August-Hermann-Francke-Schule Gießen Optische Datenübertragung mit Lichtleitern Facharbeit im Fach Physik vorgelegt von Peter Schuster 31. Mai 2007 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.1 Brechung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2 Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.3 Moden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 Bandbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.4.1 Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3 Licht-/Strahlungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4 Der Lichtleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4.1 Faserarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.2 Glasfaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4.3 Polymere optische Faser . . . . . . . . . . . . . . . 10 4.4 Herstellung von Lichtleitern . . . . . . . . . . . . . 11 4.4.1 Glasfaserherstellung . . . . . . . . . . . . . . 11 5 Datenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 6 Anwendungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 6.1 Telefonnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 6.2 Automobilindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 6.3 Lokale Datennetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7 Kupfer- und Lichtleitertechnik im Vergleich . . . . . . . 16 8 Abschlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Selbstständigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1 Einführung Unter optischer Datenübertragung mit Lichtleitern versteht man die Übermitt­ lung von Informationen unter Zuhilfenahme von Licht, das durch einen kabel­ ähnlichen Leiter von einem Sender zu einem Empfänger weitergeleitet wird. Oft wird der Begriff Glasfaser als Synonym für den Begriff Lichtleiter verwen­ det. Das Wort Glasfaser beschreibt im eigentlichen Sinne jedoch nur aus Glas hergestellte Lichtleiter. Mit der Entwicklung des ersten funktionierenden Lasers1 im Jahr 1960 durch Theodore Maiman stand eine Lichtquelle zur Verfügung, die es ermöglichte, Lichtwellen gezielt zu erzeugen und in eine bestimmte Richtung abzustrahlen. Damit war der Grundstein für die optische Datenübertragung gelegt. Es dau­ erte aber bis zum Jahr 1970, als die Firma Corning eine Glasfaser entwickelte, die Licht in ausreichender Intensität weiterleiten konnte und somit die optische Daten­übertragung auch für praktische Anwendungen interessant wurde. Das Thema Glasfaser hatte seinen Hochpunkt in den frühen 90er Jahren, als viele Systeme auf die neue Technologie umgestellt wurden. Heute wird es je­ doch wieder interessant, weil durch Fortschritte in der Materialtechnologie-For­ schung nun auch kostengüntige Lichtleiter aus anderen Materialien hergestellt werden können, die zusätzlich zum Kostenvorteil auch leichter in der Handha­ bung sind. In der folgenden Facharbeit soll nun ein Einblick in die Funktionsweise der optischen Datenübertragung mit Lichtleitern unter Erläuterung der dazugehö­ rigen physikalischen Grundlagen gegeben werden und anschließend eine Dar­ stellung verschiedener Anwendungsgebiete erfolgen, sowie kritisch zu selbigen Stellung bezogen werden. 1 englisches Kunstwort, Bedeutung: Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung (vgl. Otto Strobel, Lichtwellenleiter – Übertragungs- und Sensortechnik, S. 9) 3 2 Physikalische Grundlagen 2.1 Brechung und Reflexion2 Zu den wichtigsten physikalischen Gegebenheiten bei der Betrachtung von Lichtleitern zählen sicherlich Brechung und Reflexion. Sie beeinflussen das Verhalten der Lichtwelle, beziehungsweise machen die Signalweitergabe durch Licht in einem Lichtleiter erst möglich. Bei der Signalübertragung und der vor­ hergehenden Herstellung des Lichtleiters müssen sie beachtet werden. Wenn Licht von einem in ein anderes Medium übergeht und die Brechzahlen beider Medien sich voneinander unterscheiden, ändert sich die Richtung der Welle – sie wird gebrochen. Dabei gilt nach dem Snelliuschen Brechungsgesetz: n1 sin(α) = n2 sin(β), wobei α der Einfallswinkel, n1 die Brechzahl des ersten Mediums, β der Brechungswinkel und n2 die Brechzahl des zweiten Mediums ist. Alle Winkelangaben beschreiben den Winkel zwischen Lichtstrahl und Lot auf die Reflexions- bzw. Brechungsfläche. Reflexion tritt immer bei Übergängen zwischen zwei Medien unterschiedlicher Brechzahlen auf, wenn der Winkel zum Lot ungleich Null Grad ist. Dabei gilt: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel. Bei dem Spezialfall α = 0° gibt es weder Reflexion noch Brechung – der Lichtstahl/die Lichtwelle geht gerade durch den Übergang. In allen anderen Fällen wird das Licht gebrochen und reflektiert. Die­ se Regel gilt nur beim Übergang von einem optisch dünneren in ein optisch dichteres Medium (n1 < n2). Beim Übergang mit n2 < n1 gibt es zwischen einem Winkel von αG < α < 90° Totalreflexion, wobei sin(αG) = n2 / n1 ist. Totalreflexi­ on bedeutet, dass kein Anteil des Lichtstrahls aus dem ersten Medium austritt, sondern alles reflektiert wird. Bei der Weiterleitung des Lichtsignals durch den Lichtleiter geht auf Grund der Totalreflexion fast keine Energie verloren und das Signal wird, im Vergleich zu anderen Übertragungsmethoden, annähernd verlustfrei weitergeleitet. 