Der Masseneinsatz miniaturisierter elektronischer Bauelemente hat die Welt drastisch verändert. Besonders deutlich ist dies im Bereich der Nachrichtenübermittlung. Sie ermöglichen die moderne Rechen- und Steuerungstechnik vom Taschenrechner bis zum Industrieroboter. Einerseits ist damit der Verlust an Arbeitsplätzen verbunden, andererseits entstehen neue Beschäftigungszweige. Mit dem Handy ist der Anrufer nicht mehr an Büro oder Wohnung gebunden, mit der Direktübertragung von Fernsehreportagen über Satelliten wird die ganze Welt sofort Augenzeuge von Politik, Kultur und Naturkatastrophen. Diese Neuerungen führen zu einer weiteren »industriellen Revolution«, vom Übergang vom industriellen Zeitalter ins Informationszeitalter. Am Beginn dieser Entwicklung stand eine wissenschaftliche Entdeckung, die so wenig in das Weltbild ihrer Zeit passte, dass sie lange ignoriert wurde. In einem Vortrag im Jahr 1876 führte Ferdinand Braun, der damals als Physiklehrer in Leipzig wirkte und dessen spätere Erfindung, die Braun'sche Röhre, die wir in TV-Apparaten als Bildröhre finden, Experimente zur Stromleitung durch Kristalle vor. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen mit großflächigen Kontakten presste er eine Metallspitze auf einen Schwefelkieskristall und fand: In einer Richtung leitet der Kristall gut und zwar umso besser, je größer der Strom ist, in der anderen Richtung fließt nur wenig Strom. Da man nur Ohm´sche Leiter und Isolatoren kannte, widersprach dieser Gleichrichtereffekt allen damals bekannten Eigenschaften der Materie und tatsächlich dauerte es bis 1939, bis eine Erklärung dieser Eigenschaften gefunden werden konnte - die darauf einsetzende Entwicklung hat die vorher geschilderte Revolution ausgelöst. Das von Braun gefundene »elektrische Ventil« (Ventil, weil nur in einer Richtung durchlässig) spielte als Germanium-Kristalldetektor in der Frühzeit von Telegrafie und Radio eine wichtige Rolle, lange bevor man seine Wirkung »verstanden« hatte. Den entscheidenden Impuls erhielt die Nachrichtentechnik zu Beginn des 20. Jahrhunderts allerdings durch die Entwicklung der Elektronenröhre, die bis etwa 1955 die Nachrichtentechnik prägte. Da ihre Funktionsweise verstanden wurde, konnte sie für die jeweilige Verwendung optimiert werden: Als Diode diente sie zur Gleichrichtung von Wechselströmen, als Triode zur Verstärkung elektrischer Signale. Doch ihre Nachteile ließen sich nicht leugnen: Sie war gegen Stöße empfindlich, empfindlich die Glühkathoden hatten kurze Lebensdauern, zum Betrieb waren beträchtliche Heizleistungen erforderlich. Je mehr Elektronenröhren die elektronischen Geräte enthielten, desto unzuverlässiger wurden sie. Der 1945 in den USA gebaute ENIAC-Computer benötigte für seine 18 000 Röhren eine Leistung von 130 kW, ein integrierter Schaltkreis (höherer Rechenleistung) benötigt heute 1 W. Die Gleichrichterwirkung von Germanium-Kristallen wurde für den Ausgang des 2.Weltkriegs entscheidend: Radaranlagen benützen sehr kurzwellige, also hochfrequente elektromagnetische Wellen. Die Radarempfänger müssen die schwachen reflektierten Signale empfangen und verstärken. Dafür erwies sich Brauns Kristalldetektor aus Germanium geeignet. Die in Massen produzierten Radargeräte entschieden den Luftkrieg um England im 2. Weltkrieg mit. Auch später trugen militärische Forschung und die Raumfahrt zur stürmischen Entwicklung der Halbleiter-Bauelemente bei. Bei der Suche nach kompakten Bauteilen, die ohne Nachteile der Elektronenröhren als Steuerungs- und Verstärkungselement dienen und elektrische Felder, Licht oder Temperatur regeln konnten, wurden systematische Eigenschaften der „Halbleiter“, Stoffen, die eine Zwischenstellung zwischen Metallen und Isolatoren einnehmen, untersucht. Silizium, Germanium und Selen gehören zu ihnen. Nach der Erfindung des Transistors 1947 war die Entwicklung der integrierten Schaltkreise ab 1965 eine weitere entscheidende technische