Elektromagnetische Felder & Wellen Frühjahrssemester 2017 Photonics Laboratory, ETH Zürich www.photonics.ethz.ch Übung 6 Abgabe: 07.04. bzw. 11.04.2017 Felder in Medien, Randbedingungen, Reflexion an Grenzflächen 1 Phasen- und Gruppengeschwindigkeit (20 Pkt.) Dispersion in Materialien bezeichnet den Umstand, dass der Brechungsindex für elektromagnetische Wellen frequenzabhängig ist. Dispersion sorgt beispielsweise dafür, dass zeitlich kurze Pulse, mit entsprechend breitem Frequenzspektrum aufgrund der unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Fequenzkomponenten während der Propagation in einem dispersiven Medium zeitlich länger werden. Ausserdem sorgt Dispersion für den interessanten Fall, dass sich in einem Wellenpaket die Phasengeschwindigkeit von der Gruppengeschwindigkeit unterscheiden kann. So ist beispielsweise unter bestimmten Umständen der scheinbar paradoxe Fall möglich, dass ein Puls in die entgegengesetzte Richtung seiner Frequenzkomponenten läuft. In dieser Aufgabe befassen wir uns mit einem stark vereinfachten Modell zum Verständnis von Phasen- und Gruppengeschwindigkeit. Wir betrachten zwei y-polarisierte ebene Wellen gleicher reeller Amplitude E0 aber mit leicht verschiedenen Frequenzen ω1 = ω0 + ∆ω und ω2 = ω0 − ∆ω, die in einem Medium mit Brechungsindex n(ω) in die positive z-Richtung propagieren. Die Felder beider Wellen mögen zum Zeitpunkt t = 0 in der Ebene z = 0 verschwinden. Die Überlagerung der Teilfelder resultiert in einer Schwebung. Die Dispersion kz (ω) = k0 n(ω) hat zur Folge, dass sich die Trägerwelle und ihre Einhüllende mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten. (a) (4 Pkt.) Entwickeln Sie n(ω) in eine Taylorreihe bis zur linearen Ordnung in der Frequenz um ∂n ω0 . Verwenden Sie die Kürzel n(ω0 ) = n0 sowie ∂ω = ṅω0 . ω0 (b) (5 Pkt.) Formulieren Sie die reelle elektrische Feldverteilung E(z, t). (c) (5 Pkt.) Schreiben Sie E(z, t) als Trägerwelle mit Frequenz ω0 und einer Einhüllenden. Hinweis: Die Summe sin[x]+sin[y] lässt sich umformen in ein Produkt zweier trigonometrischer Funktionen. (d) (6 Pkt.) Bestimmen Sie die Phasengeschwindigkeit vp (gegeben durch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Phasenfronten der Trägerwelle) und die Gruppengeschwindigkeit vg (gegeben durch die Propagationsgeschwindigkeit der Einhüllenden) des Feldes Ey (z, t). Welche Bedingung muss für die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex gelten, damit sich die Einhüllende in negative z-Richtung ausbreitet? 1 2 Relaxation eines dielektrischen Films (45 Pkt.) Wir betrachten einen dielektrischen Film mit Permittivität ε und Suszeptibilität µ = 1 im Raumbereich 0 < z < L, der auf ein ideal reflektierendes Material im Raumbereich z < 0 aufgetragen sei und auf der anderen Seite (z > L) von Vakuum begrenzt werde, wie in folgender Abbildung skizziert. x Evac ε 0 L z Eine senkrecht einfallende x-polarisierte ebene Welle polarisiere den dielektrischen Film. Zum Zeitpunkt t = 0 werde die einfallende Welle abgestellt und wir betrachten im Folgenden das Ausklingen der gespeicherten Energie. Dazu suchen wir in dieser Aufgabe die charakteristischen Eigenlösungen des Systems in Abwesenheit eines treibenden Feldes. Die gespeicherte Energie werde in z-Richtung als ebene Welle Evac abgestrahlt, deren Kreisfrequenz ω und Ausklingzeit τ im Folgenden anhand der Randbedingungen zu bestimmen sind. (a) (4 Pkt.) Schreiben Sie das zeitabhängige abgestrahlte Feld Evac (r, t) in komplexer Schreibweise und formulieren Sie das komplexe Feld Evac (r) mit Amplitude E0 . (b) (6 Pkt.) Formulieren Sie die komplexen elektrischen Felder im Dielektrikum Ediel (r) als Summe (1) zweier gegenläufiger Teilfelder, wobei die linksläufige Welle die Amplitude Ediel habe und die (2) rechtsläufige Welle die Amplitude Ediel . Wie berechnet sich die Wellenzahl im Dielektrikum kd aus jener