2.2 Dämpfung Dämpfung? Das spielt bei digitaler Signalübertragung doch keine Rolle. Oder etwa doch? Eine geringe Gesamtdämpfung spielt bei digitaler Übertragung von Da­ ten tatsächlich keine Rolle, aber wenn Lichtwellenleitertechnik zur Datenüber­ tragung zum Einsatz kommt, handelt es sich in den meisten Fällen nicht um ein oder zwei Meter lange Übertragungsstrecken, sondern um mehrere Kilometer lange Distanzen und um sehr viele Fasern. Um dem durch eventuelle Dämp­ fung zu stark verringerten Signal am Empfänger entgegen zu wirken, muss die Sendeleistung erhöht werden. Dies führt jedoch zu erhöhter Stromaufnahme und verstärkter Wärme­abgabe. Der Aspekt der Sendeleistung, bzw. der Strom­ aufnahme der Sender, die das Lichtsignal erzeugen, das in den Lichtwellenleiter eingespeist wird, ist bei einigen hundert Fasern, zum Beispiel bei Telefonnetz2 vgl. J. Neuhof: Optik – Physik LK 12.2 AHFS, 2007 4 Schaltzentren, nicht zu unterschätzen und die Leistung kann aus technischen Gründen und Gründen der Wärmeentwicklung nicht beliebig weit erhöht wer­ den. Man kann erkennen, dass der Dämpfung bei der Lichtwellenleitertechnik sehr wohl Beachtung geschenkt werden muss und sie, anders als bei dem Begriff digital landläufig vermutet, eine große Rolle spielt. Dämpfung im Lichtleiter erfolgt durch Absorption und Streuung.3 Der Be­ griff Absorption beschreibt die Umwandlung des Lichtes in Wärmeenergie oder in Strahlung anderen Spektrums. Bei der Streuung gibt es Energieverluste durch Änderung der Ausbreitungsrichtung der Welle an kleinen Teilchen oder Inhomogenitäten im Material. Beide Arten der Dämpfung werden in einem Exponenten, der von Wellenlänge und Lichtleitermaterial abhängt, zusammen­ gefasst. Die Wellengleichungen werden zur Einberechnung der Dämpfung um den Faktor e-µL [µ: Dämpfungskonstante, L: Leiterlänge] ergänzt. 2.3 Moden Wenn man die Brechung bei der Einkopplung des Lichtsignals und den Grenzwin­ kel der Totalreflexion zusammennimmt, ergibt sich ein Bereich zwischen einem Winkel δ und dem Lot auf die Schnittfläche, in dem das Lich­tsignal eingekop­ pelt werden kann. Jedoch nur bei ganz bestimmten Einfalls­winkeln erfolgt eine Weiterleitung der Lichtwelle durch den gesamten Lichtleiter. Dies hängt damit zusammen, dass mehrfach reflektierte Wellen eine andere Weg­strecke zurückle­ gen als Wellen, die in einem anderen Winkel eingekoppelt wurden. Dabei kann es zu Interferenzen kommen, die eine Auslöschung der Welle zur Folge haben. Zusätzlich dazu kann es bei der Reflexion von Wellen zu Phasensprüngen kom­ men, die zur Unterbindung des Transports der Licht­­energie in Ausbreitungs­ richtung führen. Die verbleibenden möglichen Wellen nennt man Moden, beim Lichtleiter spricht man von transversalen Moden.4 Wie viele Moden in einer Glasfaser, genauer gesagt im Glasfaserkern, verlau­ fen, hängt vom Kerndurchmesser und der so genannten numerischen Apertur (NA) ab. Dabei gilt: NA = sin(δ). Je höher NA und der Kerndurchmesser, umso mehr Moden existieren im Kern, umso geringer ist jedoch auch die Bandbrei­ te5. Moden, die öfter reflektiert werden als andere, nennt man Moden höherer Ordnung, Moden, die relativ gerade durch den Lichtleiter hindurchgehen, be­ zeichnet man als Moden niedriger Ordnung.6 3 bis Ende „Dämpfung“: vgl. Friedrich Lühe: Optische Signalübertragung mit Lichtwellenleitern, S. 49 4 vgl. Otto Strobel, Lichtwellenleiter – Übertragungs- und Sensortechnik, S. 40 5 numerische Apertur: vgl. Tyco Electronics: LWL-Technik im LAN, S. 13 6 vgl. Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 12 5 2.4 Bandbreite7 Unter Bandbreite versteht man die maximale Durchsatzgeschwindigkeit der Daten. Sie gibt also an, wie viele Bits/Lichtimpulse in einer Sekunde übertragen werden können, damit das Signal am Empfänger noch eindeutig erkennbar ist. Die Bandbreite wird in Hz * km angegeben. Daraus folgt, dass bei Verdopplung der Übertragungsstrecke die Frequenz halbiert werden muss. 2.4.1 Dispersion Dispersion ist die „Abhängigkeit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Wel­ lenbewegung von der Wellenlänge“8. Bei der Glasfaser wird zwischen Modendispersion und Materialdispersion unterschieden. Modendispersion kommt dadurch zu Stan­ de, dass die verschiedenen Moden auf dem Weg vom Sender zum Empfänger durch den Lichtleiter eine unterschiedliche Strecke zu­ rück legen. Dies ist dadurch bedingt, dass sie in einem Zickzack-Kurs durch den Lichtleiter weitergeleitet werden und dabei, je nach Ein­ kopplungswinkel, auf einer Lichtleiterlänge l0 unterschiedlich oft reflektiert werden. Die Moden, die in einem steileren Winkel in den Lichtleiter eingekoppelt werden, legen eine weitere Strecke zurück als jene, die in einem flacheren Winkel eingekoppelt werden, und kommen somit später am Empfänger an. Da­ durch wird das Signal „unschärfer“ und bei zu hoher Übertragungsgeschwindigkeit können sich Bits überlagern, wie in Abbildung 1 zu sehen. a) b) Abb. 1 Auswirkungen der Dispersion a) Signal am Sender b) Signal am Empfänger Diese Modendispersion im engeren Sinne kommt nur bei Multimodefasern9 zu Stande. In den so genannten Singlemodefasern kann es jedoch auch zur Disper­ sion kommen, weil ein Teil des Lichtes im Mantel weitergeleitet wird und sich durch die niedrigere Brechzahl des Mantels schneller fortbewegt als das Licht im Kern. Die Modendispersion in Singlemodefasern ist, ebenso wie die Disper­ sion durch Modenüberlagerung in Multimodegradientenfasern, jedoch nur sehr gering. Die optische Strahlungsquelle im Sender erzeugt nicht nur Strahlung einer einzigen Wellenlänge, sondern Strahlung mit einem gewissen Spektrum. Durch die Gleichung c = λ f wird deutlich, dass die Geschwindigkeit der Lichtlänge von ihrer Wellenlänge abhängt und somit langwellige Lichtstrahlen in kürzerer 7 8 9 vgl. Tyco Electronics: LWL-Technik im LAN, S. 17 Duden, Deutsche Rechtschreibung – 22. Auflage Fasertypen: siehe „4 Der Lichtleiter“ 6 Zeit am Empfänger ankommen als kurzwellige. Die Materialdispersion ist im Vergleich zur Modendispersion auf Grund des sehr schmalen Lichtspektrums, das von der Strahlungsquelle ausgeht und nur einige Nanometer umfasst, sehr gering und daher meistens zu vernachlässigen.10 3 Licht-/Strahlungsquellen Um Daten über ein Lichtsignal in einem Lichtleiter weiterleiten zu können, müssen einige Voraussetzungen von dem Lichtsignal, bzw. der erzeugenden