Errungenschaft. In den folgenden Abbildungen lernen wir einige Eigenschaften von Halbleiterbauelementen kennen. Bei den LEDs, "lichtemittierende Dioden«, nutzt man oft ihre beiden hauptsächlichen Eigenschaften, nämlich Strom nur in einer Richtung zu leiten und bei Überschreiten einer Schwellenspannung den Stromfluss durch Leuchten anzuzeigen. An einem anderen einfachen Bauteil, der Halbleiterdiode, kann man einige Eigenschaften von Halbleitern erkennen. Dazu betrachten wir die nebenstehende Schaltung: Symbol für Diode Spannung an der Diode Symbol für Glühlampe Strommessgerät Schließt man eine Diode und ein Lämpchen (zur Anzeige eines Stromes) in Serie an eine Gleichspannungsquelle an, so leitet oder sperrt je nach Polung der Stromversorgung die Diode den elektrischen Strom. Spannungsrichtung umpolen! Misst man, wie der Strom durch die Diode von der angelegten Spannung abhängt und gleichzeitig den Spannungsabfall am Lämpchen bzw. an der Diode, so beginnt in Durchlassrichtung erst ab einem Schwellenwert der angelegten Spannung (bei Dioden aus Silizium etwa 0,7 V) ein nennenswerter Strom zu fließen, der bei erhöhter Spannung rasch anwächst. Der Spannungsabfall an der Diode bleibt von nun an nahezu konstant, sie hat jetzt einen sehr kleinen Widerstand. Hingegen fällt am Lämpchen fast die gesamte Versorgungsspannung ab. Bei Polung in Sperrrichtung zeigt die Diode einen sehr großen Widerstand, sie leitet praktisch nicht. (Mit einem sehr empfindlichen Amperemeter lässt sich der ziemlich geringe »Sperrstrom« nachweisen.) Die Strom-Spannungs-Kurve zeigt den Unterschied zu einem Ohm´scher Widerstand (z. B. metallische Leiter bei gleich bleibender Temperatur) deutlich: Ohm´sche Widerstände zeigen einen linearen Zusammenhang zwischen Strom und Spannung, die Strom-Spannungs-Kurve bei Halbleitern ist hingegen nicht linear. Der reine Halbleiter Unter einem Halbleiter verstehen wir einen Festkörper, der Strom besser als ein Isolator (z. B. Hartgummi), aber schlechter als ein metallischer Leiter (z. B. Kupfer) leitet. Der Ladungstransport erfolgt durch Elektronen. Material spezifischer Widerstand (Ωm) Isolatoren Hartgummi 1016 Glimmer 1014 Polyethylen Halbleiter Leiter 2*1011 Elfenbein 107 reines Silizium 102 reines Germanium 1 dotiertes Silizium 10-1... 10-3 Graphit (Kohlenstoff) 3,5 *10-5 Kupfer, Silber 10-8 Die wichtigsten Halbleiter sind Silizium und Germanium. Sie stehen im Periodensystem in der 4. Hauptgruppe zwischen Kohlenstoff, der als Diamantkristall ein Isolator ist, und dem metallischen Zinn. Daneben gewinnt Galliumarsenid, eine Verbindung aus Elementen der 3. und 5. Hauptgruppe, zunehmend an technischer Bedeutung. Chemisch reine Halbleiter leiten Strom sehr schlecht, bei sehr tiefen Temperaturen verhalten sie sich wie Isolatoren. Eine Erhöhung der Leitfähigkeit und weitere Eigenschaften, die Halbleiterkristalle für die Mikroelektronik interessant machen, werden durch den gezielten Einbau von Atomen anderer Elemente (Dotierung mit Fremdatomen) erreicht. Wodurch kommen die unterschiedlichen Eigenschaften der im Festkörper gebundenen Atome von Kohlenstoff, Silizium, Germanium und Zinn zu Stande? Betrachten wir zunächst die Extreme, das Metall Zinn und den Nichtleiter Diamant. Bei der Bildung des Metallgitters verliert jedes Zinnatom ein Elektron aus seiner Elektronenhülle, das als Leitungselektron sich nahezu frei zwischen den ortsfesten, positiven Metallionen bewegen kann. Im Diamantkristall ist jedes Atom von vier Nachbarn umgeben, die Bindung erfolgt durch gemeinsame Elektronenpaare (kovalente Bindung). Diese Elektronenpaare kompensieren die gegenseitige Abstoßung der positiven Atomrümpfe. Um ein Elektron eines dieser Paare aus seiner Bindung an die Atome zu lösen, muss ein beträchtlicher Energiebetrag aufgewandt werden. Bei Diamant beträgt diese Bindungsenergie pro Elektron 6 eV. Zur Erinnerung: 1eV ist jene Energie, die 1 Elektron durch die Beschleunigung von 1V