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Diskussionsbeiträge Vol. 1/2016
Luis Caballero
Einige Überlegungen zum Umgang mit dem Rechtspopulismus
Dieser Diskussionsbeitrag ist in leicht veränderter Form erschienen in: Schriften des Kompetenznetzwerkes,
Hg.: Kompetenznetzwerk „Demokratie leben!“ in Rheinland-Pfalz
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell –Keine
Bearbeitung 4.0 International Lizenz.
Der Autor steht für Vorträge und Schulungen zu obigen Themen zur Verfügung. Wenden Sie sich hierzu
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Der Rechtspopulismus umfasst diverse Strömungen und kann in verschiedenen Regionen unterschiedlich
auftreten und damit jeweils auf die Akteure bzw. konkrete Situation zugeschnittene
Vorgehensweisen
notwendig machen. Es werden hier also keine allgemeinen und umfänglichen Erörterungen über
Empfehlungen zum Umgang mit rechtspopulistischen Akteuren vorgenommen. Gleichwohl werden hier
einige ausgewählte allgemeine Aspekte vorgestellt, die als Ausgangspunkte für eigene Überlegungen und
Maßahmen vor Ort dienen können.
Grundlage für die Handlungsempfehlungen sind folgende Strukturmerkmale:
Die Gefahr beim
Rechtspopulismus besteht nicht in einem angestrebten politischen Systemsturz, wie es das (mehr oder
minder klar formulierte) selbsterklärte Ziel der extremen Rechten ist. Das bedeutet nun nicht, dass der
Rechtspopulismus harmloser oder weniger gefährlich als die extreme Rechte wäre. Vielmehr droht eine
Normalisierung und breitere gesellschaftliche Akzeptanz für rechtspopulistische Narrative. Gerade in der
gegenwärtigen
Auseinandersetzung
um
geflüchtete
Menschen
kann
ein
hoher
Grad
an
Mobilisierungsfähigkeit (zum Teil auch für gewalttätiges Auftreten) größerer Bevölkerungsteile für
entsprechende Inhalte beobachtet werden. Allerdings entsteht dieses xenophobe Klima auch im
Zusammenspiel von extremer Rechte, rechtspopulistischen Akteuren sowie Äußerungen von Mitgliedern
etablierter Parteien. Des Weiteren besteht die Funktion des Rechtspopulismus in einer grundsätzlichen
autoritären Transformation des politischen Systems nach rechts mit Ausgrenzung relevanter Teile der
Gesellschaft.
Einige sozialwissenschaftliche Studien weisen auf ein hohes Potenzial für rechtspopulistische Einstellungen
in der Gesellschaft hin. So ermitteln Decker, Kiess und Brähler 2012 für die deutsche Bevölkerung einen
Anteil von ca. 25%, die offen sind für ausländerfeindliche Aussagen (Decker, Oliver, Johannes Kiess und
Elmar Brähler: Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012. Bonn 2012). Da
Rechtspopulist_innen betont bürgerlich auftreten, können sie ein Wahlpotenzial erschließen, das dem
Auftreten von Parteien der extremen Rechten eher ablehnend gegenübersteht. Die jüngsten Wahlerfolge
von Rechtspopulist_innen lassen diese Gefährdung nachdrücklich erkennen.
Aus diesen Grundannahmen ergeben sich einige Hinweise und Forderungen für einen Umgang der
demokratischen Akteure mit dem Rechtspopulismus. Ein erster Aspekt ist die genaue Beobachtung von
rechtspopulistischen Organisationen. Dies umfasst die personelle Besetzung (sind bspw. Personen schon in
anderen extrem rechten oder rechtspopulistischen Kontexten in Erscheinung getreten) und die inhaltliche
Ausrichtung.
Hierbei
ist
auf
die
Argumentationsresistenz
von
Träger_innen
rechtspopulistischer
Einstellungen sowohl bei Funktionären als auch in der Bevölkerung hinzuweisen. Die tatsächlichen
Verhältnisse (z. B. die Zahl von Migranten in einer spezifischen Region) spielen in den Diskursen meist keine
Rolle.