Lichtquelle, erfüllt werden. Wichtigste Eigenschaft der Strahlungsquelle ist ein möglichst monochromatisches11 (Lichtsignal einheitlicher Wellenlänge) schmalbandiges Ausgangssignal mit konstanter Frequenz. Zusätzlich dazu soll­ ten einheitliche Phasenlage und möglichst gleiche Polarisation innerhalb des Ausgangssignals gegeben sein. Licht mit diesen Eigenschaften nennt man kohärentes Licht.12 In der Praxis werden Lumineszenzdioden (LED) und Halbleiterlaser als Strah­ lungsquellen eingesetzt. Beide erzeugen nahezu monochromes und kohärentes Licht und sind, im Gegensatz zu zum Beispiel Glüh- oder Halogenlampen, keine Temperaturstrahler13, sondern erzeugen temperaturunabhängig Licht an­ nähernd gleicher Wellenlänge. Elektrisch gesehen können Halbleiterlichtquel­ len als Dioden mit pn-Übergang angesehen werden. Der Photonenausstoß in Lumineszenzdioden erfolgt spontan und wird nicht zusätzlich angeregt. Durch Vermeidung hoher Temperaturen kann jedoch die optische Leistung der Dio­ den gesteigert werden. Der Photonenausstoß bei Halbleiterlasern wird durch Elektronen, die die Diode durchfließen und am Va­ lenzband14 auf eine Ener­ giebarriere treffen, ange­ regt.15 Ein weiterer großer Vorteil der LED ist ihre große Lebensdauer, die zwischen einigen tausend und bis zu 100.000 Stun­ den schwankt.16 Die Wel­ Abb. 2 Wellenlängenfenster bei der Übertragung lenlängen der zur Übertra­ 10 Moden- und Materialdisperion: vgl. Tyco Electronics: LWL-Technik im LAN, S. 17ff. 11 griechisch: einfarbig, Duden Deutscherechtschreibung – 22 Auflage – monochrom 12 Faktoren für Strahlungsquellen nach F. Lühe: Optische Signalübertragung mit Lichtwellenleitern, S. 59 13 Strahlungsquellen, bei denen die Lichtfarbe/Wellenlänge von der Temperatur abhängt (vgl. Anonym: Licht und Lichtschutz im Museum) 14 siehe Verschiedene: Valenzband 15 Funktion der Strahlungsquellen: vgl. Otto Strobel: Lichtwellenleiter- Übertragungs- und Sensortechnik, S. 135 16 Lebenserwartung der LED vgl. Verschiedene: Leuchtdiode 7 gung genutzten Strahlung bewegen sich im professionellen Bereich unter Einsatz eines Lasers um 1300 nm oder 1550 nm. Die Lichtwellen der kostengünstigeren Lumineszenzdioden bewegen sich in einem Fenster um 850 nm.17 Diese Wellen­ längenfenster ergeben sich aus der geringen Dämpfung durch Absorption und Streuung (Rayleigh-Streuung) in diesen Bereichen (Abb. 2). 4 Der Lichtleiter In diesem Abschnitt soll genauer auf das Medium eingegangen werden, in dem die Lichtsignale, und somit die Daten, übertragen werden. Es gibt verschiedene Materialien oder Materialkombinationen, die als Lichtleiter verwendet werden können. Die entscheidenden Eigenschaften, die ein Lichtleiter benötigt, sind zum einen gute Durchlässigkeit für sichtbares oder infrarotes Licht, oft mit transparentem Medium umschrieben, und zum anderen ein negativer Brechzahl-Unterschied zwischen Lichtleiterkern und dem umgebenden Mantel. Dieser letzte Punkt ist auf Grund der niedrigen Brechzahl von Luft theoretisch nicht notwendig, in der Praxis kann darauf jedoch nicht verzichtet werden, da sonst bei Berührung oder Verschmutzung Licht austreten würde und die essentielle Totalreflexion nicht mehr zu Stande käme.18 Der eigentliche Lichtleiter besteht aus drei Teilen: dem Kern (Core), dem Mantel (Cladding) und einer Beschichtung zum mechanischen Schutz (Primär Coating). Im Kern werden die Daten in Form von Lichtwellen übertragen. Die Beschichtung hat keinen Einfluss auf die Signalübertragung und dient nur zum Schutz vor chemischer Zersetzung oder mechanischen Einwirkungen. Die Lichtleiter sind von einem Kunststoffmantel zur leichteren Handhabung umgeben. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, wie der Lichtleiter in dem Kunststoffmantel gelagert ist. Oft werden auch mehrere Lichtleiter in einem Kunststoffmantel zusammengefasst. Hierbei gibt es verschiedene Methoden, wie die Faser in dem Kunststoff gelagert werden: Faser und Kunststoff können entweder direkt Wand an Wand aneinander anliegen (Vollader), oder es kann ein mit Gel gefüllter, selten auch komplett ungefüllter, Zwischenraum zwischen Faser und Kunststoffmantel bestehen bleiben (Hohlader). Weil sich Faser und Kunststoffmantel materialbedingt bei Änderungen der Temperatur unterschied­ lich stark ausdehnen, bzw. zusammenziehen, hat letztgenannte Lagerung der Faser den Vorteil, dass beide nicht fest miteinander verbunden sind.19 17 Wellenlängen in der Praxis: nach Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 16 18 vgl. Ernst Ahlers, Netz aus Licht, c’t 03/07, S. 132-135 19 Aufbau der Lichtleiter: vgl. Anonym: Lichtwellenleiter - Aufbau von Glasfaserkabel www.glasfaserinfo.de/glasfaserkabel.html [25.05.2007] 8 4.1 Faserarten Beim Aufbau des Lichtleiters kann zwischen zwei verschiedenen Arten unter­ schieden werden: zum einen gibt es die so genannte Gradientenindexfaser und zum anderen die Stufenindexfaser. Der Unterschied liegt im Übergang zwischen Kern und Mantel. Bei der Gradientenindexfaser ist der Übergang des Brechzahl­ unterschieds fließend, bei der Stufenindexfaser erfolgt eine sprunghafte Ände­ rung der Brechzahl.20 Die Singlemodestufenindexfaser ist eine Faser mit sehr kleinem Kerndurchmes­ ser (~ 9 µm). Dadurch gibt es, wie schon im Namen enthalten, nur eine Mode, die sich in der Faser ausbreitet. Weil keine Modendispersion auftritt, können Signale mit einer sehr hohen Bandbreite über lange Strecken übertragen wer­ den.21 Der Durchmesser einer Multimodestufenindexfaser ist mit circa 50–62 µm22 ein­iges größer als der einer Singlemodestufenindexfaser. Deshalb breiten sich sehr viele Moden aus, die am Übergang zwischen Kern und Mantel totalreflek­ tiert werden. Alle Lichtwellen im Kern bewegen sich, unter Annahme gleicher Wellenlänge, gleich schnell. Dies bedeutet, dass Moden höherer