erhält. Wie gelingt es dem Halbleiterkristall, Elektronen aus der Bindung freizusetzen und durch diese frei beweglichen Elektronen zum schlechten Leiter zu werden? Die im Kristallgitter regelmäßig angeordneten Atome ruhen nicht bewegungslos an ihren Gitterplätzen, sie schwingen um ihre mittleren Positionen. Diese Schwingungen sind umso stärker, je höher die Temperatur ist. Die mittlere Schwingungsenergie ist proportional zur Temperatur und beträgt bei Zimmertemperatur ungefähr 0,025 eV. Viele Atome haben eine geringere Energie, manche eine höhere und nur sehr wenige Atome eine Energie, die ausreicht, um ein Elektron aus seiner Bindung herauszuschlagen. Diese Elektronen stehen dann als frei bewegliche Leitungselektronen zur Verfügung, sie können einem angelegten elektrischen Feld folgen. (Auch durch Lichteinstrahlung kann die erforderliche Energie zugeführt werden, wie dies bei der Solarzelle ausgenützt wird.) Damit lassen sich unter Annahme des klassischen Atommodells zwei Unterschiede zu den Metallen verstehen: Im Metall steht pro Atom ein Leitungselektron zur Verfügung, insgesamt etwa 1022 Elektronen pro cm3. In einem Kristall aus reinem Silizium kommt bei 50 °C auf 1012 Atome ein Leitungselektron, insgesamt etwa 1010 Elektronen pro cm3. Die Leitfähigkeit des reinen Halbleiters ist daher beträchtlich kleiner als die eines Metalls. Damit lassen sich unter Annahme des klassischen Atommodells zwei Unterschiede zu den Metallen verstehen: Bei höherer Temperatur nimmt die Leitfähigkeit eines Halbleiters zu, da die Gitteratome durch stärkere thermische Bewegung mehr Elektronen freisetzen. Im Metall nimmt hingegen die Leitfähigkeit mit wachsender Temperatur ab, da die Leitungselektronen immer häufiger mit den stärker schwingenden Gitterbausteinen zusammenstoßen. Den positiven Ionen, die nach Freisetzung eines Elektrons ortsfest an ihren Gitterplatz gebunden bleiben, fehlt ein Elektron, man spricht daher von einem »Defektelektron« oder »Elektronenloch«. Den positiven Ionen, die nach Freisetzung eines Elektrons ortsfest an ihren Gitterplatz gebunden bleiben, fehlt ein Elektron, man spricht daher von einem »Defektelektron« oder »Elektronenloch«. Jedes dieser Ionen kann einem benachbarten Gitteratom ein Elektron »wegfangen« und wieder neutral werden. Beim »beraubten« Gitteratom entsteht dadurch ein Elektronenloch. In einem äußeren Feld wandert das Elektronenloch wie eine positive Ladung - aber nicht durch Wanderung der Ionen, sondern durch das Nachrücken der Elektronen. So tragen auch die Elektronenlöcher zum Ladungstransport bei. Das Auffüllen eines Loches im Atomgitter mit einem freien Elektron nennt man Rekombination (Wiedervereinigung, recombination). Beispiel: NTC-Widerstand Elektronische Bauteile, deren Widerstandswert mit steigender Temperatur besonders stark fällt, werden als NTC-Widerstände (negative temperature coefficient-resistors) verwendet. Sie verwenden die Eigenschaft, dass mit steigender Temperatur mehr und mehr Elektronen zur elektronischen Leitung aus den Bindungen freigesetzt werden, sie heißen deshalb Heißleiter. Zusammenfassung: Die Leitfähigkeit eines reinen Halbleiterkristalls beruht auf der Bildung von frei beweglichen Ladungsträgern: Elektronen und Elektronenlöcher. Die Elektronenlöcher verhalten sich wie positive Ladungen. Die Leitfähigkeit nimmt mit wachsender Temperatur zu. Der dotierte Halbleiter Im reinen Halbleiterkristall befinden sich immer gleichviel Leitungselektronen wie Elektronenlöcher. Die Zahl der frei beweglichen Ladungsträger und damit die Leitfähigkeit eines Halbleiters kann durch die Zugabe bestimmter Fremdatome beträchtlich gesteigert werden. Man spricht dann von dotierten Halbleitern. a.) Elektronenüberschussleiter (n-Leiter) Stellen wir uns vor, dass ein kleiner Teil der Si-Atome im Kristall durch Atome der 5. Hauptgruppe, z.B. Arsenatome, ersetzt wird. Typischerweise wird eines von 10 000 bis 10 Mio. Siliziumatomen im