Fragen und Antworten

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Ö1 macht Schule.
Ein Projekt von
Krankheitsbild Depression
Diagnosen, Therapien, Gefahren
Radiokolleg / Teil 1-4
Sendedatum: 12.- 15. Mai 2014
Gestaltung: Margarethe Engelhardt-Krajanek
Länge: 4 x 23 Minuten
Fragen und Antworten
Teil 1
1. Wie reagierte Erika Ebner auf den Verlust eines geliebten, halt gebenden Menschen?
Sie erlebte anfangs ein Gefühl der Panik, das schließlich zu Panikattacken führte. Ein starkes
Angstgefühl ließ sie ihre Wohnung kaum mehr verlassen. Schließlich brach sie auch ihr Studium ab.
2. Wie erlebte der Marketingfachmann Alex die Anzeichen der Depression, die er für eine
normale Lebenskrise hielt?
Er erlebte Gefühle der Mattheit und Antriebslosigkeit. In der Folge wollte er weder seine Freundin noch
Freunde treffen. Er schaffte kaum noch den Weg in die Arbeit und hatte das Bedürfnis daheim auf der
Couch zu liegen.
3. Drei Behandlungsebenen halfen Erika Ebner aus der Depression. Wie heißen diese drei
Säulen?
Sie erhielt ärztliche und therapeutische Behandlung und besuchte eine Selbsthilfegruppe.
4. Wie viele Menschen leiden laut WHO an einer Depression?
7% der Bevölkerung erleben einmal im Laufe ihres Lebens eine Depression.
25% der Menschen leiden an leichten Formen der Depression.
5. Obwohl Depression zu den Volkskrankheiten zählt, wollen sich viele Betroffene nicht zu
ihrer Krankheit bekennen? Warum?
Das Eingeständnis an einer Depression zu leiden, ist noch immer mit einem Schamgefühl und dem
Gefühl der persönlichen Unzulänglichkeit verbunden.
© Diese Zusammenstellung: Ö1 macht Schule | Mag. Christa Altrichter
Ausschließlich zur nicht-kommerziellen Nutzung zu Unterrichtszwecken im Sinne des § 42 Abs 6 UrhG bereitgestellt.
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6. Erklären Sie stichwortartig die unterschiedlichen Formen der Depression.
Reaktive Depressionen sind immer die Reaktion auf einen äußeren Anlass, wie z.B. Trennung,
Schicksalsschlag, Schulden....
Bipolare Erkrankungen und narzisstische Krisen haben im Hintergrund eine andere psychische Struktur
und eine andere Entstehungsgeschichte.
7. Welche körperlichen Erkrankungen können Depressionen auslösen?
Schilddrüsenunterfunktionen, chronische Herzerkrankungen, Gehirntumor
8. Welches Verhalten depressiver Personen ist für das familiäre und freundschaftliche
Umfeld besonders schwer zu ertragen?
Die Kranken leben in einer Art innerer Emigration, d.h. sie ziehen sich immer mehr in sich zurück und
lassen sich nicht zu Aktivitäten und zur Teilnahme am öffentlichen Leben motivieren.
9. Nennen Sie klare diagnostische Zeichen einer Depression.
traurige Verstimmtheit, Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit (auch im sexuellen Bereich); möglich sind auch
Angst, Schamgefühl, Schlafprobleme, Verdauungsstörungen, ...
Die allgemeine Verlangsamung findet auch körperlich statt.
10. In welchem Fall handelt es sich bei einer Depression um nach Innen gerichtete
Aggressionen?
Angestaute Aggression wird dann gegen sich selbst gerichtet, ....
….. wenn eine Situation große Wut auslöst, sich diese Situation aber nicht ändert.
….. wenn Menschen, die die betroffene Person sehr verletzt haben, sich der Konfrontation entziehen.
11. Mit welchem Bild werden die Beziehungen depressiver Menschen beschrieben?
Der depressive Mensch hält den anderen mit gestreckten Armen fest; d.h. man will den anderen
einerseits auf Distanz halten, andererseits aber auch nicht gehen lassen.
12. Der „moderne Mensch” ist häufig von einer Über-Ich-Depression betroffen.
Erklären Sie diese Form der Depression.