Ordnung län­ gere Zeit für die Strecke bis zum Empfänger brauchen als Moden niedriger Ordnung. Es kommt zu starker Modendispersion und einer damit verbundenen geringen Bandbreite. Aus diesem Grund wird diese Art von Lichtleitern in der Telekommunikations-Verkabelung nicht verwendet.23 Abb. 3 Modenverlauf in Gradientenindexfasern Moden­ dispersion Ebenfalls viele Moden breiten sich in der Multimodegradientenindexfaser aus. Hier kommt es durch die langsame Abnahme der Brechzahl vom Kern zum Mantel hin jedoch nicht zur einfachen Totalreflexion, sondern zu einem Zusam­ menspiel von Brechung, Beugung und Reflexion. Dieses Zusammenspiel führt zu einer wellenartigen Aus­breitung der Lichtwelle. Praktisch kann man sich den Lichtwellenleiter im Querschnitt wie einen Baumstamm vorstellen, der aus vie­ len Ringen besteht, wobei jeder Ring eine andere Brechzahl hat. Bei dieser Art von Lichtleitern kommt es nur zu sehr geringer Modendispersion, weil Moden höherer Ordnung durch die niedrigere Brechzahl im äußeren Bereich des Kerns schneller sind als Moden niedriger Ordnung, letztere haben aber eine kürzere 20 21 22 23 vgl. Otto Strobel, Lichtwellenleiter- Übertragungs- und Sensortechnik, S. 41 – 52 vgl. Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 15 Zahlen von 2004 aus Tyco Electronics: LWL-Technik im LAN, S. 10 vgl. Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 13f. 9 Strecke bis zum Empfänger zurückzulegen.24 Daher hat die Gradientenindexfaser eine deutlich höhere Bandbreite und „ist bei Telekommunikations-Verkabe­ lungen mit Multimode-Kabel […] erste Wahl“25. In den folgenden Absätzen wird die sehr bekannte Glasfaser näher behandelt und auf die neuere und billigere Polymere optische Faser (POF) selber, sowie auf die Unterschiede zur Glasfaser, eingegangen. 4.2 Glasfaser Glasfasern nennt man aus Quarzglas gezogene dünne Fäden. In der Telekom­ munikationstechnik verwendete Glasfasern haben einen Kerndurchmesser von 9 – 62,5 µm und eine Mantelabmessung von (in der Regel) circa 125 µm.26 In anderen Anwendungsbereichen kommen oft auch andere, größere Glasfasern zum Einsatz. Von Beginn der digitalen Datenübertragung in Lichtleitern an wurden Glasfasern wegen ihrer sehr guten physikalischen Eigenschaften dazu benutzt, Signale weiterzuleiten. 4.3 Polymere optische Faser Die polymere optische Faser, oder auch Polymeroptische Faser – kurz: POF – be­ steht aus dem so genannten Polymethylmethacrylat (PMMA) oder Polycarbo­ nat27. Sie ist kostengünstiger herzustellen als die Glasfaser, hat aber einen vielfach größeren Durchmesser (1 – 3 mm) und eine höhere Dämpfung. Mit angemes­ senem Aufwand lassen sich in der Praxis keine Gradientenindexfasern aus Poly­ meren herstellen. Auf Grund der hohen Dämpfung und der relativ hohen Mo­ dendispersion durch die Charakteristika der Stufenindexfaser wird die POF nur für kurze Strecken im Automobil- oder Homeentertainmentbereich verwendet. Durch den größeren Kerndurchmesser ergibt sich ein vielfach größerer Akzep­ tanzwinkel zur Einkopplung von Licht als bei Glasfasern. Aus diesem Grund ist das Verbinden einer polymeroptischen Faser mit einem Sender oder Empfänger, genauso wie das Verbinden zweier Fasern miteinander, viel unkritischer als bei der Glasfaser und es können einfache Stecksysteme zum Einsatz kommen.28 Neben diesen Fasern aus reinen Polymeren oder Glas werden auch Fasern mit Glaskern und Mantel aus Polymeren hergestellt. Mit diesen Materialkombina­ tionen ist es auch möglich Gradientenindexfasern herzustellen. 24 25 26 27 28 Otto Strobel, Lichtwellenleiter- Übertragungs- und Sensortechnik, S. 41–52 Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 14 Zahlen: Tyco Electronics, LWL-Technik im LAN, S. 10 vgl. Verschiedene: Polymere optische Faser Ernst Ahlers: „Netz aus Licht“ in c’t-Magazin 03/07, S. 132–135 10 4.4 Herstellung von Lichtleitern Im folgenden werde ich auf die Herstellung von Glasfaser-Lichtleitern eingehen. Wie im vorhergehenden Abschnitt erwähnt, gibt es auch Lichtleiter aus anderen Materialien. Die Herstellung selbiger werde ich jedoch nicht weiter erläutern. 4.2.1 Glasfaserherstellung Die Glasfaser wird in zwei Stufen hergestellt: als erstes wird mit einer drehbank­ ähnlichen Vorrichtung eine Vorform hergestellt, danach wird diese Vorform in einer Faserziehanlage zur fertigen Faser weiterverarbeitet. Glasfasern werden meistens aus Quarzglas (Siliziumdioxid – SiO2) herge­ stellt. Um einen Brechzahlunterschied zwischen Kern und Mantel zu erhal­ ten, wird üblicherweise entweder das für den Kern verwendete SiO2 mit Flu­ or (F), oder das SiO2 für die Herstellung des Mantels mit Germaniumdioxid (GeO2) dotiert29. Es gibt verschiedene Methoden die Vorform der Glasfaser herzustellen. Alle beruhen auf dem Prinzip der Gasabscheidung.30 Dabei rea­ gieren Chloride (SiCl4, GeCl4, …) mit Sauerstoff. Als Produkte entstehen (do­ tiertes) Quarzglas und entweichendes Chlorgas. Durch Variieren der Anteile von GeCl4 im Gasgemisch kann die Brechzahl bestimmt werden. Als Vorform erhält man einen zylindrischen Glasstab, bestehend aus Kern und Mantel. Beim letzten Schritt zur Herstellung der Glasfaser wird die Vorform in einer Faserziehanlage ausgezogen. Viele Komponen­ ten dieser Ziehanlage müssen senkrecht ausgerichtet werden, dadurch ergibt sich ein hoher (~10 m) Ziehturm. Die Vorform wird im Ziehturm durch Erhitzen in einen zähflüssigen Zustand gebracht, so dass sich durch ihr Eigenge­ wicht ein dünner Faden am unteren Ende der Vorform herausbildet. Dieser dünne Glasfaden wird nun nach unten gezo­ gen, wobei der Durchmesser des Fadens, und somit der späteren Glasfaser, von der Abb. 4 Faserziehturm Ziehgeschwindigkeit (5 – 9 m/s) abhängt. Noch während des Ziehprozesses wird die Faser mit einer dünnen (ca. 50 µm) Schutzschicht (primär/primary coating) gegen Verunreinigungen überzogen. 