Kristallgitter durch ein Arsenatom ersetzt. a.) Elektronenüberschussleiter (n-Leiter) Arsen besitzt in der äußersten Elektronenhülle fünf Elektronen, von denen nur vier an der Bindung mit den benachbarten Siliziumatomen teilnehmen können. Das fünfte Elektron ist nicht an das Gitter gebunden und lässt sich daher leicht vom Phosphoratom trennen. Das zurückbleibende unbewegliche Arsenion ist positiv geladen. Da es ein Elektron abgegeben hat, wird es Elektronenspender, Donator, genannt. a.) Elektronenüberschussleiter (n-Leiter) a.) Elektronenüberschussleiter (n-Leiter) Bereits bei Zimmertemperatur verlieren daher praktisch alle Arsenatome durch Stöße ihr fünftes Elektron. Man spricht daher von einem Elektronenüberschussleiter oder wegen der negativen Ladung der Elektronen vom n-Leiter. a.) Elektronenüberschussleiter (n-Leiter) b.) Elektronenmangelleiter (p-Leiter) Bauen wir jedoch dreiwertige Boratome in den Siliziumkristall ein, so fehlt den Boratomen ein Elektron, um die Bindungen zu allen vier Siliziumnachbarn durch Elektronenpaare herzustellen. b.) Elektronenmangelleiter (p-Leiter) Woher können die fehlenden Elektronen genommen werden? Natürlich von den umgebenden Siliziumatomen - und damit fehlen diesen wieder Elektronen: Elektronenlöcher als zusätzliche Ladungsträger sind erzeugt worden. b.) Elektronenmangelleiter (p-Leiter) Boratome, die ein Elektron eingefangen haben, heißen Akzeptoren. Die von ihnen erzeugten Elektronenlöcher stehen für den Ladungstransport zur Verfügung. b.) Elektronenmangelleiter (p-Leiter) Löcher verhalten sich beim Anlegen einer Spannung wie positive Ladungsträger, man spricht daher von Elektronenmangelleitern oder p-Leitern. Zusammenfassung: Die Dotierung mit Fremdatomen erhöht die Leitfähigkeit von Halbleiterkristallen. Durch Einbau von fünfwertigen Fremdatomen (Donatoren) erhält man Elektronenüberschussleiter (n-Leiter). Durch Einbau von dreiwertigen Fremdatomen (Akzeptoren) erhält man Elektronenmangelleiter (p-Leiter). Die Konzentration der Fremdatome bestimmt die Leitfähigkeit. c) Herstellung von Einkristallen und Dotierung Silizium ist nach Sauerstoff das häufigste Element der Erdkruste, doch kommt es nicht rein, sondern als Si02, vor. Die Herstellung von Siliziumkristallen erfordert daher zwei Schritte: Herstellung von Reinsilizium und Zucht möglichst vollkommener Kristalle. c) Herstellung von Einkristallen und Dotierung Zonenschmelzverfahren: Das kristalline Reinsilizium wird im „Zonenschmelzverfahren“ gereinigt und gleichzeitig zu großen Einkristallen umgeschmolzen (Gitterfehler stören die Elektronenbewegung). c) Herstellung von Einkristallen und Dotierung Der gezogene Einkristall erreicht eine Reinheit von einem Fremdatom auf 109 Siliziumatome und wird zur Weiterverarbeitung in dünne Scheiben, sog. Wafer, zerschnitten. c) Herstellung von Einkristallen und Dotierung Dotierung: Die Zugabe der Zusatzstoffe erfolgt entweder beim Ziehen des Einkristalls, indem sie dem geschmolzenen Silizium in genauer Dosierung beigemischt werden oder durch Bedampfen der Siliziumscheiben mit dem Dotierstoff. Lernziele & FRAGEN zur SELBSTKONTROLLE ? Versuche, folgende Fragen zu beantworten bzw. überlege die Bedeutung der Stichworte, gehe Deine Aufzeichnungen bzw. die Präsentation nochmals durch! • Weshalb spricht man von unserer Zeit auch als Informations- zeitalter? •Von wem und wann wurde der Gleichrichtereffekt (von Halbleitern) entdeckt? •Bei welchen Geräten wurde zuerst die Gleichrichtung eingesetzt? •Nenne Nachteile der Elektronenröhre gegenüber Halbleiterbauteilen? Lernziele & FRAGEN zur SELBSTKONTROLLE ? Versuche, folgende Fragen zu beantworten bzw. überlege die Bedeutung der Stichworte, gehe Deine Aufzeichnungen bzw. die Präsentation nochmals durch! •Seit wann gibt es Transistoren bzw. integrierte Schaltkreise? •Wie leitet ein reiner Halbleiter Strom und wovon hängt dies ab? •Was bewirkt das Dotieren von Halbleitern? •Was sind n-Leiter und p-Leiter?