Daher
ist
von
einer
öffentlichen
Diskussion
mit
Vertreter_innen
und
Funktionär_innen
rechtspopulistischer Organisationen dringend abzuraten. Durch diesen Verzicht auf eine gemeinsame
öffentliche Diskussion soll auch demonstriert werden, dass die entsprechenden Einstellungen keine
gleichberechtigten Positionen im demokratischen Meinungsstreit sind. Relevante Einschränkungen
demokratischer Grundprinzipien dürfen nicht verhandelbar sein bzw. es darf nicht der Eindruck entstehen,
sie seien es. Stattdessen sollte eine offensive Diskussion möglichst vieler Demokrat_innen über
rechtspopulistische Aussagen stattfinden. Ziel wäre es hierbei, über die Hintergründe rechtspopulistischer
Forderungen und deren Konsequenzen für eine plurale Gesellschaft zu informieren und die
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demokratiefeindlichen Positionen aufzuzeigen bzw. zu entlarven. Einige Grenzen demokratischer Diskurse
müssen auch selbstbewusst von Demokrat_innen vertreten werden: Die Negierung der fundamentalen
Gleichheit von Menschen muss tabuisiert werden.
Aus der erwähnten Faktenresistenz rechtspopulistischer Einstellungen in der Bevölkerung ergeben sich
indessen die Limitationen politischer Bildung. Dies ist kein Argument gegen eine faktenbasierte Aufklärung
durch Demokratische Multiplikator_innen und für eine breite Öffentlichkeit, diese bleibt wichtig. Sie wird
jedoch nur einen kleinen Teil der Betreffenden erreichen. Diese Grenze sollte in der politischen Bildung
ernst genommen und als Herausforderung begriffen werden. Man wird auch immer wieder gegen
Einstellungen größerer Bevölkerungsteile Stellung beziehen müssen.
Des Weiteren sollte ein Konsens aller Demokrat_innen in Form von breiten gesellschaftlichen Bündnissen
gesucht werden. Teil dieser Bündnisse sollten die demokratischen Parteien sowie zivilgesellschaftliche
Akteure sein. Eine solche Zusammenarbeit von heterogenen Akteuren ist schwierig und mit eigenen
Herausforderungen versehen, dennoch notwendig.
Rechtspopulistische Elemente tauchen auch in anderen (etablierten ‚Volks’-) Parteien auf, vor Allem in
Wahlkämpfen, sie sind nicht auf einzelne Organisationen reduzierbar. Eine sehr entscheidende Maßnahme
ist mithin die selbstkritische Auseinandersetzung demokratischer Organisationen mit ihren eigenen Inhalten,
Werten und Normalitätsvorstellungen. Hierbei ist das Augenmerk auf die mögliche Anschlussfähigkeit
eigener Inhalte für rechtspopulistische Narrative zu legen. Im gegenwärtigen öffentlichen Diskurs über
geflüchtete
Menschen
dominieren
bspw.
alarmistische
Aussagen
bis
hin
zu
opportunistischen
Anbiederungen. So kann eine öffentliche Diskussion darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine
„Flüchtlingskrise“, sondern um eine Krise der Zuteilung von Ressourcen durch die öffentliche Hand handelt.
Die „Das Boot ist voll“-Rhetorik etablierter Parteien verfestigt rechtspopulistische Einstellungen in der
Gesellschaft und macht es der extremen Rechten leichter, daran anzuknüpfen und sich als Vollstrecker des
Volkswillens zu gerieren. Rechtspopulismus weist aus einer demokratiegefährdenden Perspektive auf
teilweise reale Probleme hin; die Konsequenz darf nicht die Übernahme entsprechender Positionen sein,
um wählbar zu bleiben.
Demokratische Akteure sollten konsequent für eine offene, plurale und interkulturelle Gesellschaft mit
hohen Partizipationsmöglichkeiten im politischen und sozioökonomischen System eintreten. Interkulturalität
ist hierbei nicht auf Migration beschränkt, die vielfältigen (z. B. auch sexuellen) Lebensentwürfe sind
ebenfalls Teil dieser.
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