Pavillons
Bild 3: Interesse von Architekten an PV
Demnach reicht die in Deutschland
vorhandene Gebäudehülle theoretisch
aus, um die im Energiemix vorgesehene
Strommenge mit BIPV zu produzieren.
Bewertung des Marktpotentials
der BIPV allgemein
Bauwerkintegrierte PV (BIPV) ist mit
Zusatzkosten verbunden, die in Relation
zu den alternativ verwendeten Materialien und Technologien zu sehen sind.
Glasfassaden wie z.B. Structural Glasing
haben die höchsten Preise und stellen
die BIPV-Anwendung daher als am wirtschaftlichsten dar. Dies ergab eine Untersuchung am IWES in Kassel im Rahmen
des 2008 gestarteten Projektes „Multielement“, die auf Daten einer Studienarbeit
aus dem Jahr 1998 von Bendel, Menges
und Weißner zurückgreift. 2)
Kriterien für die
Wirtschaftlichkeitsbewertung
Die tatsächliche Wirtschaftlichkeitsberechnung solcher Systeme ist deshalb
komplex, weil nicht nur Nutzungseffekte
wie sinkende Klimatisierungskosten und
sinkende Beleuchtungskosten durch höhere Tageslichtgewinne berücksichtigt
werden müssen, sondern auch sich verändernde Energie- und Systempreise und
der sich reduzierende Strombezug eine
Rolle spielen. Der Stromertrag hängt dabei von Faktoren, wie dem Standort, der
Modulposition und -neigung sowohl der
Größe der installierten Fläche ab. Ersetzen
die BIPV-Module andere Gebäudeteile,
berechnet sich der Wert je nach Art des
Materials und den dafür klassisch anfallenden Material- und Montagekosten.
Dass die Kommunikation dieser komplexen
Wirtschaftlichkeitsberechnung
wichtig ist, unterstreichen Ergebnisse
einer Marktforschungsstudie von EuPD
Research (2009). Demzufolge erwarten
Kunden von BIPV-Garantiebedingungen,
eine hohe Effizienz und vergleichsweise
günstige Preise. „Die Befragten gingen
mehrheitlich davon aus, dass Module, Montagesysteme und Montagekosten von BIPV-Systemen teurer seien als
nicht-integrierte Systeme. Immerhin äußerten aber auch bereits acht bzw. 18%
die Erwartung, dass Montagesysteme
und Montagekosten niedriger ausfallen
könnten“. 3)
copyright: Schmidhuber, Milla & partner
Stellt man die Investitionskosten für
ein BIPV-System, die aktuell und in
naher Zukunft wesentlich durch den
Marktdurchdringungseffekt sinken werden, den laufenden Kosten des Betriebs
einer OPV- bzw. BIPV-Anlage, abzüglich
den Einnahmen über die Zeit der Lebensdauer, gegenüber, so erhält man den Flächennutzwert einer solchen gebäudeintegrierten Installation pro Quadratmeter.
Bild 4: Deutscher Pavillon in der Bauphase Herbst 2014
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Alle Modultechnologie wie auch die
OPV-Module sind in der Gebäudeintegration aktuell in aller Regel teurer
als herkömmliche Aufdachmodule. Die
Kosten für OPV-Installationen bewegen
sich aktuell je nach Zelltyp und Montagesystem zwischen 500 und 2.000 €
pro m2. Sie werden jedoch maßgeblich
auch durch die Gebäudeelemente selbst
mitbestimmt. Ästhetische Gewinne von
OPV-Anwendungen übersteigen dabei
deutlich die Ästhetik klassischer Systeme.