29 Einbringen von Fremdatomen in eine Schicht, hier: durch Sublimation aus Gasphase; vgl. Verschiedene: Dotierung 30 vgl. Otto Strobel: Lichtwellenleiter- Übertragungs- und Sensortechnik, S. 77–84 11 5 Datenübertragung Die Datenübertragung erfolgt durch einfaches Ein- und Ausschalten der Licht­ quelle. Dies geschieht durch die Sendeeinheit, bestehend aus einer Lumines­ zenz- oder Halbleiterlaserdiode und einem Treiber zur Ansteuerung der Diode. Am anderen Ende des Lichtleiters befindet sich eine Empfangseinheit mit einer Fotodiode, vergleichbar mit einer kleinen Photovoltaikzelle, und einem Vorver­ stärker, der das Signal der Fotodiode verstärkt und an gängige Signalpegel an­ passt, z.B. 5 Volt TTL-Pegel, so dass es von einem Prozessor oder Controller ausgewertet werden kann. Wichtige Eigenschaften der Fotodiode sind eine hohe Empfindlichkeit, sowie ein großer Dynamikbereich. Unter der Empfindlichkeit versteht man den kleinsten vorhanden optischen Signalpegel, damit die Diode ein messbares, d.h. über dem Rauschpegel liegendes, elektrisches Signal erzeugt. Der Dynamikbereich gibt die Differenz zwischen dem kleinsten messbaren und dem größten erlaubten optischen Signal an.31 Die Übertragung der Daten an sich erfolgt, wie bei der elektrischen Signal­ übertragung, nach einem individuellen Protokoll, das Anzahl und Reihenfolge von Start- und Stopbits sowie nacheinander zu übertragende Datenbytes an­ gibt. Für die Übertragung von zum Beispiel Telefongesprächen (max. 64 kBit/s) wird nicht die gesamte Bandbreite des Lichtleiters ausgenutzt (~ 10–40 GBit/s), deshalb können durch Anwenden des so genannten Multiplexverfahrens mehre­ re Telefongespräche gleichzeitig über einen Lichtleiter übertragen werden. Das Multiplexverfahren funktioniert so, dass jedes Telefon seine 64 kBit pro Sekunde sendet. Wegen der hohen Übertragungsgeschwindigkeit wird aber viel weniger als eine Sekunde für die 64 kBit benötigt. Wenn die 64 kBit von einem Tele­ fon fertig übertragen worden sind, herrscht jedoch nicht „Funktstille“, sondern die 64 kBit vom nächsten Telefon werden übertragen und danach die Daten von einem weiteren Telefon. Auf Empfängerseite werden diese aneinander ge­ hängten Signale dann wieder demultiplext. Dadurch lassen sich heutzutage circa 10 GBit / 64 kBit Telefongespräche über einen Lichtleiter übertragen. Eine weitere Methode ist das Optisches Wellenlängenmultiplexverfahren. Da­ bei wird gezielt mit verschiedenen Wellenlängen pro Sender/Empfänger gear­ beitet, so dass sich mit bisherigem Entwicklungsstand etwa bis zu 160 Kanäle mit je circa 10 bis 40 GBit/s Bandbreite für die Signalübertragung pro Glasfaser ergeben. Diese Werte sind jedoch nur selten in der Praxis erreichbar.32 31 Absatz: vgl. Otto Strobel: Lichtwellenleiter- Übertragungs- und Sensortechnik, S. 180 32 vgl. Verschiedene: Multiplexverfahren 12 6 Anwendungsgebiete - Erläuterung und kritische Beurteilung In den folgenden drei Abschnitten wird der Einsatz von Lichtleitern zur Daten­ übertragung in verschiedenen Anwendungsgebieten erläutert und auf Basis des in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten Wissen kritisch beurteilt. 6.1 Telefonnetze Die Telekom verwendet schon seit längerer Zeit Glasfasern für die Vernetzung ihrer Vermittlungsstellen und Rechenzentern.33 Von dieser Strukturierung im Hintergrund bekommt man als Nutzer der Dienstleistungen der Telekommu­ nikationsunternehmen nichts mit und solange die Daten und Telefonate beim Verbraucher ankommen, ist dies auch von keinem größeren Interesse. Ebenso ist es unumstritten, dass dies ein optimales Anwendungsgebiet für die Glasfaser ist und sie für diese Anforderungen bestens geeignet ist. Aus diesen Gründen soll in diesem Abschnitt weniger auf die Hintergrundstrukturierung der Telekommu­ nikationsnetze, als auf den Einsatz der Glasfaser direkt bis zum Kunden oder in die direkte Umgebung der Hausanschlüsse eingegangen werden. Nach der deutschen Wiedervereinigung begann die Deutsche Telekom AG, damals noch unter dem Konzern der Deutschen Bundespost, Glasfaserleitungen in Gebieten mit wenigen bis gar keinen Telefonanschlüssen in der ehemaligen DDR bis in die Häuser zu verlegen. Bei den Anschlussarten der Haushalte an das Telekommunikationsnetz wurden zwei verschiedene Strategien angewandt. Zum einen FTTB – Fibre To The Basement – und zum anderen FTTC – Fibre To The Curb. Beim FTTB werden Glasfaserkabel bis in die Häuser verlegt, dort auf Kupferleitungen umgesetzt und über diese in die Wohnungen weitergeleitet. Bei der FTTC-Strategie wurden die Glasfaserkabel nur bis zu kleinern Vertei­ lerstellen in den Straßen verlegt. Von dort gingen Kupferleitungen bis in die Häuser.34 Mit diesen OPAL-Projekten35 wollte man zukunftssichere Anschlüsse verle­ gen, über die man langfristig gesehen alle breitbandigen Dienste zur Verfügung stellen konnte.36 Die Realität sah jedoch anders aus. Die ADSL-Technik nutzt die von Analog- und ISDN-Telefonen nicht gebrauchten Frequenzen. Dieser Gedanke funktioniert allerdings nur mit durchgehenden Kupferleitungen. Auf die Datenübertragung in Glasfasern kann dies nicht einfach umgesetzt werden. Lange Zeit tat sich nichts auf dem Gebiet der Versorgung von Anschlüssen mit DSL, die über Glasfaser bis zum Hausanschluss oder in die Straße gelegt wa­ ren.37 Dies lag vor allem an dem damit verbundenem hohen Investitionsaufwand in neue Technik, die die Schnittstelle zwischen den verschiedenen Netzen bildet. Im Herbst des Jahres 2005 hat die Telekom jedoch zugesagt „bis zum Jahr 2008 33 nach Prof. Müller, Vorstellung des Hochfrequenzlarbors, FH Gießen, FB Elektro- und Informationstechnik; Hochschul-Informations-Tag, 24.01.2007 34 vgl. Peter Mühlbauer: Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf 35 