Bei der Über-Ich-Depression geht es um das Versagen vor dem, was wir von uns selbst verlangen.
Der Konflikt liegt nicht zwischen mir und einer anderen Person, sondern zwischen dem, was ich gerne
von mir selbst verlangen würde, aber im realen Leben nicht erfüllen kann.
Eine Burnout-Depression ist häufig eine Über-Ich-Depression.
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13. Depressionen sind der körperliche Ausdruck auf chronischen Stress.
Welche Gefühle gelten als große Stressfaktoren?
Frustationen, Zurückweisungen, Kränkungen, Versagensängste
14. Beschreiben Sie stichwortartig die körperlich-neurologischen Vorgänge bei Stress im
Zusammenhang mit der Entstehung von Depression.
Stresssituation → Gehirn ( Hypothalamus ) aktiviert über Blutweg Nebennieren → Produktion von Cortisol
und Noradrenalin → Flucht oder Kampf → Monaminsysteme erholen sich → ständiger Stress → laufend
Produktion von Cortisol und Noradrenalin → hoher Spiegel im Blut → Erschöpfung der Monaminsysteme
im Gehirn → Depression
15. Welches Maßnahmenpaket gilt als sinnvoll bei der Behandlung von Depressionen?
Sinnvoll ist eine kombinierte Behandlung mit Medikamenten und mit Psychotherapie.
Teil 2
16. Welche Funktion erfüllt eine Selbsthilfegruppe für Betroffene?
Oftmals ist der Anschluss an die Selbsthilfegruppe für Betroffene der erste Schritt aus der Isolation;
der nächste Schritt zur Psychotherapie oder zur ärztlichen Behandlung fällt dann leichter.
Der Erfahrungsaustausch ist für Betroffene sehr hilfreich und wichtig.
17. Welche Themen werden in einer Selbsthilfegruppe besprochen?
... Schwierigkeiten mit Sozialversicherungsträgern und Arbeitgebern
... Konflikte mit Lebenspartnern
... Wahl der richtigen Therapie
... Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten
18. Welche Problematiken treten in Zusammenhang mit Psychopharmaka auf?
... Wirkungen und Nebenwirkungen werden zwischen Arzt und Patient häufig nicht ausreichend
besprochen
... das erste verordnete Medikament ist manchmal noch nicht das passende
... das Finden der richtigen Dosierung kann schwierig sein
... Angst vor Persönlichkeitsveränderungen bei Einnahme von Psychopharmaka
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19. Welcher Botenstoff (Neurotransmitter) ist u.a. für die Entstehung einer Depression
verantwortlich?
Serotonin
20. Welche Veränderung brachte die Entwicklung der Psychopharmaka für Betroffene?
Betroffene können wesentlich schneller als früher in häusliche Umgebung entlassen werden.
Die Spitalsaufenthalte verkürzen sich deutlich. Das Leid dauert nicht mehr so lange an.
21. In welcher Weise wirken die verschiedenen Psychopharmaka?
Die verschiedenen Medikamente wirken auf unterschiedliche Strukturen im Gehirn:
Angst auflösend
Schlaf anregend
antidepressiver Effekt
beruhigend
22. Reicht es aus, Depressionen mit Antidepressiva zu behandeln?
Zielführend ist eine Kombination der Einnahme von Antidepressiva mit Psychotherapie.
Die Medikamente stabilisieren den Betroffenen, damit Psychotherapie möglich wird.
23. Was zeigen Studien über die Wirksamkeit von verschiedenen Behandlungskombinationen?
… 3 Jahre Medikamenteneinnahme: Rückfallquote 20%
... Kombination Medikamente und Psychotherapie: Rückfallquote unter 20%
... nur Psychotherapie: Rückfallquote 60%
... keine Medikamente und keine Psychotherapie: Rückfallquote 90%
24. In welchen Fällen ist Psychotherapie sinnvoll?
Immer dann, wenn es dem Patienten möglich wird, die krankmachenden Stressfaktoren schrittweise zu
reduzieren.
