Kantharos, Lektion 24 Kontext und Informationen Zum Autoren Lysias: Über das Leben des Lysias sind wir nur in groben Zügen unterrichtet. Eine der bedeutendsten Quellen ist die Rede XII, aus der der vorliegende Redeabschnitt stammt. Lysias entstammte einer Familie von Metöken in Athen. Diese „Mitbewohner“, eingewanderte Fremde, hatten in Athen Wohnrecht, aber keine vollen Bürgerrechte. So war ihnen etwa der Erwerb von Grundbesitz versagt. Dementsprechend verlegten sie sich oft auf Handel und Handwerk. Einige erwarben dadurch ein beträchtliches Vermögen. Auch der Vater des Lysias hatte es zu Wohlstand gebracht. Lysias wanderte in jugendlichem Alter in die unteritalische Kolonie Thurioi (vgl. L23) aus, wo er die Grundlagen seiner rhetorischen Ausbildung erwarb. Um 412 v. Chr. kehrte er nach Athen zurück. Lysias betrieb mit seinen Brüdern eine einträgliche Großwerkstatt zur Herstellung von Schilden. Von einem öffentlichem Auftreten des Lysias in den ersten Jahren nach seiner Rückkehr ist nichts bekannt, doch scheint er seine Fähigkeiten als Redner und Redenschreiber (Logograph) weiter ausgebaut zu haben. Im Jahr 404 v. Chr. geriet Lysias in die Wirren der Athener Politik. Als in diesem Jahr der Peloponnesische Krieg mit der völligen militärischen Niederlage Athens endete und die Stadt auch wirtschaftlich am Boden lag, gelang es einer Gruppe von Oligarchen, die politische Macht an sich zu reißen. Diese „Dreißig“ genannte Gruppe errichtete in kürzester Zeit eine Schreckensherrschaft in der Stadt. Im Rahmen einer fingierten Strafaktion gegen reiche Metöken wurde das Vermögen der Lysias-Familie konfisziert. Lysias selbst konnte nach Megăra, einer in der Nähe Athens gelegenen Hafenstadt, fliehen, sein Bruder Polemarchos wurde umgebracht. Von Megara aus unterstützte Lysias die Rückkehr der Demokraten mit Geld und Waffen und nahm auch selbst vom Piräus, dem Hafen Athens, aus an der Befreiung teil. Die Übernahme politischer Ämter blieb ihm, dem Metöken, jedoch versagt. Vom Jahr 403 v. Chr. bis zu seinem Tode nach 380 v. Chr. lebte Lysias als Verfasser von Anklage- und Verteidigungsreden und als Rhetor in der Stadt, wodurch er sich vermutlich nach dem Verlust des Familienvermögens seinen Lebensunterhalt verdienen musste. Das Strafrecht Athens erlaubte jedem Kläger oder Beklagten, sich eine Rede von einem Fachmann verfassen zu lassen. Diese Rede musste dann allerdings vom Auftraggeber vor Gericht mündlich vorgetragen werden. Lysias wurde als Redenschreiber außerordentlich geschätzt. (nach HUBER, Inge: Lysias, Reden, Darmstadt 2004) K24, Kontext und Informationen (01.02.2017) Zur Vorgeschichte: Ausgangspunkt des zu übersetzenden Redeabschnitts ist eine Sitzung der Dreißig, in der Peisōn und ein gewisser Theŏgnis den übrigen Mitgliedern einen Vorschlag unterbreiten, wie sie sich auf Kosten der Metöken bereichern könnten. Ihnen sei zu Ohren gekommen, dass einige Metöken mit der neuen Verfassung unzufrieden seien. Unter dem Vorwand, sie für ihr Aufbegehren zu bestrafen, könne man sie verhaften und enteignen. So beschlossen sie, zehn bestimmte Metöken festzunehmen, darunter aber auch zwei arme, um sich gegenüber den anderen darauf berufen zu können, dass das alles nicht des Geldes wegen (ὡς οὐ χρημάτων ἕνεκα), sondern zum Nutzen der Verfassung geschehe. K24, Kontext und Informationen (01.02.2017)