Optische Anschlussleitung 36 vgl. Peter Mühlbauer: Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf 37 vgl. ebd. 13 die Glasfaser-Netze DSL-tauglich“38 zu machen. Dies will sie dadurch erreichen, dass so genannte Outdoor DSLAM39, die das breitbandige DSL-Signal in das Telefonsignal integrieren, in kleinen Verteilerkästen in den einzelnen Straßen eingesetzt werden. Diese DSLAM werden bisher schon in den Vermittlungs­ stellen eingesetzt, sind dort allerdings wirtschaftlicher, weil ein Vielfaches von Anschlüssen in diesen Vermittlungsstellen zusammenläuft.40 Ob diese geplante Aufrüstung, bzw. Umrüstung, der Glasfaseranschlüsse tat­ sächlich umgesetzt wird ist noch fraglich und es bleibt zu klären, ob dies wirklich der richtige Weg ist. Denn vom Prinzip her implementiert man einer neuen Technik mit großem Spektrum an Möglichkeiten eine alte, für Kupferkabel ent­ wickelte Technik und reduziert sie somit auf ein Minimum ihres wirklichen Po­ tentials. Im Kapitel 5 zum Thema Datenübertragung wurde kurz angerissen, in welche Übertragungsraten man auch über lange Strecken mit der Glasfaser vor­ dringen kann. Um dieses Potential voll ausschöpfen zu können, muss jedoch eine grundlegende Strukturänderung vollzogen werden, die eine nahtlose Übertra­ gung der Daten über Glasfaser vorsieht. Solche Strukturen sind intern schon seit langer Zeit zwischen den Vermittlungsstellen und Rechenzentren vorhanden. Kritiker werfen der Telekom jedoch vor, diese Techniken nicht an die Endver­ braucher weitergeben zu wollen, weil die „Technologie aufgrund ihrer enormen Bandbreite den Markt tatsächlich für Konkurrenz öffnen könnte“41. Abschließend lässt sich feststellen, dass das Potential, das in der Glasfaser liegt, lange noch nicht durch die Telekommunikationsunternehmen ausgeschöpft ist und bisher die Versorgung der Haushalte über konventionelle Kupferleitungen ausreichen würde und sogar ökonomischer wäre. 6.2 Automobilindustrie Ein immer größer werdendes Problem bei der Planung und Herstellung von Automobilen ist das Verbinden der verschiedenen dezentralen elektronischen Komponenten im Fahrzeug über Kabel. Durch den vermehrten Einbau von En­ tertainmentsystemen, wie zum Beispiel Displays in den Lehnen, fallen durch den Bedarf an guter Signalqualität und somit hoher Bandbreite immer größere Datenmengen an, die von einer Komponente zu einer anderen transportiert wer­ den wollen. Aber auch außerhalb des Entertainmentbereichs müssen in einem Kraftfahrzeug große Datenmengen vermittelt werden. Oftmals stehen nur sehr schmale Räume zur Durchführung der Kabel hinter Wandverkleidungen oder zwischen Karosserieteilen zur Verfügung. Auf dem Gebiet der Kabeltechnolo­ gien werden von der Chemieindustrie intensive Forschungen betrieben und viel Entwicklungsarbeit geleistet.42 38 Anonym: Glasfaser-Netze werden DSL-tauglich, 17.09.2005 39 Digital Subscriber Line Access Multiplexer (Anonym: Glasfaser-Netze werden DSL-tauglich) 40 vgl. Anonym: Glasfaser-Netze werden DSL-tauglich 41 Peter Mühlbauer: Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf 42 Problematik nach Dipl.-Ing. (FH) Tobias Möglich, TU Braunschweig 14 Zum mangelnden Platz kommt die Störempfindlichkeit elektrischer Daten­ übertragung in Kupferleitungen gegenüber elektromagnetischen Feldern hinzu. Gerade in Kraftfahrzeugen gibt es durch die schlecht stabilisierte Versorgungs­ spannung und dem Einsatz von Spulen immer wieder elektromagnetische Felder und Spikes43 in der Versorgungsspannung. In der hochfrequenten Signalübertra­ gung haben diese Phänomene viel größere Auswirkungen auf das Signal als noch bei niedrigeren Übertragungsfrequenzen. Dieses gerade beschriebene Umfeld in Kraftfahrzeugen ist quasi prädestiniert für die optische Datenübertragung mit Lichtleitern. Bis zur marktreifen Ent­ wicklung der polymeroptischen Faser stand als effektiver Lichtleiter nur die Glasfaser zur Verfügung. Diese war aber durch hohe Herstellungskosten und gleichfalls aufwendige wie kostenintensive Verbindungstechnik für viele An­ wendungen uninteressant. Hier bietet sich die polymeroptische Faser an. Durch ihre hohe Dämpfung von mehr als 40 dB/km44 ist sie für die LangstreckenÜber­tragung ungeeignet, bei den kurzen Distanzen, die in Kraftfahrezeugen überwunden werden müssen, spielt dieser Faktor Dämpfung jedoch keine Rolle. Durch den größeren – im Vergleich zu vergleichbaren Kupferkabeln aber immer noch kleinen – Durchmesser ist die Handhabung stark vereinfacht. Und auch die Konfektionierung ist ähnlich einfach wie bei Kupferkabeln und kann auch von Werkstätten ohne teures Spezialwerkzeug durchgeführt werden. Einziger Nachteil neben der Dämpfung ist die relativ hohe Temperaturempfindlichkeit der POF von maximal +145 °C45. Diese Grenze wird sich aller Wahrscheinlich­ keit nach jedoch durch gezielte Weiterentwicklung bald weiter nach oben ver­ schieben, so dass dem Einsatz von polymeroptischen Fasern auch in extremeren Umgebungen nichts mehr im Wege steht. Vereinzelt wird die polymere optische Faser auch heute schon serienmäßig in der Automobilindustrie eingesetzt. Die Verwendung der POF wird sich jedoch durch den immer höher werdenden Standard an Luxuseinrichtungen noch wei­ ter verstärken. Dies hängt zum einen von den für dieses Anwendungsgebiet bis­ her konkurrenzlosen Charakteristika ab, zum anderen aber auch von der immer größeren werdenden Verbreitung, sowie gesteigertem Interesse der Industrie und dadurch vermehrter Weiterentwicklung. Durch den gesteigerten Bedarf der Industrie werden auch die Preise fallen und der Einsatz der polymeroptischen Fasern wird sich nicht mehr nur auf Oberklasse-Automobile beschränken. 6.3 Lokale Datennetze „Lokale Netze sind als feste Installation dort zu finden, wo mehrere Rechner über kleine Entfernungen an einem bestimmten Ort dauerhaft vernetzt wer­ den sollen. Für einzelne Veranstaltungen […] werden sie auch temporär aufge­ baut.