25. In welchen Fällen hilft Psychotherapie wenig bis gar nicht?
Dann, wenn sich die belastende Situation nicht verändern lässt ( z.B. alleinerziehende Mutter ) und wenn
die zeitliche und finanzielle Belastung durch Psychotherapie zu hoch wird.
Bei solcher Realität ist es sinnvoller, über einige Jahre hinweg Medikamente einzunehmen.
26. Welche Haltung des Psychotherapeuten ist besonders wichtig?
Ein Therapeut/eine Therapeutin darf die Wahrnehmung des Patienten nicht be- bzw. verurteilen.
Der Betroffene muss sich in seiner Art, die Dinge wahrzunehmen, angenommen fühlen.
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27. Gibt es Persönlichkeitsstrukturen, die die Entstehung von Depressionen fördern?
Folgende Persönlichkeitsstrukturen fördern eine Depression:
... geringer Selbstwert
... narzisstische Störung
... das Nicht-Kennen eigener Wünsche und Bedürfnisse
... Selbstentwertung, Selbstzweifel
28. Wie können sehr schwere Depressionen behandelt werden?
Bei sehr schwerer Depression wird die sogenannte Heilkrampftherapie angewendet. In Narkose wird ein
epileptischer Anfall provoziert; man hat nämlich die Erfahrung gemacht, dass Depressionen nach einem
epileptischen Anfall einige Zeit nicht mehr auftreten.
Diese Therapie muss ca. alle sechs Wochen wiederholt werden.
In Österreich werden ca. 20 Personen mit dieser Therapie behandelt.
Teil 3
29. Wie erleben Kinder das Zusammenleben mit einem depressiven Menschen?
Kinder, die selbst voll Lebensenergie stecken, können den zunehmenden emotionalen Rückzug der
kranken Person nicht verstehen. Die fehlende Kommunikation interpretieren sie häufig als eine Reaktion
auf ein Fehlverhalten ihrerseits.
Kinder bemühen sich dann in hohem Maß ein Verhalten zu zeigen, dass das Verhalten des depressiven
Menschen verändert.
30. Eine Psychotherapeutin berichtet über die manischen Phasen ihres depressiven Vaters.
Wie hat sie als Kind diese Phasen erlebt?
Der Vater hat in unpassenden Situationen gesungen und gepfiffen; berufliche Termine wurden nicht
eingehalten; fremde Leute wurden auf der Straße angesprochen; er erschien unpassend gekleidet am
Arbeitsplatz; hatte wirre Ideen und Visionen, für die er viel Geld ausgab.
Das Verhalten des Vaters wurde als peinlich und unangenehm erlebt.
31. Beschreiben Sie stichwortartig die psychische Struktur von Menschen mit einer
narzisstischen Störung.
Da das Selbstwertgefühl nur in geringem Ausmaß vorhanden ist, brauchen diese Menschen zur
Stabilisierung ihres Selbstwerts die Bewunderung anderer. Dieses Angewiesen-Sein auf andere lässt
diese Menschen psychisch schnell „kippen", d.h. die Stimmung kann sich schnell ändern.
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32. Wie erleben Angehörige die psychische Erkrankung eines Familienmitgliedes?
Das Verhalten des Kranken wird als sehr schwer zu ertragen erlebt. Die Diagnose ist dann eine
Erleichterung, weil das Verhalten dadurch erklärbar wird.
33. Welche Unterstützung können Angehörige in einer Selbsthilfegruppe finden?
Angehörige lernen sich abzugrenzen und auf ihr eigenes psychisches Wohlbefinden zu achten; sie lernen
das Leid anderer zwar zu sehen, aber trotzdem ein zufriedenes Leben zu führen.
34. Unabhängig, ob eine Depression schwer oder leicht verläuft, die Anfangssymptome sind
dieselben. Welche?
Der depressive Mensch erwacht früh nach einer unruhigen Nacht. Dann empfindet er die Pflicht etwas zu
tun und gleichzeitig das Gefühl des Unvermögens. Die Folge sind Schuldgefühle und Selbstentwertung.
Außerdem können Schwäche, Konzentrationsmängel und körperliche Symptome wie z.B. Rückenschmerzen oder Migräne auftreten.