Städtebaulich basiert der Masterplan
des Expo-Geländes in Mailand, angefertigt von Jacques Herzog, Mark Rylander,
Ricky Burdett, Stefano Boeri und William
McDonough, auf traditionellen Wurzeln
Italiens, dem „Cardo und Decumanus“,
nach dem schon die Römer ihre Städte
anlegten. Resultat ist, dass 140 Nationen
am Decumanus Platz finden müssen, 70
rechts und 70 links, woraus handtuchförmige Grundstücke resultieren, auf denen
die Nationen sich bemerkbar machen
und die Besucher vorne abholen und auf
das Grundstück führen müssen. Deshalb
wurde der Deutsche Pavillon, zu dem eine
eingeschossig ansteigende Rampe führt,
zweigeschossig, an manchen Stellen
dreigeschossig angehoben. Die Stahlkonstruktion wird nach Brandschutzrichtlinien F 60 sowie nach italienischen Normen von Theaterbauten ertüchtigt. „In
Deutschland hätte man den Entwurf
eleganter in Stahlbaubauweise mit FO realisieren können,“ sagt der Architekt Lennart Wiechell. August Keller merkt zu den
baulichen Brandschutzvorschriften in der
EU und speziell in Italien an: „Ich kenne
das sehr gut aus der Schweiz, da brennt
es auch in jedem Kanton anders.“
Die gestaltprägende Haut des Bauwerks
ist eine Holzkonstruktion, die auf der
Stahl-/Betonverbundkonstruktion aufsitzt und sich über das gesamte Oberdeck
zieht. Aus dem UG sprießen die futuristischen Ideenkeimlinge empor. Das frei
zugängliche Oberdeck ist in Form einer
geschwungenen Picknicklandschaft mit
ansteigenden Grünterrassen und Blick
über das Ausstellungsgelände gestaltet,
die von diesen durchwirkt werden. Besucher werden dort zum Ausruhen und
Verweilen eingeladen. „Expobesuche sind
eine anstrengende Angelegenheit“, betont Lennart Wiechell. Dabei können die
Gäste entlang der Stämme der Keimlinge
in das Innere des Pavillons schauen, was
die Neugier auf die Ausstellung wecken
soll. Zum Gebäudeentwurf sagt der Architekt, „Die Idee, Architektur als gebaute
Landschaft zu bauen, die licht und luf-
Nachhaltigkeit setzt der Architekt auch
baulich um, in dem er die Stahlkonstruktion innen nicht mit weiteren Materialien
verkleidet. Der Sichtbeton steht für eine
eigene Qualität, die es als anerkannte
Qualität zu etablieren gilt. „Wir gehen
mit diesem Gebäude von vielen Standards weg: Wir nutzen keine Glasfassade,
dadurch nehmen wir Beeinträchtigungen
des Schalls und von Wind und Wetter in
Kauf. Wir halten das für temporäre Bauten für akzeptabel, weil sich dadurch das
Bauvolumen und die Baukosten senken.
Einfachheit ist aber auch ein Aspekt, der
wieder sehr viel stärker in die Alltagsbauten einziehen sollte, meint Wiechell. „Das
bedeutet, wir gehen im temporären Bauen weg von perfekten Bauten, von „high
glossy“-Fassaden und Innenflächen und
wollen damit nicht mindere Qualität präsentieren, sondern dazu anregen, über
Standards und Vereinfachungen nachzudenken, die eine gewisse Lebenshaltung
ausdrücken und Ressourcen schonen“.
Auch dabei gewinnt der Mensch, der Einzelne an Bedeutung, weil er nicht mehr
„klinisch-klimatisierten Bedingungen“
ausgesetzt wird, sondern natürlichen, mit
denen es umzugehen gilt.
Das Gebäude ist natürlich belüftet.
Die vorgehängte Lamelle aus Faserbeton
hält den Wärmeeintrag durch die Sonne
ab. Dahinter befindet sich eine offene
Membran, die man sich wie ein Fliegenschutzgitter vorstellen kann. Die Luft
ventiliert frei, als hätte man keine Fenster. Bei Spitzenbesuchszeiten und Spitzenaußentemperaturen wirkt die natürliche Kühlung des Bauwerks, indem die
gekühlte Luft bodennah in das Gebäude
einströmt und eine Art kühlen Luftsee
bildet, der nach oben durch die offenporige Fassade abzieht. Auf die Nutzung der
Wärmerückgewinnung wurde verzichtet,
weil die baulichen und technologischen
Kosten den Nutzen in dem temporären
Gebäude weit übersteigen würden. Das
Gebäude ist gut rückbaubar konzipiert.
Inhaltliches Konzept: Ausstellung
und Show
Im Inneren des Pavillons werden die
Besucher auf einer Fläche von 2.680 m²
durch die „deutsche Welt der Ernährung“
geführt. Um die Stämme der „Ideenkeimlinge“ herum gruppieren sich thematisch
die Quellen nachhaltiger Ernährung –
Boden, Wasser, Klima und Artenvielfalt.
Die Besucher können interaktiv erfahren,
auf welche Weise diese Kräfte der Natur
in Zukunft besser geschützt und intelli-
Weiterführende Informationen
Die Belectric OPV GmbH mit Sitz in
Nürnberg entwickelt und produziert
organische Solarzellen und arbeitet
schwerpunktmäßig an deren Kommerzialisierung. Belectric OPV forscht und
entwickelt darüber hinaus im Bereich
der Zellentwicklung, der drucktechnischen Umsetzung und der Produktentwicklung, unter anderem auch für die
Integration von OPV Zellen in bereits
bestehende Produkte. Die Belectric OPV
hat zwei Produktlinien, „Solarte“ für Architekten und Designer und „Power Plastic“ für Großindustrieanwendungen. Die
Produkte stehen für Innovation, Qualität
und Design.