“46 43 44 45 46 Spikes: Spannungsspitzen W. Niedziella, DKE: Optische Polymerfasern - in Kraftfahrzeugen bald serienmäßig?, 2004 ebd. Verschiedene: Local Area Network 15 Durch das aufkommende hochaufgelöste Fernsehn HDTV und eine immer stärkere Vernetzung einzelner Geräte innerhalb eines Haushaltes oder einer Fir­ ma fallen immer größere Datenmengen an, die über Kabel oder Funk transpor­ tiert werden wollen. Beim so genannten TriplePlay werden Fernsehen, Telefon und Internet über eine Leitung bereitgestellt. Dies erfordert eine hohe Bandbreite. Zur Zeit reichen bisherige Ethernet-Netzwerke47 noch aus, doch wenn in Zukunft der Fernseher seine Daten über das gleiche Kabel bekommt wie die Musikanlage und mehrere Fernseher unterschiedliche Programme zur gleichen Zeit anzeigen, werden die Ressourcen mit dieser Technik langsam knapp. Die Deutsche Telekom AG bietet im Rahmen ihres TriplePlay-Programmes einen Lichtleiter-Starterpack mit POF-Lichtleiter an, über den Fernseher an das Netzwerk angeschlossen werden sollen.48 In naher Zukunft wird der Lichtleiter sich auf diesem Gebiet weniger wegen seiner hohen möglichen Übertragungs­ geschwindigkeit, als auf Grund seiner unauffälligen Größe und seinem Ruf der „superschnellen neuen Technologie“ durchsetzen. In Firmennetzwerken, in denen viele Teilnehmer Daten übertragen und da­ durch ein großer Datenstrom entsteht, wird heute schon vermehrt auf den Lichtleiter als Uplink49 zwischen den verschiedenen Verteilern für die einzelnen Computer gesetzt. Bis sich der Lichtleiter jedoch als einziges Übertragungsme­ dium im Netzwerk durchsetzt wird es noch einige Jahre dauern, da bisher in den meisten Fällen noch kein Beadarf daran besteht. Wenn eines Tages jedoch der Bedarf an extrem schneller Übertragungstechnik in lokalen Computer-Compu­ ter-Verbindungen in großen Firmennetzwerken vorhanden sein sollte, steht mit der optischen Datenübertragung mit Lichtleitern ein für diese Zwecke schon weit entwickeltes und realtiv ausgereiftes System bereit, um diese Lücke zu fül­ len. 7 Kupfer- und Lichtleitertechnik im Vergleich Warum sollte man bestehende Systeme umstellen? Lohnt sich der Kostenaufwand? Diese Fragen stellen sich, wenn man über die neue Lichtleiter-Technik nachdenkt. Viele Fakten sprechen für die Glasfaser: Der wohl entscheidende Punkt ist die Störunempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischer Strahlung. Die Datenü­ bertragung wird nicht durch elektrische Felder beeinflusst und beeinflusst auch selbst keine anderen Geräte. Es tritt annähernd kein Licht aus dem Lichtleiter aus, so dass es Effekte zwischen einzelnen Lichtleitern, wie Induktion zwischen Leitungen zur elektronischen Datenübertragung, nicht gibt. Ebenfalls kann auch kein Licht durch den Kunststoffmantel hindurch in den Lichtleiter eindringen, so dass bei der Auswertung am Empfänger die untere Rauschgrenze praktisch 47 eine kabelgebundene Datennetztechnologie für lokale Datennetze (Versch.: Ethernet) 48 Ernst Ahlers: „Netz aus Licht“ in c’t-Magazin 03/07, S. 132–135 49 Uplink: Verbindung zwischen einzelnen Verteilern, über die viele Verbindungen gleichzei­ tig laufen. 16 gegen Null gehen kann und bereits wenige Prozent der Intensiät des Ursprungs­ signals ausreichen, um die Signale korrekt zu empfangen. Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil: die hohe Reichweite ohne Störungen von Lichtsignalen. So kann die Anzahl der „Repeater“ um ein Vielfaches im Vergleich zu der Anzahl bei der Übertragung mit Kupferleitungen verringert werden. Hinzu kommt, dass der Querschnitt einzelner Glasfasern (der einer polymeroptischen Faser ist grö­ ßer) nur ein Bruchteil so groß ist, wie der von vergleichbaren Kupferleitungen. Sender und Empfänger sind galvanisch voneinander getrennt und es wird kein gleiches Masse-Potential benötigt. Dies klingt trivial, doch schon innerhalb ein­ zelner Gebäude kann es zu Unterschieden im Massepotential kommen, die zur Zerstörung von sensiblen elektronischen Bauteilen führen. Um dem entgegen zu wirken, muss man bei elektrischer Datenübertragung zusätzlich galvanische Trennung der einzelnen Komponenten implementieren. Diese glavanische Tren­ nung liegt aber schon im Wesen der Datenübertragung durch Lichtleiter. Zu den Vorteilen von Kupfer gegenüber der optischen Datenübertragung mit Lichtwellenleitern zählt unter anderem der Schaltungsmehraufwand bei der op­ tischen Datenübertragung durch die notwendige Umwandlung von elektrischen in optische Signale und umgekehrt. Beim Lichtleiter darf ein minimaler Biegeradius nicht unterschritten werden, um ungewollte Reflexionen zu vermeiden. Dies ist aber nicht nur bei Lichtlei­ tern, sondern auch bei Kupferleitungen, zu beachten. Denn auch hier können bei zu scharfen, eckigen Biegungen ungewollte Reflexionen auftreten, ebenso wie an der Schnittfläche am Ende der Leitung, wenn kein Verbraucher angeschlos­ sen ist. Dieses Phänomen ist bei Lichtleitern jedoch verstärkt zu beobachten und unabhängig von der Tatsache, ob ein „Verbraucher“, beziehungsweise ein Empfänger, angeschlossen ist. Es tritt auf, weil die Brechzahlen von Luft und Glas von einander abweichen, ist auf Grund der senkrechten Ausrichtung der Schnittfläche zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes aber nur sehr gering. An dieser Stelle wird etwas Licht zurück in den Lichtleiter reflektiert. Dies lässt sich nicht vermeiden, hat aber auch keine weiterreichenden Auswirkungen auf die Datenübertragung oder Signalqualität. Die Konfektionierung von Glasfaserkabeln ist aufwendig und nicht von Laien durchführbar. Bei der POF ist der Prozess der Konfektionierung jedoch erheb­ lich einfacher und schneller durchführbar. Bei Kupferleitungen fällt eine an­ spruchsvolle Konfektionierung weg. Sie können (einfach) direkt an Schaltungen angeschloßen werden. Der Aspekt der Bandbreite spricht eindeutig für die Glasfaser. Die hier er­ reichbaren Werte können mit keinem Kupferkabel erreicht werden. Mann muss jedoch abwägen, ob man diese Geschwindigkeiten überhaupt benötigt, oder ob auch mit langsamerer Datenübertragung das Ziel erreicht wird. Ob es sich lohnt bestehende System auf Glasfaser-Technik umzustellen hängt stark von den Anforderungen an das System ab und wird in Zukunft maßgeblich dadurch beeinflußt werden, welche neuen Entwicklungen von der Industrie auf dem Bereich der optischen Datenübertragung auf den Markt gebracht werden und inwiefern sich rein optische Netzwerke bewähren können. 