35. Die Auslöser einer Depression können bei Frauen und Männern unterschiedlich sein.
Nennen sie diese verschiedenen Auslöser.
Frauen: Der weibliche Körper wird als etwas erlebt, was sich verändert, ohne dass diese Veränderung
beeinflusst werden könnte; z.B. Schwangerschaft, Menopause, Veränderung des Lebens durch die
Geburt eines Kindes → postpartale Depression
Männer: Sie erleben zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr das, was man früher als Midlifecrisis
bezeichnet hat; d.h. sie erleben eine Angst vor dem Verlust der Jugend, der Potenz und der
gesellschaftlichen Position.
36. Welche Art der Psychohygiene ist für Angehörige besonders wichtig?
Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die eigene Kraft nicht so schnell verbraucht wird, denn sonst
besteht die Gefahr, selbst depressiv zu werden.
Es ist auch wichtig für die Angehörigen, dass es sich beim Depressiven um ein Nicht-Können und nicht
um ein Nicht-Wollen handelt. Der Depressive braucht Unterstützung, er soll aber nicht angetrieben
werden. Es ist eine schwere Kränkung für einen depressiven Menschen, ihn aufzufordern, sich
„zusammenzureißen".
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37. Für die alleinerziehende Mutter von drei Kindern ist die Psychotherapie eine
unverzichtbare Stütze bei der Bewältigung ihrer Depression. In welcher Weise?
Die Therapie half und hilft Strategien zu entwickeln, um die Krankheit in den Griff zu bekommen.
38. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Psychotherapie und Einkommen?
Menschen mit niedrigem Einkommen können sich Therapiestunden häufig nicht leisten. Es gibt zu
wenige Therapieplätze auf Krankenschein. Die Sozialversicherung bezahlt max. 40 Stunden.
Es ist auch schwierig, rasch einen Termin bei einem Psychiater zu bekommen, einen Wahlarzt kann sich
aber nicht jeder leisten.
39. Wie kann man den Unterschied im Umgang mit psychischen Erkrankungen zwischen
Stadt und Land beschreiben?
Auf dem Land bedeutet eine psychische Erkrankung noch immer eine Stigmatisierung. Man geniert sich
für die Krankheit. Man nimmt längere Anfahrtswege zur Behandlung in Kauf, um die Krankheit
„verstecken” zu können.
In Ballungsräumen herrscht eine gewisse Anonymität und es gibt auch ein Angebot von Kriseninterventionsstellen und den psychosozialen Dienst, der rasch Hilfe anbieten kann.
40. Was sind die häufigsten Ursachen für lange Krankenstände?
Hohe, länger dauernde Stressbelastung verursacht Depressionen und Burnout.
Jeder fünfte Arbeitnehmer wird einmal als depressiv diagnostiziert.
41. Eine neue Diagnose-Methode soll die Diagnostizierung von Depressionen erleichtern.
Wie arbeitet diese Methode?
Über das Blutbild wird der Serotonin-Gehalt im Blut festgestellt; Serotoninmangel bzw. Mangel des
Serotonintransporters löst eine Depression aus.
42. Welche Vorteile bringt die Selbsthilfegruppe Betroffenen?
… ein regelmäßiges Gesprächsforum
... eine kostenlose Teilnahme
... die Selbsthilfegruppe bietet eine Tagesstruktur
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43. Worin können die Vorteile einer stationären Aufnahme bestehen?
Die stationäre Aufnahme ist eine Möglichkeit aus dem Alltagsgeschehen auszusteigen. Man kann es sich
wieder einmal gut gehen lassen und kann die Ressourcen auffüllen. Die Wahl des richtigen Medikaments
kann in Ruhe erfolgen und ein „Behandlungsprogramm" kann entwickelt werden.
Soziale Faktoren können allerdings nicht verändert werden.
44. Was kann als bester Schutzfaktor vor einer Depression genannt werden?
Gute Sozialkontakte können als wesentlicher Faktor der Resilienz angesehen werden.
Ehrliche Gespräche mit nicht verwandten Personen sind sehr wichtig für die psychische Gesundheit.
Man bezahlt heute Therapeuten für Gespräche, die früher im Bekanntenkreis geführt wurden.
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