im Vakuum k0 ? (c) (7 Pkt.) Bestimmen Sie die zugehörigen komplexen magnetischen Felder im Vakuum Hvac (r), sowie im Dielektrikum Hdiel (r). Drücken Sie die Magnetfeldamplituden durch die elektrischen (1) (2) Feldamplituden E0 , Ediel und Ediel sowie die Vakuumimpedanz Zvac bzw. die Wellenimpedanz des Dielektrikums Zdiel aus. (d) (8 Pkt.) Wenden Sie die Randbedingungen an den beiden Grenzflächen des Problems auf die Felder Ediel (r) und Evac (r), sowie Hdiel (r) und Hvac (r) an. (e) (5 Pkt.) Zeigen Sie, dass sich anhand der Randbedingungen das folgende homogene Gleichungssystem ergibt " #" # exp [ik0 L] 2i sin(kd L) E0 √ = 0, (1) exp [ik0 L] 2 ε cos(kd L) Ediel wobei Ediel die Feldamplitude im Dielektrikum ist. 2 (f) (4 Pkt.) Leiten Sie die charakteristische Eigenwertgleichung des Systems her und bestimmen Sie den (komplexen) Eigenwert für kd L. Hinweis: Verwenden Sie arctan[−ix] = π/2−iα, wobei α eine reelle Zahl ist, die von x abhängt und im Folgenden als gegeben betrachtet werden darf. (g) (4 Pkt.) Bestimmen Sie anhand des Eigenwertes für kd L die komplexe Frequenz ω = ω 0 − iω 00 , deren Imaginärteil das zeitliche Ausklingen der Felder beschreibt. Berechnen Sie die sich aus ω 0 ergebende Vakuumwellenlänge λ0 als Funktion von L und ε, sowie die aus ω 00 resultierende Ausklingzeit τ als Funktion von L, ε, c und α. (h) (7 Pkt.) Betrachten Sie nun das zeitabhängige Feld Evac im Raumbereich z > 0. Das relle Feld im Vakuum am Ort z = 0 lautet ( 0 für t ≤ 0, (2) E(z = 0, t) = −iωt Re E0 e ny für t > 0. Formulieren Sie das orts- und zeitabhängige elektrische Feld Evac (z, t) im Raumbereich z > 0 und skizzieren Sie das Feld zum Zeitpunkt t = τ als Funktion von z/λ, wobei gelte τ = 3λ/c. 3 3 Der Fresnel’sche Rhombus (35 Pkt.) Der Fresnel’sche Rhombus ist ein genial einfaches optisches Werkzeug, um linear polarisiertes in zirkular polarisiertes Licht umzuwandeln. Sein Funktionsprizip basiert auf der Phase, die ein elektromagnetisches Feld bei der Reflexion an einer Grenzfläche aufnimmt. Eine ebene Welle fällt normal zur Rhombusoberfläche ein, wird an zwei Grenzflächen jeweils total reflektiert, um den Rhombus wiederum unter normalem Einfall zu verlassen. Wir nehmen im Folgenden an, dass der √ Rhombus aus einem Material mit Brechungsindex n1 = µ1 ε1 bestehe und unter einem Winkel θ geschliffen sei. Weiterhin messen wir, wie in der Vorlesung, sämtliche Einfallswinkel relativ zur Grenzflächennormalen. Der Rhombus sei umgeben von einem Material mit dem Brechungsindex √ n2 = µ2 ε2 < n1 . θ (a) (4 Pkt.) Stellen Sie einen Zusammenhang her zwischen dem Einfallswinkel der ebenen Welle bei den beiden Totalreflexionen und dem Rhombuswinkel θ. (b) (13 Pkt.) Berechnen Sie Betrag und komplexe Phase der Fresnel’schen Reflexionskoeffizi enten r(s) = r(s) e−iα und r(p) = r(p) e−iβ im Falle von Totalreflexion. Formulieren Sie die komplexen Phasenwinkel unter ausschliesslicher Verwendung von ε1 , ε2 , µ1 , µ2 , sowie des Rhombuswinkels θ. (c) (12 Pkt.) Bestimmen Sie die relative Phase α − β, die bei jeder Totalreflexion jeweils zwischen den beiden Feldkomponenten s und p aufgenommen wird, als Funktion (ausschliesslich) des Rhombuswinkels θ und des Brechungsindex n1 unter der Annahme, dass µ1 = 1 gelte und der Rhombus von Luft (ε2 = µ2 = 1) umgeben sei. (d) (6 Pkt.) Welche relative Phase muss bei jeder Reflexion an den beiden Grenzflächen zwischen den Feldkomponenten s und p jeweils aufgenommen werden, damit der Fresnel’sche Rhombus linear polarisiertes Licht in zirkular polarisiertes Licht umwandelt? Wie muss die Orientierung der Polarisation des einfallenden Lichtes sein? Überzeugen Sie sich von der Korrektheit Ihres Ergebnisses aus der vorherigen Teilaufgabe mit dem Hinweis, dass ein Fresnel’scher Rhombus mit Brechungsindex n = 1.5 für den Gebrauch in Luft entweder unter dem Winkel θ = 50.2◦ oder θ = 53.3◦ geschliffen ist. 4