Die Firma Carl Stahl GmbH (Carl Stahl)
ist seit der Firmengründung im Jahr 1880
unter anderem mit der Herstellung von
Produkten für die Industrie- und Bauwirtschaft vertraut. Die zu Beginn noch
kleine Seilerei ist bis zum heutigen Tag zu
einem weltweit agierenden Unternehmen
mit 1.500 Mitarbeitern und 60 weltweit
verteilten Standorten herangewachsen.
Schon frühzeitig wurde dem Bereich der
Architektur großes Potential attestiert,
der heute mit seinen Basisprodukten den
Edelstahlseilen und den membranartigen Edelstahlseilnetztragwerken einen
nicht unerheblichen Anteil am Gesamtgeschäft von Carl Stahl einnimmt. Die
grundlegende Firmenphilosophie „Qua-
Copyright: Carl Stahl GmbH
Ressourcenschonende Bauweise
gent genützt werden können. Es werden
Lösungsansätze thematisiert, die Besucher inspirieren sollen, selbst aktiv zu
werden. Dabei lernen die Besucher sechs
Botschafter der deutschen, engagierten
Zivilgesellschaft kennen, die sie medial durch die Ausstellung begleiten. Mit
dem „SeedBoard“, einem mobilen Interaktionsfeld, mit dem Exponate gesteuert und je nach individuellem Interesse
vertiefende Medieninhalte abgerufen
werden können, bekommt jeder Besucher einen Ausstellungsbegleiter in die
Hand. „Wir wollen die Leute dazu anregen, sich tiefergehend und aktiv damit
zu beschäftigen und auch eigene Ideen
zu entwickeln“, sagt Peter Redlin, Kreativdirektor der Ausstellung des Deutschen
Pavillons.
Anschließend tauchen die Besucher in
die Welt der Produktion, des Konsums
und der Entsorgung ein und erleben dabei auch deren Kehrseiten. Interaktivität
zeichnet auch die abschließende Show
„Be(e) active“ aus. Die Besucher erleben
Deutschland aus den Augen zweier über
deren Köpfen schwebender Bienen auf
ihrem Flug durch das Land. Eine audiovisuelle und interaktive Darbietung, die
den Menschen einen Impuls mitgeben
will: be active, mach selber etwas.
Bild 5: Schematischer Aufbau eines Solartrees
RUBRIK  SOLARES BAUEN
tig ist, durch die man hindurchwandeln
kann, ist eine Vision, ein Wunsch, den wir
mit diesem Pavillon realisieren.“
lität, Innovation, Lieferbereitschaft und
Kundenservice: Das richtige Programm
für kommende Zeiten!“ hat mit zum Erfolg der Edelstahlseilnetzprodukte in der
weltweiten Bauindustrie beigetragen.
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Pavillon EXPO Mailand 2015: Im Auftrag
des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie verantwortet die Messe
Frankfurt Organisation und Betrieb des
Deutschen Pavillons auf der Weltausstellung 2015 in Mailand. Konzept, Planung
und Realisierung des Deutschen Pavillons übernimmt die Arbeitsgemeinschaft
(ARGE) der Unternehmen Schmidhuber
(München), Milla & Partner (Stuttgart)
und Nüssli Deutschland (Roth bei Nürnberg). Dabei zeichnet Schmidhuber für
das räumliche Konzept, Architektur und
Generalplanung verantwortlich, Milla &
Partner für das inhaltliche Konzept, die
Ausstellungs- und Mediengestaltung.
Nüssli übernimmt Projektmanagement
und Bauleistungen.
Fußnoten
1)www.bv-bausysteme.de/index.php/
news.52/items/positionspapiergebaeudeintegriertephotovoltaiksysteme.html
2)Quelle: Bendel, ISET/Fraunhofer IWES
2008
3)SONNENENERGIE 3/2013. Martin
Frey: Bauwerkintegrierte Photovoltaik. Teil 4: Kosten & Wirtschaftlichkeit.
Modul- und Systemkosten).
Zur Autorin:

Elke Kuehnle
Journalistin, Umwelt- und Organisations­
psychologin M.A., Düsseldorf
[email protected]
[] www.freischreiber/Journalisten/
Profil/elkekuehnle
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