17 8 Abschlussbetrachtung Die vorangegangenen Kapitel geben einen kleinen Einblick, welches Potential in der optischen Datenübertragung mit Lichtleitern steckt und zeigen teilweise auf, wie viel davon heute tatsächlich genutzt wird. Nach Albert Einsteins bisher nicht widerlegter Relativitätstheorie ist die Licht­ geschwindigkeit die höchste zu erreichende Geschwindigkeit. Und somit wird man auch in Zukunft auf dem Weg in neue Sphären der Datenübertragungsge­ schwindigkeiten nicht um die optische Übertragung herumkommen. Bisher ist man jedoch noch nicht einmal in der Lage bis zu den heute bekannten Grenzen bei der Verwendung von Lichtleitern vorzudringen, geschweige denn, so viele Daten zu erfassen, dass man die möglichen Geschwindigkeiten von mehreren Terrabit pro Sekunde unbedingt benötigen würde. Wie man sieht, bleibt auch weiterhin noch viel Forschungs- und Entwick­ lungsbedarf auf diesem Gebiet der angewandten optischen Physik bestehen. Diese Technik bringt viele Vorteile mit sich, wird meiner Einschätzung nach jedoch nie die konventionelle Kupferleitung vollends ablösen können, weil auch in Zukunft noch mit Elektronen in Prozessoren gerechnet und Schaltungen be­ trieben werden. In vielen Fällen lohnt sich die zusätzliche Implementation von optischen Sendern und Empfängern nicht. An dieser wirtschaftlichen und ra­ tionalen Rechnung wird sich solange nichts ändern, bis die Elektronen von den Photonen abgelöst werden, dies ist jedoch noch weit entfernte Zukunftsmusik. Zur Zeit ist der Stand der Technik noch dem Bedarf der breiten Masse voraus, doch wenn der Bedarf an schneller Übertragungstechnik außerhalb von For­ schungslabors und Hochleistungsrechenzentren aufkommen sollte, steht mit der Glasfasertechnik eine gute Technologie bereit, um diese Lücke zu füllen. 18 Literaturverzeichnis Bücher – Zeitschriften – Aufsätze aus Zeitschriften Ernst Ahlers: „Netz aus Licht“ in c’t-Magazin 03/07, S. 132–135; Heise Zeit­ schriftenverlag, 2007 Friedrich Lühe: Optische Singnalübertragung mit Lichtwellenleitern, Friedr. Vie­ weg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden: 1993 Karsten Schäfer: „Fersehen über Faser“ in Technology Review 03/2007, S. 73; Heise Zeitschriftenverlag, 2007 Otto Strobel: Lichtwellenleiter-Übertragungs- und Sensortechnik, Technische Akademie Wuppertal, vde-verlag - Berlin, Offenbach; 1992 Tyco Electronics, Dipl. Ing. T. Punke und Dipl. Ing. H. J. Niethammer: LWL‑Technik im LAN, 2004 (eBook unter http://www.ampnetconnect. de/Downloadfiles/LWL Technik im LAN .pdf verfügbar) Internetquellen Anonym: Glasfaser-Netze werden DSL-tauglich, 17.09.2005; http://www.teltarif.de/arch/2005/kw37/s18655.html [29.05.2007] Anonym: Herstellung von Lichtwellenleitern, http://www.glasfaserinfo.de/herstellung.html [08.05.2007] Anonym: Licht und Lichtschutz im Museum, ­­http://www.cwaller.de/lichtquellen.htm [18.05.2007] Anonym: Lichtwellenleiter - Aufbau von Glasfaserkabel, http://www.glasfaserinfo.de/glasfaserkabel.html [25.05.2007] Jörg Auf dem Hövel: Kupfer am Limit, Telepolis – 18.12.2006; http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24244/1.html [28.05.2007] Steve Grägert: Wie Funktionieren Ethernet FTTH Tripple Play Dienste?, http://digitalether.de/index.php?option=com_content&task=view&id=36 &Itemid=47 [29.05.2007] Peter Mühlbauer: Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf, Tele­ polis – 12.02.2001, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/4/4885/1.html [29.05.2007] W. Niedziella, Deutsche Elektrotechnische Kommission (DKE): Optische Polymerfasern - in Kraftfahrzeugen bald serienmäßig?, http://www.dke.de/ NR/rdonlyres/F365CFE9-E1AE-4F8C-A8E7-5DEB9A66E309/6411/ DownloadVortragNiedziella.pdf [26.05.2007] Verschiedene: Dotierung, http://de.wikipedia.org/wiki/Dotierung [26.05.2007] 19 Verschiedene: Ethernet, http://de.wikipedia.org/wiki/Ethernet [30.05.2007] Verschiedene: Leuchtdiode, http://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtdiode [11.05.2007] Verschiedene: Local Area Network, http://de.wikipedia.org/wiki/Local_Area_Network [29.05.2007] Verschiedene: Multiplexverfahren, http://de.wikipedia.org/wiki/Multiplexverfahren [28.05.2007] Verschiedene: Polymere optische Faser, http://de.wikipedia.org/wiki/POF [27.05.2007] Sonstige Quellen Duden: Die deutsche Rechtschreibung – 22. Auflage, Bibliographisches Insti­ tut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2000 Gespräch mit Dipl.-Ing. (FH) Tobias Möglich, TU Braunschweig Prof. Müller, Vorstellung des Hochfrequenzlarbors, FH Gießen, FB Elektround Informationstechnik; Hochschul-Informations-Tag, 24.01.2007 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Auswirkungen der Dispersion, Peter Schuster 2007 Abb. 2: Wellenlängenfenster bei der Übertragung, Bild 10 aus: Tyco Electronics, LWL‑Technik im LAN, 2004 Abb. 3: Modenverlauf in Gradientenindexfasern, Peter Schuster 2007, nach Bild 8c aus: Tyco Electronics, LWL‑Technik im LAN, 2004 Abb. 4: Faserziehturm, Anonym: http://www.glasfaserinfo.de/herstellung.html [23.05.2007] 20